Inside Nintendo 100: Jubiläumsausgabe zu Shigeru Miyamoto

100 Ausgaben „Inside Nintendo“! Dieses Jubiläum feiern wir mit der Veröffentlichung von zwei Sammelbänden, die alle bisherige Reportagen beinhalten. Und welches Thema würde sich für die vorliegende Jubiläumsausgabe besser eignen als der Nintendo-Entwickler schlechthin? Mit Shigeru Miyamoto hat diese Reihe Ende 2012 begonnen, doch seitdem haben sich unsere Reportagen so stark verändert, dass jener Bericht der Bedeutung des Nintendo-Masterminds nicht mehr gerecht wird. Grund genug also, dahin zurückzugehen, womit alles anfing. Nun wünschen wir viel Spaß beim Lesen!

Kreativ und neugierig: Shigeru Miyamotos Kindheit

Am 16. November 1952 erblickte Shigeru Miyamoto in Sonobe, einem Dorf in der Nähe von Kyoto, das Licht der Welt. Der Sohn zweier Lehrer fühlte sich in der Natur wohl, denn hier konnte er seiner Fantasie freien Lauf lassen. Der junge Miyamoto spielte gern im Freien und liebte es, seine Umgebung zu erkunden – ein einschneidendes Erlebnis seiner Kindheit war es, als er eine von ihm gefundene Höhle betrat. Dass Familie Miyamoto weder Fernseher noch Auto hatte, beflügelte seine Kreativität und seinen Abenteuerdrang noch weiter. So las Miyamoto als Kind viele Bücher und dachte sich Geschichten aus, die er mit selbstgebastelten Puppen nachspielte.

Später zog die Familie nach Kyoto um. Auch hier liebte es Miyamoto, mit seinen Freunden die Umgebung auszukundschaften und Abenteuer zu erleben. Auch mit Malen und Zeichnen, Basteln und dem Ausdenken von Figuren und Geschichten beschäftigte er sich während seiner Schulzeit. Weil ihm das Zeichnen von Cartoons besonders am Herzen lag, gründete er an seiner Schule eine Manga-AG. Außerdem war er bereits musikalisch aktiv: „Das erste Instrument, das ich gespielt habe, war eine Ukulele. […] Das war so im Grundschulalter. Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht haben, aber meine Eltern haben mir zu Weihnachten eine Ukulele geschenkt.“

1970 begann Miyamoto an der Hochschule für Kunsthandwerk Kanazawa ein Studium in Industriedesign. Auch in dieser Zeit ging er lieber seinen Hobbys nach. Dazu zählte nun neben dem Zeichen ganz besonders die Musik; er war sogar Mitglied in einer Garagenband. „Mein Bruder hatte eine Gitarre und ein Banjo, deswegen wurde mein Interesse für Folkmusik geweckt. An der Uni sparte ich dann etwas Geld zusammen und kaufte mir, so bald es ging, eine Gitarre und eine Anlage. […] In meiner Studienzeit war ich verrückt nach dieser Musik.“ Erst 1975 schloss Miyamoto sein Studium ab.

Dank Vitamin B bei Nintendo

Den Abschluss als Industriedesigner in der Tasche, hielt Miyamoto nun Ausschau nach einem Beruf, in den er seine Kreativität einbringen konnte. Sein ursprünglicher Berufswunsch war Manga-Designer. Er schaute sich aber auch Unternehmen an, und bald fiel seine Wahl auf das damalige Spielzeugunternehmen Nintendo. Möglich wurde dies durch seinen Vater Hideo Miyamoto, der mit dem damaligen Nintendo-Präsidenten Hiroshi Yamauchi befreundet war. Obgleich der findige Geschäftsmann eigentlich keine Designer einstellen wollte, konnte ihn Miyamoto Senior überreden, ein Bewerbungsgespräch mit Shigeru durchzuführen.

Der Journalist David Sheff beschreibt das Aussehen des 24-jährigen Miyamoto zu seinem Bewerbungsgespräch wie folgt: „Er hatte wuscheliges Haar, burschikose Sommersprossen und das Lächeln einer Katze, die den Kanarienvogel verschluckt hat. Hübsch war er angezogen und hielt sich an die Etikette, doch in seinem Blick lagen Verschmitztheit und Staunen.” Yamauchi erkannte offenbar Potenzial: Er wollte Miyamoto ein zweites Mal sehen und bat ihn, eigene Ideen für neue Spielzeuge vorzustellen. Bei dem folgenden zweiten Bewerbungsgespräch konnte Miyamoto sein Gegenüber vollends überzeugen.

Eines der seltenen Fotos von Miyamoto in seinem Büro – und mit einem Banjo.

Das Mädchen für alles

So wurde Shigeru Miyamoto im April 1977 bei Nintendo angestellt – als allererster ausgebildeter Designer des Unternehmens. Yamauchi ordnete ihn der kleinen Kreativabteilung zu. „Ich war für das Design im gesamten Unternehmen zuständig”, berichtete Miyamoto 2009. „Ich habe Werbung konzipiert, Spiele entworfen und mich an allen Bereichen des Unternehmens beteiligt, die Design benötigten. Kurzum, ich habe überall gearbeitet, war also so etwas wie das Mädchen für alles.“

Miyamotos erster größerer Auftrag war die Gehäusegestaltung der frühen Nintendo-Konsolen Color TV Game Racing 112 (1978) und Block Kuzushi (1979). Daneben designte er die Gehäuse einiger Arcade-Automaten und zeichnete dazugehörige Artworks. Bald begann er dem Team von Genyo Takeda, Nintendos erstem Spieldesigner, bei der Gestaltung von Spielegrafiken zu helfen. Das erste Spiel, für das Miyamoto die Grafik erstellte, war Nintendos 1979 veröffentlichter Arcade-Automat „Sheriff“; in den nächsten Monaten wirkte er auch an Takedas „Space Fever“ und „Space Firebird“ als Grafiker mit. Vermutlich zeichnete er auch für den „Space Invaders“-Klon „Radar Scope“, was bislang nicht bestätigt werden konnte.

Unverhofft kommt oft: Der große Durchbruch

„Radar Scope“ war für Nintendo ausgesprochen wichtig: Es sollte dem neugegründeten Tochterunternehmen Nintendo of America (NoA) Erfolg bescheren. Allerdings erwies es sich als so unbeliebt, dass NoA auf zwei Drittel der Automaten sitzen blieb. Um diese dennoch in die Arcade-Hallen zu bringen, sollte ein neues Spiel entwickelt werden, das Nintendo auf die unverkauften Automaten überspielen könne, damit diese doch noch absetzen würden.

Alle anderen Nintendo-Spieleentwickler waren zu dieser Zeit aber mit dem Game-&-Watch-Projekt ausgelastet. Darum bestellte Yamauchi den jungen Grafiker Miyamoto in sein Büro und trug ihm auf, jenes Spiel zu entwickeln, das Nintendo of America vor dem Bankrott retten sollte. Da Miyamoto noch nie für Spieldesign zuständig gewesen war – in seiner Jugend hatte er aber natürlich schon mit Arcade-Spielen Erfahrung sammeln können – und auch keine Programmierkenntnisse besaß, stellte Yamauchi ihm ein Team zusammen. Die Nintendo-Legende Gunpei Yokoi höchstpersönlich nahm den 27-jährigen Miyamoto für das Projekt unter seine Fittiche. Der junge Mann selbst sah in dem Auftrag übrigens eine gute Möglichkeit, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, und erhoffte sich einen Karriereaufschwung.

Was ursprünglich ein „Popeye”-Spiel werden sollte, entwickelte sich schließlich in eine originelle Richtung. Miyamoto schuf neue Charaktere, eine eigene Handlung, ein für damalige Verhältnisse komplexes und innovatives Gameplay; selbst die Musik des Titels soll aus seiner Feder stammen. Hierbei ließ Miyamoto sowohl seine bisherige Arbeitserfahrung als auch seinen persönlichen Hintergrund einfließen. So etwa ist der Protagonist des Spiels ein Zimmermann, weil Miyamotos Großvater diesen Beruf ausgeübt hatte.

Dieses bis vor kurzem unveröffentlichte Material zeigt Miyamoto und seine Kollegen zur Zeit der Entwicklung von „Super Mario Bros.“ Es dürfte das älteste bekannte Videomaterial zur Nintendo-Legende sein.

Donkey Kong und Co.: Miyamotos frühe Jahre als Director

Was Miyamoto unter Yokois Aufsicht schuf, sollte die Welt der Videospiele komplett und nachhaltig auf den Kopf stellen: Mit dem Arcade-Klassiker „Donkey Kong” gelang ihm Mitte 1981 ein fulminantes Debüt als Spieleentwickler. Yamauchis mutige Entscheidung, dem unerfahrenen Miyamoto ein solch wichtiges Projekt anzuvertrauen, zahlte sich voll aus. „Donkey Kong” avancierte zu einem der erfolgreichsten Arcade-Automaten überhaupt, begründete das Jump'n'Run-Genre und gilt sogar als erstes Videospiel, das eine eigene Handlung erzählt. Kurzum war „Donkey Kong” der Durchbruch für Nintendo, der das Unternehmen zu einer der größten Kräfte in der Videospielindustrie aufsteigen ließ und die Entstehung des Famicom/NES ermöglichte.

Es war nur logisch, dass Miyamoto weitere Spieleprojekte leiten durfte. So entstanden unter seiner Direktion in den nächsten Jahren die Fortsetzung „Donkey Kong jr.” und das Spin-off „Mario Bros.“ (Ob er auch am erfolglosen „Donkey Kong 3“ beteiligt war, ist bis heute unbekannt.) Miyamotos Schöpfungen, der liebenswürdige Gorilla Donkey Kong und der italienische Klempner Mario, wurden weltweit bekannt und stiegen zu den wichtigsten Nintendo-Figuren auf. Zugleich fungierte Miyamoto weiter als Zeichner und Illustrator, so etwa für „Punch-Out!!”. Außerdem half er seinem Mentor Yokoi bei den Game-&-Watch-Spielen zu „Donkey Kong“ und „Popeye“ mit.

Die Geburt des legendären Team Miyamoto

Nach wie vor war Miyamoto also quasi das Mädchen für alles. Um dem Potenzial des studierten Industriedesigners besser gerecht zu werden, rief Yamauchi im September 1983 „Research & Development 4” (R&D4) ins Leben – eine eigene Entwicklungsabteilung nur für den aufsteigenden Starentwickler. Ihm standen vielversprechende Neuzugänge wie Komponist Koji Kondo oder Designer Takashi Tezuka zur Seite. Nach ersten Spielen wie „Devil Word“, „Excitebike“ und „Ice Climbers“ übernahm Miyamoto die Leitung eines neuen Projekts, welches seine vorherigen Erfolge sogar noch überbieten sollte: Mit „Super Mario Bros.“ schufen er und sein Team 1985 das lange Zeit erfolgreichste Videospiel aller Zeiten; ohne es sähe der heutige Videospielmarkt entschieden anders aus.

Nur wenige Monate später folgte Anfang 1986 das nächste große Miyamoto-Spiel: „The Legend of Zelda“. Besonders in dieses Werk ließ er seine Kindheitserinnerungen und die damit verbundenen Gefühle und Eindrücke einfließen – die Landschaft erforschen, sich allein in eine Höhle hineintrauen, sich in einem Labyrinth verlaufen. Miyamoto schuf eine für damalige Verhältnisse riesige, offene Spielwelt, die dem Spieler komplett zur Erkundung offensteht und zahllose Geheimnisse bereithält. „The Legend of Zelda“ wurde ein großer Erfolg.

Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate hatte Miyamoto jetzt ein Spiel entwickelt, das ein ganzes Genre prägen und eine der bekanntesten Spielereihen aller Zeiten begründen würde. Schon im Alter von bloß 33 Jahren hatte er also bereits drei der wichtigsten Videospiele überhaupt hervorgebracht – bis heute bleiben „Donkey Kong“, „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“ seine wichtigsten Werke.

Dieses Bild ist der Ausgangspunkt für das Gerücht, Dylan Cuthbert, der mit Miyamoto an „Star Fox“ gearbeitet hat, habe dessen Tochter geheiratet. Vor Kurzem stellte Cuthbert selbst klar: Das stimme nicht. Miyamoto habe gar keine Tochter – bei dieser Behauptung scheint aber Cuthbert falsch zu liegen. Jedenfalls verriet der Brite übrigens auch, dass Miyamoto – zumindest damals – gerne unanständige Witze riss.

Vaterfreuden

Miyamotos Karriere ging damals also steil bergauf, und auch sein Privatleben lief gut, denn er hatte bereits die Liebe seines Lebens gefunden. Er heiratete eine Mitarbeiterin namens Yasuko von Nintendos Verwaltungsabteilung. Die beiden zogen um in die direkte Nähe des Nintendo-Hauptquartiers in Kyoto, sodass Miyamoto mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren konnte. Um 1986 bekamen die beiden ihr erstes Kind, ein Jahr später kam das zweite auf die Welt.

Bei Miyamotos Kindern handelt es sich offenbar um einen Sohn und eine Tochter, aber im Netz geistern auch andere Angaben umher – Miyamoto hält sein Familienleben der Öffentlichkeit fern. Darum soll es hier weiter mit seiner Karriere gehen. – An dieser Stelle wäre es ein Leichtes, die Geschichte von Miyamotos R&D4-Team zu erzählen und die Karriere des kreativen Japaners aus den Augen zu verlieren. Dies versuchen wir hier zu vermeiden; eine mehrteilige Geschichte seiner Abteilung haben wir bereits vor einiger Zeit veröffentlicht.

Aufstieg zum Produzenten: Miyamoto überlässt Tezuka die Leitung

Aufgrund des riesigen Erfolgs von „Mario“ und „Zelda“ begann Miyamoto direkt die Entwicklung von zwei Nachfolgespielen. Für den frischgewordenen Vater war das aber zu viel Arbeit: „Ich war bei beiden Projekten der Director und dachte, ich würde sterben.“ Deswegen gab er die Projektleitung bald an seine Kollegen ab; er selbst bezeichnete sich nun als Produzent (ausgeprägte Titel wie Director und Produzent gab es damals bei Nintendo eigentlich gar nicht).

Fortan überwachte Miyamoto die Entwicklung aller R&D4-Spiele und arbeitete auch mit externen Entwicklern zusammen, etwa mit Shigesato Itoi am Rollenspiel „Mother“. Für „Super Mario Bros. 3“ nahm Miyamoto noch einmal selbst die Zügel mit der Hand. Die nächsten „Mario“- und „Zelda“-Titel entstanden aber unter der Direktion von Takashi Tezuka, der bereits Miyamotos rechte Hand bei den bisherigen „Mario“- und „Zelda“-Spielen gewesen war.

Tezuka war später Director von Kultspielen wie „Super Mario World“, „A Link to the Past“ und „Link's Awakening“ – sie stammen also nicht, wie häufig behauptet, von Miyamoto. So festigte sich schon in den frühen 1990er Jahren Miyamotos Rolle als Produzent, Berater, Supervisor und Ideengeber in Personalunion.

In „The Legend of Zelda“ wird Miyamoto erstmals in einem Videospielabspann erwähnt. Seine Kollegen tauchen als Pseudonyme auf, er selbst als „S. Miyahon“ – eine alternative Transkription seines Namens. – Eine vollständige und akkurate Liste von Shigeru Miyamotos Werken findet ihr weder bei Wikipedia noch bei Datenbanken wie MobyGames oder Kyoto-Report, denn er hatte einfach bei unzähligen Spielen seine Finger im, äh, Spiel.

Wider Erwarten: Nur selten im Regiestuhl

Weil Miyamoto ein „schrecklicher Manager“ war – zumindest sagt das David Sheff so – übernahm der ansonsten wenig bekannte Hiroshi Ikeda die Verwaltung der R&D4-Abteilung. Dadurch konnte sich Miyamoto komplett auf die kreative Seite der Spieleentwicklung konzentrieren. Er betreute nun mehrere Spieleprojekte gleichzeitig mit seinem Wissen und seiner Erfahrung. In gefühlt fast allen Nintendo-Projekten hatte Miyamoto so seine Finger im Spiel.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Chefproduzent nur bei relativ wenigen Spielen selbst im Regiestuhl saß. Welche Videospiele aber wirklich „directed by Miyamoto“ sind, ist sehr umstritten – wie schon erwähnt, war die Rollenverteilung damals bei Nintendo noch nicht ausgeprägt. Für uns sind zunächst folgende Spiele unter Miyamotos Regie entstanden: „Donkey Kong“, „Donkey Kong jr.“, „Mario Bros.“, „Super Mario Bros.“, „The Legend of Zelda“ und „Super Mario Bros. 3“.

Nach dieser unserer Zählung war es also erst das siebte Mal, als Miyamoto den Director-Posten für „Super Mario 64“ übernahm. Wenn der Großmeister die Zügel selbst in die Hand nimmt, so ist die geläufige Meinung, dann muss auch eine Revolution damit einhergehen – und dies war damals tatsächlich der Fall: Der 1996 veröffentlichte N64-Launch-Titel stellte die Videospielwelt abermals auf den Kopf. Diesmal war es der Übergang in die dritte Dimension, der Miyamoto so bravourös wie keinem Entwickler vor ihm gelang.

Ocarina of Time: Miyamoto steigt zum Superstar auf

Mitte 1997 wurde Miyamoto in einem Interview gefragt, inwieweit er in aktuellen Spielen involviert sei und wie groß seine tatsächliche Mitwirkung ausfalle. Seine Antwort ist symptomatisch für die erwähnte Schwierigkeit, eine Ludographie Shigeru Miyamotos anzufertigen: „Das ist jetzt sehr schwer für mich zu sagen. Vor drei Jahren war ich Director und Produzent von 'Super Mario 64'. Damals habe ich nur an 'Mario' gearbeitet. Jetzt bin ich Produzent bei fast allen Spielen außer 'Zelda 64'. Bei 'Zelda 64' bin ich halb Director und halb Produzent.“

Im Abspann des Ende 1998 veröffentlichten „Ocarina of Time“ taucht Miyamoto aber nur als Produzent und nicht als Director auf – seine Beteiligung an einem Spiel objektiv zu beschreiben, ist also nicht immer leicht, und die strikte Einteilung in Director oder Produzent wird dem häufig nicht gerecht. Dessen ungeachtet, setzten Fans und Presse „Ocarina of Time“ stark mit Miyamoto in Verbindung. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an das Spiel, welches diese sogar noch übertraf: Bis heute wird es von Vielen als das beste Spiel aller Zeiten angesehen.

Durch „Super Mario 64“ und „Ocarina of Time“ rückte Miyamoto in den Fokus der breiteren Öffentlichkeit. Dazu trug nicht zuletzt auch das aufkommende Internet bei. Der japanischen Öffentlichkeit noch relativ unbekannt, wurde Miyamoto im Westen wie ein Rockstar gefeiert. Seither gilt er als der beste Spieleentwickler aller Zeiten – das Time Magazine bezeichnete ihn schon 1996 als „Steven Spielberg der Videospiele“; 2007 schaffte er es sogar in die Time-Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt.

1998 wurde Miyamoto für „sein“ Meisterwerk „Ocarina of Time“ als erstes Mitglied in die AIAS Hall of Fame aufgenommen und erhielt wortwörtlich eine Handvoll Preise.

Arbeit ohne Ende: Miyamoto wird Nintendo-Manager

Aber Miyamoto ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Denn während der N64-Ära hatte er nicht nur die Verantwortung für die Spiele seiner inzwischen in EAD umbenannten Abteilung inne – das allein wäre schon genug Arbeit gewesen –, sondern fungierte auch als Produzent für Gemeinschaftsproduktionen mit externen Studios. Die Klassiker von Rare, die ersten „Pokémon“-Spiele und „Mother 3“ sind nur einige von vielen Beispielen. Außerdem beteiligte sich Miyamoto auch an der Entwicklung von Nintendos Konsolen – dies tat er schon seit dem SNES. Mit anderen Worten: Miyamoto hatte wirklich alle Hände voll zu tun.

Der Stress sorgte sogar dafür, dass Miyamoto Probleme mit dem Herzen bekam, woraufhin er in seiner Freizeit vermehrt Fahrrad fuhr und schwimmen ging. Er bemühte sich um einen gesünderen Lebensstil – früher war er Raucher gewesen – und begann eine Diät. Aber sein Arbeitspensum bei Nintendo nahm noch weiter zu: Im Juni 2000 wurde er als Director in den Unternehmensvorstand berufen. Nun war er nicht nur für den Großteil aller Nintendo-Spiele zuständig, sondern gehörte auch noch zu Riege der Konzernmanager.

Als Satoru Iwata im Mai 2002 das Präsidenten-Amt übernahm, rückte Miyamoto in der Unternehmenshierarchie noch höher: Er übernahm die Rolle des Senior Managing Director und Representative Director. Damit gehörte er mit Genyo Takeda nun zu den beiden höchsten Nintendo-Managern nach Iwata – und nach wie vor war er General Manager der EAD-Abteilung und wirkte als Produzent an vielen Spielen gleichzeitig mit.

Miyamoto gibt Mario und Zelda ab

Angesichts dieses Arbeitspensums verwundert es wenig, dass Miyamoto kaum noch Zeit für die Leitung von Spieleprojekten aufbringen konnte. So gab er die Verantwortung für die „Mario“-Reihe an Yoshiaki Koizumi, die Zuständigkeit für „Zelda“ an Eiji Aonuma ab. Die zwei ehemaligen Miyamoto-Schüler leiteten nun die Entwicklung der neuen großen Serienteile „Majora's Mask“, „Super Mario Sunshine“ und „The Wind Waker“.

Miyamoto selbst arbeitete um die Jahrtausendwende besonders intensiv an der „Mario Artist“-Reihe und an „Pikmin“ mit. Allerdings war er nicht, wie gerne behauptet, Director dieser Spiele. Wohl aber hat er wieder viele Ideen eingebracht – 1999 hatte er begonnen, einen Garten anzulegen, wo ihm angeblich die Idee zu dem knuffigen Echtzeitstrategiespiel kam.

Wie viel verdient Shigeru Miyamoto?

Noch 1999 hatte Miyamoto in einem Interview mit der britischen Tageszeitung Daily Telegraph gesagt, dass Nintendo ihm trotz seines ungeheuren Erfolgs nicht mehr Gehalt zahle, als anderen Angestellten auch: „Warum bitten Sie ihre Leser nicht, dass jeder, dem meine Spiele gefallen, mir zehn Pence schickt?“ Mit seinem Aufstieg zum Manager erhöhte sich schließlich auch sein Lohn. Als Nintendo 2009 erstmals bekanntgab, wie viel seine Manager verdienen, lag Miyamotos Jahresgehalt bei 126 Million Yen – umgerechnet damals etwa 1,4 Million US-Dollar. Damit war er der zweitbestbezahlte Nintendo-Mitarbeiter. Ferner besitzt er mit Stand Mitte 2015 100 Anteile an der Konzernaktie.

Angesichts der schwachen Verkaufszahlen des 3DS kürzte Nintendo Mitte 2011 die Gehälter seiner Manager; Miyamotos Gehalt wurde um 30 Prozent reduziert. Als sich später auch die Wii U schlecht verkaufte, wiederholte der Konzern diese Maßnahme Anfang 2014 – wieder reduzierte sich Miyamotos Bezahlung für einen bestimmten Zeitraum um 30 Prozent.

Iwata entlastet Miyamoto und reduziert seinen Einfluss

Trotz guter Bezahlung: Einen einzigen Mann mit der Verantwortung für fast alle Software-Projekte zu betrauen, war damals nicht mehr haltbar. Deshalb krempelte Iwata Nintendos R&D-Flügel im Jahr 2004 um. Miyamoto sollte von nun an General Producer seiner EAD-Abteilung sein, während jüngere Entwickler unter ihm zu Produzenten befördert wurden. Damit rückte Miyamoto einen weiteren Schritt weiter weg von der kreativen Leitung – er war nun gewissermaßen der Aufseher über die Aufseher. Für die Koordination der Zusammenarbeit mit externen Studios rief Iwata die Abteilung Software Planning & Development (SPD) ins Leben, die Miyamoto damit weiter entlastete.

Durch diese Maßnahmen sollte auch neues Talent gefördert werden – schon damals bereitete sich Nintendo auf den unvermeidlichen Zeitpunkt vor, an dem Miyamoto von seiner Arbeit zurücktreten wird. Außerdem gründete Iwata die SPD-Abteilung auch deswegen, damit völlig neuartige Spiele abseits von Miyamotos Einfluss entstehen konnten. Iwata befürchtete nämlich, dass sich Nintendos Spiele zu stark ähnelten, wenn Miyamoto weiterhin für den gesamten Spiele-Output des Konzern zuständig bliebe. Der Nintendo-Präsident setzte sich selbst als Chefproduzent von SPD ein, das in den nächsten Jahren Riesen-Hits wie „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging” entwickelte, bei denen Miyamoto nicht mitwirkte.

Zusammen mit seinem langjährigen Kollegen, Freund und seit 2002 auch Vorgesetzten Satoru Iwata spielte Miyamoto eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Nintendo DS und Wii, die für Nintendo gewissermaßen so erträglich waren wie eine Gelddruckmaschine.

„A delayed game is eventually good …“

Nach wie vor aber wirkte Miyamoto in seiner EAD-Abteilung an einer Vielzahl von Spielen mit. Er arbeitete mit jungen Designern an Prototypen, begutachtete fortgeschrittenere interne Projekte, kümmerte sich um den letzten Feinschliff und beratschlagte ausgewählte Third-Party-Studios, etwa „Eternal Darkness”-Entwickler Silicon Knights, oder wirkte an externen First-Party-Spielen wie „Metroid Prime” mit. Besonders in dieser Zeit zeigte sich auch seine Neigung dazu, den Teetisch umzuwerfen – mit dieser Umschreibung drücken Nintendos Mitarbeiter aus, dass Miyamoto gerne auf den letzten Drücker drastische Änderungen an einem Projekt vorschlägt. Nicht umsonst lautet ein berühmtes Zitat von ihm: „Ein verschobenes Spiel wird irgendwann gut; ein überstürztes Spiel bleibt für immer schlecht.”

Die Spieleindustrie erweitern: Miyamoto und der Blaue Ozean

Inzwischen hatte Nintendo sich einem neuen Schwerpunkt zugewandt: Auf die nachlassenden Verkaufszahlen seiner Konsolen reagierte der Konzern, indem er die sogenannte Blue-Ocean-Strategie einschlug. Er veröffentlichte die neuen Konsolen DS und Wii, denen es tatsächlich gelang, völlig neue Zielgruppen zu erschließen. Auch zu diesem langfristigen Projekt trug Miyamoto maßgeblich bei. Wie schon erwähnt, fungierte er bereits seit dem SNES als Berater bei der Hardwareentwicklung, und für DS und Wii arbeiteten er und Iwata besonders eng mit den jeweiligen Teams zusammen.

Auch bei einem großen Teil der Software, die die innovativen Konzepte der neuen Konsolen ausreizen sollte, hatte Miyamoto seine Finger im Spiel. Natürlich waren es andere Entwickler, die an vorderster Front mitwirkten, aber Miyamoto brachte sich sehr intensiv ein und lieferte auch viele Ideen. Inzwischen waren seine Kinder ausgezogen, sodass er in seiner Freizeit vermehrt seinen Hobbys nachgehen konnte – er schaffte sich einen Hund an, ging sportlichen Aktivitäten nach und musizierte in einem selbstgebauten Musikstudio in seiner Garage. Diese Erfahrungen ließ er konkret in Nintendos neue Spiele-Offensive einfließen.

So sollen die Ideen zu Titeln wie dem erfolgreichen „Nintendogs“ oder dem, ähm, weniger erfolgreichen „Wii Music“ auf Miyamoto zurückgehen. Auch „Wii Sports“, „Wii Play“ und „Wii Fit“, die sicher zu den entscheidenden Spielen der Wii-Ära gehören, wären ohne Miyamotos Mitwirkung so wohl nie zustande gekommen. Ein weiteres sehr wichtiges Projekt, das Miyamoto sehr am Herzen lag, waren die Miis – die Idee dazu verfolgte er sogar fast drei Jahrzehnte lang (wir berichteten).

Einer der berühmtesten Auftritte Shigeru Miyamotos: Die Überraschungs-Ankündigung von „Twilight Princess“ auf der E3 2004.

Nintendos bekanntestes Gesicht – Miyamoto als Maskottchen

Spätestens an dieser Stelle ist klar: Shigeru Miyamoto ist für Nintendo auch eine zentrale PR-Figur. Als jemand, der in der Vergangenheit große Werke vollbracht und seitdem die Rolle des Kreativ-Chefs inne hat, ist es nur verständlich, dass er zum bekanntesten Gesicht Nintendos aufgestiegen ist. Zudem ist er sehr charismatisch, hat immer sein typisches Lächeln drauf und weiß stets Interessantes zu erzählen. Nicht umsonst ist er ein sehr beliebter Interviewpartner. Er selbst aber sagte 2006 zur Bekanntheit seiner Person: „Die ganze Aufmerksamkeit mag ich nicht. Ich denke, es ist besser, meine Arbeit für mich sprechen zu lassen.“

Freilich hat Nintendo Miyamotos PR-Bedeutung in bestimmter Weise forciert, denn das Unternehmen inszenierte ihn wie keinen anderen der Angestellten der Öffentlichkeit. Aus gutem Grund stellte nicht Eiji Aonuma auf der E3 2004 „Twilight Princess“ vor, sondern das Nintendo-Mastermind selbst betrat mit Schwert und Schild ausgerüstet die Bühne. Und nicht von ungefähr tauchte Miyamoto im Großteil aller Iwata-fragt-Interviews als Gesprächspartner auf. Dies trug nur dazu bei, den Eindruck zu verstärken, Miyamoto wirke bei quasi allen Nintendo-Projekten mit – und davon profitiert der Konzern ja: Miyamoto ist quasi ein Garant für die gewohnte Nintendo-Qualität.

Den Zenit seiner Zeit überschritten?

Angesichts dessen ist es schwer zu entscheiden, was Miyamoto wirklich konkret bewirkt hat, und was Nintendo ihm nur zwecks besserer Vermarktung zuschreibt. „F-Zero“, „Star Fox“ oder „Pikmin“ etwa werden zwar häufig als Miyamoto-Reihen bezeichnet, tatsächlich können aber „nur“ „Donkey Kong“, „Super Mario“ und „The Legend of Zelda“ als genuine Miyamoto-Schöpfungen gelten. Seit „Super Mario 64“ war Miyamoto ja kein Director mehr, sondern wird in den Credits der EAD-Spiele bloß noch als „General Producer“ oder manchmal als „Supervisor“ gelistet. Eine seltene Ausnahme stellt „Super Mario Galaxy“ dar, dessen Abspann den Ideengeber Miyamoto nicht nur als „General Producer“, sondern auch als Verantwortlichen für das „Game Design Concept“ aufführt.

In den letzten Jahren hat Miyamotos Image aber einige Kratzer abbekommen: Die Konzentration des „Spielberg der Videospiele“ auf kleinere und innovative Spiele, das Ausbleiben neuer, komplett aus seiner Feder stammender Titel, die schlechten Nachrichten rund um 3DS und Wii U sowie seine Beteiligung an bezüglich der Qualität umstrittenen Spielen wie „Wii Music“ oder „Paper Mario: Sticker Star“ ließen Forderungen laut werden, Miyamoto solle den Jüngeren Platz machen. Wer dies verlangt, übersieht jedoch, dass Miyamoto eben nicht mehr kreativer Leiter, sondern kreativer Supervisor/Berater ist und schon seit vielen Jahren der jüngeren Generation an Nintendo-Entwicklern den Vortritt lässt, wie wir in diesem Bericht schon mehrfach erwähnten.

Aufgrund seiner Musikleidenschaft – er ist besonders ein Fan von Bluegrass-Musik – lag Miyamoto „Wii Music“ besonders am Herzen. Es ist eines der umstrittensten Spiele seines sehr langen Portfolios.

Der König tritt zurück – es lebe der König!

Ende 2011 veröffentlichte der bekannte Videospieljournalist Chris Kohler ein Aufsehen erregendes Interview mit dem damals 59-jährigen Shigeru Miyamoto. In diesem hieß es, Miyamoto werde von seiner Stelle als Chefproduzent bei Nintendo zurücktreten. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und sorgte dafür, dass sogar Nintendos Aktienkurs absackte – Miyamoto als PR-Figur hat eben eine ganz konkrete finanzielle Bedeutung für Nintendo. Deshalb zögerte das Unternehmen nicht, sich zu Wort zu melden, denn Miyamotos Aussagen waren stark missverstanden worden.

In Wirklichkeit sagte Miyamoto nicht mehr, als dass er künftig weniger Zeit für die aufwändige Supervision großer Spiele wie „Skyward Sword“ aufopfern und stattdessen den jüngeren Entwicklern mehr Freiraum lassen möchte, um Nintendo auf seinen unvermeidlichen Ruhestand vorzubereiten. Er wolle selbst wieder aktiver werden und an kleineren Projekten arbeiten. Von seiner Rolle als Nintendo-Chefproduzent werde er aber nicht zurücktreten.

Tatsächlich wirkte Miyamoto in der Folgezeit sehr intensiv am wenig bekannten „Nintendo 3DS Louvre Guide“ mit und mit drei Kurzfilmen zu „Pikmin 3“ und einem zu „Star Fox Zero“, bei denen er Regisseur war, erfüllte er sich gewissermaßen noch seinen ursprünglichen Berufswunsch. Diese Nebenprojekte waren aber nicht das, was sich die Fans nach dem Interview von Ende 2011 erhofften. Sie erwarteten vielmehr ein „richtiges“ neues Miyamoto-Spiel vom Ausmaße eines „Super Mario 64“ oder „Ocarina of Time“.

Ist Star Fox Zero das große neue Miyamoto-Spiel?

Diese Hoffnungen wurden jedoch enttäuscht. Auf der E3 2014 stellte Nintendo zwar drei „Miyamoto-Prototypen“ für die Wii U vor – „Project Guard“, „Project Giant Robot“ und „Star Fox“ –, die das Wii U GamePad in besonderer Weise nutzen. Diese Prototypen entsprachen freilich Miyamotos Vorstellungen von kleineren Projekten, aber sie entstanden nicht, wie häufig irrtümlich behauptet wird, unter seiner alleinigen Leitung.

„Project Giant Robot“ sollte schließlich eingestellt werden und „Project Guard“ erschien als der Nebentitel „Star Fox Guard“. Das im April 2016 erschienene „Star Fox Zero“ hingegen ist ein etwas größeres Projekt – und im Abspann wird Miyamoto tatsächlich als „Supervising Director“ genannt. War er also zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder aktiver Leiter eines Spieleprojekts?

„Star Fox Zero“ konnte den hohen Erwartungen jedoch nicht gerecht werden, sondern erwies sich als eher durchwachsen. Die Fans sahen in Miyamoto selbst den Schuldigen, doch dabei überschätzen sie dessen Rolle für das Spiel: Das Mario-Mastermind war zwar wirklich so intensiv beteiligt, wie in den letzten Jahren nur äußerst selten, doch die eigentliche Director-Rolle übernahm nicht er, sondern zwei andere Entwickler – einer davon von Platinum Games. Miyamoto war eben kein alleiniger Director, sondern tatsächlich „Supervising Director“.

Mit den drei „Miyamoto-Prototypen“ auf der E3 2014 inszenierte Nintendo die Rückkehr des „weltbesten Spieldesigners“ an die vorderste Front der Spieleentwicklung. Hinter den Kulissen aber hatte sich Miyamotos Rolle tatsächlich nicht geändert. Trotzdem: So schaffte es der Chefproduzent sogar auf das Cover der renommierten Edge-Zeitschrift – zum ersten Mal seit 2008.

Rücktritt auf Raten? – Miyamoto gibt die EAD-Leitung ab

Die nüchterne Wahrheit ist, dass Miyamoto wohl nie wieder in die vorderste Front der Spieleentwicklung zurückkehren wird. Nach Satoru Iwatas unerwartetem Tod am 11. Juli 2015 übernahm Miyamoto zusammen mit seinem langjährigen Kollegen Genyo Takeda die vorübergehende Geschäftsführung. Unter dem wenige Wochen später ernannten neuen Präsidenten Tatsumi Kimishima fand im September 2015 eine große Umstrukturierung des R&D-Bereichs bei Nintendo statt, in deren Rahmen sich auch Miyamotos Rolle entschieden änderte.

Die Nintendo-Legende wurde von ihrer Position als General Manager der EAD-Abteilung abgesetzt. Die seit über drei Jahrzehnten bestehende EAD fusionierte mit einer anderen Abteilung, erhielt den neuen Namen EPD und steht seitdem unter der Leitung von Shinya Takahashi. Miyamoto erhielt offiziell das Amt des „Creative Fellow“ – er ist also übergreifender kreativer Berater für den ganzen Konzern. Miyamoto wird demnach weiterhin seine Erfahrung und sein Wissen in Nintendos Spiele einbringen, aber aus einer noch distanzierteren Perspektive als bislang.

Genyo Takeda, dessen Karriere viele Parallelen zu der Miyamotos aufweist, erfuhr übrigens eine ähnliche Umpositionierung: Er gab die Leitung der Konsolenentwicklungsabteilung ab und wurde „Technology Fellow“. Für Miyamoto und Takeda dürften diese Maßnahmen gewissermaßen einen Rücktritt auf Raten bedeuten.

Miyamotos Zukunft

In den letzten Jahren hat sich Nintendo also darauf vorbereitet, sich von Miyamoto trennen zu können – und umgekehrt –, und nun scheint die Zeit langsam so weit zu sein. Schon für „Splatoon“ überließ Miyamoto den jüngeren Entwicklern den Vortritt – und das mit gewaltigem Erfolg –, und in Interviews verriet er, auch bei „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“, dem nächsten großen „Super Mario“-Spiel und auch an der NX-Konsole bloß noch als Ratgeber beteiligt zu sein.

Miyamoto hat die Entwicklung der wichtigsten Nintendo-Spiele nun also der jüngeren Generation anvertraut. Viel ändert sich äußerlich betrachtet allerdings nicht: Weiterhin wird er nach außen als bekanntestes Gesicht Nintendos auftreten und den jüngeren Entwicklern mit Rat und Tat zur Seite stehen.

„Ich sage [meinen Kollegen] immer wieder, dass heute mein letzter Tag bei Nintendo sein könnte“, äußerte Miyamoto Ende 2012. Dieser Tag wird aber wohl noch in weiter Ferne liegen, denn obgleich er das Renten-Alter bereits erreicht hat, wird er nicht müde zu sagen, wie viel Spaß ihm seine Arbeit bereitet. „Die Leute erwarten, dass ich an den Ruhestand denke“, sagte er im April 2013. „Aber wenn ich mir meine Arbeit anschaue und die Freude, die ich dabei empfinde – dies ist etwas, das ich noch lange Zeit werde machen können.“ Lächelnd fügte er hinzu: „Wissen Sie, vielleicht bis ich sterbe.“

Quellen: David Sheff: Game Over, 1993, S. 44–55; The Next Level: An Interview with Shigeru Miyamoto, 20. August 2004; Iwata Fragt: Wii Music, Teil 1: Spaß an der Musik – für alle, 1. Shigeru Miyamotos frühe Erfahrungen mit Musik, 2008; Iwata fragt: Punch-Out!!, 2. Ein Boxhandschuh als Interface, 2009; William Audureau: The History of Mario, 2014, S. 41–44; 68f, 160, 282f.; Nebenquellen im Text verlinkt.


In unserer jeden zweiten Sonntag erscheinenden Rubrik „Inside Nintendo“ berichten wir über die Geschichten hinter Spielen, Serien, Konsolen, Studios und Personen rund um Nintendo. Eine Übersicht aller bislang veröffentlichten Ausgaben ist unter diesem Link zu finden.

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Bisher gibt es sechs Kommentare

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  • Avatar von rowdy007
    rowdy007 06.09.2016, 14:17
    Hab diesen Artikel hier gestern durchgelesen. Sehr informativ. Miyamoto hat überall seine Finger im Spiel. Was früher ein großer Vorteil war empfinde ich heute eher als Nachteil.
  • Avatar von Garo
    Garo 06.09.2016, 13:54
    Zitat Zitat von Tobias Beitrag anzeigen
    Danke euch beiden! Ja klar, das war Absicht, hatte ich hier auch in der Einleitung geschrieben. Und ist gleich dreimal so lang wie ein normaler Bericht geworden. Etwas so Langes schreibe ich aber nicht noch einmal
    Hab ich wohl gestern überlesen. Sorry für die dumme Frage. xD
  • Avatar von Tobias
    Tobias 06.09.2016, 13:50
    Zitat Zitat von Garo Beitrag anzeigen
    Jetzt, wo du's sagst! Als ich gestern das neue Buch aufklappte war direkt Inside Nintendo 1 ein Artikel über Miyamotos Rolle bei Nintendo. War das geplant?
    Danke euch beiden! Ja klar, das war Absicht, hatte ich hier auch in der Einleitung geschrieben. Und ist gleich dreimal so lang wie ein normaler Bericht geworden. Etwas so Langes schreibe ich aber nicht noch einmal
  • Avatar von Garo
    Garo 06.09.2016, 13:48
    Zitat Zitat von Armin Beitrag anzeigen
    Vielen Dank für 100 tolle Ausgaben voller spannender Recherche und cooler Artikel! Auf mindestens 100 weitere! Schön, dass sich mit Miyamoto auch ein kleiner Kreis schließt.
    Jetzt, wo du's sagst! Als ich gestern das neue Buch aufklappte war direkt Inside Nintendo 1 ein Artikel über Miyamotos Rolle bei Nintendo. War das geplant?
  • Avatar von anonym_240216
    anonym_240216 06.09.2016, 12:51
    Vielen Dank für 100 tolle Ausgaben voller spannender Recherche und cooler Artikel! Auf mindestens 100 weitere! Schön, dass sich mit Miyamoto auch ein kleiner Kreis schließt.
  • Avatar von Garo
    Garo 06.09.2016, 12:48
    Diese Reportage ist ultralang. Hab jetzt nur einen Teil gelesen. Den Rest lese ich in meinem neuen Inside Nintendo-Buch. Danke für die tolle Arbeit, Tobi und herzlichen Glückwunsch! Du bist spitze!