DJW Asa no Kai: Satoru Shibata über Nintendo in Europa

Der Deutsch-Japanische Wirtschaftskreis setzt sich für die Zusammenarbeit von Unternehmen beider Länder ein und organisiert hierfür vermehrt Veranstaltungen. Am 23. Oktober ist Satoru Shibata, Managing Director von Nintendo of Europe, zum Frühstücksprogramm „Asa no Kai“ eingeladen gewesen. Er war darum gebeten worden, über die Aufgaben des in Japan verwurzelten Kultunternehmens in Deutschland und in Europa zu berichten. Wir sind mit am Frühstückstisch mit Herrn Shibata gewesen und möchten im Folgenden unseren Lesern eine Zusammenfassung der Veranstaltung und insbesondere des Vortrags geben.

(c) DJW

Seit dreißig Jahren: Satoru Shibatas Jubiläum

Der Vortrag von Herrn Shibata ist für neun Uhr geplant gewesen. Zuvor hat es jedoch im Festsaal des Grandhotel Hessischer Hof in der Friedrich-Ebert-Anlage in Frankfurt ein gemeinsames Frühstück gegeben, an dem auch der lokale japanische Generalkonsul, Vertreter und Mitglieder des DJW sowie verschiedene Unternehmer aus zahlreichen Ländern teilgenommen haben.

Im Anschluss an das Frühstück hat der DJW den Gastredner des Tages vorgestellt und über Satoru Shibatas Werdegang berichtet. Wichtigste Information: Dieser ist genau vor dreißig Jahren von Nintendo in Japan eingestellt worden, womit das Jahr 2015 sowohl das 30-jährige Jubiläum der „Super Mario Bros.“-Reihe als auch von Shibatas eigener Tätigkeit für Nintendo kennzeichnet.

In seinem Vortrag hat sich der Nintendo-of-Europe-Präsident aber auf das Unternehmen fokussiert und es geschichtlich eingeführt. Von den Hanafuda-Karten über Twister, dem erfolgreichen Game & Watch und Miyamotos „Donkey Kong“-Arcade-Debüt bis hin zu „Super Mario Bros.“: Insgesamt wollte Shibata nicht nur an das lange Bestehen des Unternehmens erinnern, sondern auch verdeutlichen, dass Nintendo schon immer in der Unterhaltungsbranche schöne wie auch weniger schöne Zeiten hatte und nicht das stabile Unternehmen ist, für das es größtenteils gehalten wird.

„Nintendo is relevant to me“

Jedenfalls habe sich Nintendo seit 2005 zum Ziel gesetzt, die Gaming-Population zu erweitern, um präventiv gegen das Schrumpfen der Branche entgegenzuwirken. Ein Motto für dieses Vorhaben sei gewesen, dass man unabhängig von Geschlecht, Alter und der Nationalität bei den Menschen gut ankommen möchte, sodass diese Nintendo als etwas für sie Relevantes wahrnehmen.

Um diese „5 bis 95“-Strategie zu verwirklichen, habe das Unternehmen schon immer die Definition des Gameplays und damit auch die der Videospiele herausgefordert. Was sich noch nicht als Gameplay oder Spiel etabliert hatte, für das habe Nintendo schlicht ein Fundament gesetzt.

Als Beispiel könne man den NES-Controller nehmen, der schlicht gebaut und selbsterklärend sei. Heute, beispielsweise mit dem Wii U Pro Controller, das aus viel mehr Knöpfen besteht, könne man aber nur schwierig Nicht-Videospieler zum Spielen motivieren, da die Komplexität abschreckend wirke. Der Touchscreen des Nintendo DS und die Wii-Fernbedienung sowie Spiele wie „Nintendogs“, „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ und „Wii Fit“ laden dagegen gerade durch ihre Funktionsweise und ihr Design auch solche Menschen zum Spielen ein. Gleichzeitig versuche man die eigenen Marken stärker zu bewerben, etwa durch die erfolgreichen amiibo.

Das nächste Ziel sei es, Eltern und vor allem Mütter davon zu überzeugen, dass Heimkonsolen nicht grundlegend schlecht seien. Die Umsetzung dieses Ziels habe man über etwas Einfaches wie dem kompakten Design der Wii als auch über verschiedene Sicherheitsregelungen wie dem Parental Control erzielen wollen. Ein weiteres Problem sei, dass gewaltverherrlichende Videospiele gerade in Europa so erfolgreich seien. Nintendos Antwort hierauf sei beispielsweise „Splatoon“, dessen Design aber auch dessen Online-Umgebung mit Eltern viel verträglicher sei als die Gegenstücke bei der Konkurrenz.

Insgesamt versuche das Unternehmen also, Videospiele an Jedermann zu bringen und damit jene, die sich bislang abschrecken ließen, nach und nach von der guten Natur der Videospiele zu überzeugen. Shibata formuliert Nintendos Hauptziel wie folgt:

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„Make everyone who is related to Nintendo smile.“

In Europa sei Nintendo in elf Ländern direkt und in 18 weiteren Ländern über Vertreiber vertreten. Für die Hauptaufgabe, die Spiele zu lokalisieren, das heißt zu übersetzen, seien bei Nintendo of Europe etwa 850 Menschen beschäftigt, unter denen Angestellte aus 32 Ländern zu finden und etwa die Hälfte Deutsche seien.

Eine große Aufgabe dieser 850 Angestellten sei aber auch das, was intern „Culturization“ genannt werde. Neben dem Übersetzen muss Nintendo of Europe die Spiele auch kulturell anpassen, da eine Spielwelt mit typisch japanischen Elementen den meisten Europäern fremd ist, sodass gewisse Änderungen als notwendig angesehen werden. Als Beispiel hierfür hat Shibata „Tomodachi Life“ angegeben, das statt der umzäunten Dächer, die in Japan üblich sind, hierzulande Aussichtstürme und statt einer japanischen Neujahresmahlzeit das viel bekanntere Schnitzel anbietet.

Die Verkaufszahlen des Spiels beweisen, dass die Culturization geglückt ist. Während sich „Tomodachi Life“ seit dem japanischen Release im April 2013 dort etwa 1,950 Millionen Mal verkauft hat, ist es der europäischen Veröffentlichung dieses ungewöhnlichen Spiels gelungen, seit Juni 2014 etwa 1,645 Millionen Exemplare abzusetzen.

Zum Schluss

Die Geschichte von Nintendo weist gute und schlechte Zeiten auf, aber demonstriert, wie flexibel das Unternehmen sein kann. Einen großen Wandel macht es nun mit dem neuen Lebensstil durch Smartphones und Tablets durch, worauf sich Nintendo ebenfalls einzustellen habe. Das Hauptziel bleibe für Shibata immer noch das selbe: „Make everyone who is related to Nintendo smile.“

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Die Fragerunde

Im Anschluss an den Vortrag von Herrn Shibata musste sich dieser noch den Fragen der Zuhörer stellen. Hierbei wurde zunächst hinterfragt, wie man künftig gerade die ältere Generation für Videospiele begeistern möchte. Im gleichen Zug kam die Empfehlung, realistische Hindernisse spielerisch an diese heranzubringen. Shibata hat die Empfehlung lächelnd angenommen und ließ verlauten, dass Letzteres eventuell mit dem Konzept der angekündigten Quality-of-Life-Sparte vereinbar sein könnte.

Anschließend wollte eine Person aus dem Publikum wissen, wie die Ideenfindung bei Nintendo stattfinde und ob man auf Umfragen oder Trends setze. Laut Shibata möchte das Unternehmen bei Gameplayideen nicht auf direkte Wünsche reagieren, damit ein Überraschungseffekt existiere. Man untersuche eher, wie man eigene Ideen besser an die Kunden bringen kann. Das Ganze habe jedoch den Effekt, dass Nintendo ständig Risiken eingehen müsse und entsprechend gute wie schlechten Zeiten durchgehe.

Auf die Frage, auf welche Kriterien Nintendo of Europe bei der Einstellung neuer Mitarbeiter achte und ob nur Sprachkenntnisse wichtig seien, hat Shibata geantwortet, dass man für die Lokalisierung selbstverständlich an Sprachbegabten interessiert sei, allerdings auch viel Wert auf die persönliche Videospielerfahrung der Person lege. Dieser Enthusiasmus fließe auch zu einem Teil ein.

Zum Abschluss kam schließlich die Frage, ob Nintendo auch Spiele für Smartphone entwickeln werde und ob sich das Unternehmen durch die ganzen Änderungen nicht der Gefahr aussetze, die eigentlichen Fans zu enttäuschen. Satoru Shibata beantwortete beide Fragen mit einem Ja. Er erklärte, dass sich die Titel für Mobilgeräte von den Konsolen- oder Handheldspielen unterscheiden werden und Nicht-Videospieler eher für Letztere motivieren sollen. Die jahrelangen Fans brauchen sich laut Shibata keine Sorgen zu machen, da für sie bereits eine neue Videospielmaschine angekündigt wurde, die ihnen gewidmet sei, nämlich NX.

Anmerkungen

Wie bereits zu Beginn erklärt, hat sich diese Veranstaltung an deutsche oder japanische Unternehmer gerichtet, die am Beispiel von Nintendo of Europe erzählt bekommen haben, welche Aufgaben man in beiden Ländern übernehmen muss, um sich erfolgreich an die Umgebung anzupassen. Der Vortrag von Satoru Shibata hat also diese ansprechen müssen und weniger die Presse oder gar die Öffentlichkeit. Nichtsdestotrotz hat es an der Rede einiges gegeben, das auch für Fans des Unternehmens interessant sein dürfte, weswegen wir diese Zusammenfassung für sinnvoll erachtet haben. Allerdings gibt es kein Protokoll; wir hoffen, dass wir Herrn Shibatas Rede treu wiedergeben konnten.

Eine kurze Zusammenfassung und Bilder zur Veranstaltung gibt es auch beim Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreis auf der Webseite und ist über diesen Link erreichbar.

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  • Avatar von 1UP-Maschine
    1UP-Maschine 28.10.2015, 17:17
    Und da wurdet ihr eingeladen? Krass.