Inside Nintendo 53: Des Miyamotos Luigi: Takashi Tezuka wird 54!

Nicht nur Luigi, der letztes Jahr seinen 30. Geburtstag feierte, muss im Schatten seines älteren Bruder und Quasi-Doppelgängers ein … Schattendasein fristen. In einer vergleichbaren Situation befindet sich nämlich Takashi Tezuka. Zwar ist er nicht dessen Bruder, wird aber ungerechterweise vom großen Shigeru Miyamoto überflügelt. Die Tatsache, dass die meisten unserer Leser sicher mit Miyamotos Namen vertraut sind, mit Tezuka jedoch wenig bis gar nichts anfangen können, bestätigt dies. Am heutigen 17. November wird Tezuka 54 Jahre alt. Anlässlich dessen erklären wir den heutigen 17. November 2014 hochoffiziell zum „Tag des Tezuka“ und erklären, warum der unbekannte Mann seinem großen „Bruder“ Miyamoto in Wahrheit mindestens ebenbürtig ist.

Kein Fan von Videospielen

Am 17. November 1960 kam Takashi Tezuka auf die Welt. Kurz vor Abschluss seines Design-Studiums an der Universität Osaka wurde er im April 1984 bei Nintendo angestellt. Ein Faible für Videospiele hatte Tezuka dabei gar nicht. Er bewarb sich bei Nintendo, da sich einer seiner Freunde dort ebenfalls bewarb. Dieser jedoch wurde letztlich nicht angenommen. Nicht jedoch Tezuka, der sich durchsetzen konnte. Kleines Kuriosum am Rande: Während Tezuka kein gesondertes Interesse für Videospiele hatte, wollte Miyamoto ursprünglich gar nicht Spieleentwickler werden.

Direkt am ersten Arbeitstag wurde Tezuka von seinem Chef und zukünftigen Kollegen Shigeru Miyamoto durch die Büros der Nintendo-Entwicklungsabteilung Entertainment Analysis & Development (EAD) geführt, in denen Tezuka von nun an arbeiten würde. Der junge Mann war zunächst Teilzeit beschäftigt und trug zum Grafikdesign von „Super Punch-Out!!“ (Arcade, 1984) bei. Zugleich schrieb er die Abschlussarbeit für sein Studium.

Nur wenige Wochen später schloss Tezuka das Studium ab und begann Vollzeit zu arbeiten. Zugleich startete er mit Miyamoto die Gestaltung eines eigenen Spiels. Dieses erschien Ende 1984 in Japan für das Famicom unter dem Titel „Devil World“. In Nordamerika wurde es aufgrund enthaltener religiöser Symbole nie veröffentlicht, in Europa kam es erst 1987 heraus. Bei dem Spiel handelt es sich effektiv um einen „Pac Man“-Klon. Kurioser- wie unerklärlicherweise hatte Tezuka damals jedoch noch nie von „Pac-Man“ gehört.

The Big Bang Theory

Ende 1984 fand dann so etwas wie ein Urknall statt, als Miyamoto, Tezuka und der begabte Programmierer Toshihiko Nakago zusammentrafen, um an einem revolutionären Projekt zu arbeiten. Daraus gingen gleich zwei Spiele hervor, für deren Design Miyamoto und Tezuka gemeinsam verantwortlich waren. Die Rede ist von den legendären Titeln „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“, die wir unseren Lesern gar nicht mehr vorstellen müssen.

Zwar war Tezuka bei der Entwicklung beider Titel Miyamoto untergeordnet, trug als Co-Schöpfer aber dennoch sehr viel bei. So etwa hatte Miyamoto keine spezifische Spielfigur für das spätere „Super Mario Bros.“ im Kopf. Zuvor hatte er seine Schöpfung Mario in jedem Nintendo-Spiel einbauen wollen, doch diese Narzissmus-Phase war inzwischen vorbei. Als Tezuka erfuhr, wie erfolgreich „Mario Bros.“ war, wollte er dessen Protagonist Mario jedoch unbedingt als Spielfigur in das neue Projekt integrieren.

Nicht nur das: Tezuka war es auch, der das bis heute legendäre Pixel-Design von Mario entwarf. Er war also nicht nur wegweisend an der Entwicklung von „Super Mario Bros.“ beteiligt. Ohne ihn wäre Mario irgendwann einfach in der Versenkung verschwunden! Miyamoto, Tezuka und Nakago bilden bis heute übrigens den Kern hinter sämtlichen „Mario“- und „Zelda“-Spielen.

Juli 1989: Takashi Tezuka arbeitet an „Super Mario Bros. 3“

Das erste eigenständige Projekt

Auf den unerwartet riesigen Erfolg von „Super Mario Bros.“ musste Nintendo rasch reagieren. Schnell sollte ein simples Sequel her. Dieses überließ Miyamoto seinem jüngeren, aufsteigenden Kollegen. So entstand unter Tezukas Leitung der Nachfolger „Super Mario Bros.: The Lost Levels“, berüchtigt für seinen hohen Schwierigkeitsgrad. Er stellte für Tezuka das Regiedebüt dar.

Tezuka und die Mario- und Zelda-Hochphase

Anschließend tat sich Tezuka wieder mit Miyamoto zusammen, um gemeinsam wieder einen legendären Kult-Klassiker zu kreieren. Die Rede ist vom 1988 erschienenen „Super Mario Bros. 3“. Formal teilten sich zwar Tezuka und Miyamoto die Regieaufgaben. Tatsächlich jedoch war es der kreative, ehrgeizige und geradezu exzentrische Tezuka, der am meisten zum Projekt beitrug. Ihm verdanken wir ihn Wahrheit die ungezügelte Kreativität eines der größten Videospiele aller Zeiten.

Ob dessen Nachfolger „Super Mario World“ besser oder schlechter ist, ist in Fankreisen eine ewig ungeklärte Frage. Dies spricht eindeutig für Tezuka, denn diesmal hatte er wieder die alleinige Projektleitung inne. Anschließend kehrte er zur „Zelda“-Reihe zurück und entwickelte das nicht minder legendäre „A Link to the Past“. Miyamoto war inzwischen Produzent geworden und schickte daher jüngere Entwickler an die Front. Und zu den erfolgreichsten der Neu-Miyamotos zählte eindeutig Tezuka, der Director des Projektes „A Link to the Past“.

Direkt nach „Zelda III“ entstand, wieder unter Tezukas alleiniger Anleitung, „Link's Awakening“. In diesem ungewöhnlichen Spiel spiegelt sich Tezukas Exzentrizität eindeutig wider. Eine Atmosphäre wie in „Twin Peaks“ wollte Tezuka erschaffen, was ihm durch allerlei verrückte, skurrile und Cameo-Charaktere mit Bravur gelang.

Tezuka zur N64-Ära, inzwischen als Produzent

Die letzten Projekte als Director

Anschließend war Tezuka Director der Remake-Sammlung „Super Mario All-Stars“, sowie einer von vier Directors des, wie sollte es bei Tezuka auch anders sein, charmanten „Super Mario World 2: Yoshi's Island“.

1996 folgte sowohl für Miyamoto als auch für Tezuka das letzte Projekt als Director. Da sie in dieser Position gemeinsam und mit dem Neuling Yoshiaki Koizumi zusammenarbeiteten, konnte nur etwas Bahnbrechendes entstehen. Das Resultat nämlich war „Super Mario 64“. Danach sollten Miyamoto und Tezuka nie wieder als Projektleiter auftreten. Als Produzenten sind sie zwar bis heute immer noch eng an der Entwicklung vieler Spiele beteiligt, allerdings nicht mehr an vorderster Front.

Showdown: Miyamoto vs. Tezuka

An dieser Stelle ein Zwischenfazit: Miyamoto war im Laufe seiner Karriere Director von „Donkey Kong“ (1981), „Donkey Kong jr.“ (1983), „Mario Bros.“ (1983), „Excitebike“ (1984), „Super Mario Bros.“, „The Legend of Zelda“, „Super Mario Bros. 3“ und „Super Mario 64“. Acht Spiele also, fast alle davon in den 1980er Jahren. Diese von Miyamoto entwickelten Spiele waren zwar größtenteils äußerst einflussreich, aber mal ehrlich, ein „Mario Bros.“ lockt heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, und bei „Super Mario Bros. 3“ war Miyamoto ja nicht der Haupt-Kreative.

Tezuka hingegen kommt auf elf Director-Rollen, fünf Mal davon als alleiniger Director. Schon zahlenmäßig ist er Miyamoto also überlegen. Doch auch davon abgesehen: „Super Mario Bros. 3“, „World“, „A Link to the Past“, diese Spiele genießen selbst heute noch allerhöchsten Stellenwert. Tezukas Spiele sind weniger revolutionär als Miyamotos, da sie auf dessen Vorlagen aufbauen. Doch sie glänzen durch eine enorm hohe Qualität und eine ungebändigte Kreativität. Sie perfektionieren existierende Formeln.

Tezuka in einem „Iwata fragt“-Interview

Das Schicksal der Talentierten: Vom Projektleiter zum -manager

Weiter geht’s mit Tezukas Karriere. Er und Miyamoto entfernten sich, wie schon erwähnt, nach „Super Mario 64“ von der kreativen Front, um als Produzenten und Manager der Abteilung EAD ihre wertvollen Erfahrungen in die Entwicklung sämtlicher Nintendo-Spiele einbringen zu können. Gegen Ende der N64-Ära begannen sie noch einmal eigene Projekte: Miyamoto befasste sich mit der „Mario Artist“-Reihe, einer Serie obskurer N64-DD-Software, und Tezuka war Geburtshelfer der „Animal Crossing“-Serie.

Heute sind Miyamoto und Tezuka gemeinsam die Generel Manager der EAD. Sie sind vollständig für die Verwaltung der Abteilung zuständig und überwachen die Entwicklung sämtlicher Spiele. Formal also sind sie Produzenten sämtlicher EAD-Spiele. Tezuka tritt ferner als Supervisor sämtlicher „Zelda“- und „Mario“-Titel sowie als Produzent von „Animal Crossing“ und „New Super Mario Bros.“ auf. Zuletzt kooperierte er mit externen Studios und überwachte die Entwicklung zweier „Yoshi“-Plattformer.

Warum Miyamoto?

Tezukas und Miyamotos Karrieren sind also höchst vergleichbar, zumal sich beide Entwickler heute in der gleichen Position befinden – Miyamoto gehört zusätzlich noch zum Nintendo-Vorstand. Was die als Director entwickelten Spiele betrifft, ist Tezuka der wohl einzige Designer, der dem Lebenslauf Miyamotos wenigstens ebenbürtig ist. Warum aber ist nur Miyamoto derart bekannt, während Tezuka ungerechtfertigter Weise viel zu wenigen Videospielern ein Begriff ist?

Zunächst einmal ist Folgendes festzuhalten: Miyamoto gilt in der Öffentlichkeit vor allem deshalb als bedeutendster Spieleentwickler, weil Nintendo ihn entsprechend vermarktet. Denn Nintendo weiß: Wo Miyamoto drauf steht, werden viele Käufer angelockt, auch wenn letztendlich nur wenig Miyamoto im Produkt steckt. Dies kritisierten wir bereits im ersten Artikel dieser Kolumne.

Shigeru Miyamoto und Takashi Tezuka präsentieren „Mario Maker“ auf der E3 2014 (Bildquelle)

Es kann nur einen geben!

Im Hinblick auf ihre Leistungen und ihre aktuelle Bedeutung für Nintendo mögen Miyamoto und Tezuka zwar gleichwertig sein. Aber es kann nur einen Besten geben! Da Miyamoto als Älterer zunächst Tezukas Boss war, wird natürlich ihm diese Ehre zuteil. Aber das ist nicht der einzige Grund für Tezukas Vernachlässigung. Denn in Interviews erscheint der Star-Designer stets sehr zurückhaltend und schüchtern. Leider ist es noch immer so, dass man einen solchen Charakter kaum der Öffentlichkeit vermarkten kann. Ein Miyamoto, der öffentlich ganz anders auftritt, ist dafür einfach besser geeignet.

Dass Tezuka öffentlich hauptsächlich als Produzent der „New Super Mario Bros.“-Spiele auftritt, obgleich er in Wahrheit der Produzent sämtlicher EAD-Spiele ist, verbessert die Situation nicht, im Gegenteil. Tezuka mag zwar in Wahrheit ein kreativer Exzentriker sein, aber die 2D-Hüpfer stellen die wohl unkreativsten EAD-Produktionen dar. Wie schon festgehalten, hat Tezuka diese Spiele natürlich nicht direkt zu verantworten. Dennoch greift ihre unter Vielspielern gemischte Resonanz negativ auf den öffentlichen Eindruck Tezukas und somit auch dessen Bekanntheitsgrad über.

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Bisher gibt es vier Kommentare

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  • Avatar von MegaMan X
    MegaMan X 17.11.2014, 16:36
    Japaner leben und arbeiten halt anders für ihre Firma.
    Schlussendlich ist es wichtig das Nintendo erfolgreich ist.
    Ich denke dass ist der Hauptgedanke bei jeden Angestellten von Nintendo.
    Wenn Shigy besser zu vermarkten ist und auch sehr viel erdacht und erfunden hat ist es halt so. Wichtig nur Nintendo ist erfolgreich =) Denke intern wird er eh sehr,sehr geschätzt was seine Position ja zeigt =)
  • Avatar von Minato
    Minato 17.11.2014, 15:56
    Miyamoto wird von vielen Unwissenden überschätzt, verdient aber dennoch seine Beliebtheit, da er an sich einfach sympathisch ist. Dennoch zeichnen Nintendo eben nicht nur Miyamoto, sondern viele andere wichtige Persönlichkeiten aus, wie eben Tezuka.
  • Avatar von cmdj13
    cmdj13 17.11.2014, 15:38
    Interessanter Artikel! Jedoch sagte mir der Name Takashi Tezuka schon vor dem Artikel was - ihr habt teilweise schon über ihn berichtet, wenn ich mich recht erinnere (auf jeden Fall wurde er im Zusammenhang mit SMB2 erwähnt). ^^
  • Avatar von Florian98
    Florian98 17.11.2014, 15:05
    Armer Tezuka! Dabei ist er mir echt sympathisch, genauso wie Koizumi.

    Miyamoto erntet echt viel ab, wobei er auch nicht immer alles richtig macht: er war z.B. gegen Partnerhelfer in Sticker Star und gegen das Kombinieren von Kartteilen in Mario Kart 7. Er ist außerdem gegen einer etwas durchwachseneren Story wie in Galaxy. Trotzdem: ohne ihn gäb es weder Mario, Link, Pikmin, Captain Falcon noch Fox etc.