Bild-Boykott und seine Folgen

[Garo]

Artikel

Nach der Berichterstattung um den Eurowings-Absturz haben einige kleine Händler begonnen die Bild-Zeitung nicht mehr in ihrem Geschäft anzubieten. So auch ein EDEKA in Chemnitz. Vor kurzem erreichte den EDEKA die Küdigung des Zulieferers, des Mitteldeutschen Pressevertriebes. Auch darf sich der EDEKA aufgrund des Gebietsrechts des MPV von keinem anderen Grossisten beliefern lassen.
Das ganze schlägt derzeit ziemliche Wellen, weil viele vermuten, der Axel Springer Verlag hätte Druck auf dem MPV ausgeübt.
Eine Stellungnahme von Axel Springer hierzu:

Wir nehmen Kritik an Bild immer ernst - jeder ist frei, zu entscheiden, ob er Bild lesen möchte. Ein Zeitungshändler hat, abgesehen von seiner persönlichen Meinung, aber eine wichtige Funktion: Mit seiner Auslage ermöglicht er seinen Kunden, die Medienvielfalt in Deutschland überhaupt in Anspruch nehmen und sich ihre eigene Meinung bilden zu können.

Den EDEKA stört das wenig, diese werden in dem nun leeren Zeitschriften-Regal Kinderbücher und eine Auswahl an Romanen anbieten.

Meine Meinung zu dem ganzen: Den Boykott der Bild-Zeitung feiere ich auf persönlicher Ebene hart. Wenn ich in der Bahn eine Person mit einer Bild-Zeitung sehe, kann ich diese Person nicht mehr ernst nehmen. Auf der anderen Seite stimme ich jedoch auch dem Axel Springer-Verlag zu und sehe es kritisch wenn jeder Kiosk selber bestimmen könnte, welche Zeitschriften er auslegen darf, da er damit auch die Meinung seiner Kunden beeinflussen kann. Genauso kritisch finde ich es aber, wenn Händler nicht selbst über sein Angebot bestimmen darf.

Da ich mir selbst hier nicht wirklich einig bin, wüsste ich gern, wie ihr den Fall seht?

[Agent DD]

Hm, ich denke, jeder Laden sollte selber entscheiden dürfen, was er verkauft. Dass der Laden jetzt nicht mehr beliefert wird, weil er die Bild nicht verkauft, finde ich selber nicht gut. Hat man davon, wenn es wohl nur einen Lieferanten pro Gebiet geben darf.
Würden die es immernoch Zensur nennen, wenn eine Zeitung nicht angeboten wird, weil der Händler zB keinen Platz dafür hat und sich andere Zeitungen besser verkaufen? Immerhin wird ja dadurch das Angebot für den Kunden geschmälert, genauso wie wenn die Bild boykottiert wird. Wenn der Händler die Bild jetzt durch eine andere Zeitung ersetzt hat / hätte, hat dann der Leser nicht genauso eine Auswahl? Jetzt könnte man sagen, dass der Händler durch die Auswahl der Zeitungen die Meinung seiner Kunden beeinflussen könnte. Grade die Bild ist aber doch eh ziemlich das größte Schundblatt, da fällt mir grad das Zitat der Ärzte "und die besteht nunmal, wer wüsste das nicht, aus Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht".

[Monoton]

Ich seh das eigentlich genauso wie du, Garo. Auf persönlicher Ebene find ich's richtig genial und fänd's super, wenn andere mitziehen würden. Trotzdem bleibt halt die Frage, ob das wirklich in Ordnung ist. In der Türkei hab ich erlebt, wie der Vater von dem Kumpel mit dem ich dort war, seine "demokratische" Zeitschrift nur heimlich unter der Ladentheke einiger Läden kaufen konnte, weil manche Läden sie nicht anbieten dürfen oder wollen, weil's sonst Probleme mit Polizei und Politik geben kann. Natürlich weit von diesem Fall hier entfernt, trotzdem keine schöne Sache.
Man setzt damit zwar ein klares Zeichen, aber am Ende ist es immer noch eine Sache der Leser zu entscheiden, welche Zeitschriften sie sich kaufen wollen.
Nun ist es aber nicht so, dass man die BILD ja nirgends mehr kaufen kann. Es gibt wohl kaum ein Laden, der wirklich ALLE noch so kleinen Zeitschriften vertreibt. In dem Sinne finde ich also nicht, dass der Edeka als Zensor agiert, weil er etwas nicht in seinem Laden verkaufen möchte. Ich steh der Sache also eher positiv gegenüber, statt mit der "aber die Pressefreiheit..!" Keule zu schwingen. Wie könnte ich auch anders, wenn es um die BILD geht.

[Tiago]

Die BILD schlägt eben mehr als oft über die strenge und in die Geschmacklosigkeit. Finde das schon vertretbar, wenn ein Händler dann sagt, dass er das aus ethischen und/oder moralischen Gründen nicht verkaufen möchte.

[Zegge]

Seh ich auch so. Es würde doch ganz anders aussehen, wenn ein Händler eine andere (kleinere und unbekanntere) Zeitung aus moralischen o. ä. Gründen nicht mehr verkaufen/anbieten möchte. Da würde doch kein Hahn nach krähen. Aber bei der Bild schon. Und da finde ich den (scheinbaren) Druck den der Axel Springer Verlag da jetzt ausübt weitaus kritischer.

[KaiserGaius]

Immer wieder schön zu sehen, wie die Rechten reagieren, wenn man ihnen das Bühnenlicht dimmt. Solange ein Unternehmen nicht rechtlich gebunden ist kann es verkaufen oder nicht verkaufen was es will. Bezüglich dieses Falls habe ich das soweit verstanden, dass der Grossist dort die Regionalhoheit besitzt und der Edeka sich von keinem anderen beliefern lassen darf. Solange hier aber kein Vertrag über die Abnahmepflicht bestimmter Produkte besteht müsssen diese auch nicht abgenommen werden. Natürlich spielt der Grossist jetzt sein Monopol in der Region aus (wobei ich ihm jetzt kein bösswilliges Verhalten unterstelle, der braucht wahrscheinlich auch die Einnahmen aus jeder verkauften Zeitung).
Die Stellungnahme von Springer hingegen ist absoluter Mist. Zum einen weil es sich hierbei um EINEN einzigen Markt handelt und wir nicht davon ausgehen können, dass die Murkel jetzt Wählerstimmen verliert, und zum anderen müssten dieser Logik nach auch restrektive Produkte (faschistisch, kommunistisch) in die Auslage, damit sich die "Bürger" aka "Vollidioten im Redaktionsjargon der Bild" eine Meinung bilden können (nicht lassen).