Alex kommentiert: Warum Episoden-Spiele für neue Möglichkeiten sorgen

Im TV ist es schon Alltag. Kaum einer möchte noch Serien mit abgeschlossenen Episoden nach dem Schema „Villain of the Week“ sehen. Stattdessen fordert der moderne Zuschauer zusammenhängende Handlungsstränge mit unerwarteten Wendungen und stark geschriebenen Charakteren, die dazu motivieren, Woche für Woche wieder einzuschalten und die Ereignisse weiter zu verfolgen. Dass sich das Episoden-Format auch als erzählerisches Mittel für Videospiele eignet, hat Telltale Games spätestens mit „The Walking Dead“ eindrucksvoll bewiesen. Nun steigen auch andere Publisher wie Capcom und Square Enix mit auf den Zug auf. Auch Nintendo liebäugelt laut Miyamoto damit rum, das neue „Star Fox“ in mehreren Episoden zu veröffentlichen. Doch warum hat das Episoden-Format einen ganz eigenen Reiz und bringt die Erzählung in Videospielen auf das nächste Level?

Der Cliffhanger ist wohl das effektivste Mittel, um TV-Zuschauer auch in der nächsten Woche wieder vor den Fernseher zu bannen. Wird der Held tatsächlich überleben? Wie soll er aus dieser Situation noch einmal heil herauskommen? Mit Serien wie „24“ bis zum Maximum ausgereizt, hat der Cliffhanger mit der Zeit seinen Reiz verloren. Denn meist konnte man sich sicher sein, dass der Held dank eines Wunders lebend aus der Höhle des Löwen entkommt. Spätestens seit „Game of Thrones“, „Breaking Bad“ oder „Walking Dead“ haben wir aber wieder um unsere Lieblingsfiguren zu fürchten gelernt.

Auch in den Episoden-Spielen von Telltale Games wird mit der Ungewissheit über das Schicksal der Figuren gespielt. Da wir uns aber nicht im linearen Fernsehen befinden, sondern dem dynamischen und interaktiven Medium Videospiel, stehen ganz andere Türen offen. Telltales Spiele lassen uns an der Entwicklung der Handlung und Figuren selbst teilhaben. Wir selbst bestimmen, welche Entscheidungen die Figuren treffen, und müssen anschließend die Konsequenzen tragen, wobei „Walking Dead“ deswegen so gut ankommt, weil es insbesondere mit unseren Moral-Vorstellungen spielt. Wie es in der nächsten Episode weitergeht, hängt ganz von uns selbst ab. Der Reiz, mit anderen über den weiteren Verlauf zu spekulieren und die eigenen Erlebnisse zu diskutieren, liegt also besonders hoch. Gleichzeitig bleibt das Spiel über längere Zeit im Gespräch. Ein besonders großer Vorteil für Publisher, die hier von kostenlosem viralem Marketing profitieren können.

„The Walking Dead“ ist der populärste Episoden-Vertreter

In diesem Punkt tut sich Telltale Games bislang noch etwas schwer. So sind die Abstände zwischen den Veröffentlichungen der einzelnen Episoden noch viel zu groß und unregelmäßig. Im schnelllebigen Internet bleiben die neuen Episoden also nur wenige Tage vor und nach ihrer Veröffentlichung im Gespräch. Capcom hingegen plant mit „Resident Evil: Revelations 2“, jede Woche eine neue Episode zu veröffentlichen. Es ist offensichtlich, dass man sich davon verspricht, über einen längeren Zeitraum konstant im Gespräch zu bleiben und für einen gewissen Event-Faktor zu sorgen.

Dennoch warten viele Spieler lieber ab, bis alle Episoden veröffentlicht wurden, um diese dann an einem Stück spielen zu können. Das passende Äquivalent in der TV-Landschaft nennt sich Binge-Watching. Der Begriff kam mit der Netflix-Serie „House of Cards“ auf, deren Staffeln direkt komplett veröffentlicht werden und so an einem Stück, beziehungsweise im Rausch, geguckt werden können. Natürlich geht hier aber die ein oder andere erzählerische Wirkung durch die direkte Auflösung von Cliffhangern verloren. Ein anderer Aspekt, der vielen gar nicht unbedingt bewusst ist, dass Episoden-Spiele auch hervorragend als Demo funktionieren. Als Spieler kann ich zunächst eine Episode ausprobieren und danach entscheiden, ob ich die weiteren Episoden noch spielen möchte.

Capcom springt mit „Resident Evil Revelations 2“ auf den Episoden-Zug mit auf

Fakt ist, dass Episoden-Spiele nur dann Sinn machen, wenn sie von einer starken Erzählung leben. Ob „Resident Evil: Revelations 2“ von Capcom tatsächlich handlungsstark genug ist, um von dem Format zu profitieren, wird sich erst noch zeigen müssen. Der Vorgänger wurde zwar bereits in mehrere Episoden unterteilt und erzählt, dennoch müsste die Erzählung genauer auf die einzelnen Episoden ausgerichtet sein. Gleichzeitig gilt es, den richtigen Spagat zwischen Spielanteil und Erzählung zu treffen. Während in einem reinen Adventure der Spielanteil sowieso gering ist und die Geschichte im Fokus steht, möchte man in einem „Resident Evil“ noch immer auf Mutanten und Zombies ballern.

Das Episoden-Spiel eröffnet nicht nur neue Wege der Erzählung, sondern ist auch als Distributionsmöglichkeit ein spannender Ansatz in der Videospielbranche. Die Entwickler können mit ihren Spielen auf neue Weise Geschichten erzählen und sich näher an großen TV-Bildern orientieren, während Publisher davon profitieren, dass ihre Spiele länger Gesprächsthema bleiben und viral beworben werden. Wir Spieler hingegen können in ein Spiel zunächst reinschnuppern und nach wenigen Episoden entscheiden, einfach auszuschalten, ohne sechzig Euro für einen Vollpreistitel in die Luft geblasen zu haben. Das Episoden-Spiel ist somit einer der spannendsten Ansätze der letzten Jahre, mit dem es sich lohnt, weiter zu experimentieren.

Mit „Moon Chronicles“ gibt es auch auf dem 3DS bereits ein Spiel mit Episoden-Ansatz


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Bisher gibt es fünf Kommentare

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  • Avatar von Hello_Lubi
    Hello_Lubi 22.01.2015, 08:06
    Ich kann mit diesen Episodenformat auch nichts anfangen. Ich bin sowieso einer der Personen, der wartet, bis alle Episoden draussen sind. Und da brauch ich nicht dieses nervige "in der nächsten episode von..."-"was bisher geschah..." Bei so Adventures wie The Walking Dead oder The Wolf Among us kann ich das noch hinnehmen. Bei einem Starfox wäre das meines Erachtens fehl am Platz "In the next Episode of Star Fox U..." - nein, danke!
  • Avatar von Taurin
    Taurin 22.01.2015, 07:33
    Ich bin nicht so der fan davon. Möchte nicht jedes mal warten müssen ne Woche um weiter zocken zu können. ...d.h. ich warteer bis so ne serie abgeschlossen ist.
  • Avatar von Fightdragon
    Fightdragon 22.01.2015, 04:41
    Ich finde Telltale Spiele total overhyped und allem Episodenform aufzuzwingen auch keine sinnvolle Idee.Gut natürlich für Youtuber die brauchen nicht so lange am Stück was spielen.Ansonsten ist sowas zwar nen Ansatz für manche Sachen aber Resident Evil Revelations 2 hätte keine Episodenform gebraucht. Außer sie wollten keine Reviews erhalten.
    @Mosfet Ja ich verstehe deine Bedenken und ich finde auch das noch immer die besten Spiele eine Mischung aus guten Gameplay und guter Story im Rpg Bereich sind.Ich muss auch sagen Telltale hat wenig mit Adventure zu tun.Die Storys sind ok haben aber dieses ewige Entscheidungsproblem. Daedalic macht gute Adventures wie ich finde.
    Zum Abschluß Episodenform ist zwar nett aber ich sehe da schon irgendwann wieder den nächsten Zankapfel lauern.Ich brauche Spiele komplett.Ich spiele ungern Episodenform da ich gefühlt zu lange aus dem Spiel raus bin.
  • Avatar von ahixd
    ahixd 21.01.2015, 20:34
    Zitat Zitat von MOSFET Beitrag anzeigen
    Das Episoden-Format ist halt perfekt geeignet um über die Eshop's und Steam's dieser Welt vertrieben zu werden. Aber im Grunde nervt mich die Zerstückelung von Spielen in DLC's jetzt schon ...
    Das ist der Knackpunkt!
    Es wäre echt nervig wenn jetzt jeder damit anfängt Vollpreistitel in DLC's zu schnüren und noch mehr Cash zu machen.
    Und außerdem sollte es bloß nicht zu Überteuert werden.
  • Avatar von Anonym 20200729
    Anonym 20200729 21.01.2015, 14:16
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