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11.10.2016, 11:38 #1
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Foto des Jahres: Ein totes Flüchtlingskind am Strand
Moin moin!
Ich muss ehrlich gesagt gestehen, dass ich mich nicht sonderlich damit beschäftigt hab, aber irgendwie spukt es jetzt doch in meinem Kopf herum. Kürzlich hab ich gelesen, dass als "Foto des Jahres" (glaube dabei ging es um Fotos im journalistischen Bereich) das Bild eines toten, kleinen Flüchtlingskindes gewählt wurde, welches am türkischen Strand gefunden wurde.
Ich verstehe natürlich, dass so ein Bild einen starken Eindruck hinterlässt und zum nachdenken anregen soll, aber findet ihr es nicht auch irgendwie verwerflich so etwas auch noch zu fotografieren? Ich weiß auch nicht, irgendwie stört mich das total, dass man davon ein Foto macht und für dieses Foto auch noch ausgezeichnet wird. Was will man damit bezwecken? Jounralisten zu noch mehr Skandalbilder zu motivieren? Wie gesagt, die ambivalenz dahinter ist mir klar, aber irgendwie wüsste ich schon, auf welche Seite der Debatte ich mich stellen würde... Wie seht ihr das?
(PS: Das Foto hab ich hier ganz bewusst nicht gepostet und ich möchte auch nicht, dass das hier gepostet wird.)
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11.10.2016, 12:30 #2
Das Bild wurde aber nicht ausgezeichnet weil es ein "Skandalbild" war, sondern weil es zum Veröffentlichungszeitpunkt - wie jetzt auch noch - einen wunden Punkt trifft. Es veranschaulicht doch gut, was Europa Kriegsflüchtlingen antut, indem man ihnen keinen legalen Weg zur Einreise auf unseren Kontinent ermöglicht. Man treibt sie in die Arme von Schlepperbanden, zerstört somit ganze Familien und macht das Mittelmeer zum Massengrab. Wer vor dem Leid im Bürgerkrieg fliegen kann, der wird mit der Fahrt übers Mittelmeer der nächsten großen Gefahr ausgesetzt. Und daran tragen wir in Europa durchaus eine Mitschuld.
Natürlich dürfte das vielen bewusst gewesen sein, doch Meldungen wie "Schlepperboot mit 100 Flüchtlingen im Mittelmeer gekentert" lassen sich schnell wieder aus dem Gedächtnis verdrängen. Das geschriebene und auch das gesprochene Wort sind oftmals nicht so stark wie ein solches Bild. Ich denke deshalb war es so wichtig, weil es das ganze Elend auf sich vereint. Und weil man diesen Eindruck eben nicht einfach wieder zur Seite schieben kann.
Natürlich heißt das nicht, dass es jetzt abertausende solcher Bilder braucht. Seriösen Journalisten ist das aber durchaus bewusst, weshalb ich deine Bedenken nicht teile. Im Übrigen hat der Vater des Jungen, der die Fahrt als einziges Familienmitglied überlebt hat, positiv (soweit man eben auf sowas positiv reagieren kann) auf die Veröffentlichung des Bildes reagiert.
Übrigens: Es ist nicht zum ersten Mal, dass ein (Presse)Fotos des Jahres ein solch drastisches Bild ist. Das "Napalm Girl" (Phan Thị Kim Phúc), fotografiert von Nick Út, aus dem Vietnamkrieg dürfte wohl zu Genüge bekannt sein. Auch das ist ein drastisches Foto, auch das hat hohe Wellen geschlagen und man könnte sich Fragen, ob man sowas denn fotografieren muss. Aber eben auch dieses Bild hat man damals gebraucht, um die Legitimität der US-Truppen in Südostasien stärker in Frage zu stellen.Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant
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11.10.2016, 12:33 #3
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Naja kommt auf den Presseverlag an. Im vergangenen Jahr wurde dieses Bild in den Medien immer hergenommen um zu suggerieren, dass hauptsächlich Familien mit Kindern unter den Flüchtlingen sind.
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11.10.2016, 12:52 #4
Darum habe ich auch "seriös" geschrieben, in den großen Zeitungen wurde das idR durchaus richtig gedeutet.
Wobei man eh aufpassen muss: Weltweit gesehen sind die Zahlen nämlich ausgeglichen, ungefähr jeder zweite Flüchtling ist weiblich. Nur die Reise nach Europa nehmen oftmals aber nur männliche Flüchtlinge auf, was verschiedene Gründe hat. Seien es finanzielle Hindernisse (oftmals kann man nur für ein Familienmitglied den Schlepper bezahlen), die Gefahr oder auch die Tatsache, dass gerade junge Männer in Kriegsgebieten sich vor Zwangsrekrutierung fürchten (Quelle u.a. hier). Würde es einfachere bzw. sicherere Wege nach Europa geben, dann wären die Zahlen insgesamt vielleicht ein wenig anders.
Wobei zumindest zu Beginn 2016 vermeldet wurde, dass der Anteil an Frauen und Kindern unter den Flüchtlingen an vielen Grenübergängen nach Europa durchaus gestiegen ist (klick).Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant
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11.10.2016, 13:10 #5
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Journalisten suchen sicher immer nach "Skandalbildern". Ich glaube, so eine Auszeichnung motiviert sie jetzt nicht viel mehr oder weniger dazu. Bilder haben zwar auf den Großteil einen größeren Impakt als Texte, aber auch hier denke ich, dass wenn einem das Thema nicht interessiert auch ein Bild nicht lange in Erinnerung bleibt.
Über den moralischen Wert kann man sich sicher streiten. Ich finde die Bezeichnung "Foto des Jahres" auch ein wenig sehr strange. Zwar nicht wegen der Moral, sondern eher weil es sicher interessantere Fotos gibt und dieses nur wegen der "Aktualität" des Themas als "bestes" ausgezeichnet wurde.
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11.10.2016, 13:51 #6
Dazu muss man sagen, dass die Auszeichnung in diesem Fall von der deutschen Lead Academy kommt. Dabei handelt es sich um einen Medienpreis - natürlich wird da vor allem Aktualität ausgezeichnet. Und natürlich kommen da vor allem Fotos zum Zug, die ein gewisses Aufsehen erregt haben. Das haben Medienpreise so an sich...
Eine Liste der aller nominierten gibt es übrigens auf dieser Website. Das gibt vielleicht auch einen Einblick wobei es bei den LeadAwards überhaupt geht bzw. worauf es ankommt. Und keine Sorge: Die Fotos springen euch dort nicht sofort ins Gesicht, die muss man sich selbst suchen.Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant
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11.10.2016, 18:41 #7
Habt ihr euch schon mal mit Fotografie auseinander gesetzt? Da geht es nicht nur um inszenierte Kunst und Naturbilder. Solche historisch wichtigen und gesellschaftlich kritischen Fotos gibt es schon seit immer. Und das ist gut so! Ein Photograph ist auch nicht automatisch Journalist, dem es um Schlagzeilen und Skandalbildern geht, sondern um Aufklärung. Viele Photographen arbeiten "unabhängig" und verkaufen ihre Bilder entsprechend an die Magazine, weil von irgendwas muss man ja leben.
Stellt euch mal vor solche großen, weltbekannten Bilder wie diese hier zum Beispiel hätte es nie gegeben:
Spoiler
Es ist schon krass was Bilder manchmal bewegen und verändern können. Und vor allem sind sie kaum wegzudenken, wenn es um Aufklärung und Festhalten von großen Ereignissen geht.
Also auch in diesem Fall, großes Foto, das genau zum richtigen Moment geschossen und veröffentlicht wurde. Verdienter Preis.
Zu diesem Zweck ein Foto zu schießen ist auch nicht verwerflich. Verwerflich ist die Tatsache, dass es überhaupt zu solchen Dingen kommt, die man auf einem Foto festhalten muss. Das ist ja nicht vergleichbar mit einer "Selfie mit Delfin schießen und ihn dadurch sterben lassen" Story.
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11.10.2016, 21:50 #8
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11.10.2016, 22:25 #9
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Weil du es für ein Videospielforum zu krass findest? Dann finde ich die angestoßene Diskussion auch irgendwie heuchlerisch. Wie Monoton schon sagte sind gerade diese Fotos, die um die Welt gehen, wichtig. Auch für derartige, durchaus gelegentlich krasse, Bilder ist hier Platz. War es schon immer!!
Nebenbei finde ichs dämlich, dass das "Pressefoto des Jahres" schon Anfang Oktober feststeht. Wer weiß schon was gerade 2016 noch für uns bietet. Und das Bild des jungen Omran Daqneesh halte ich persönlicher für wesentlich aussagekräftiger aber ich glaube dabei handelt es sich nicht um eine Fotografie.
Spoiler
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11.10.2016, 23:31 #10
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Stimme zu. Deswegen finde ich es auch richtig und wichtig, solche Bilder zu veröffentlichen. Und die Auszeichnung als "Foto des Jahres" rückt sie und ihre Implikationen vllt noch einmal besonders in den öffentlichen Blick, anstatt sie allzu schnell wieder in Vergessenheit geraten zu lassen.
Die Frage der Persönlichkeitsrechte der dargestellten Personen stellt sich zwar, löst sich im vorliegenden Fall m. E. aber durch die Zustimmung des Vaters zur Veröffentlichung des Bildes.
Mh, inwiefern hältst du das Bild (bzw. ja, glaube es war ein Video) für "aussagekräftiger"?
Ich finde, die beiden Bilder haben einen unterschiedlichen Fokus. Das eine zeigt sehr direkt Krieg, Leid und Zerstörung (und damit auch Fluchtursachen), das andere hebt dagegen mehr den Umgang mit den Flüchtlingen von (in diesem Fall) europäischer Seite hervor. Deswegen finde ich in ihrem jeweiligen Fokus eigentlich beide sehr aussagekräftig. Man braucht vllt beim hier diskutierten Bild erst einmal mehr Hintergrundwissen, um es einordnen zu können.
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