Im Jahr 2013 hat „The Last of Us“ die Videospiellandschaft verändert. Nach dem Erfolg der „Uncharted“-Reihe hat sich Naughty Dog an einer Apokalypse versucht, in der die Kämpfe lediglich ein Teil des Erfolgsrezepts waren. Die dichte Atmosphäre sowie die Handlung waren bahnbrechend, denn im Zentrum standen zwei Protagonisten, deren Beziehung zueinander Videospielgeschichte schrieb. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie auch ein anderes Medium erreichen würde – HBO hat sich letztendlich dazu entschieden „The Last of Us“ zur Serie zu machen. Die Erwartungen sind hoch, werden aber glücklicherweise erfüllt.
Am Ende der Welt
Wer noch nie etwas von der Reihe gehört hat: „The Last of Us“ spielt in einer Welt, in der der Cordyceps-Pilz auch Menschen infizieren kann, was zum Sturz der Gesellschaft geführt hat. Wer infiziert ist, wird nämlich aggressiv und versucht, gesunde Personen zu töten, was zu den Grundlagen jeder Zombie-Form gehört. Viele Jahre nach dem Fall lebt die Menschheit in kleinen Gruppen und versucht zu überleben - so auch Joel, der als Schmuggler agiert. Zusammen mit seiner Partnerin Tess erhält er durch eine überraschende Entwicklung die Aufgabe, die junge Ellie zu einem Stützpunkt der Fireflies zu bringen, einer Gruppe, die sich gegen das faschistische Militärregime stellt. Schnell wird klar: Ellie ist immun gegen den Pilz und könnte die einzige Hoffnung für die Menschheit sein. Anfangs noch sehr distanziert, erleben die beiden auf ihrer Reise Unbeschreibliches und lernen, einander wertzuschätzen.
Das ist nur eine grobe Beschreibung der Ereignisse, die Fans kennen werden. Tatsächlich bleibt die Serien-Umsetzung unglaublich nah am Original, weshalb sogar einige Dialoge direkt aus dem Spiel stammen. Gleichzeitig wurde an den richtigen Stellen geschraubt, damit Zuschauer*innen keine Angst davor haben müssen, Details zu verpassen, wenn sie das Spiel nicht gespielt haben. Durch zusätzliche Szenen, die manchmal sehr überraschen, werden auch Informationen enthüllt, die sich ansonsten nur in Briefen und anderen sammelbaren Gegenständen im Spiel befanden. Somit kann die Serie für sich alleine stehen und hat auch einen Mehrwert für diejenigen, deren letzter Durchgang schon lange her ist.
Das zentrale Duo
Am beeindruckendsten bleibt aber die Dynamik zwischen Joel und Ellie. Pedro Pascal spielt eine ruhigere Version des vielschichtigen Helden und versucht deutlich stärker seine Emotionen zu unterdrücken, als Troy Baker es im Original getan hat. Das funktioniert bestens, denn sobald er sich öffnet und immer mehr an sich heranlässt, ist die Charakterentwicklung nicht nur durch die Handlung, sondern auch durch seine Haltung deutlich sichtbar. Joel wächst einem erneut ans Herz, und seine berechnende Art wird immer verständlicher, je mehr das Duo erlebt.
Der wahre Star der Show ist aber Bella Ramsey, die als Ellie in jeder Sekunde beeindruckt. Sie ist frech, vulgär und hat unzählige Witze auf Lager, bleibt aber gleichzeitig weniger expressiv als Ashley Johnsons Version im Spiel. Ramsey schafft es, den Charakter deutlich realistischer und nuancierter zum Leben zu erwecken, denn gerade weil sie etwas ruhiger bleibt, sind die emotionalen Ausbrüche umso effektiver. Die Neuinterpretation von Ellie wächst einem, ebenso wie Joel, schnell ans Herz und sobald auch sie anfängt, sich ihrem Trauma zu stellen, wird der Charakter vielschichtiger, als man es erwarten würde. Leider werden einige Fans stärker auf die äußerlichen Ähnlichkeiten und Unterschiede zu den digitalen Figuren achten. Wir raten jedem, diesen eher unwichtigen Punkt zu ignorieren, damit man sich von der schauspielerischen Leistung fesseln lassen kann.
Ein bemerkenswerter Cast
Natürlich lebt die Serie nicht ausschließlich vom Star-Duo. Da wäre zum Beispiel Merle Dandridge, die erneut als Marlene auftritt und auch in neuen Szenen beweist, wie viel ihr an dem Charakter liegt. Anna Torv als Jess ist derweil eine echte Überraschung und füllt jede Szene mit einer Präsenz, die den Protagonisten fast die Show stiehlt. Gabriel Lunas Interpretation von Tommy kommt leider etwas zu kurz, wird aber durch die Wirkung der entsprechenden Szenen wettgemacht.
Ohne zu viel zu verraten: Nick Offerman als Bill ist eine Offenbarung. Das Team hat bereits verraten, dass es radikale Änderungen an seinem Auftritt geben wird, und da Franks Charakter dank Murray Bartlett erscheint - eine große Abweichung vom Original – dürfte das Gemeckere vermeidlicher Fans garantiert sein. Die beiden leisten aber einen derart phänomenalen Job, dass man auch in Jahren noch über ihre Szenen reden wird. Da kann man schon fast vergessen, dass auch Troy Baker, Ashley Johnson und Jeffrey Pierce auftauchen, und ebenfalls mit ihren schauspielerischen Leistungen vollends begeistern. Dadurch, dass die Serie auf intensive Charakter-Momente setzt, kann der Cast durchweg glänzen, und die wenigen Ausnahmen zerstören das Gesamtbild keineswegs.
Eine Welt voller Gefahren
Dialoge in der Apokalypse sind nämlich ebenso wichtig wie die Reise durch die Landschaft. Auch hier hat man sich extrem nah am Original gehalten – so nah, dass man mitunter alleine an den Szenenbildern erkennen kann, was als nächstes passieren wird, solange man die Spiele gespielt hat. Vor allem die großen Städte, die von der Natur zurückerobert wurden, sehen eindrucksvoll aus und werden durch perfekte Kamerafahrten gewürdigt, doch auch die von Menschen besiedelten Gebiete und sogar einzelne Räume erzeugen exakt die Atmosphäre, die die Vorlage so gut gemacht hat. Hinzu kommt die Isolation der Charaktere, gepaart mit der Gefahr, die jederzeit auftreten kann. Der ikonische Soundtrack, der glücklicherweise spärlich eingesetzt wird, perfektioniert das Gesamtbild.
Die Infizierten, genannt Clicker, da sie mit entsprechenden Geräuschen wie Fledermäuse durch die Welt laufen, weil ihre Augen vom Cordyceps bedeckt wurden, sind natürlich auch dabei. Im Gegensatz zum Spiel kommen sie aber erheblich seltener zum Einsatz, was kein Kritikpunkt ist. So bleiben sie nämlich durchweg eine ernst zu nehmende Bedrohung, und es wird immer wieder deutlich gemacht, dass auch ein einzelner Infizierter eine immense Gefahr darstellt - „The Walking Dead“ hätte sich hier eine Scheibe abschneiden können. Auch ihr Design ist einzigartig gehalten und verspricht angespannte Szenen, selbst wenn man deren Ausgang schon kennt.
Einzigartig?
All das würde natürlich nicht helfen, wenn die Geschichte selbst nicht so einzigartig wäre. Auf dem Papier gibt es genügend Apokalypsen, doch Ellie und Joel sind derart einzigartige Charaktere, dass man erheblich mehr mit ihnen mitfühlt, als mit andere Serienhelden. Zwar setzt die Serie an bestimmten Punkten auf Perspektivenwechsel, um mehr Hintergründe über die Welt und ihre Charaktere preiszugeben, und auch einige Rückblenden bleiben nicht aus. An anderen Punkten bleibt der Fokus aber auf dem eigentlichen Duo, dessen Chemie derart gut funktioniert, dass man auch gerne 100 Folgen mit ihnen schauen würde.
Dass man trotzdem so nah am Original bleibt, einige Szenen nahezu identisch sind und die Serie bestens funktioniert, ist ein riesiges Lob an das Spiel. Damit alles aber auch realistisch bleibt, wurde vor allem die Menge der Feinde abgeändert, sodass es kein echtes Kanonenfutter mehr gibt. Stattdessen versteht man als Zuschauer*in durchweg, gegen wen gerade wieso gekämpft wird.
Dort könnt ihr „The Last of Us“ schauen
In Deutschland könnt ihr „The Last of Us“ exklusiv über Sky Deutschland sowie WOW ab dem 16. Januar sehen. Die erste Folge wird in der Nacht um 04:30 Uhr verfügbar gemacht, während die restlichen der insgesamt neun Episoden jeweils wöchentlich Montags erscheinen. Voraussichtlich im März wird die Serie zudem auf Sky Atlantic ausgestrahlt.
https://www.youtube.com/watch?v=rwwuvarOAw4In unserem Podcast könnt ihr unterdessen die Meinungen unserer drei Redakteure Johannes, Alex und Marco zur Serie hören.
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