Der, die oder das Einhorn?
Die Antwort liegt auf der Hand, wirft man einen kurzen Blick auf die Geschichte die der aktuellen Versoftung zu Grunde liegt. Tim und Struppi schlendern durch die Gassen, als der kleine Wolfsabkomme plötzlich anschlägt und Tim zu einem Flohmarktstand zerrt, auf dem ein Modelsegelschiff zum Verkauf bereit steht. Da Tim seinem Begleiter blind vertraut, schlägt er kurzer Hand zu und erwirbt das gute Stück. Im Model selbst befindet sich ein mysteriöses Pergament aus dem 17. Jahrhundert, das das Interesse der beiden weckt. Schnell wird klar, dass hier ein höchst wichtiger Fund gemacht wurde, es noch zwei weitere Schiffe inklusive Schriftstück gibt und Tim und Struppi nicht die einzigen sind, die hinter der Einhorn – so der Name des Schiffes – hinterher sind.
„Hunderttausend heulende und jaulende Höllenhunde!“
Timis Abenteuer für den Nintendo 3DS spielt sich ein bisschen wie eine Mischung aus „Mirror‘s Edge“ und einem klassischen 2D-Sidescroller à la „Indiana Jones“ für Super Nintendo. Dabei macht die sportliche Ertüchtigung einen Großteil des wirklich flüssigen Spielgeschehens aus. Man rennt durch Kellergewölbe, überspringt auf waghalsige Art und Weise Abhänge, schwingt sich an Leitern und Wänden empor und unterwegs teilt man hier und da ein paar Tritte und Schläge aus. Ab und an gilt es kleinere Rätsel zu lösen, die einen dann doch mal zum Rasten zwingen und das angenehme Gehetze durch die Level unterbrechen. In jedem Abschnitt gibt es unterdessen immer wieder Räume, in denen mehrere Gegner auf verschiedenen Ebenen darauf warten, dem Spieler Eine überzuziehen. Hier gilt es in guter alter Schleichmanier, die Widersacher zum Beispiel von hinten zu überraschen oder sie via Fremdeinwirkung, zum Beispiel mit Hilfe eines Kronenleuchters, verschwinden zu lassen. Dabei kennzeichnet eine Anzeige über jedem Rabauken, wie schwer er Verdacht schöpft. Auch Wurfgegenstände wie Flasche, Fackel, Ball und Dynamit dürfen zur Bekämpfung der Bösewichte eingesetzt werden, vorausgesetzt sie sind in der jeweiligen Umgebung auffindbar. So perfide es klingen mag, lassen sich gerade mit dem Strandball witzige Knockouts der Gegnerschaft herbeiführen. Wieso nicht einmal das runde Gummigeschoss erst an die Decke schleudern, um es dort abprallen zu lassen, um daraufhin den dicken Wächter von hinten an den Po zu stupsen, der daraufhin ins Wanken gerät und einen unfreiwilligen Abgang über eine Brüstung macht. Zwar ist so viel Fantasie nicht zwingend nötig, um die Schurken zu überlisten, dennoch ist ein geschickt eingefädelter Hinterhalt einfach stilvoller und macht auch mehr Spaß. Wer es dagegen schnell und unkompliziert mag, kann sich auch einfach ins Getümmel stürzen und es wie Bud Spencer halten – drauf und los. Selbst wenn diese Hauruckmethode mal zum Ableben führt, steht darauffolgenden Neuversuchen nichts im Wege, es gibt bei Tim und Struppi nämlich kein Game Over, das ein Neustarten des jeweiligen Levels von Nöten machen würde.
„Hagel und Granaten!“
Für Abwechslung im Gameplay sorgen die kurzen Ausflüge in Struppis Hundeleben. Man schnüffelt in dessen Rolle durch enge Gänge, bellt Ratten an und überwindet kleine und große Hindernisse. Leider findet der Rollenwechsel recht selten statt, dennoch liegt hier nicht unbedingt der Hund begraben; für Facettenreichtum sorgt Tintin nämlich selbst zu Genüge. Mal klemmt er sich an ein motorisiertes Unterwassergefährt, taucht in tiefe Gewässer ab oder nutzt die Flugkünste eines Papageis, um hoch gelegene Ziele zu erreichen. Auch als Captain Archibald Haddock beziehungsweise dessen Vorfahre Sir Francis Haddock darf man sich versuchen, aus der 2,5D-Optik ausbrechen und sich mit dem Stylus bewaffnen, um im Schwertkampf zu bestehen. Nette Dreingaben wie der Einfluss des Windes oder die Möglichkeit sich zu tarnen, indem man in ein Fässlein oder eine Ritterrüstung schlüpft, sorgen für allerlei Spielfreude, werden jedoch ebenfalls zu wenig eingesetzt.
Bei sämtlichen Aktionen lassen sich Tim und seine Freunde flink über den Bildschirm bewegen, die Steuerung geht im Großen und Ganzen fast schon zu leicht von der Hand und lässt eigentlich nur in den Flugabschnitten ein wenig Feingefühl vermissen. Während der kurzen Ausflüge in die 3D-Umgebung, die dann und wann nötig sind um zwischen einem Level-Abschnitt und dem nächsten zu wechseln, genießt man zwar mehr Freiheit, die Steuerung ist hier jedoch eher ungenau. Dennoch stellt dies kein größeres Problem dar, beschränken sich diese Passagen doch auf ein Minimum.
Und sonst?
Die größte Kehrseite der Tim und Struppi-Medaille ist mit Sicherheit der geringe Umfang von circa vier Stunden, der einhergeht mit einem zu geringen Schwierigkeitsgrad. Sämtliche Level fordern einfach zu wenig, selbst die Kämpfe gegen Oberschurke Allan Thompson gestalten sich kinderleicht und verlaufen jedes Mal nach dem gleichen Schema. Die andere Seite steht dem gegenüber: Frustration spielt in „Die Abenteuer von Tim & Struppi: Das Geheimnis der Einhorn“ keine Rolle.
Der Kooperationsmodus weiß nach der Einzelspielerkampagne unterdessen für ein paar weitere Runden zu überzeugen und beweist Ubisofts Willen, die Handheldvariante des Spiels nicht einfach einzukürzen. Dieser lässt sich darüber hinaus auch alleine spielen und hat es zum Ziel das jeweilige Level schnellstmöglich abzuschließen. Die Unterstützung des StreetPass-Modus ist eine nette Ergänzung, hier lassen sich Bestzeiten austauschen.
Die Locke sitzt nahezu perfekt
Die Geschichte rund um die drei kleinen Schiffchen gehört gewiss zu den schickeren Spielen auf dem Nintendo 3DS. Gerade bei eingeschaltetem 3D-Modus wirkt die Umgebung und das Geschehen in ihr wie aus einem Fluss und weiß mit netten Comic-Einlagen zu überzeugen. Die Grafik ist insgesamt rundum angenehm anzuschauen und einfach passend, wenn auch sicher nicht der Effekt-Killer schlechthin.
Musikalisch wird man hingegen ein wenig enttäuscht, zwar ist das Thema des Spiels gut gelungen, nur bekommt man es einfach zu oft zu hören und irgendwann nervt jede Melodie. Die restliche Soundkulisse ist solide und glänzt mit Zeichentrick-typischen Geräuschen, eine Sprachausgabe wie sie zum Beispiel in der Wii-Version gebraucht wird, fehlt leider gänzlich.
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Nicht die ganze Welt ist korrupt