Sooo, wo fang ich an?
Vielleicht mit dem Fazit: Insgesamt hat mir Hunter x Hunter gut gefallen, es hat mir viel Freude bereitet, mich manchmal überrascht und mich durch seine besonderen, eigenen Züge überzeugt. Und vor allem durch die Geschichte und Entwicklung der Freundschaft von Gon und Killua, die für mich das Herzstück der Serie ist.
Und der Übersichtlichkeit halber mache ich jetzt vielleicht einfach mal eine (sehr ungeordnete) Liste von Pros und Cons, um ins Detail zu gehen und v. a. einfach mal das hervorzuheben, das mir besonders positiv aufgefallen ist (bzw. ein wenig negativ). Dabei werde ich vermutlich sehr viel vergessen, aber wenn ich auf Vollständigkeit warte, kann ich diesen Post in drei Jahren abschicken.
+ Die Freundschaft Killua & Gon. Das hab ich zwar oben schon gesagt, aber das muss noch mal. Wie sie bei 0 und eher zufällig beginnt, wie sie sich über 148 Folgen durch Hoch und Tiefs sehr glaubwürdig entwickelt und wo sie am Ende rauskommt (bis vielleicht auf ganz am Ende). Das ist eigentlich ab irgendwann für mich einer der Hauptgründe gewesen, weiterzuschauen. <3
+ Ich mag es, dass der Anime sich sehr oft die Zeit nimmt, verschiedene Charaktere gesondert näher vorzustellen - selbst wenn sie wenig oder gar nicht wirklich (wie der Boss von NGL) vorkommen. Es wird in meinen Augen viel Wert darauf gelegt, dass Charaktere vor ihrem Hintergrund und ihrem Kontext gelesen/verstanden werden. Bzw. ihre aktuellen Handlungen aus diesen heraus erklärt werden. Und zwar egal, auf welcher „Seite“ die Charaktere stehen – so wird auch einem Schwarzweißdenken bei der Einordnung der Charaktere vorgebeugt. Besonders beim Chimera Ant-Arc gibt es zwar zunächst eine relativ klare Teilung, im Laufe der Geschichte wird das dann aber nach und nach aufgeweicht und relativiert, eben dadurch, dass man auch Infos zu den Ants erhält und ihr Verhalten erklärbar gemacht wird. Aber auch die „Guten“ werden stets mit ihren Marotten dargestellt und nicht blind idealisiert.
+ Generell mag ich die Tiefe, die der Anime an vielen Stellen (subtil) erreicht. Wo andere Anime/Geschichten im Allgemeinen stehen bleiben, geht er häufig einen Schritt weiter und fragt nach dem Warum hinter dem Warum, sozusagen. So wird letztlich viel über innere Beweggründe, menschliche Gefühle und Gedanken gesprochen, aber auch über Politik, über Macht(missbrauch) und anderes mehr. Und wie oben gesagt wird oft nicht idealisiert / in eine Richtung gedrängt, sondern mehrere Seiten werden offengelegt und begründet. Ein spannendes Beispiel war für mich das Aufeinandertreffen von Meruem und Netero, weil sich in ihrem Gespräch sehr aufweicht, wer „Recht“ bzw. „rechtes Handeln“ beanspruchen kann, zu diesem Zeitpunkt.
+ Ich mochte Gon als Hauptchar, v. a. weil er sich abhebt von anderen Hauptchars insoweit als er nicht bloß der freundliche, offene Junge zur Identifikation beim Gucken ist. Schon ganz am Anfang wird einem irgendwie mitgegeben, dass er diesen Hang zur Gefahr hat und damit ein Stück weit unberechenbar ist, also kein lupenreiner Held.
+ Ich bin dem Anime sehr dankbar, dass er (fast) konsequent bzw. über weite Strecken das „Ich vertraue mich meinen Freunden nicht an, mache einen Alleingang und werde dann am Ende von ihnen gerettet“-Muster vermeidet. Ich hatte das ein wenig befürchtet, v. a. bei Kurapika in der Storyline rund um den Phantom Troupe. Aber ich habe mich da zum Glück geirrt: Er vertraut sich seinen Freunden sofort an und nimmt auch ihre Hilfe an. An anderen Stellen ist mir das auch aufgefallen. Das fand ich insoweit sehr angenehm, als es Raum lässt für andere Entwicklungen, und eine inhaltliche Vertiefung der Freundschaft (na ja, das geht zwar auch über das „Zueinander-Finden“, aber das hab ich irgendwie schon so häufig gesehen). Bei Gon und Killua gegen Ende kann man drüber streiten, weil Gon doch irgendwie einen Alleingang hinlegt, aber es macht nur einen relativ kleinen Teil aus und sie kommen hinterher gewohnt charmant darüber hinweg. Ganz zum Schluss gerät dann auch Kurapika irgendwie doch noch in die Schiene, wobei das nicht ganz klar wird, weil es nicht mehr im Detail thematisiert wird.
+ Das gesamte Pacing (bis auf den Chimera Ant Arc, der meines Erachtens langsamer war) und wie der Anime auch mal mit anderen Erzählmethoden experimentiert. Unvergessen für mich die Folge, in der sie im Chimera Ant Arc ihren Plan umzusetzen anfangen und das Schloss über die Portale betreten. Die gesamte (!) Folge läuft in Zeitlupe und wird von einem Erzähler dargelegt. Das hat sich dann in der Folgezeit ein bisschen viel wiederholt, aber insgesamt fand ich das auch mal eine spannende Art der Erzählung (die auch wieder das Erläutern von Beweggründen und Charakterzügen hervorgehoben hat). Sie war allerdings vermutlich auch ein bisschen die Lösung zu einer Zwickmühle: Wenn man Charakterfähigkeiten immer weiter potenziert, bis ihre Schnelligkeit und Reaktionsfähigkeit in den Millisekundenbereich reicht, dann ist es schwierig, komplexe Handlungen nachvollziehbar und in glaubhafter Geschwindigkeit darzustellen.
+ Meruem & Komugi. Diese Beziehung, ihre langsame, dezente Entwicklung und die Art und Weise, wie sie beide und den Ausgang des Chimera Ant-Arcs beeinflusst, fand ich schön mitanzusehen, bis hin zu ihren letzten Momenten.
+ IlluMilluKilluAlluKalluto. Die Namensgebung in der Zoldyck-Family
Die nächsten Kinder hätten dann Tolluya, Yalluri und Rillupi geheißen.
Neutral anmerken möchte ich die teils etwas überraschende Veränderung in der Aufmachung und Atmosphäre des Animes. Während in den ersten zwei Arcs noch irgendwie alles halbwegs „harmlos“ war, ging‘s danach auf einmal los mit den Massenmorden, dem umherspritzenden Blut und den grausamen Folter- und Todesarten. Da hab ich mich etwas gefragt, woher das rührte, aber jut, gestört hat es mich nicht. Es wurde nur weniger „leicht“ zu gucken.
- Das „große Ganze“ des Storytellings fand ich ein wenig unausgeglichen und wechselhaft. Zu Beginn steht die Prüfung, die quasi auch Einführung in die ganze Welt ist. Danach geht es in den Arena-Part von Gon und Killua über, das passt in meinen Augen noch ganz gut, v. a. weil es als Einstieg in das Nen-Prinzip funktioniert. Beim nächsten Part (Untergrund-Auktion und Phantom Troupe) fand ich es eigentlich auch noch sinnig und stimmig. Dann kommt Greed Island. Nicht, dass sich das nicht angekündigt hätte, aber – die Storyline rund um Kurapika und den Phantom Troupe wirkte an der Stelle für mich irgendwie wie abgehackt (klar, es kommen noch Troupe Member vor, die hier und da was machen, aber das verläuft sich dann auch wieder). Noch stärker ist es mir aber danach aufgefallen, als Greed Island abgehakt war und dann wie aus dem Nichts heraus diese ganze Chimera Ant-Sache anfing. Kurapika und Leorio sind da schon längst kein Thema mehr, und der Phantom Troupe bekommt nur einen kleinen Gastauftritt, als seine Mitglieder ihre Heimat verteidigen. Auch generell die Idee der „Hunter“-Welt mit ihren unterschiedlichen Charakteren/Hunter-Typen und das Nen-Prinzip treten stark in den Hintergrund. Wenn man Gon und Killua als den Mittelpunkt der Serie betrachtet, dann ist das alles zwar schon vertretbar, aber ich fand es ein wenig schade um alles, was zuvor so sorgsam aufgebaut worden ist.
- Was mich zum letzten Arc bringt: den fand ich zu kurz geraten. Nachdem sich knapp ein Drittel der Serie den Chimera Ants gewidmet hat, hätte man vielleicht doch ein bisschen mehr Zeit für den Ausgang der Hauptgeschichte nehmen können. Dass Handlungsstränge aus dem Nichts heraus entstehen können, hat zwar schon der Chimera Ant-Teil gezeigt, aber .. ich fand es etwas plötzlich, dass Alluka so eine große Rolle spielt (auch wenn sie indirekt angekündigt wird durch das Familienfoto) und zu Killuas Ein und Allem wird (für das er auch das Reisen mit Gon aufgibt), nachdem er 140 Folgen lang seine Freundschaft zu Gon aufgebaut hat. Ich meine, ich sehe schon, dass Killua da einen Gesinnungswandel durchmacht aufgrund seiner Entwicklung … …. aber ja dann irgendwie doch auch nur, weil er zufällig Allukas Hilfe braucht, um Gon zu retten. Deswegen kam das für mich etwas unvermittelt. Außerdem fand ich die Art und Weise schade, wie Gon schließlich seinen Vater trifft: Es ging doch die ganze Zeit darum, dass er ihn aus eigener Kraft finden will/soll. Und dann steht er aus dem Krankenhaus auf und sein Papa ist halt zufällig grad um die Ecke? xD Mh. Das letztendliche Aufeinandertreffen der beiden auf dem Weltenbaum fand ich dann aber annehmbar.
- Ein Herz für Kurapika und Leorio. Während sie zu Beginn noch zusammen mit Gon und Killua jeweils mit einer eigenen Background-Story eingeführt werden und die gleiche Aufmerksamkeit in der Erzählung bekommen, geraten sie ab dem zweiten Arc immer weiter in den Hintergrund, bis sie schließlich gar nicht mehr vorkommen. Erst am Ende werden sie noch mal kurz an Bord geholt. Da sie eigentlich interessante Charaktere waren, hätte ich mir da ein bisschen mehr Vertiefung gewünscht. Viele Fragen bleiben am Ende offen.
Letztlich ist aber natürlich zu berücksichtigen, dass der Anime irgendwann halt abgeschlossen wurde, während der Manga noch weiterlief (/-läuft?). Man merkt dem Anime an, dass er viele Dinge an- und aufreißt, die dann aber nie vertieft werden. (Das gilt übrigens auch für Gons ominöse Teilnehmernummer beim Hunter Exam ganz am Anfang.)
Und nun noch zu den beiden Filmen:
Phantom Rouge:
Der erste Film hat mich irgendwie nicht richtig überzeugen können. Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll, aber der ganze Film wirkte für mich out of character. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich den Film erst nach Beendigung der Serie gesehen hab und die Story vom Film zu einem früheren Zeitpunkt der Geschichte stattfindet (d. h. mein Bild von den Charakteren ist schon ein anderes). Die Nummer Vier des Phantom Troupes in den Blick zu nehmen, fand ich als Setting dabei gar nicht so schlecht. Aber sonst fehlte mir irgendwie der Esprit der Serie, die Dialoge hatten nicht die Tiefe (und manchmal auch nicht so viel Sinn, m. E.), .. na ja, und ich mag am Anime auch die subtile, glaubhafte Entwicklung der Charaktere – dafür ist natürlich in einem Film nicht die Zeit da. Abseits davon wurde halt hauptsächlich der Phantom Troupe als Kampfgegner recyclet, das fand ich etwas schade, zumal die bereits Besiegten für mich in überzeugender und abschließender Weise gegangen sind, da fand ich das Wiedererwecken nicht so passend. Darüber hinaus wurden sie auch nicht sonderlich überzeugend dargestellt, finde ich. Ihre Besonderheiten und Fähigkeiten wurden einfach durch „plumpe“ Frontalangriffe mit Waffen ersetzt. Und die Messages vom Film waren für mich auch oft nicht Hunter x Hunter-like, sondern wirkten häufig wie aufgewärmte, schon zuhauf inszenierte Allgemeinplätze. Und mehr werde ich jetzt mal nicht ins Detail gehen, aber mein Fazit zu diesem Film fällt eher mau aus.
The Last Mission:
Der zweite Film gefiel mir wesentlich besser. Er hatte Hand und Fuß und sowieso mehr Tiefe, hat eine interessante Zusatzgeschichte behandelt, die Charaktere zumeist gut eingefangen und war auch optisch ansprechender. Manche Punkte würde ich zwar trotzdem ankreiden (z. B. wie die Gegner schließlich besiegt wurden – wo sonst ausgeklügelte Nen-Techniken und Tricks vonnöten sind und auch erklärt werden, waren hier – ähnlich wie in Phantom Rouge – ein paar Kicks, Schläge und Waffenangriffe meist ausschlaggebend), aber insgesamt fand ich den Film gelungen. Ein bisschen schade fand ich, dass nicht weiter auf Kurapika eingegangen wird, denn da lässt die Serie leider mehr als nur ein paar Lücken. Auch bei Leorio, wo es am Anfang des Films noch so aussah, als würde man ein bisschen mehr von seinem Nen mitbekommen. Dann verbringt er aber doch den Großteil des Films im Abfluss. Aber nun ja, man sollte vielleicht auch nicht von einem Film erwarten, dass er Fragen der Hauptgeschichte behandelt. Ansonsten hatte ich am Anfang die Sorge, dass der Film zu sehr schwarzweiß wird (als es am Anfang um „den Schatten“ geht, der „das Licht besiegt“ oder so), aber das wurde zum Glück dann doch differenzierter gehandhabt und wurde damit der Serie gerecht. Insgesamt also ein positives Fazit für den zweiten Film.