Zitat Zitat von Soren Beitrag anzeigen
Ist es nicht eher der Bundespräsident, der die 3 Parteien(CDU,CSU,SPD) noch mal zusammen rufen will, um mit ihnen zu reden, weil er eben die Neuwahlen verhindern möchte?
Das ist richtig, er will Neuwahlen unbedingt verhindern.

Ein Problem für die SPD ist natürlich auch, dass man nun irgendwie nichts richtig machen kann - Kritik wird es immer geben. Aus der einen Ecke kommt "die sind bockig und der Selbsterhalt ist ihnen wichtiger als eine stabile Regierung" und aus der anderen Ecke "jetzt gehen die wieder in die Groko, typisch SPD". Ich möchte da wirklich nicht entscheiden müssen, ist eine dämliche Situation.

Im Allgemeinen finde ich ja, dass die ganze öffentliche Reaktion darauf ziemlich strange war. Der schwarze Peter wurde ganz stark den Grünen zugeschoben, vor allem von der FDP (das wurde liebend gerne auch medial aufgegriffen). Alternativ hat man auch ein wenig die Schuld bei Lindner gesucht, aber das haben die Liberalen gut abgewendet. Dann hat man gleich noch die böse SPD beschuldigt, weil sie sich ja sofort für die Opposition entschieden hat und angeblich keine Verantwortung übernehmen möchte.

Teilweise frage ich mich schon: Was ist denn mit der Union? Was ist mit der Bundeskanzlerin? Merkel sollte eine mögliche Regierung auch führen und mit der stärksten Bundestagsfraktion im Rücken auch die größte Verantwortung tragen. Nur sehe ich nicht, dass sie sich dieser Verantwortung groß stellt. Schon während der Verhandlungen war sie fast nicht sichtbar. Auch jetzt ist sie eher zurückhaltend. Während gleichzeitig alle anderen Parteivorsitzenden sich regelmäßig rechtfertigen müssen.

Dabei ist ja durchaus auch Merkel mitschuldig an dieser Situation. In der eigenen Partei herrscht hinter ihr eine Art Vakuum, gefährliche Mitstreiter wurden in den letzten Jahren entweder abgesägt oder mit Aufgaben betraut, die einen zwangsläufig unpopulär werden lassen (von der Leyen z.B.). Mit den Koalitionspartnern, SPD und FDP, ist sie ebenso nicht gerade zimperlich umgegangen. Mehr als Mehrheitsbeschaffer waren diese in ihren Augen nie. Beide Parteien sind nach Regierungen mit Merkel in ihre tiefsten Krisen gestürzt.

Und natürlich merken die sich das. So sehr ich den Kurs der FDP im Allgemeinen für falsch halte, so sehr kann ich auch verstehen, dass dort niemand auf Teufel komm raus regieren möchte. Zu riskant ist es, dass man für den merkelschen Machterhalt erneut Federn lässt. Selbiges gilt für die SPD. Natürlich: Eine Partei sollte eigentlich jede Möglichkeit ergreifen ihr Programm umzusetzen. Doch wenn man dafür bis zur Selbstzerstörung gehen muss, dann hilft das auf lange Sicht auch niemandem.

Den SPD-Mitgliedern wurde bereits eine Abstimmung über eine mögliche Regierungsbeteiligung versprochen. Ich hoffe ja, dass das eingehalten wird und die Basis dieses Mal auch entsprechend entscheidet. Ansonsten würde ich mich immer mehr über eine Minderheitsregierung freuen. Nicht unbedingt weil ich die Union gerne in der Regierung hätte (aber das ist unvermeidbar), sondern weil ich mir erhoffe, dass wieder mehr Diskussion im Bundestag erlebbar wird. Auch sehe ich die Chance, dass Parteien ihre verschiedenen Standpunkte wieder stärker herausarbeiten können - das wurde ja zuletzt auch stark bemängelt.

Und übrigens sehe ich da auch eine große Chance für Merkel. Sollte sie eine solche Regierung halbwegs ordentlich moderieren, könnte sie in der Nachbetrachtung ihren vielleicht größten Fehler kaschieren: Wie fast alle ihre Vorgänger hat sie sich zu lang an der Macht festgeklammert.


Mehr oder weniger ist das ja der Standpunkt, den ich auch so am Montag schon hatte. Aber mit ein paar mehr Eindrücken und Gedanken, die ich die letzten Tage gesammelt habe.