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New Super Mario Bros. 2

Inside Nintendo 33: Wie New Super Mario Bros. 2 entwickelt wurde

Im August 2012 brachte Nintendo das höchst erfolgreiche „New Super Mario Bros. 2“ für den 3DS in den Handel. Es handelt sich dabei, man kann es sich ja denken, um das dritte „NSMB“-Spiel. Die hohe Qualität des Spiels, die zugängliche und einfache Steuerung sowie das spaßige Leveldesign wird niemand leugnen können, wohl aber erntete das Spiel für seine Präsentation und den Mangel an Neuerungen heftige Kritik. Sicher, es versteht sich selber als Nachfolger von „New Super Mario Bros.“ – in den Augen der Kritiker rechtfertigt dies aber nicht, das Spielprinzip, die Grafik und selbst die Musik fast vollständig zu übernehmen. Noch prekärer wurde diese Situation durch „New Super Mario Bros. U“, das Nintendo keine drei Monate später herausbrachte. Trotzdem wurde „New Super Mario Bros. 2“ auf eine überraschend interessante Art und Weise entwickelt. So befassen wir uns heute mit der Entwicklungsgeschichte des Spiels und beantworten dabei gleichzeitig die Frage, wie Nintendo gleichzeitig an zwei, inhaltlich nicht deckungsgleichen „New Super Mario Bros.“-Spielen arbeiten konnte.

Die Mario-Paukschule

Takashi Tezuka und Toshihiko Nakago, zwei Kernentwickler der „Super Mario“-Reihe, gründeten einst die sogenannte Mario-Paukschule, in der sie das Wissen um gutes Leveldesign für „Mario“-Spiele innerhalb des Nintendo-Unternehmens verbreiten wollten. Die Studenten dieser Paukschule waren Mitarbeiter der Nintendo-Abteilungen Entertainment Analysis & Development (EAD) sowie Software Planning & Development (SPD), die bislang nichts oder nur wenig mit den „Mario“-Spielen am Hut hatten.

Einer der Studenten der Mario-Paukschule war Yusuke Amano, der als einer der Planer von „New Super Mario Bros. Wii“ bereits etwas Erfahrung in der Entwicklung eines 2D-„Mario“-Spiels aufweisen konnte. Zu dieser Zeit war er aber hauptsächlich als Koordinator für „Star Fox 64 3D“ beschäftigt. Die von dem ungewohnt großen Leveldesign-Team der Paukschule entworfenen „Mario“-Level hielt Amano für gut gestaltet. Er sah sich selbst in einer überwachenden Position – bis ihm Tezuka eines Tages anbot, Director eines neuen 2D-„Super Mario“-Spiels für Nintendo 3DS zu werden. Es war das erste Projekt, für das Amano als Director verantwortlich war.

Zu Beginn der Arbeiten war Amano quasi der einzige wirklich am Projekt beteiligte Entwickler. Tezuka und Nakago, beide über 20 Jahre älter als der junge Amano, beteiligten sich als Supervisor und Berater. Die eigentliche Arbeit erledigten sie, ihren Positionen innerhalb des Studios entsprechend, aber nicht.

Ein Entwicklerteam wird aufgebaut

Erst in der zweiten Hälfte 2011 stieß dem Projekt mit dem Grafikdiretor Masaaki Ishikawa, der zuvor mit den Arbeiten an „Mario Kart 7“ ausgelastet war, ein Grafiker hinzu. Nach und nach wurden dem Team weitere Grafiker zugeordnet, die vorher an „Mario Kart 7“ oder „Super Mario 3D Land“ mitgewirkt hatten. In Kombination mit den Studenten der Mario-Paukschule bestand das Entwicklerteam für „New Super Mario Bros. 2“ im Wesentlichen also aus jungen Leuten, die zwar schon erfahren im Umgang mit dem 3DS waren, in puncto Leveldesign aber Neulinge waren. Ishikawa und Amano waren die einzigen aktiven Teammitglieder, die an früheren Serienablegern mitgewirkt hatten.

Komplettiert wurde das Entwicklerteam durch die fleißigen Programmierer von Systems Research & Development (SRD), ein paar Tontechnikern sowie Animatoren des Unternehmens Mox. Hinter „New Super Mario Bros. 2“ stecken also einerseits junge, dynamische, motivierte Entwickler voller frischer Ideen – andererseits kollaborierten unerwartet viele Unternehmen und Abteilungen für das Spiel, dessen Produktionswert von den Kritikern eher gering eingeschätzt wird. Amano äußerte dazu:

Manche von ihnen [Mitarbeiter der SPD, Anm. d. Red.] wussten viel über Spiele und manche nicht, aber die „Mario-Paukschule“, über die wir gesprochen haben, war wirklich unglaublich hilfreich. Die Teilnehmer haben sich ein umfangreiches Verständnis der grundlegenden Elemente erarbeitet, die „Super Mario“-Spiele in 2D so unterhaltsam machen, und haben auch eigene Erfahrungen mit dem Level-Design sammeln können, so dass wir bei diesem Projekt gleich auf einer soliden Basis aufbauen konnten.


Vor allem aber ermöglichte dieses neu zusammengestellte Team eine Sensation: Zwei „New Super Mario Bros.“-Spiele gleichzeitig, aber unabhängig voneinander entstehen lassen. Sowohl „2“ als auch „U“ wurden vom EAD Software Development Department 4 unter der Leitung des Produzenten Hiroyuki Kimura entwickelt. An „U“ waren hauptsächlich die erfahreneren Entwickler beteiligt. Im Übrigen arbeiteten EAD 4 und Kimura damals noch an einem dritten Spiel, nämlich „Pikmin 3“ für die Wii U.

Links: Masaaki Ishikawa, Grafik-Director;
rechts: Yusuke Amano, Spiel-Director
Vordergrund/rechts: Satoru Iwata, Ausführender Produzent
(Foto: Nintendo)

Münzen!

Eifrige Leser dieser Rubrik wissen bereits: Am Anfang der Entwicklung eines typischen EAD-Spiels steht nicht selten eine lange Phase, in der über das Spielkonzept nachgedacht wird und Experimente unternommen werden. Bei „New Super Mario Bros. 2“ scheint das jedoch nicht der Fall gewesen zu sein. Was war da los?

Tatsächlich entstanden die Level für „NSMB2“, bevor das eigentliche Spielprinzip festgelegt wurde! Gerade für Nintendo ist dies ein sehr ungewöhnliches Vorgehen und zeigt nur einmal mehr, wie besonders die Entwicklung des Spiels war. Erst zur Zeit, als „Super Mario 3D Land“ fertiggestellt wurde – also Ende 2011 – kam die Idee auf, sich in diesem Spiel auf Münzen zu konzentrieren. Ausschlaggebend dafür war der Münzen-Block aus „3D Land“, der auf Marios Kopf stecken bleibt, sodass Mario Münzen erhält, je schneller er rennt. Dieses Element wurde in „NSMB2“ übernommen und gefiel den Entwicklern so gut, dass sie ihren Fokus gänzlich auf Münzen richteten.

In den Levels versteckten die Designer daher ungewohnt viele Münzen, um euch Neulinge zu motivieren, alles genau zu erforschen; sie dachten sich Items wie den Goldpilz oder die Goldblume aus. Schließlich kam Tezuka die Idee, dass der Spieler eine Million Münzen sammeln solle. Dies wurde fortan zum Sekundärziel des Spiels erklärt. Das Leitmotiv das Spiels waren Münzen und Gold – alles war goldfarben, weshalb als Titel des Spiels ursprünglich sogar „New Super Mario Bros. Gold“ vorgeschlagen wurde.

Kurioserweise entstand der Münzrausch-Modus bereits, bevor das Münzmotiv überhaupt entschieden wurde. Der Münzrausch-Modus nämlich entstammte Amanos Zielsetzung, den Spieler langfristig an das Spiel zu binden. Ursprünglich mussten in diesem Modus lediglich drei Level hintereinander ohne Fehler durchquert werden, allerdings war das Team mit dieser Idee nicht sehr zufrieden. Erst, nachdem Münzen zum Hauptmerkmal des Spiels erhoben wurden und in diesem Modus berücksichtigt wurden, sorgte er in den Augen der Entwickler für Spaß.

Ein zukunftsweisendes Spiel

„New Super Mario Bros. 2“ mag zwar ein sehr konservatives Spielerlebnis sein, im Metakontext jedoch erwies es sich für Nintendo als zukunftsweisend. So leitete es Nintendos eigene „Internet-Revolution“ ein, denn es war das erste sowohl regulär im Handel als auch zum Download im eShop herausgebrachte Nintendo-Spiel sowie eines der ersten von Nintendo vertriebenen Spiele mit DLC.

In Puncto DLC hatte es bei Nintendo schon zuvor mehrmals interne Gespräche gegeben. Man entschied sich dazu, nach der Veröffentlichung des Spiels unter anderem auf Basis von Kundenfeedbacks zusätzliche Inhalte zu entwickeln und diese dann aufgrund der zusätzlichen kreativen Arbeit gegen Geld anzubieten. Dass dies zuerst für „New Super Mario Bros. 2“ im großen Stil umgesetzt wurde, liegt daran, dass Amano bereits neun Jahre zuvor „Quasi-DLC“ entwickelt hatte. Die Rede ist von der GBA-Neuauflage „Super Mario Advance 4: Super Mario Bros. 3“, zu der zusätzliche Level in Form von Karten für den e-Reader veröffentlicht wurden. Amano war einer der an diesen erwerbbaren Bonus-Leveln Beteiligten. Er konnte also als einer der wenigen internen Nintendo-Entwickler bereits Erfahrung mit DLC aufzeigen. Aufgrund der Mario-Paukschule gab es diesmal auch genug verfügbare Level-Designer für die insgesamt zehn von Oktober bis Dezember 2012 veröffentlichten DLC-Packs.

Die ersten Screenshots zum Spiel

Wie lange war das Spiel in der Entwicklung?

Es ist unbekannt, wann die Entwicklung von „New Super Mario Bros. 2“ begonnen hat. Die Arbeiten an „New Super Mario Bros. U“ etwa begannen bereits 2009, direkt nach der Vollendung des Wii-Vorgängers; in den ersten Jahren tat sich am Projekt jedoch nichts Großartiges. So war es wohl auch bei „New Super Mario Bros. 2“. Pläne zu diesem Spiel hatte Nintendo nämlich nachweislich spätestens seit November 2010. Im Februar 2011 ließ Miyamoto im Rahmen eines Iwata-fragt-Interviews verlauten, derzeit ein neues „Super Mario Bros.“-Spiel für den 3DS zu erarbeiten, das schon bald angekündigt werden solle. „Bald“ war jedoch relativ: Erst im Januar 2012 wurde das Spiel von offizieller Seite wieder erwähnt; damals versprach Iwata den Investoren, das Spiel im Finanzjahr 2012/2013 zu veröffentlichen. Die offizielle Enthüllung des Spiels fand im April 2012 im Rahmen einer Nintendo Direct-Ausgabe statt, anderthalb Jahre nach der ersten Bestätigung.

Demnach begannen die Überlegungen zu „New Super Mario Bros. 2“ irgendwann 2010, worauf die Mario-Paukschule gegründet wurde. Da Amano damals an „Star Fox 64 3D“ arbeitete, das Mitte 2011 erschien, er als Director die Entwicklung von „NSMB2“ zu leiten hatte und erst zu dieser Zeit Grafiker hinzukamen, kann das Spiel erst ab Mitte 2011 wirklich Gestalt angenommen haben. Der Münzfokus kam erst Ende 2011, zur Zeit der Vollendung von „3D Land“ auf – eine so große Änderung im Spielkonzept so spät im Entwicklungszyklus ist äußerst ungewöhnlich.

Daraus schließen wir, dass die gesamte Entwicklungsphase des Spiels etwa zwei Jahre andauerte; das erste Jahr war geprägt von Planung, Vorproduktion und der Mario-Paukschule und erst im zweiten Jahr ging es richtig zu Sache. Zu dieser Zeit hatte die EAD aufgrund von Komplikationen mit der Entwicklung von HD-Spielen jedoch große Engpässe, was verfügbare Mitarbeiter betraf. Dies könnte erklären, warum „NSMB2“ in Puncto Grafik und Ton so viele Inhalte von seinen Vorgängern kopiert hat.

Für Nintendo hat sich das Spiel trotz allem gelohnt: Die Kritiken fielen überwiegend positiv aus, die Verkaufszahlen belaufen sich derzeit auf knapp acht Millionen weltweit. Damit bleibt das Spiel bislang kommerziell zwar deutlich hinter seinen Vorgängern zurück, kann aber dennoch auf unglaublich gute Verkäufe zurückblicken und ließ bei Nintendo die Kassen mächtig klingeln. Bei acht Millionen Verkäufen zu je etwa 40 € hat Nintendo mit dem Spiel bislang um die 320 Mio. € umgesetzt – und dabei haben wir Einnahmen durch DLC- und Bundleverkäufe noch nicht mal einbezogen.

Fazit

„New Super Mario Bros.“ wurde für Nintendo zu einer derart großen Goldgrube, dass man für die neuen Konsolen 3DS und Wii U so schnell wie möglich zwei neue Ableger herausbringen wollte – möglich wurde dies nur durch parallele Entwicklung. „New Super Mario Bros. 2“ wurde dabei von einem Team neu ausgebildeter Leveldesigner in Verbindung mit erfahreneren Programmierern und Grafikern entwickelt. Als erstes Projekt für den jungen Spieledirector Yusuke Amano kann das Spiel durchaus frische Ideen aufweisen, recycelt aber sehr viele Inhalte von den Vorgängern. Bei der Entwicklung fand das Gestalten der Level immerhin vor allem anderen statt. Zugleich betrat Nintendo mit diesem Spiel in Sachen DLC und Vollpreisdownload auch Neuland.

Die Hauptquelle für diesen Bericht war das Iwata fragt zu „New Super Mario Bros. 2“. Es bietet noch weitaus mehr Informationen zur Entwicklung des Spiels und kann zur weiteren Lektüre daher nicht genug empfohlen werden.

Wie ist eure Meinung zu „New Super Mario Bros. 2“ und der Entwicklungsart, die Nintendo für das Spiel gewählt hat?

Weiterführende Links: Forum-Thread

Bisher gibt es neun Kommentare

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  • Avatar von laster
    laster 10.02.2014, 21:03
    Ja ziemlich intressant was da so alles abgeht
  • Avatar von 1UP-Maschine
    1UP-Maschine 09.02.2014, 20:21
    Und ich lese in Zukunft andere Beiträge als diese.

    Jedenfalls eine sehr interessante Entwicklung. Hoffentlich können sie aber bei NSMB3 ein wenig mehr Innovationen einbringen... Ich bin nach wie vor für das sammeln von 1 Mio. Extraleben!
  • Avatar von BigBomb
    BigBomb 09.02.2014, 16:06
    Ich bin der deutschen Schrift durchaus mächtig,
    ich mache mir nämlich auch deutsche Gedanken!
    Daher kann ich auch Deutsch lesen.

    In Zukunft lese ich mehr aus den USA: "Please speak slowly, i only speak a little english"
  • Avatar von rowdy007
    rowdy007 09.02.2014, 15:58
    Zitat Zitat von BigBomb Beitrag anzeigen
    Na dann her mit dem Games!
    Das Spiel ist von 2012.
  • Avatar von BigBomb
    BigBomb 09.02.2014, 14:50
    Zitat Zitat von nintendo-nerd Beitrag anzeigen
    Öhm, die gibt es doch bereits...
    Na dann her mit dem Games!
  • Avatar von Tobias
    Tobias 09.02.2014, 14:42
    Zitat Zitat von BigBomb Beitrag anzeigen
    Wäre doch bombastisch, wenn man im eShop Levels dazu laden könnte, oder?! Nur mal so als Gedankenanstoß für die Zukunft..
    Öhm, die gibt es doch bereits...
  • Avatar von BigBomb
    BigBomb 09.02.2014, 14:13
    Wäre doch bombastisch, wenn man im eShop Levels dazu laden könnte, oder?! Nur mal so als Gedankenanstoß für die Zukunft..
  • Avatar von Snix
    Snix 09.02.2014, 13:58
    Zitat Zitat von Yoshi King Beitrag anzeigen
    Man merkt, dass es unerfahrene Entwickler waren und die Entwicklungsengpässe. Wäre das Spiel schwieriger und die Level länger gewesen, wäre das Spiel gar nicht mal so schlecht gewesen.
    Trotzdem ist es doch ganz ok. Mir hats gefallen.
  • Avatar von Yoshi King
    Yoshi King 09.02.2014, 13:04
    Man merkt, dass es unerfahrene Entwickler waren und die Entwicklungsengpässe. Wäre das Spiel schwieriger und die Level länger gewesen, wäre das Spiel gar nicht mal so schlecht gewesen.