Am letzten Montag nach Feierabend war ich nach dem langen Heimweg noch auf Postbesuch, da ich erstens Steuern zahlen musste (erste Rate, 355 Franken), sowie mein Monatsgeld für den Monat Juni abheben (ca. 1000 Franken) wollte.

Ich ging also in diese Post, drei Schalter, natürlich nur zwei geöffnet, und eine lange Schlange. Es war ungefähr 17:40 Uhr, Feierabend hatte ich bereits um 17:00 Uhr gemacht, aber leider befindet sich mein Arbeitsplatz nicht gerade in der Nähe von meinem Wohnort. Es braucht eben seine Zeit, nach Hause zu gehen.

Vorerst noch zur Information: Meine Eltern sind getrennt, und am Montag gehen ich und meine Geschwister immer zu meinem Vater zum Abendessen. So eine Art Familien-Abend. Die Post ist gerade einige Minuten von meiner Vaters Wohnung entfernt. Wenn ich zu meiner Mutter gehen wollte, müsste ich mit einem andern Bus nochmals ungefähr zehn bis 15 Minuten fahren, bis zum Arsch der Welt.

Aber wie dem auch sei, ich stand also in der Schlange und wartete, bis endlich ein Schalter frei wurde. Es war zum Glück kein heisser Tag, und von Anfang an fiel mir, wie nicht anders zu erwarten, eine Asiatin auf.

Sie war vermutlich gleich alt, etwas jünger oder evt. etwas älter als ich. Es war keine Japanerin. Ich würde jetzt auf eine Thailänderin tippen, könnte aber auch eine Chinesin gewesen sein. Habe leider ihr Gesicht nur von der Seite begutachten können, ununterbrochen die ganze Zeit über. Die Nase und Gesichtsform sahen schon nach einer Thailänderin aus.

Sie hatte verdammt viel Briefe und Post-Zeugs bei sich, und auch einige Zettel, mit denen sie Pakete oder eingeschriebene Briefe abholen wollte. Auf jeden Fall hatte sie verdammt grosse Mühe, mit der deutschen Sprache, und die Postangestellte hatte zum Teil noch mehr Mühe, das zu verstehen, was die Asiatin wollte. Ich hörte etwas zu, und verstand eigentlich alles, auch wenn es sich teils sehr amüsant angehört hat (z. B. hatte sie, wie viele Asiaten das Problem mit der Aussprache des Buchstabens “R“, als sie “drei“ sagen wollte). Ich verstand sofort, „ach, die meint drei.“ Aber die Postangestellte fragte etwa Tausend mal nach, und die arme wiederholte das Wort immer wieder. Die Angestellte ermahnte sie auch, wegen irgendetwas. Keine Ahnung was. Auf jeden Fall sagte sie, dass sie neu hier wäre, und noch nicht alles wüsste. Einmal sagte sie auch ihren Namen, welchen die Postangestellte auch nicht verstand: Tang. Oder Teng, oder Tong. Aber ich glaube, es war Tang. Null Ahnung, ob das nun der Vor- oder der Nachname war.

Auf jeden Fall hatte sie, wie schon erwähnt, sehr viel Post bei sich, und war auch ziemlich gut gekleidet, würde jetzt auf eine Sekretärin oder kaufmännische Angestellte tippen, eine, die gerade eine Ausbildung geniesst. Aber das kann ich mir wegen ihren sprachlichen Kenntnissen und auch dem Verhalten wegen gar nicht vorstellen. Es kam wirklich so rüber, als sei sie erst einige Wochen im Land. Ich war natürlich schon längst an der Reihe, und auch vor ihr fertig. Ich versuchte noch irgendwie Zeit zu schinden, aber sie mit ihren Mühen und Stapeln voller Briefen war vermutlich noch seeeeehhhhhhrrrrrrrr lange dort drin.

Leider drängte die Zeit: Wichtige Hausaufgaben, die bis am Donnerstag erledigt sein müssen, der doofe Familien-Abend zu Hause und das baldige Abendessen. Hätte ich Urlaub oder Ferien gehabt, wäre ein Freitag gewesen und man hätte mich zu Hause nicht erwartet, ich denke, ich wäre vor der Post stehen geblieben und hätte auf sie gewartet, nur um sie mal an zu sprechen und etwas auszufragen. Woher sie komme? Wie lange sie schon hier sei? Was sie mache? Und so weiter.

Oder hat jemand sie ins Land geschleppt, und sie erledigt nun die Arbeiten? Vor einigen Jahren, als wir mit meiner Mutter noch in einem kleinen Block gewohnt haben, gab es über uns einen fetten, glatzköpfigen Nachbarn, der sich fast täglich minderjährige Asiatinnen nach Hause bestellt hat. Die waren nicht älter als 16, 17 oder 18 Jahre. Sahen aus wie Schülerinnen, haben auch nie gegrüsst. Doch das ist schon fünf oder mehr Jahre her, damals dachte ich mir nichts dabei, heute hätte ich ihn oder eine der jungen Frauen mal angesprochen.


Es bräuchte wohl ein Wunder, damit ich sie nochmals sehe, aber ich denke kaum. Nur jeden Montag gehe ich nach der Arbeit eben direkt zu meinem Vater, sonst gehe ich immer noch weiter. Ausserdem gehe ich in der Regel auch nur einmal monatlich in die Post, und da sind natürlich die Chancen, sie nochmals zu treffen, sehr klein.


Hattet ihr auch schon solche ähnlichen Erlebnisse?