Spiele • SNES

Super Mario Kart

Mehr zum Spiel:

Inside Nintendo 134: Von Karts und Klempnern – die Entstehung von Super Mario Kart

Wenn man den einschlägigen Angaben im Internet trauen kann, dann ist heute vor 25 Jahren „Super Mario Kart“ in Europa auf den Markt gekommen. Also haben wir uns den Helm geschnappt, uns auf die Piste begeben und Runde um Runde im Kart gedreht. Genau das Gleiche haben übrigens die Entwickler des Spiels gemacht – dabei hatte der Kartspaß seinen Ursprung im knallharten „F-Zero“. Das und mehr lest ihr ausführlich im heutigen Bericht über die Entstehung des SNES-Klassikers!

Neben „Mario“-Illustrator Yoichi Kotabe war auch Yoshiaki Koizumi für die Artworks von „Super Mario Kart“ zuständig. Koizumi ist als Director und Produzent vieler „Mario“- und „Zelda“-Teile einer der wichtigsten Nintendo-Entwickler; die Illustrationen für „Super Mario Kart“ stellten den Beginn seiner Karriere dar.

Technische Schallmauer

Das Super Nintendo Entertainment System ging bei seiner Markteinführung ab wie ein Blitz – „F-Zero“ zeigte in Form eines atemberaubend schnellen Rennspiels, was der Mode-7-Grafikeffekt der neuen Konsole drauf hatte (vor drei Wochen hatten wir uns näher mit dem Launchspiel befasst). Ein Kritikpunkt an „F-Zero“ wird jedoch bis heute immer wieder genannt: Der fehlende Zweispielermodus!

Das hat sich auch schon Nintendo anno 1990 gedacht. Im Herbst 1990 – also in etwa nach der Fertigstellung der SNES-Launchspiele – begannen die Entwickler von Nintendos Forschungs- und Entwicklungsabteilung, an einem Prototyp eines Rennspiels für zwei Spieler zu arbeiten. Schnell stießen die Programmierer aber an ihre Grenzen: Damit das SNES in zwei voneinander unabhängigen Bildschirmausschnitten eine Hintergrundgrafik skalieren und rotieren konnte, durfte diese Grafik nur einen Bruchteil der Größe haben wie bei einem durchgehenden Bildschirm. Anders als via Mode 7 ließ sich der charakteristische Pseudo-3D-Effekt aber nicht erzeugen.

Einen Gang zurückschalten

Das bedeutete im Klartext: Mode 7 erlaubte im Splitscreen keine so großen Strecken wie in „F-Zero“. Also versuchte es das Team mit kleineren Kursen, die anstelle von langen geraden Abschnitten viele enge Windungen und Kurven aufweisen. Für solche kompakten und wendigen Strecken waren die Gleiter in „F-Zero“ jedoch zu schnell unterwegs; daher wurde das Tempo der Gefährte für das neue Rennspiel gedrosselt. Das Resultat aber hatte kaum noch etwas mit „F-Zero“ zu tun.

Um innerhalb dieser technischen Grenzen doch noch ein spaßiges Rennspiel entwickeln zu können, sah Nintendo nur noch eine Option: Karts waren mit ihrem langsameren Tempo für die kleineren Strecken ideal geeignet, daher wurden sie zum Star des neuen Zweispieler-Rennspiels erkoren. Anstelle von futuristischen Hochgeschwindigkeits-Gleitern sollten also gemächliche Karts im Mittelpunkt stehen; die pfeilschnelle, brandgefährliche Rennaction wich einem lockeren, unbeschwerten Fahrvergnügen. Die heitere und spaßige Atmosphäre des späteren „Super Mario Kart“ stand damit bereits fest – doch zu diesem Zeitpunkt sah das Projekt noch völlig anders aus.

Nur weil Mario und Co. von hinten so deutlich zu erkennen sind, durften sie in die Karts steigen. Aber hatte Nintendo keine Bedenken, wenn auf einmal Helden und Bösewichte gemeinsam Rennen fahren? Miyamoto: „Der Rahmen der Mario-Spiele ist wie der eines Comics, in dem die Charaktere in jeder Geschichte in einer unterschiedlichen Rolle auftauchen. […] In diesem Sinne hatte ich nichts dagegen einzuwenden, dass gegenerische Charaktere gegen Rivalen oder vom Spieler gesteuerte Charaktere fahren.“

Freund und Feind bei Mario Kart vereint

Ursprünglich saßen nicht etwa Mario und Konsorten in den Karts, sondern generische junge Männer in Latzhosen. „Wir haben ihnen Helme in verschiedenen Farben verpasst, damit man sie auseinanderhalten konnte“, berichtete Director Tadashi Sugiyama. „Aber von hinten konnte man nicht sagen, wer jetzt wo war.“ Dass die Rennfahrer nicht unterscheidbar waren – dieses Problem hatte sich in „F-Zero“ nicht gestellt, da dort gar keine Fahrer zu sehen gewesen waren. Bei einem Kartspiel aber kamen die Grafiker nicht umhin, sichtbare Fahrer in die Vehikel zu setzen.

Also mussten die passenden Figuren zu dem festgelegten System für das Kart-Rennspiel gefunden werden. Versuchshalber versetzten die Entwickler das Nintendo-Maskottchen Mario in diese Rolle. Das Outfit aus blauer Latzhose, rotem Shirt und roter Mütze war perfekt von hinten erkennbar – Mario erwies sich als prädestiniert für die Rolle der Spielfigur des neuen Projekts. „Wer weiß, vielleicht dachte der Designer, der den Typen in Latzhosen kreiert hatte, von Anfang an an Mario!“, merkte Miyamoto an. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass der Klempner im Rennwagen Platz nahm – er war schon der heimliche Star der beiden Japan-exklusiven „Famicom Grand Prix“-Spiele gewesen.

Das Projekt kommt ins Rollen

Drei oder vier Monate nach Projektbeginn war ein Prototyp mit Mario als Rennfahrer und zwei umherfahrenden Karts fertig. Die Grundlagen des Projektes standen nach der Experimentierphase also endlich fest, und so begann im April 1991 die eigentliche Entwicklungsphase. Es wurde ein achtköpfiges Team zusammengetrommelt mit Miyamoto als Produzenten, der freilich wenig aktiv zur Entwicklung beigetragen hat.

Nachdem schon die Vorproduktion eine lockere Phase gewesen war, in der Ideen ausprobiert und verfeinert wurden, lief auch die darauffolgende, etwa einjährige Produktionsphase recht frei ab. Es gab kein Spezifikationsdokument, stattdessen wurde das Projekt sukzessive ausgebaut, wie wir im weiteren Verlauf dieser Reportage noch sehen werden. Die Programmierer hatten viele Freiräume, und formelle Meetings verloren an Bedeutung angesichts der engen Zusammenarbeit des Teams – Letzteres ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn die Schreibtische der Entwickler befanden sich in direkter Nähe zueinander.

Links oben: Director Tadashi Sugiyama, der als Projektleiter von „Pilotwings“ schon viel Erfahrung mit der Entwicklung des Mode-7-Effekts hatte; Mitte oben: Programmierer Masato Kimura; recht oben: Produzent Shigeru Miyamoto. Links unten: Director Hideki Konno, der unter anderem das Spiel in der „Mario“-Welt ansiedelte und über Items und Spielfiguren entschied. Er und Sugiyama hatten zuvor gemeinsam an der SNES-Version von „SimCity“ gearbeitet. Mitte unten: Programmierer Hajime Yajina, über den Miyamoto erzählte: „Ich ging einfach rüber zu seinem Schreibtisch, tippte ihm auf die Schulter und sagte ‚Lass uns zusammenarbeiten.‘“

Das Team im Fokus

Die Projektleitung war auf zwei Entwickler aufgeteilt. Der eine war Hideki Konno, der bis heute als Produzent für die „Mario Kart“-Reihe zuständig ist. Er hatte schon vor „Super Mario Kart“ an einigen „Mario“-Spielen mitgewirkt und war beim Kart-Ableger besonders für das Spielsystem verantwortlich. Beim zweiten Director handelte es sich um Tadashi Sugiyama, zu dessen Resümee Spiele der Reihen „Mario Kart“, „F-Zero“, „Star Fox“ und „Wii Fit“ zählen; er war zuständig für das Grafikdesign von „Super Mario Kart“, besonders für Hintergründe und Figuren, und gestaltete auch selbst Grafiken für das Spiel.

Der leitende Programmierer Masato Kimura war zuvor für die Programmierung von „F-Zero“ zuständig gewesen. An seiner Rekrutierung für das Projekt zeigt sich, wie wichtig der Mode-7-Effekt für das Spiel war. Doch dieser allein genügte nicht: In jedem „Super Mario Kart“-Modul ist ein Digitaler Signalprozessor (DSP) eingebaut, der für das Skalieren der Sprites von Fahrern und Karts zuständig ist. Dazu eine kurze Erklärung: In „F-Zero“ erfolgte die Skalierung noch durch vorberechnete Grafiken, doch dank der Echtzeitverarbeitung, die der DSP ermöglichte, konnten in „Super Mario Kart“ die Sprites stufenlos skaliert werden. Ohne den DSP wäre also die dreidimensionale Rennperspektive nicht so gut umsetzbar gewesen – so war denn auch mit Hajime Yajima ein Programmierer an Bord, der dank seiner Mitarbeit an „Pilotwings“ schon Erfahrung mit der DSP-Entwicklung hatte.

Wie aus Ölkännchen Bananenschalen wurden

Nun also nahm die Entwicklung von „Super Mario Kart“ Fahrt auf. Nach Mario standen die restlichen Rennfahrer ziemlich schnell fest, denn auch die anderen bekannten Charaktere aus dem Pilzkönigreich sind optisch deutlich voneinander zu unterscheiden. Kurios wirkt allerdings die Entscheidung für den heute in Vergessenheit geratenen Donkey Kong jr. als einen der acht Rennfahrer. In einem aktuellen Interview konnten sich die Entwickler diese Wahl nicht anders erklären als damit, dass Donkey Kong jr. dank seines weißen Hemdes gut von hinten erkennbar ist und dass „Super Mario Kart“ zehn Jahre nach dem gleichnamigen Spiel mit dem Primatenabkömmling in der Hauptrolle erschienen ist.

Neben den vielen bekannten Figuren aus dem Pilzkönigreich sind die berühmt-berüchtigten Items ein weiterer bis heute untrennbar mit der „Mario Kart“-Reihe verbundener Aspekt. Die Items gehörten bereits zum Projekt, bevor Mario als Fahrer feststand: Da das bloße Herumfahren mit Karts allein ein wenig unspektakulär gewesen wäre, enthielt der frühe Prototyp Ölkännchen, passend zu den Männern in Overalls als ursprünglichen Fahrern. Man konnte die Ölkännchen einsammeln und werfen; auf dem dadurch verteilten Öl rutschten dann andere Karts aus und gerieten ins Schleudern.

Mit der Einführung der Mario-Figuren als Fahrer wurde das Ölkännchen zu einer Bananenschale umgewandelt. Schließlich ist dies das Objekt schlechthin, auf dem Menschen ausrutschen, und mit Donkey Kong jr. dreht ja auch ein Bananenfanatiker seine Runden im Kart. Bald dachte sich das Team eine Reihe weiterer Items aus, die sowohl von menschlichen als auch computergesteuerten Gegnern gesammelt und genutzt werden sollten. So etwa dienen in der Welt von „Super Mario Kart“ Koopa-Panzer in den Varianten rot und grün als Projektile; die blaue Variante – der Albtraum aller Erstplatzierten – gab es im SNES-Spiel noch nicht. Eine Reihe weiterer Items rundete das Ganze ab, darunter etwa die Feder, mit der man springen kann, oder Turbo-Boosts wie Pilz und Stern.

Gruppenfoto der acht Entwickler hinter „Super Mario Kart“ von 1992. Der zweite Herr von rechts oben könnte Grafikdesigner Naoki Mori sein, der auch an „F-Zero“ und „Pilotwings“ mitgearbeitet hatte. Als dritter Programmierer an „Super Mario Kart“ wirkte Kenji Yamamoto mit (oben, zweiter von links?) – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen „Metroid“-Komponisten. Apropos Komponist: Die Dame unten links, eine frühe Nintendo-Komponistin namens Soyo Oka, hat die Musik von „Super Mario Kart“ geschrieben. Die anderen fünf Entwickler haben wir euch schon im vorherigen Bild vorgestellt.

Spannung für alle

Mit der Einführung des Itemsystems wollten die Entwickler zwei Ziele erfüllen. Zum einen sollten auch schwächere Spieler die Möglichkeit erhalten, ganz vorne mitmischen zu können. Zu dieser Gruppe zählte Sugiyama auch sich selbst, daher balancierte er die Items so aus, dass er gegen erfahrene Spieler antreten konnte. Zum anderen sollten sich die Erstplatzierten ihres Platzes nie sicher sein können, da sie nie wissen, was in Hinblick auf die Items geschehen wird. Dies macht zwar einen großen Teil der Faszination an „Mario Kart“ aus, doch nach „F-Zero“ fiel es den Entwicklern nicht gerade leicht, einen solchen Glücksfaktor in ein Rennspiel zu integrieren. Daher war es ursprünglich möglich, Items für den Rennmodus zu deaktivieren, doch diese Funktion wurde später gestrichen.

Obgleich das Team viel Arbeit in das Itemsystem investiert hat, stellte dieses nicht den härtesten Aspekt an der Entwicklung von „Super Mario Kart“ dar. Die größte Herausforderung bestand vielmehr darin, die Steuerung der Karts authentisch wirken zu lassen. „Ich habe viel Zeit damit verbracht, die Physik von Geschwindigkeit, Reibung und Trägheit zu untersuchen“, sagte Programmierer Kimura, „doch ich habe bald gelernt, dass sich die Steuerung überhaupt nicht wie in einem Spiel anfühlen würde, wenn ich die Regeln der Physik genau befolgen würde.“ Die Entwickler führten zwar viele Gespräche bezüglich der Steuerung und passten viel an, doch die Theorie konnte nicht weiterhelfen – das Team musste in die Praxis übergehen.

Feldforschung

Um das Kartfahren am eigenen Leib zu erfahren, unternahm das „Super Mario Kart“-Team einen Ausflug zu einer Kartbahn auf einer großen Freizeitanlage. Obwohl nur sieben Entwickler mitreisen sollten, war es nicht ganz leicht, Miyamoto die Notwendigkeit eines solchen Abstechers darzulegen. Letztlich aber ließ sich der Produzent davon überzeugen, dass die Programmierer die Steuerung der Karts ohne dieses Selbstexperiment nicht perfektionieren konnten. Und was war das Ergebnis dieser Feldforschung? „Wir sind über die Rennstrecke gefahren und haben gesagt: ‚Na, das hat jetzt Spaß gemacht!‘“, lachte Konno. Außerdem hat Tontechniker Taro Bando die Motorengeräusche der Karts aufgenommen, um sie in „Super Mario Kart“ einzufügen.

Das Go-Kart-Selbstexperiment war aber nicht alles: Die Entwickler waren so engagiert, dass sie sogar ein ferngesteuertes Kart mit Motor bauten, das etwa einen halben Meter groß war. Dieses sollte ebenfalls den Programmierern dabei helfen, ein Gefühl für die Steuerung eines Karts zu erhalten. Die Mühen waren jedoch vergeblich, denn als der Chefprogrammierer Hand anlegte, steuerte er das Miniatur-Kart direkt gegen eine Wand. „Bumm!“, erinnerte sich Konno zurück. „Dann war es nur noch Schrott! So ging es damit zu Ende.“

Frühe Screenshots zu „Super Mario Kart“ von der CES 1992. – Dank Mode 7 war es möglich, die Strecken in „Super Mario Kart“ pseudo-dreidimensional zu berechnen. Wie schon bei „F-Zero“ konnten die Fahrer aber nur durch Sprites dargestellt werden. Außerdem ließen sich keine Objekte auf der Strecke darstellen; darum sind Itemkästchen, Streckenbegrenzungen und Hindernisse wie Steine, Matsch, Wasser allesamt Teil der Streckengrafik und somit völlig flach und unplastisch.

Auf in den Kampf!

Gewöhnliche Wettrennen um den ersten Platz sollten nicht der einzige Spielinhalt von „Super Mario Kart“ sein. Darum baute das Team schon sehr früh auch einen Kampfmodus ein. „Dieser war interessanterweise am Anfang ganz anders“, berichtete Konno. „Ursprünglich gab es keine Hindernisse auf dem Schlachtfeld, man konnte frei herumfahren und dabei versuchen, den Gegner mit einer normalen, Maschinenpistolen-ähnlichen schnellen Feuerball-Attacke zu treffen. Jedes Mal, wenn man seinen Gegner traf, bekam man einen Punkt.“

Da dem Spieler auf einer freien Fläche ohne jegliche Hindernisse aber schwindlig geworden wäre, fügten die Designer Wände, Hindernisse und weitere Orientierungspunkte hinzu – mit anderen Worten: Sie gestalteten richtige Kampfarenen. Auch überlegten sie sich ein originelleres Spielkonzept, in welchem zwei Spieler versuchen, gegenseitig ihre Luftballons zum Platzen zu bringen. Tatsächlich investierten die Entwickler in den Kampfmodus mehr Arbeit als in den normalen Rennmodus, und bis heute sind Ballonbalgerei und Co. nicht mehr aus „Mario Kart“ wegzudenken.

Der Zeitfahrmodus fand übrigens nur darum Eingang in das Spiel, weil das Team meinte, er sei obligatorisch für ein Rennspiel. Und auch wenn das große Ziel bei der Entwicklung von „Super Mario Kart“ der Zweispielermodus gewesen war, so lässt sich der Titel natürlich auch allein spielen. Der Bildschirm bleibt dann trotzdem halbiert; in der unteren Hälfte wird dann wahlweise die Karte oder eine Rückspiegel-Perspektive eingeblendet.

Abgefahrener als die Polizei erlaubt

Da „Super Mario Kart“ keine realistische Simulation werden sollte, konnten sich die Entwickler beim Spielsystem einige Freiheiten erlauben und Dinge einbauen, die in anderen Rennspielen so nicht denkbar gewesen wären. So fanden etwa Münzen Eingang in das Spiel, die man sammeln konnte, um das Tempo des Karts zu erhöhen, sowie eine Sprungfunktion für die Karts. Es sollte schließlich ein „Mario“-Spiel werden, da durften klassische Elemente aus der Reihe nicht fehlen. So lehnt sich auch das Design der Strecken mit Ausnahme des Regenbogen-Boulevard an „Super Mario World“ an.

Eine weitere nicht ganz realistische Spielfunktion ist das Driften, das schon früh zu „Super Mario Kart“ gehörte. Ursprünglich sollte man das Kart durch Gegensteuern während des Kurvenfahren driften lassen, doch war diese Steuerungsvariante offenbar zu kompliziert. In der Folge erfuhr das Driftsystem immer weitere Änderungen, bis es auch für Einsteiger einfach zu verwenden war und dem Spielgenuss nicht im Weg stand. Ferner hätte es natürlich auch die schon oben erwähnten Items in einer realistischen Rennsimulation niemals gegeben. Hier war es für die Programmierer besonders schwierig, eine künstliche Intelligenz für die Itemnutzung durch computergesteuerte Fahrer zu implementieren.

Videomaterial aus dem Prototyp zu „Super Mario Kart“. In besserer Qualität hat der Besitzer sein einmaliges Exemplar des Spiels leider nicht vorgestellt. Daher umgibt diesen Prototyp bis heute eine gewisse Aura des Geheimnisvollen. In diesem Video hört man unter anderem eine frühe, völlig andere Musik zur Strecke Vanille-See. Dazu passend verriet Komponistin Soyo Oka in einem Interview: „Es gab einen Prozess des Ausprobierens und einiges an Arbeit wurde verworfen.“ Man beachte ferner zu Beginn des Videos den Menütext „COURSE SELCT“.

Prototyp unter Verschluss

Prototypen von beliebten Videospielen üben eine besondere Faszination auf uns aus – und diese ist umso größer, wenn der einzig bekannte Prototyp von einem Sammler aufgekauft wurde, der diesen für sich behält. Genau dies ist der Fall bei „Super Mario Kart“. 2008 sind zwei Prototypen des SNES-Rennspiels aufgetaucht, eine fast finale Fassung ohne wirkliche Unterschiede und eine deutlich interessantere frühere Version. Letztere ist in die Hände eines Sammlers geraten, der bloß in schlechter Qualität Bilder und Videos des Prototyps anfertigte, dieses Unikat aber seither vehement unter Verschluss hält. Da es den wissbegierigen Fans in den letzten Jahren nicht möglich war, mit besagtem Sammler in Kontakt zu treten, dürfte dieser Prototyp so schnell nicht wieder das Licht der Welt erblicken.

So ist dieser interessante Prototyp zu „Super Mario Kart“ nicht so gut dokumentiert, wie die Fangemeinde des Spiels es gerne hätte. Trotzdem sind dank des spärlichen veröffentlichten Materials zahlreiche Unterschiede dieser Fassung zum finalen Spiel bekannt: Es gibt noch keinen Turbostart, Lakitu zieht dem Spieler nach einem Rettungseinsatz keine Münzen ab, der Regenbogen-Boulevard ist enger und daher noch schwieriger zu befahren, Bananenschalen können nicht nach vorn und grüne Panzer nicht nach hinten geworfen werden, es gibt eigene Siegerehrungen für Zweit- und Drittplatzierungen des Spielers, und, und, und. Hinzu kommen kleine Änderungen an den Streckendesigns, alternative Musikstücke sowie die obligatorischen Programmierfehler. Falls wir euch auf den Geschmack gebracht haben: Eine detaillierte Gegenüberstellung von Prototyp und finalem Spiel findet ihr bei NintendoPlayer.com.

Ab geht die Lutzi!

Die fertige Version von „Super Mario Kart“ kam am 27. August 1992 in Japan auf den Markt. Internetangaben zufolge erschien das Spiel nur wenige Tage später in Amerika, in Europa aber erst am 21. Januar 1993. Im Rahmen der Lokalisierung wurde die Siegerehrung für Peach und Bowser angepasst – in der japanischen Fassung waren diese noch beim Champagnerkonsum zu sehen gewesen. Mit fast neun Millionen Verkäufen, davon allein knapp vier Millionen in Japan, mauserte sich „Super Mario Kart“ zu einem wahren Verkaufsschlager, der sich den vierten Platz auf der Liste der meistverkauften SNES-Spiele sichern konnte.

Damit war der Grundstein für eine bis heute beliebte und überaus erfolgreiche Videospielreihe gelegt. Auch wenn die aktuellen „Mario Kart“-Teile ein ganz anderes Fahrgefühl bieten und der SNES-Erstling mit seinen Cups aus fünf Strecken zu je fünf Runden sowie dem Versuche-System ein paar Unterschiede im Konzept aufweist, so ändert dies nichts daran, dass „Super Mario Kart“ ein wahrer Klassiker ist. So haben einige Strecken und Arenen in späteren Teilen ihr Comeback gefeiert. Außerdem ist das Spiel für die Virtual Console von Wii, 3DS und Wii U sowie jüngst als Teil des Nintendo Classic Mini: SNES wiederveröffentlicht worden.

Der Grenzen-lose Regenbogen-Boulevard ist die schwierigste Strecke aus „Super Mario Kart“ – und zugleich eine der bekanntesten: Kein anderer Kurs ist so häufig als Retro-Strecke in spätere Teile übernommen worden. Oben: Das Original auf dem SNES; als Retro-Strecke im GBA-Teil „Mario Kart: Super Circuit“. Unten: „Mario Kart 7“; die aktuellste Gestalt in „Mario Kart 8“ mit HD-Grafik.

Quellen: Super Mario Kart – 1992 Developer Interview, Übersetzung bei Shmuplations.com; Iwata fragt: Mario Kart Wii, 1. Alles fing mit einem Typen in Latzhosen an (2008); Nintendo Everything: Nintendo on Super Mario Kart – F-Zero roots, characters, power-up origins, Battle Mode, more, 22. April 2017, archivierte Fassung vom 23. April 2017 im Internet Archiv; Nintendo Classic Mini: SNES – Entwicklerinterview Teil 4: „Super Mario Kart“, 2. Oktober 2017. Zusätzliche Quellen im Text verlinkt.

Weiterführende Links: Forum-Thread
Weitere Infos im Hub

Inside Nintendo

Hinter den Kulissen von Nintendo

Bisher gibt es acht Kommentare

Du bist nicht angemeldet. Logge dich ein oder registriere dich, um kommentieren zu können.
  • Avatar von Semako
    Semako 28.01.2018, 15:24
    Meine ersten Rennen habe ich in Mario Kart DS absolviert, und eigentlich muss ich Tobias zustimmen: ich finde auch, dass das Spiel zu den eher schlecht gealterten Spielen gehört. Aber ich finde, dass das Spiel auch heute noch gut spielbar ist. Man muss eben bei solchen Spielen immer bedenken, dass sie aus einer Zeit stammen, in der das das Machbare darstellte. Super Mario Kart ist da keine Ausnahme, für damalige Verhältnisse ist es sicher ein sehr gutes Spiel. Die Tatsache, dass es sich so anders spielt als "moderne" Mario Karts macht das Spiel auch gewissermaßen zu einer Herausforderung. Ich spiele es jedenfalls gerne; insbesondere wenn man es zu zweit spielt, macht es wirklich Spaß, und vom Mode-7-Effekt bekomme ich auch keine Kopfschmerzen. Ich hätte mir einzig mehr Singleplayer-Inhalte gewunschen, aber dafür ist es mittlerweile 26 Jahre zu spät
  • Avatar von Greg
    Greg 21.01.2018, 23:13
    Aus technischem bzw genauer gesagt aus optischem Aspekt finde ich das Spiel mittlerweile grauenhaft. Die Steuerung ist für heutige Verhältnisse auch nichtmehr das Wahre. Ich bin froh mit dem Spiel aufgewachsen zu sein, heute kann ich es jedoch nichtmehr spielen, es macht so einfach keinen Spaß. Die Auflösung ist sowas von körnig, was bei dem Mode7 Effekt wirklich zu Kopfschmerzen führt. Teilweise erkenne ich auf die Schnelle nicht, wo die Strecke entlang führt, weil alles vor einem liegende so unfassbar grobkörnig dargestellt wird. Aus Nostalgiegründen wird es dennoch ab und an im Battlemode gezockt und das ist für mich die einzige echte Stärke, die heutzutage noch übrig ist. Wir bepissen uns jedes Mal vor lachen, gerade weil man auch so schlecht sieht, wo der andere sich befindet. Man macht Fehler, lacht darüber, verfehlt den Gegner ganz knapp, lacht sich darüber schlapp, usw. Ernsthaft zocken kann und will ich dieses Spiel nichtmehr länger als 5-10 Minuten.

    Es gehört in die Hall of Fame, aber ausgiebig zocken - nein danke.
  • Avatar von Balki
    Balki 21.01.2018, 20:31
    Für mich wohl immer noch das beste Mario Kart. Allerdings tatsächlich hauptsächlich wegen Nostalgie und Kindheitserinnerungen. Sehe es wie Tobi. Ist eher schlecht gealtert. Nur zwei Spieler, kein Online, Battle-Modus wird schnell langweilig. Empfehlen würde ich es heute wohl keinem, da spätere Teile in jedem Fall die bessere Wahl sind. Persönlich würde ich aber sicher immer noch Spaß damit haben und muss sagen, dass ich es optisch noch recht gut finde.
  • Avatar von mithos630
    mithos630 21.01.2018, 17:22
    Super Bericht
  • Avatar von virus34
    virus34 21.01.2018, 15:09
    @Tobias
    Habe eine ähnliche Aufarbeitung im Rahmen der MK8 Vorstellung schonmal gelesen. Weiß aber nicht mehr genau woher. Kann auf dem "Turm" gewesen sein, oder wurde mal in ner Folge "Retro Club" behandelt oder sowas.
  • Avatar von Naska
    Naska 21.01.2018, 14:07
    Ich habe mit Mario Kart auf dem SNES gestartet... dennoch finde ich das die Grafik in etwa so gut gealtert ist wie die von N64 Spielen... in Anbetracht wie viel später der N64 kam ist das dennoch ein gutes Ergebnis für den SNES.
  • Avatar von Tobias
    Tobias 21.01.2018, 14:03
    Ich fand Super Mario Kart ziemlich schlecht gealtert … Mag zwar auch daran liegen, dass mein Einstieg in die Reihe erst mit Double Dash erfolgte. Aber die Technik hat sich einfach nicht so gut gehalten, meine ich. Jedenfalls kriege ich schon nach wenigen Minuten Kopfschmerzen von diesem Mode-7-Effekt, wo sich alles so wild um einen herum dreht. Als Meilenstein hat das Spiel natürlich immer noch große Bedeutung, und die Entstehungsgeschichte fand ich besonders interessant.

    Zitat Zitat von virus34 Beitrag anzeigen
    Dankeschön für den tollen Bericht.
    Zuerst dachte ich zwar "oh das kennst du doch schon alles", aber in der 2. Hälfte gab´s wieder viel Neues für mich. Wieder super unterhaltsam gewesen.
    Vielen Dank! Rein aus Interesse – woher waren dir die Sachen denn schon bekannt?
  • Avatar von virus34
    virus34 21.01.2018, 11:55
    Dankeschön für den tollen Bericht.
    Zuerst dachte ich zwar "oh das kennst du doch schon alles", aber in der 2. Hälfte gab´s wieder viel Neues für mich. Wieder super unterhaltsam gewesen.