Erotikdrama, J 1976, 96 Minuten, FSK 18
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Meisterwerke
Originaltitel: Ai no corrida
Regie: Nagisa Oshima
Darsteller:
Tatsuya Fuji, Eiko Matsuda, Aoi Nakajima, Meika Seri, Kanae Kobayashi, Taiji Tonoyama
Die hübsche junge Sada nimmt im Geisha-Haus von Kichizo eine Stelle als Dienstmädchen an. Sie findet Gefallen an ihrem verheirateten Herrn, der auch sonst dem weiblichen Geschlecht sehr zugetan ist. Bald beginnen die beiden eine Affäre und die eifersüchtige Sada macht Kichizo klar, dass sie ihn ganz für sich vereinnahmen will. Schließlich ringt sie ihm einen Treueschwur ab, den er, sollte er ihn brechen, mit der Entmannung bezahlen soll. Kichizo lässt sich darauf ein und verfällt dem Dienstmädchen immer mehr. Doch mit jedem Liebesakt werden die Grenzen der Sexualität neu ausgelotet, bis der Geschlechtsverkehr zu ihrer einzigen Form der Kommunikation wird. Sada ist endgültig zur treibenden Kraft ihrer Beziehung geworden, doch bald gerät die sexuelle Lust außer Kontrolle – der Schmerz wird zum bestimmenden Element ihres Zusammenseins und mündet schließlich im Tod. Der Mann schiebt der Frau ein Ei in die Vagina, worauf diese es wie ein Huhn legen muss: Das in Drastik nicht zu überbietende Skandalwerk erhitzt noch heute die Gemüter und zeigt in grausam faszinierenden Bildern die sexuelle Obsession eines Paares bis hin zur Schmerzgrenze. Noch nicht mal in ‚Der letzte Tango in Paris’ lagen Kunst und Pornographie so nah beieinander.
Kritik:
„Oshima bedient sich sicherlich filmisch eines pornographischen Vokabulars, wenn er beispielsweise immer wieder Kichis erigierten Penis photographiert, aber sein Film selber ist ganz klar keine Pornographie. Des Films Formalismus verlangt schlichtweg nach jener Deutlichkeit, könnte ohne explizitem Sex in sich zusammen fallen. Und andererseits erwecken die Bilder des obsessiven Liebesspiels niemals voyeuristische Lust… ein Meisterwerk“ (
www.mitternachtskino.de)
Hintergrund:
Ein Jahr vor ‚Im Reich der Sinne’ wurde die reale Begebenheit aus dem Jahr 1936 von Noburu Tanaka als ‚Abe Sada’ schon einmal verfilmt. 1998 gab es mit ‚Sada’ von Nobuhiko Obayashi eine weitere Adaption des Stoffes. Nagisa Oshimas 1976 entstandenes Erotikdrama gilt in seiner Darstellung von Sexualität neben Pier Paolo Pasolinis ‚Die 120 Tage von Sodom’ (1976) und Bernardo Bertoluccis ‚Der letzte Tango in Paris’ (1972) als eines der radikalsten Werke der Filmgeschichte. Um Psychologie und Charakterstudien reduziert, konzentriert sich der Film ganz auf die verstörende Nähe von Lust und Schmerz: In streng komponierten Szenen, die fast episodenhaft aneinandergereiht werden, wird die Geschichte eines Paares gezeigt, deren Sexualität alle Grenzen durchbricht. Lust und Schmerz werden durch Nahaufnahmen ihrer Gesichter ausgedrückt. Oshima musste den in Japan gedrehten Film in Frankreich fertig stellen, da er sonst sofort der strengen japanischen Zensur zum Opfer gefallen wäre. Als er 1977 im Forum-Programm der Berlinale aufgeführt werden sollte, kam es zum Eklat: Die abstoßenden Bilder von Lust oder schmerzvoll verzerrten Gesichtern sowie die Detailaufnahmen von Geschlechtsteilen und Oralsex bis zum Orgasmus machten ‚Im Reich der Sinne’ zum Skandal, der als „harte Pornographie“ bezeichnet und beschlagnahmt wurde. Ein Jahr später wurde der Film aber für die Kinos ungekürzt freigegeben und erhielt von der Filmbewertungsstelle das Prädikat „besonders wertvoll“. In Japan kam das kompromisslose Meisterwerk nur in einer stark geschnittenen Fassung zur Aufführung.
Nagasi Oshimas ‚Im Reich der Leidenschaft’ (1978) zeigt Tele 5 am Montag, 22.00 Uhr.