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Nur ein paar einzelne Gedankenfetzen von meiner Seite (als Anmerkungen/Erweiterungen zum bisher Gesagten zu verstehen, nicht als Argumente in irgendeine Richtung):
Bei einem Nichtentstehen der GroKo würden möglicherweise Neuwahlen anstehen und ich kann mir gut vorstellen, dass allein die Tatsache, dass es nach nach fünf Monaten und einem Hin und Her der "Großen" dann doch zu diesen käme, v. a. der AfD in Form von Wählerstimmen zum Vorteil gereichen würde.
Grundsätzlich besteht diese Möglichkeit und ich möchte auch garn ich sagen, dass dieser Gedankengang falsch ist. Jedoch bin ich der Meinung, dass das viel zu einfach so dahergesagt wird - auch innerhalb der SPD höre ich das sehr oft. Man muss bedenken, dass Neuwahlen grundsätzlich eine völlig andere Dynamik mit sich bringen würden. Oder glaubt ernsthaft jemand daran, dass die Wahlversager nochmal antreten könnten? Die CDU würde nicht mehr mit Merkel ins Rennen gehen, die CSU nicht mehr mit Herrmann - und Seehofer würde man endgültig im Ingolstädter Keller versiegeln, damit er mit seiner Modelleisenbahn spielen kann. Die SPD ohne Schulz, aber auch Nahles als Ersatz wäre dann kein Automatismus. Die Grünen haben ihre Spitze eh schon getauscht und sogar bei der AFD würde ich den dann erneut aufkommenden Machtkampf nicht unterschätzen.

Zudem ist der Weg dahin noch weit. Die Groko muss scheitern, einer Minderheitsregierung muss man sich verweigern. Was solche Ereignisse wirklich auslösen, wer weiß das schon? Ich denke nicht, dass man das vorhersagen kann. Da scheinen mir die folgen von vier weiteren Groko-Jahren schon offensichtlicher zu sein. Hast du ja dann auch so gesagt.

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Zum Thema Minderheitsregierung:
Ich könnte mir vorstellen, dass man diese v. a. deswegen scheut, weil die allgemeine Situation in Europa als zu labil eingeschätzt wird, als das man jetzt Experimente mit einer wenig eingeübten Regierungsform wagen möchte (und die europäischen Partner sähen das vielleicht ähnlich).
Generell finde ich die Idee aber auch nicht verkehrt. Idealerweise verbinde ich das auch mit mehr Profilierung, im für die Parteien Positiven wie Negativen. (Würde mich nebenbei gesagt wirklich interessieren, was dabei herumkäme, wenn die CSU sich auf Bundesebene allein beweisen müsste.)
Die Situation auf europäischer Ebene wird sich so schnell nicht ändern. Die Bundesregierung vermittelt uns seit der Finanzkrise, also den Großteil von Merkels Regierungszeit, dass wir in Europa stark sein müssen. Wir sind im Krisenmodus, da braucht man ein stabiles Deutschland. Blablabla. Aber um ehrlich zu sein schlittern wir von einer Krise in die nächste, nachhaltig gelöst wurde aber fast gar nichts. Vielleicht haben unsere Politiker auf europäischer Ebene die letzten Jahre über einfach keinen richtig guten Job gemacht. Vielleicht ist es demnach auch gar nicht so gewichtig wie stabil die Bundesregierung wirklich ist - denn ein labiles Europa hat sich trotz stabiler Bundesregierung entwickelt.
Ansonsten: Die CSU würde sich im Falle einer Minderheitsregierung trotzdem nicht alleine Bewegen müssen. Dafür ist die Union sich zu einig. Natürlich werden die wenn dann auch als Union regieren. Es wäre theoretisch ja auch möglich, dass Union/FDP oder Union/Grüne eine Minderheitsregierung bilden. Einfach mal kreativ sein.

Zudem möchte ich zu dem Themenkomplex noch sagen: Auch wenn es die CSU nie offen zugeben würde, die würden lieber noch in eine Minderheitsregierung gehen als Neuwahlen zu riskieren. Man darf nicht vergessen, dass die Partei bei der BTW noch mehr abgewatscht worden ist als die SPD oder die CDU. Das geht manchmal unter, auch weil die CSU-Granden sich immer so toll aufplustern (das ist dort für die Karriere wichtiger als Inhalt oder Prinzipien). Dieses Ergebnis, diese Niederlage bei der BTW, diese hohen Verluste an die AFD waren extrem, das hat die Christdemokraten im Kern erschüttert. Jetzt steht in Bayern dieses Jahr eine Landtagswahl an, die absolute Mehrheit wackelt sehr stark (und keiner erinnert sich gern and CSU/FDP eine Legislatur zuvor). Der Erfolg bei der Landtagswahl hängt auch extrem davon ab, ob die CSU bei der Regierungsbildung Erfolge vorweisen kann. Am Ende einfach zu sagen "die SPD wollte ja nicht", das lässt man auch in Bayern dann nicht mehr durchgehen.

Daher rührt übrigens auch diese neue Zuständigkeit, Heimat, des Innenministeriums. Bayern hat ja schon ein Heimatministerium, geschaffen um die bayrische Seele zu befrieden. Jetzt "exportiert" man das quasi von München/Nürnberg (der Sitz in Nürnberg ist für die fränkische Seele) nach Berlin. Das soll schon auch ein Zeichen sein: Alles Gute kommt im Endeffekt ja aus Bayern.

Wobei hier noch kurz gesagt sein soll, dass die Zuständigkeiten des bayrischen Heimatministeriums schon wichtig sind (ich meine das wirklich ernst). Es ist ja unter anderem dafür da, dass gleiche Lebensbedingungen in der Stadt und auf dem Land geschafft werden. Ich denke niemand würde bestreiten, dass es da leider extreme Unterschiede (zumindest in manchen Regionen) gibt und es natürlich eine wichtige Aufgabe ist, dass hier wieder ein besseres Gleichgewicht entsteht. Die Namensgebung des Ganzen ist halt einfach ... unglücklich.

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@Fabian
Vielleicht ist das nur mein Eindruck, aber mittlerweile habe ich schon das Gefühl, dass der schwarze Peter bezüglich der Jamaika-Sondierungen häufiger mal Lindner zugeschoben wird. Zumindest wird er von den Karnevalisten dieses Jahr nicht geschont.
Stimmt schon, das hat sich zuletzt auch ein wenig geändert. Im Nachgang ist ja doch noch viel passiert.

Jetzt noch kurz ein paar Sachen zum Beitrag von Gaius. Aus zeitlichen Gründen picke ich mir nur ein paar wenige Sachen raus und fasse mich kurz, hätte eigentlich viel mehr dazu zu sagen.

So wurde die SPD zu Recht abgestraft und gleich am Wahlabend gab Schulz bekannt, dass eine neue Groko mit ihm nicht machbar sei! Jamaika wurde in den Sand gesetzt (zum Glück) und nun stand die SPD wie Och vorm Berg. [...] Das kategorische Nein von Schulz zur großen Koalition fing da schon an zu bröckeln. Die Verantwortung ruft und da muss man antworten. Egal ob es sinnvoll oder notwendig ist.
Sich komplett zu verweigern war nach dem Jamaika-Aus nicht mehr drin. Schulz hat am Wahlabend nicht falsch reagiert, ich denke er hat die Gedanken von vielen Genossen gut zusammengefasst. Aber natürlich war das auch hoch gepokert - vorausschauend war es sicher nicht.

Vorausschauend waren aber auch die weiteren Reaktionen nicht. Die SPD-Führung hat dann verbal ja immer weiter nachgelegt, allen voran "Auf die Fresse"-Nahles. Man hat sich da auch die letzte Option genommen, dass man im Falle eines (erzwungenen) Umschwenkens noch glaubhaft rüberkommt. Dazu kommen natürlich noch die Aussagen von Schulz vor der Wahl (kein Minister unter Merkel). Dieser ständige Hang zu Superlativen, vor allem wenn es um Personal- und Machtfragen geht, der fliegt der SPD jetzt um die Ohren. Wäre man bei den Inhalten mal so direkt und vehement, vielleicht stünde man jetzt anders da.

Dass die SPD, durch Bestreben der Jusos, jetzt die Mitglieder stärkste Partei ist, finde ich übrigens sehr beachtlich und es zeigt, wie Politik verändert werden kann, von der Basis aus. Dass die SPD Führung neuen Mitgliedern das Wahlrecht eingeschrenckt hat finde ich hingegen sehr beschreibend für den Stil der (S)PD.
Sorry, aber das ist jetzt mal extrem an der Wahrheit vorbei. Wo wird neuen Mitgliedern denn das Wahlrecht eingeschränkt? Es gibt einen Stichtag, den 06. Februar, bis zu dem man Mitglied sein musste. Ist doch auch völlig logisch, dass es irgendwo eine Grenze braucht. Der ganze Spaß muss auch vorbereitet werden, alle Wahlunterlagen sollten möglichst gleichzeitig verschickt werden usw. Solche Aktionen sind nicht mal über Nacht planbar, sondern auch für eine große Organisation wie die SPD ein extremer logistischer Aufwand. Da braucht es, damit alles gelingt, aber auch klare Deadlines. Das kann man doch nicht ernsthaft negativ auslegen.

Ansonsten muss ich schon sagen, dass mich dein Beitrag ein wenig betroffen macht. Ich weiß ja nicht woher deine Abneigung gegen die SPD kommt und teilweise hast du sicherlich nicht unrecht. Aber man könnte das Gefühl bekommen, dass alles Negative in Deutschland aus dieser Partei kommt. Mag sein, dass in der Vergangenheit einige Fehler gemacht worden sind. Mag auch sein, dass man zuletzt (warum auch immer) nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Aber immerhin hat die SPD in den letzten vier Jahren Verbesserungen für die Bürger erreicht - mehr als z.B. Schwarz-Gelb zuvor.

Ich sehe die Errungenschaften zwar auch nicht immer völlig positiv, bin auch der Meinung, dass man teilweise einen zu hohen Preis dafür gezahlt hat. Und ich bin auch gegen eine Fortführung der Groko. Am liebsten wäre mir auch, wenn im Vorstand mal aufgeräumt werden würde. Und ein wenig mehr Visionen wären toll. Aber ganz so scheiße ist die SPD dann auch nicht. Für meine Begriffe leistet sie im sozialen Bereich immer noch mehr als Union, FDP oder die mittlerweile ideallosen Realo-Grünen.