The Legend of Zelda – Breath of the Wild
Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass ich ziemlich begeistert von dem Spiel bin.
Nichtsdestotrotz hier jetzt noch einmal im Detail, warum das so ist und aber auch, wo für mich Schönheitsfehler lagen.
Spielwelt
Fangen wir mit dem wohl Offensichtlichsten an:
Hyrule in all seiner Größe und Vielfalt ist eine der tragenden Säulen des ganzen Spielkonzepts, und für mich ist es eine meterhohe aus Marmor. Es gibt Spiele, da ist es mehr Qual als Lust, umherzulaufen und die Welt zu erkunden – weil sie eintönig und immergleich aufgebaut ist, weil sich die Grafiken wiederholen, weil es nichts zu finden und zu entdecken gibt, weil man alsbald an Grenzen stößt und sich deshalb dabei wiederfindet, dass man in dieser so gearteten Welt auch noch im Kreis herumläuft, wodurch sie auch nicht schöner wird. Und genau das ist mir in Breath of the Wild nicht ein einziges Mal passiert. Es macht für mich aber auch Sinn, dass der hier gesetzte Schwerpunkt das Spiel für jene, die an Open World-Konzepten wenig finden, das Spiel eher uninteressant macht. Ich für meinen Teil kann in einer gut gemachten Open World Stunden damit verbringen, nur durch die Gegend zu laufen, zu klettern, hier und da zu gucken, zu kämpfen, zu umgehen, zu springen, zu reiten, zu fotografieren, den Himmel und seine Sonnenuntergänge zu bestaunen und die Wettereffekte auf mich wirken zu lassen. Und Hyrule in BotW ist dermaßen gefüllt, lebendig, atmosphärisch, detail- und v. a. auch abwechslungsreich, dass ich ohne Probleme sagen kann, dass es für mich eine der besten offenen Spielwelten ist, die ich je in einem Videospiel erleben durfte.
Story
Gut, zum allgemeinen Gang der
Hauptstory muss man, denke ich, nicht viel sagen. Sie besticht durch zeldatypische Schlichtheit, und das meine ich nicht ironisch. Zelda ist für mich eine der Reihen, die zeigt, dass ein Spiel auch ohne komplexe Story mit zig Wendungen überzeugen kann, wenn sie stimmig gestaltet und auch beim Rest genug richtig gemacht wird. Was nicht heißt, dass ich nicht jedes weitere Detail zum Hergang vor 10.000 und vor 100 Jahren mit Freuden aufgesogen hätte, aber nun ja. Vllt dann in der nächsten Ausgabe der Hyrule Historia.
In jedem Fall wurde meines Erachtens die Story szenisch und atmosphärisch in Hyrule sehr gut eingefangen. Besonders gefallen haben mir die Foto-Erinnerungen und dieser Moment, wenn man nach dem Ende einer Erinnerung wieder kommentarlos in die Gegenwart entlassen wird, in der man 100 Jahre später für einen Moment dann das durch die Erinnerung verknüpfte, lang vergangene Gefühl des jeweiligen Ortes spüren kann.
Ich meine gelesen zu haben, dass der eine oder andere mit
Zelda selbst als Charakter in BotW nicht so ganz glücklich war, genauer mit ihrer Art Link gegenüber in einigen Erinnerungen. Ich sehe das eigentlich recht neutral. Ja, es mag schon eine neue Seite an ihr sein, mal ihren Frust an Link auszulassen und ich meine auch nicht, dass ich ihr dabei gerne zugehört habe, aber .. ich find’s andererseits eigentlich auch glaubhaft angesichts ihrer speziellen Situation. Und Zelda muss für mich nicht immer ein erhabener, gesetzter Charakter sein. Siehe Wind Waker.
Ein Anliegen sind mir die
Teilabschnitte der Story – Zoras, Goronen, Orni und Gerudo. Ich hab das in meinen Berichten schon mal angesprochen, aber das ist für mich ein kleiner Schwachpunkt des Spiels. Davon ausgenommen ist der Zora-Part, den ich ausgereift und gelungen fand. Die anderen drei haben für mich im Vergleich etwas mau ausgesehen, wobei ich den Goronen-Part an letzter Stelle ansiedeln würde. Es macht für mich zwar der inneren Logik nach schon auch Sinn – es sind nun mal nur die Zora, die alt genug werden können, um Link noch persönlich zu kennen und mehr Bezug zu ihm zu haben. Aber gerade bei denen Goronen hab ich mich wie ein zufällig vorbeikommender und ebenso schnell wieder verschwindender Charakter gefühlt, ohne wirklich mit den Leuten in Kontakt zu kommen und irgendeinen Bezug aufzubauen. Man könnte hier zwar argumentieren, dass das eben dem Naturell der Goronen entspricht, aber als Spieler fand ich es doch etwas schade. Daruk war auch der Recke, der für mich am farblosesten gezeichnet war (und kaum ein Gorone wusste wirklich etwas über ihn). Revali bspw. hat für mich den Orni-Part deutlich aufgepeppt, den ich ansonsten aber leider auch etwas kurz gehalten fand. Versöhnlich wirkte da aber die Musik im Orni-Dorf, für mich eins der schönsten Themen im ganzen Spiel. Gerudo-Stadt war in meinen Augen dann als Ort ähnlich gut gelungen wie das Zora-Dorf, und die Gerudo selbst in ihren Eigenarten und ihren spezifischen Voraussetzungen schön dargestellt. (Es ist zwar irgendwie auch etwas schade, dass auf einmal so viel Fokus darauf gelegt wird, dass sie Männer finden wollen. Aber das machen sie dann doch wieder mit charmanten Sätzen wie „Ich überwältige ihn und prüfe, ob er eine Waffe hat“ auf die Fragen nach dem richtigen Umgang mit Vooi wett.)
Da die Titanen-Parts ja eigentlich DIE großen Story-Bausteine ausmachen (und damit ein Gegengewicht zum vielen Erkunden), hätte ich mir gewünscht, dass sie etwas breiter ausgebaut sind und einen noch mehr in die Welt der einzelnen Völker, ihrer Charakteristika und ihrer Beziehung zur Main-Story eintauchen lassen.
Gameplay
Das Gameplay wagt ja gleich in mehrerlei Hinsicht neue Schritte im Zelda-Universum. Ich war am Anfang etwas skeptisch, ob ich mich mit der ganzen
Nahrungsbeschaffungs- und Kochsache würde anfreunden können, genauso sehr mit der
Kurzlebigkeit der Ausrüstung. Es war dann aber eigentlich nicht problematischer als eine reguläre Spielmechanik-Gewöhnungsphase. Das liegt für mich v. a. daran, dass eigentlich alles im Überfluss da ist. Für jemanden, der sich hier mehr Herausforderung gewünscht hat, ist das vielleicht eher ein Dämpfer. Persönlich war ich gar nicht soo scharf darauf, um jede Waffe (wortwörtlich) kämpfen zu müssen, deswegen hat mir das ganz gut in den Kram gepasst und es hat meine Spielfreude nicht getrübt. Ich hatte umgekehrt irgendwann laufend das „Problem“, dass ich nicht wusste, welche der vielen guten Waffen in meinem Rucksack ich für die noch ein bisschen bessere Waffe am Boden wegschmeißen soll. Auch wenn man Kämpfe nicht gescheut hat, oder gerade dann hatte man eigentlich keinen Waffenmangel zu befürchten. Und was die Nahrungsmittel betrifft, so hätte man mit dem Inhalt meiner Taschen vermutlich ein ganzes Dorf ernähren können. Am Anfang hab‘ ich auch noch ein bisschen am Feuer herumprobiert, aber ähnlich wie in Harvest Moon konnte mich das Kochen in BotW nicht lange begeistern. Das liegt aber nicht am Spiel. Ich hab‘ da einfach keinen so großen Ehrgeiz. Die Breite und Vielfalt, von der auch das Hyrule-Handbuch zeugt, fand ich aber in beiden Fällen toll.
Das
Handbuch mit
Kamera haben mir als Feature auch sehr gut gefallen. Nicht nur, dass man den Zoom auch für sonstige Erkundungen gut gebrauchen konnte, sondern auch der Reiz, das Handbuch sukzessive zu füllen und auch einfach so ein paar hübsche Fotos zu schießen (wobei ich da meist von der Screenshot-Funktion der Switch Gebrauch gemacht habe), war für mich groß.
Wo wir schon beim
Shiekah-Stein sind: Die Idee fand ich ebenfalls gelungen. Auch hier war ich am Anfang noch etwas besorgt – wenn man nach wenigen Spielstunden schon (fast) alle Fähigkeiten freigeschaltet hat, die man im Laufe eines potentiell riesigen Spiels bekommen soll, ist das nicht etwas unausgeglichen und führt hintenraus zu Durststrecken? Weit gefehlt, würde ich sagen. Da BotW auf genereller Ebene anders funktioniert als andere Teile der Serie, war das für mich letztlich eigentlich sogar eine sehr schlüssige Entscheidung: Man hat von Anfang an alles, was man braucht, um jeden Winkel der Welt zu erkunden, kein Areal ist unerreichbar oder müsste erst freigeschaltet werden mit einer neuen Fähigkeit. Es sei denn, man vergisst kontinuierlich, dass man die eine oder andere Fähigkeit besitzt
Aber dafür kann das Spiel nichts.
Nach der ganzen Lobhudelei nun noch mal etwas gedämpfter: Die
Schreine als Kernelement. Hier bin ich etwas zwiegespalten. Zum einen gebe ich hier mal offen zu, dass ich nicht unbedingt jedem großen, ausgedehnten Tempel in Zelda mit Freuden entgegensehe. A Link Between Worlds war da für mich schon sehr erfrischend, weil die Tempel wesentlich kürzer gehalten waren. BotW treibt das Ganze auf die Spitze mit den kurzen Rätselschreinen. Einerseits finde ich sie kurz und gut gemacht, andererseits bin ich nicht unbedingt immer mit Freuden reingelaufen – vielleicht war die Luft irgendwann doch etwas raus. Ich finde aber nach wie vor, dass sie sehr abwechslungsreich gestaltet waren, mit einer je eigenen Idee – mal abgesehen von den Prüfungsschreinen und jenen, bei denen die Prüfung außerhalb lag. Da war ich dann meist auch nicht böse drum, wenn ich nur reinlaufen musste, um mit einem Zombie-Shiekah einen Plausch zu halten. Dass es diese außenliegenden Rätsel gab, empfand ich wiederum als abwechslungsreich und positiv. Die Außenwelt gibt ja auch mehr als genug Raum dafür her.
Als nächstes, die
Titanen. Eigentlich sind die Titanen so etwas wie ausführlichere bzw. größer angelegte Schreine, mit ihrer jeweils eigenen Mechanik (wobei es, glaube ich, vorwiegend zwei Mechaniken waren: entweder man hat was gedreht oder Teile des Titanen bewegt). Dadurch brechen sie aber auch nicht sonderlich aus der sonstigen Schreinlogik aus und bieten umgebungsmäßig nichts großartig anderes. Das kann man sehen, wie man will – letztlich waren aber auch die Titanen nicht sonderlich lang, als Dungeons. Verkraften konnte ich persönlich das Ganze gut, weil der eigentliche „Dungeon“ bzw. Schwerpunkt für mich woanders lag – eben in Hyrule selbst. Als ein tolles Detail empfand ich übrigens, dass man von den Titanen aus immer in je spezifischer Art die Umwelt betrachten konnte - das bot besonders bei Vah Medoh und Vah Naboris einen Mehrwert.
Und damit wären wir bei
Hyrule selbst als m. E. wichtigster Bestandteil der Spielmechanik. Dazu habe ich aber denke ich im Punkt „Spielwelt“ schon genug gesagt.
Last but not least, ein paar Worte zu den
Krog-Samen: Irgendwer hat hier mal gesagt, dass die Krog-Samen deswegen so massenhaft in Hyrule verteilt sind, damit man einfach die Möglichkeit hat, an genug von ihnen zu kommen, um sein Inventar zu vergrößern. Das Argument fand ich recht überzeugend. Für Completionists ist es aber vermutlich eher ein riesengroßer Krampf. Der aber letztlich freiwillig ist, also was will man machen. Persönlich haben mich die Krog-Samen auch ein wenig herausgefordert, weil ich eigentlich in Zelda gerne ausführlich und umfassend spiele, aber am Ende war mir meine Zeit dafür doch zu schade. Und für ein paar Upgrades meiner Taschen hat es dann auch so gereicht: Ohne gezielt nach ihnen zu suchen, hatte ich zum Schluss etwa 210 Krog-Samen und kam mit meinem Inventar nicht in Bedrängnis.
Steuerung
Der Vollständigkeit halber führe ich noch den Punkt
Steuerung auf. Dazu habe ich aber nicht viel mehr zu sagen, als dass ich sie insgesamt gut gesetzt fand, damit zurechtkam und auch nach längeren Pausen immer schnell wieder reingekommen bin.
Nur eines.
Ich weiß nicht, wie oft ich mich in diesem Spiel versehentlich mitten im Kampf hingehockt hab, weil ich versehentlich L3 gedrückt hab. Aber ich hoffe, es hat wenigstens meinen Gegnern zur Belustigung gereicht.
Sidequests
Was die
Sidequests angeht, folgt Botw meines Erachtens eher dem Konzept „Weniger ist mehr“, gemessen an der Größe der Welt. Für mich persönlich war das in Ordnung, weil ich mich von gefühlten Tausenden von Sidequests eher erschlagen fühle, zumal wenn sie alle vom Typ „Gehe nach X und bringe mir 10 YZ“ sind. Natürlich gab es auch in BotW Beschaffungsquests, aber eben nicht in diesem ausufernden Maße. Hinzu kommt, dass einige Quests umgekehrt sogar szenisch sehr aufwändig gestaltet waren: Man denke nur an das von Blitzen überzogene Gebiet an der Grenze zu Hebra, die Statuen der Kriegerinnen in der Gerudo-Wüste oder die drei Kolosswalskelette. Für mich waren Menge und Art der Sidequests daher annehmbar.
Grafikstil
Der
Grafikstil von BotW hat mir zugesagt. Ich hab‘, glaube ich, über Jahre zu denjenigen Zelda-Spielern gehört, die sich einen „realistischeren“ Grafikstil wie in der sagenumwobenen Tech-Demo gewünscht haben und den Weg gut fanden, den Twilight Princess da seinerzeit eingeschlagen hat, und entsprechend bei der Ankündigung von Skyward Sword etwas enttäuscht waren. Nun sitze ich hier und muss erstmal darüber nachdenken, was ich überhaupt groß zum Grafikstil sagen könnte. Und komme dabei bei der Erkenntnis an, dass ich offensichtlich weg bin von dem dezidierten Wunsch nach einem realitätsnäheren Stil und ihn gegen dahingehende Offenheit getauscht habe, solange das Gesamtpaket stimmt. Den Stil in BotW fand ich entsprechend stimmig und passend zum Setting.
Soundtrack
Und abschließend noch ein paar Worte zum
Soundtrack: Den fand ich ebenfalls sehr gelungen, auch wenn eine seiner Stärken paradoxerweise in der Stille liegt. BotW hat einen durch und durch atmosphärischen Soundtrack, was dem Setting und Gameplay entspricht. Für mich trägt er viel dazu bei, die Weiten Hyrules sachte zu beleben, ihre Tragik dabei zart zu akzentuieren und z. B. auch die jeweiligen Stimmungen bzw. Mentalitäten der Völker zu transportieren. Ich freu mich zwar sonst auch immer über mitreißende Battle-Themes und ansprechende Dungeon-Musik, aber in BotW habe ich mich (nachdem sie mir am Anfang schon auch besonders aufgefallen war) an die Stille gewöhnt und empfand sie als passend. Ich würde sie zwar auch nicht in jedem Spiel hören (bzw. nicht hören) wollen, aber hier profitiert BotW davon, dass dahingehend auf dem Markt noch genug Abwechslung geboten wird.
Alles in allem bleibt mir zu sagen, dass The Legend of Zelda – Breath of the Wild zweifellos unter allen mir bisher bekannten Zelda-Teilen mein Favorit geworden ist – und dass es ebenfalls insgesamt, auch trotz der genannten Mankos, definitiv zu meinen All Time Favourites unter den Videospielen gehört.