Vielen Nintendo-Fans ist Yoshio Sakamoto als der Vater der „Metroid“-Reihe bekannt. Daran sind allerdings zwei Dinge falsch: Sakamoto hat die Weltraumsaga nicht selber erfunden, und sie ist längst nicht die einzige Reihe, um die er große Verdienste vorzuweisen hat. In seinen nunmehr über 40 Jahren bei Nintendo hat Sakamoto nämlich noch an vielen weiteren, wenngleich bei uns im Westen weniger namhaften Spielen und Serien in maßgeblicher Funktion mitgewirkt: „Balloon Fight“, „Famicom Detective Club“, „WarioWare“, „Rhythm Paradise“, „Tomodachi Life“ und weitere. Und auch wenn Sakamoto 2010 für „Metroid: Other M“ herbe Kritik einstecken musste, ist nicht zu leugnen, dass er in seiner Karriere ein Maß an Kreativität und Vielfalt an den Tag gelegt hat, wie es selbst unter Nintendo-Veteranen nur selten anzutreffen ist. Dieses Jahr hat Sakamoto seinen 65. Geburtstag gefeiert, und von Zurückhaltung ist keine Spur zu merken, ganz im Gegenteil: Mit dem kürzlich veröffentlichten Switch-Adventure „Emio – Der lächelnde Mann“ hat er sich einen lange gehegten Traum erfüllt.
Willkommen an Bord
Yoshio Sakamoto wurde am 23. Juli 1959 in der Präfektur Nara geboren. „[A]ls Kind las ich viel“, erzählte er vor Kurzem in einem Nintendo-Interview. „Heute kann man sich das vielleicht nur schwer vorstellen, aber ich war oft krank. Ich fehlte oft in der Schule und das Einzige, das ich in dieser Zeit tun konnte, war lesen. Vielleicht kam ich so mit vielen Geschichten in Kontakt.“ Später studierte Sakamoto Design an der Osaka University of Arts. Den naheliegenden Weg, Grafikdesigner zu werden, wollte er aber nicht einschlagen. Gerade deswegen bewarb er sich nach Studienabschluss bei Nintendo, denn er kannte das damals aufstrebende traditionsreiche Unternehmen aus seiner Kindheit als Hersteller ungewöhnlicher Spielzeuge. Anstelle selber klassische Spielzeuge zu entwickeln, sollte Sakamoto dann aber doch zunächst die Laufbahn eines Grafikdesigners einschlagen.
22-jährig wurde Sakamoto im Jahre 1982 bei Nintendo angeheuert. Das Unternehmen feierte damals im Bereich der Arcade-Spiele sowie mit seinen Game-&-Watch-Handhelds große Erfolge; intern liefen außerdem die Arbeiten an einer eigenen Heimkonsole. Sakamoto wurde als Grafiker der Abteilung Research & Development 1 (R&D1) zugewiesen, die für das Game-&-Watch-Projekt zuständig war. In späteren Jahren war Sakamoto einer der bedeutendsten R&D1-Mitarbeitenden, sein erster Beitrag war aber noch recht bescheiden: Er fertigte für die Multi-Screen-Version von „Donkey Kong“ unter anderen Grafiken für Fässer und Kräne an.
Erste Gehversuche mit Pixelgrafik und Spieldesign
Wie es der Zufall will, war Sakamoto am Beginn seiner Karriere noch an einem weiteren „Donkey Kong“-Spiel beteiligt. Diesmal handelte es sich aber nicht um eine Umsetzung für einen billigen LCD-Bildschirm, sondern um einen Arcade-Automaten mit hochwertigen Pixelgrafiken. Der sieben Jahre ältere Shigeru Miyamoto arbeitete damals an einem Nachfolger zu seinem Überraschungshit und suchte nach Unterstützung für die Erstellung der Grafiken. Die Wahl fiel auf Sakamoto, weil er zu dieser Zeit gerade verfügbar war. „Donkey Kong Jr.“ war Sakamotos erster Kontakt mit Pixelgrafik. Seinen Beitrag zu diesem 1982 veröffentlichten Klassiker schätzt er aber nicht groß ein: „[I]ch habe nur Herrn Miyamoto etwas geholfen“, äußerte er in einem Interview von 2016. „Ich habe also an Dingen wie dem Logo mitgearbeitet, dem Titelbildschirm und an Donkey Kong im Käfig.“
Neben „Donkey Kong“ wirkte Sakamoto in seinen ersten Jahren bei Nintendo noch an einigen weiteren Game-&-Watch-Projekten mit. Namentlich bekannt sind nur noch „Snoopy“, „Donkey Kong Circus“ und „Mario’s Bombs Away“, die 1983 und 1984 auf den Markt kamen. Bei manchen Game-&-Watch-Spielen arbeitete Sakamoto nicht nur an den Grafiken, sondern auch am eigentlichen Spielkonzept. So war es etwa bei „Snoopy“ der Fall, zu dem er erzählte: „Es war das erste Mal, dass ich damit beauftragt war, über die Mechaniken des Spiels nachzudenken und herauszufinden, wie man sie umsetzen könnte. Im Rückblick mag es simpel erscheinen, aber damals war es für mich eine große Sache.“
Von Abrissunternehmern und Ballonfliegern
Es dauerte nicht lange, bis Sakamoto größere Aufgaben zuteil wurden. Sein Vorgesetzter, R&D1-Abteilungsleiter Gunpei Yokoi, zu dessen zahlreichen bedeutenden Leistungen neben den Game-&-Watch-Geräten insbesondere der Game Boy zählt, war der Überzeugung, dass jemand, der Pixelgrafiken erstellen konnte, auch ein ganzes Spiel entwerfen könne. So ließ er Sakamoto, obwohl dieser nur einen künstlerischen, nicht aber einen technischen Hintergrund hatte, Spiele für Nintendos neue Heimkonsole Famicom/NES entwickeln. Das Resultat waren „Wrecking Crew“ und „Balloon Fight“, die beide zunächst 1984 als Arcade-Automaten und 1985 dann auch für Famicom/NES erschienen. Für Sakamoto waren sie die ersten Spiele, an deren Entwicklung er wirklich substantiell mitwirken konnte.
Während „Wrecking Crew“ zu den weniger bedeutenden Nintendo-Klassikern der 1980er-Jahre zählt, hat „Balloon Fight“ im Laufe der Jahre Fortsetzungen bis hin zum „Nintendo Land“-Minispiel 2012 erhalten. Die Grundidee zu „Balloon Fight“ stammte von Yokoi, Sakamoto hat sie dann zu einem vollwertigen Spiel ausgearbeitet. Die Arcade-Version wurde vom Partnerunternehmen SRD programmiert, das später vor allem durch die Mitarbeit an „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“ bekannt wurde, während die technische Umsetzung der NES-Version durch den späteren Nintendo-Präsidenten Satoru Iwata, damals für HAL Laboratory tätig, bewerkstelligt wurde.
„Ich habe ‚Balloon Fight‘ jedenfalls gemacht, ohne mich zu sehr stressen zu lassen“, erinnerte sich Sakamoto zurück, „und wenn ich das mal so sagen darf: Als ich an meinem zweiten Spiel [gemeint ist „Balloon Fight“; Anm. d. Red.] arbeitete, hatte ich das Gefühl, schon etwas in meine Rolle hineingewachsen zu sein.“
Der unbekannte Dritte im Bunde
Sakamotos drittes NES-Spiel trägt den Titel „Gumshoe“. Es ist deutlich weniger bekannt, was vor allem darin liegen dürfte, dass es bis heute nie wiederveröffentlicht wurde. „Gumshoe“, ein mittels des NES Zapper gespieltes Jump’n’Run, kam 1986 in Nordamerika und zwei Jahre später auch in Europa auf den Markt, blieb aber in Japan unveröffentlicht. Es zeigt unbestreitbar die Kreativität und Unkonventionalität, die sich in vielen von Sakamotos Spielen jenseits der „Metroid“-Reihe findet, und ist als Kuriosum durchaus einen Blick wert.
Auf die frühen NES-Spiele „Wrecking Crew“, „Balloon Fight“ und „Gumshoe“ folgt in Sakamotos Ludographie eines seiner wichtigsten Werke: Das erste „Metroid“. Sakamoto hatte zwar eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Klassikers inne, kann aber keineswegs als dessen Schöpfer angesehen werden. Denn während die drei bislang behandelten NES-Spiele hauptsächlich von ihm erdacht wurden, stieß er bei „Metroid“ erst relativ spät zum Entwicklerteam hinzu.
Plötzlich „Metroid“-Entwickler
Das spätere „Metroid“ wurde zu Beginn von zwei Personen entwickelt, Hiroji Kiyotake und eine namentlich nicht genannte Person. Beide hatten zuvor an mehreren Game-&-Watch-Projekten mitgewirkt, verfügten aber über keine Erfahrung in der Entwicklung von Konsolenspielen. Nach etwa zehn Monaten Arbeit – eine für ein damaliges Spieleprojekt nicht gerade kurze Phase – war das Debüt-Konsolenprojekt der beiden noch nicht weit fortgeschritten, wie sich Sakamoto zurückerinnerte: „Im ganzen Spiel gab es nur einen einzigen Hintergrund und man konnte immer nur das Gleiche tun. Die Figuren bewegten sich, aber der Rest des Spieldesigns war ziemlich karg.“
Der angepeilte Veröffentlichungstermin war jedoch nicht mehr weit entfernt. Um das Projekt bis dahin fertigstellen zu können, stießen weitere R&D1-Mitarbeitende hinzu. Einer der Designer bat auch Sakamoto um seine Hilfe. Sakamoto, der sich gerade um den Abschluss von „Gumshoe“ kümmerte, sagte jedoch zunächst ab; er habe sich, wie er später im einem Interview erklärte, die Arbeit als „einfach sehr zermürbend“ vorgestellt. Schließlich ließ er sich aber doch überreden. „So bin ich zu ‚Metroid‘ gekommen“, erzählte er, „und bevor ich mich versah, wurde es zu meiner Lebensaufgabe.“
Von Weltraum-Action zu griechischer Mythologie
Innerhalb von drei stressigen Monaten stellten Sakamoto und seine R&D1-Kollegen „Metroid“ fertig. Es war eines der letzten Spiele, bei denen Sakamoto noch selber an der Grafik beteiligt war; daneben trug er stark dazu bei, das Spiel zu einem einheitlichen Ganzen zu gestalten. Das düstere Weltraum-Action-Adventure konnte im August 1986 in Japan auf den Markt kommen; ein Jahr später erschien es auch in Nordamerika und Anfang 1988 schließlich in Europa. Mit „Metroid“ brachte Nintendo eine bis dahin ungeahnt dichte Atmosphäre auf das Famciom/NES. Der Titel stellt eine der wichtigsten hauseigenen Produktionen für die 8-Bit-Konsole dar.
Eine ganz ähnliche Entwicklungsgeschichte wie „Metroid“ durchlief das ebenfalls 1986 erstveröffentlichte „Kid Icarus“. Auch hier stieß Sakamoto mit weiteren Mitarbeitenden von R&D1 in einer fortgeschrittenen Entwicklungsphase hinzu, um das Projekt rechtzeitig fertigzustellen. Auch „Kid Icarus“ ist ein seitlich scrollendes Action-Adventure mit eher düsterer Atmosphäre, konnte aber nicht ganz an die Qualitäten von „Metroid“ heranreichen. Angehaucht von griechischer Mythologie und durchsetzt mit humoristischen Elementen, hebt es sich zugleich deutlich von seinem großen Bruder ab.
„Metroid“ und „Kid Icarus“ sind die wohl wichtigsten NES-Veröffentlichungen, die R&D1 hervorgebracht hat, und gehören zu den bedeutendsten Nintendo-Spielen der 1980er-Jahre. Ohne Sakamotos Zutun im Grafik- und Game-Design-Bereich wären beide Spiele nicht denkbar gewesen. Im Anschluss aber wandte sich Sakamoto völlig anderen Arten von Spielen zu – Dating Sims und Visual Novels.
Die unbekannte Sakamoto-Sakaguchi-Dating-Sim
Sakamotos bisherige Projekte wie „Balloon Fight“ oder „Metroid“ waren recht klassische, actionlastige Spiele. Der Designer setzte Videospiele damals mit Action gleich, doch das sollte sich allmählich ändern. Denn durch das vom späteren „Dragon Quest“-Schöpfer Yuji Horii entwickelte und von Enix veröffentlichte Adventure „The Portopia Serial Murder Case“ – ein einflussreicher, früher Vorläufer des Visual-Novel-Genres – lernte Sakamoto damals eine völlig andere Art von Videospielen kennen. „Ich dachte: ‚Spiele können so viele und unglaubliche Dinge …‘“, so erinnerte er sich 2010 zurück. „Ich fand die interaktiven Teile richtig super – wo man einen Befehl auswählte, um eine Reaktion zu erhalten – und es gab andere Teile, die mir das Gefühl gaben, dass meine Emotionen wirklich irgendwie gesteuert wurden. Und da keimte in mir der Wunsch, selbst ein derartiges Spiel zu kreieren.“
Sakamotos Antwort auf „The Portopia Serial Murder Case“ wurde jedoch kein interaktiver Krimi, sondern eine Dating-Sim. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit zwischen Nintendo und Enix-Konkurrent Square. Sakamoto fungierte als Projektleiter, und zu den maßgeblichen Mitwirkenden von Square gehörte der spätere „Final Fantasy“-Schöpfer Hironobu Sakaguchi. Auf Sakamotos Initiative hin wurde die damals 17-jährige Sängerin Miho Nakayama zum titelgebenden Star des Spiels. Das Resultat hörte auf den Namen „Nakayama Miho no Tokimeki High School“ und kam 1987 exklusiv in Japan für das Famicom Disk System auf den Markt. Der in nur kurzer Zeit entwickelte Titel sorgte damals in Nintendos Heimat für viel Aufsehen, verschwand aber bald wieder in der Versenkung. Da er wenig überraschend nie im Westen erschien und nie wiederveröffentlicht wurde, ist er heute nahezu unbekannt.
Sakamotos Skript-Einstand
„Nakayama Miho no Tokimeki High School“ war nicht das erste skurrile Spiel in Sakamotos Karriere, und es sollte auch beileibe nicht das letzte bleiben. Noch bevor Sakamoto an der Dating-Sim arbeitete, hatte er von Gunpei Yokoi den Auftrag erhalten, ein Spiel mit dem Titel „Famicom Shonen Tanteidan“ zu entwickeln. Es sollte ein Adventure-Spiel mit Detektivsetting werden. Mit einem externen Studio begab sich Sakamoto an die Arbeit.
Sakamotos damalige Erfahrungen mit Adventure-Spielen ließen in ihm den Wunsch aufkommen, seinem neuen Projekt eine richtige, umfangreiche Handlung zu verleihen. Er drängte sogar darauf, selber das Skript zu schreiben – und das, obwohl er darin über keinerlei Erfahrung verfügte. „Das war ganz bestimmt waghalsig“, lachte er. „Aber ich hatte schon immer eine waghalsige Seite, also dachte ich, dass ich das schon irgendwie hinkriegen würde – auch wenn es keinerlei Grundlage dafür gab.“ Das Projekt wurde zur Geburtsstunde von „Team Shikamaru“, einer Gruppierung innerhalb von R&D1, die sich um elaborierte Handlungen in Spieleprojekten bemühte und zu deren Mitgliedern neben Sakamoto unter anderem „Kid Icarus“-Schöpfer Toru Osawa gehörte.
Fortsetzung folgt
Sakamotos Ideen wurden in einer engen Kooperation von R&D1 und dem externen Studio Tose umgesetzt. Das Resultat hörte auf den Namen „Famicom Detective Club: The Missing Heir“ und kam in Japan Mitte 1988 für das Famicom Disk System auf den Markt. Neben Sakamoto war Osawa am Skript beteiligt, während Satoru Okada, quasi die rechte Hand des Abteilungsleiters Yokoi, die Projektleitung inne hatte.
„Famicom Detective Club“ war ein Wendepunkt in Sakamotos Karriere, denn erst durch die Resonanz auf dieses Spiel – unter anderem sandte ein begeisterter Fan dem Entwicklerteam am Valentinstag Schokolade – wurde dem Designer bewusst, dass seine Werke andere Menschen wirklich berühren können. Nicht zuletzt wegen dieser Erfahrung begannen Sakamoto, Osawa und Okada direkt mit der Arbeit an einer Fortsetzung. Es war das erste Mal, dass Sakamoto einen direkten Nachfolger zu einem seiner Spiele entwickelte.
Sakamoto wollte beim zweiten Teil von „Famicom Detective Club“ ganz seinen eigenen Vorstellungen folgen und eine eigene Welt erschaffen – seine Arbeit für den ersten Teil war noch stark abhängig gewesen vom ursprünglichen Entwurf des Spiels, den ein externer Entwickler vorgelegt hatte. Die Fortsetzung kam 1989 mit dem Untertitel „The Girl Who Stands Behind“ auf den japanischen Markt. Zusammen mit Sakamotos großem Vorbild „The Portopia Serial Murder Case“ gehören die beiden „Famicom Detective Club“-Spiele zu den Urvätern des Visual-Novel-Genres.
Die Game-Boy-Phase
Abgesehen von seinen frühen Game-&-Watch-Projekten sowie von „Donkey Kong Jr.“ hatte Sakamoto in seinen ersten Jahren bei Nintendo nur an Heimkonsolen-Titeln gearbeitet. Als 1989 der Game Boy auf den Markt kam, verschob sich jedoch bei R&D1 der Fokus hin zur fast ausschließlichen Entwicklung für den neuen Handheld. So kam es, dass Sakamoto Anfang der 1990er-Jahre an gleich drei Game-Boy-Spielen am Stück arbeitete. Zunächst entstand „Balloon Kid“, ein Nachfolger zu seinem Frühwerk „Balloon Fight“. Das Spiel kam 1990 in Nordamerika und Europa auf den Markt; in Japan ist es hingegen nie erschienen. Bei vielen anderen Sakamoto-Titeln war es genau umgekehrt: sie sind nie im Westen auf den Markt gekommen. So war es auch bei seinen zwei folgenden Game-Boy-Projekten der Fall: „For The Frog The Bell Tolls“ und „X“.
„For The Frog The Bell Tolls“ war wieder ein handlungsbetontes Spiel. In diesem Titel, einem weiteren Werk von „Team Shikamaru“, wollte Sakamoto das typisch-klischeehafte Rollenspiel-Konzept eines mutigen Helden auf großer Reise abwandeln und parodieren. Zugleich sollte das Spiel der Tendenz zu immer komplexeren Kampfsystemen entgegenzusteuern. Doch während Sakamoto mitten in der Arbeit am Skript steckte, wurde er einem anderen Projekt als Director zugewiesen: Dem Weltall-Shooter „X“, entwickelt vom britischen Studio Argonaut.
„Ich dachte, es könnte eine nützliche Erfahrung sein, daher übernahm ich die Aufgabe, aber es war schwierig“, äußerte Sakamoto über seine Mitwirkung an „X“. „Ich könnte ewig über all die Schwierigkeiten sprechen, mit denen ich während der Arbeit an diesem Spiel konfrontiert war, also lassen Sie mich es in einem Wort zusammenfassen: brutal.“ Kein Wunder: „X“ versuchte sich an 3D-Grafik auf dem Game Boy, was ein ziemlich ambitioniertes Unterfangen darstellte. Nach Fertigstellung des Spiels konnte Sakamoto sich wieder „For The Frog The Bell Tolls“ zuwenden. Das Rollenspiel war inzwischen von anderen Entwicklern nahezu fertiggestellt worden; Sakamoto kümmerte sich nur noch um den Feinschliff. Das tat seiner Zufriedenheit mit dem Resultat aber keinen Abbruch: „Ich denke, es ist genau so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe.“
Der Höhepunkt der kreativen Karriere
Wie auch „X“ blieb „For The Frog The Bell Tolls“ ausschließlich dem japanischen Markt vorbehalten. In der Zwischenzeit war auch eine Fortsetzung von „Metroid“ für den Game Boy erschienen, doch an diesem Spiel hatte Sakamoto nicht mitgewirkt. Noch Ende 1991 begann dann aber die Entwicklung eines dritten Teils, bei dem Sakamoto die Projektleitung übernahm. Es sollte das wohl wichtigste Spiel seiner langen Karriere werden.
Die Anfangsphasen des langwierigen Projekts „Super Metroid“ müssen sich mit Sakamotos Arbeit an „For The Frog The Bell Tolls“ und „X“ überschnitten haben, auch wenn er sich dazu nie geäußert hat. Erst nach zweieinhalb Jahren Arbeit war „Super Metroid“ als Sakamotos erstes 16-Bit-Projekt fertiggestellt, ein Spiel, das durch seine Inszenierung und sein Gameplay ein ganzes Genre prägen sollte. Mehr zur Entstehungsgeschichte dieses Meilensteins findet ihr in „Inside Nintendo 217–218“.
Mit den vorstehenden Zeilen haben wir nur die ersten zwölf der insgesamt 42 Jahre, die Sakamoto schon für Nintendo tätig ist, in den Blick genommen. Mit der Karriere des ebenso kreativen wie ungewöhnlichen Designers nach 1994 befasst sich der folgende zweite Teil der Reportage.
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