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  1. #411
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    Mh, ja. Ich glaube, bei so etwas ist die "Harmonieliebe" oft ein Grund .. dass man Reibungen lieder vermeidet und bei unverfänglichen Themen bleibt. Da möchte ich mich auch gar nicht von ausnehmen, ich bin auch nicht immer auf Auseinandersetzungen und Diskussionen erpicht und spare sie zu Gunsten der (Schein?)Harmonie aus. In deinem Fall könnte ich mir aber auch vorstellen, dass deine Gesprächspartner vielleicht (unbewusst) befürchten, dass sie in einer Diskussion über Politik mit dir nicht mithalten können, da du ja sehr involviert bist und dich deswegen auskennst, und sie daher wenig Chance auf Erfolg sehen.
    Wobei hier vielleicht auch der Fehler liegt: Eine (politische) Diskussion muss doch nicht die Harmonie zerstören. Und vor allem geht es nicht ums Erfolgreich sein. Ich für meinen Teil finde es einfach hochinteressant die Meinung von anderen Menschen zu hören. Andererseits "teste" ich gerne meine Argumente, um zu sehen wie überzeugend sie sind. Und viel wichtiger: Meinungen entwickeln sich nur, wenn man darüber spricht. So vermeidet man auch, dass man in seiner Blase stecken bleibt.

    Erfolg würde ich höchstens so definieren: Wenn am Ende beide Seiten etwas dazugelernt haben. Ziel ist sicherlich nicht, dass ich einen Konservativen zum Gesellschaftsliberalen "umpole". Die unterschiedlichen Standpunkte auszutauschen scheint mir aber wichtig, damit man auch die "Gegenseite" besser verstehen kann. Am Ende sitzt man immerhin im selben Boot, man kann und sollte niemals andere Standpunkte komplett ausblenden. Das passiert jedoch, wenn man nicht miteinander spricht.

    Hierzu hat übrigens die Zeit im letzten Jahr ein sehr interessantes Projekt durchgeführt. Da sind teilweise auch wirklich tolle Artikel rausgekommen. Über Leute, die "auf dem Papier" eigentlich weit auseinander gelegen haben, aber dann merkten, dass sie gewisse Ziele und Ansichten trotzdem teilen. Soweit ich weiß sind sich wenige (oder sogar überhaupt niemand) an die Gurgel gegangen.

    Ich für meinen Teil muss sowieso sagen, dass mir Meinungsaustausch einfach großen Spaß macht. So viel, dass ich manchmal auch einfach versuche eine andere Position einzunehmen, als ich eigentlich vertrete - einfach ums interessant zu machen. Zudem gibts meiner Erfahrung nach wirklich viele Menschen, die wirklich schlaue Dinge zu sagen haben. Vielleicht nicht zu jedem Thema, ich bin auch nicht überall Experte. Aber manch einer offenbart mit ein wenig Anstoß teilweise Fachwissen zu gewissen Dingen, da geht mir das Herz auf.

    Aber ich schweife ab. Ja, du hast wahrscheinlich schon recht, oftmals ist das vielleicht eine gewisse Barriere. Mir ist es immer ein großes Anliegen, dass man solche Diskussionen eben positiv sieht. Und, dass man es eben als Bereicherung zur Meinungsbildung sieht. Am Ende muss man sich nicht mal einig sein, nur von Leuten mit gleicher Meinung umgeben zu sein ist eh langweilig. Wenn man halbwegs respektvoll miteinander umgeht, dann sollte das auch nicht die Harmonie zerstören. Ist ja nicht so, dass man den Fußballverein des jeweils Anderen doof findet - das wäre wirklich schlimm.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Ich fände eine Stellungnahme deinerseits (oder wer auch immer sonst etwas dazu sagen möchte) zu folgender Argumentationsweise spannend: "Eine große Koalition ist ein Verbund der (beiden) meistgewählten Parteien, somit vertritt sie idealiter die meisten Wähler. Zwar würden die Parteien einzeln womöglich mehr von ihrem eigenen Programm umsetzen können, doch damit die Interessen eines kleineren Anteils an Wählern vertreten. Ein Kompromiss in Form einer Zusammenarbeit der größten Parteien ist zudem, da die Stimmenanteile gemäß dem System für ein alleiniges Regieren nicht ausreichen, im Sinne einer Demokratie."
    In der Theorie klingt das total romantisch. In der Praxis ist es das eben nicht.

    Natürlich ist es wunderbar, wenn man im besten Fall 70% der Wähler repräsentiert (dieses Mal ist es eher ne sehr kleine Groko). Das heißt, dass am Ende auch so viele Menschen zufrieden sein könnten. Aber ist das wirklich so? Ist es nicht eher so, dass in solchen Fällen die Kompromisse oft sehr halbgar werden? Keiner möchte seine Wähler enttäuschen, keiner kann sich leisten das Gesicht zu verlieren. Dann nimmt man ein wenig hiervon, ein wenig davon und mischt irgendwas zusammen. Plötzlich hat man viel, aber nicht das, was man eigentlich wollte. Und keiner ist wirklich zufrieden.

    Hier kommt dann schon das nächste Problem: der Profilverlust. Man kann ja jetzt schlecht sagen "das fanden wir eigentlich nicht so toll", wenn man selbst an der Entscheidung beteiligt gewesen ist. Ich habe ja schon erwähnt, dass das gerade für die SPD ein großes Problem ist und war. Sondern man muss diese halbgaren Sachen auch noch als Erfolg an die Wähler verkaufen. Damit steigt meiner Meinung nach eben auch das Risiko, dass sich viele Menschen fragen, was eigentlich die Unterschiede zwischen den beiden großen, kooperierenden Parteien sind. Und im Falle von Frustration wenden sie sich ab - an die Ränder, die Besserung versprechen. Die Ränder, die versprechen, dass sie wirklich eine Alternative zum "Einheitsbrei" bieten.

    Dabei muss es gar nicht sein, dass man aus Überzeugung die wählt, die sich als vermeintliche Alternativen auftun. Aber was bleibt einem anderes übrig? Unsere Demokratie funktioniert auch, weil es eine gewisse (und gesunde) Konkurrenzsituation gibt. Eine Konkurrenz zwischen den Parteien, die Lösungen erarbeiten. Parteien, die versuchen den Menschen die beste Lösung zu bieten. Sobald sich diese Vorschläge aber nicht mehr richtig unterscheiden (oder den Menschen die Unterschiede nicht mehr klar sind), verlieren die Parteien aber auch ihre Existenzberechtigung (sprich, man könnte sie auch zusammenlegen).

    Gerade die Zusammensetzung unseres Bundestages und unserer Bundesregierung erlaubt es bei einer Groko eben nicht, dass man sich groß voneinander abhebt. Gerade, weil beispielsweise Union und SPD für sich beanspruchen, dass sie auf allen Gebieten ihre Kompetenzen haben und agieren. Da ist die Kombination aus großer Partei und kleiner Partei wesentlich idealer. Siehe zum Beispiel die Grünen in ihrer "Urform": Die Umweltpolitik als Kern, dazu vielleicht noch den Bereich Landwirtschaft und was Soziales. Das kann man ihnen als große Partei locker überlassen und niemand verliert dabei sein Profil. Und jetzt sind die Grünen noch recht jung, mit der FDP als "Mehrheitsbeschafferin" hat das über Jahrzehnte hinweg auch wunderbar geklappt. So eine kleine Partei kann mit egal welcher der großen Parteien regieren und trotzdem läuft niemand in die Gefahr, seine Kernkompetenzen und Prinzipien zu stark zu verwässern.

    Hier fällt mir übrigens auch etwas ein, das ein Bekannter mir vor der BTW gesagt hat. Er wusste nicht wirklich, was er wählen sollte, da ihn keine Partei vollends überzeugen konnte. Er hätte lieber nach Kompetenzen gewählt: Liberale Gesellschaftspolitik und die digitale Fortschrittlichkeit der FDP, die soziale Ader der SPD, den Umweltschutz der Grünen und die Wirtschaftspolitik der Union. Natürlich könnte man jetzt sagen: Naja, mit einer Groko würde er da auch viel bekommen. Nur da kam eben auch das Argument, das ich bereits geäußert hatte: In einer Groko wird dann die Sozialpolitik der SPD beschnitten, weil die Union das nicht all ihren Wählern verkaufen kann. Und wirtschaftspolitisch muss sich die Union zurückhalten, weil die SPD natürlich die Interessen von Gewerkschaften und Arbeitnehmern nicht außer Acht lassen kann. Und am Ende hast eben nur den kleinsten gemeinsamen Nenner.

    Aber ich glaube jetzt fange ich bald an mich zu wiederholen. Ich denke im Kern sollte klar sein, was ich meine. In der Theorie ist es schön, dass der größtmögliche Teil der Wählerschaft direkt in der Bundesregierung repräsentiert wird. Aber in der Praxis ist das Risiko einfach zu hoch und zu real, dass durch halbgare Kompromisse niemand so wirklich zum Zug kommt und sich die Unzufriedenheit ausbreitet. Darum ist so eine Groko für mich eben nur eine Notlösung, wenn es gar nicht anders geht. Und diese Notlösung wiederholt sich zuletzt einfach zu oft.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Die schwarze Null ist nun mal ein zweischneidiges Schwert: Sich nicht neu zu verschulden ist etwas Positives v. a. angesichts der bereits bestehenden Schulden, aber die schwarze Null bedeutet eben auch, dass an vielen Dingen gespart wird. Da müssten schon äußerst glückliche Investitionen getätigt werden, damit sich das im Finanzhaushalt wieder ausgleicht. Ich sag nicht, dass ich das nicht für möglich halte, und ich sage auch nicht, dass ich Sparen besser finde als Investieren; ich möchte eigentlich lediglich sagen, dass ich das nicht für ein hausgemachtes CDU-Problem halte.
    Über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Staatsschulden kann man sich ja grundsätzlich sehr gut streiten. Mein Wissen ist da aber noch sehr ausbaufähig, darum geh ich gar nicht so stark darauf ein (da ist aber auch viel Glauben dabei). Ich bin da grob gesagt aber ein Verfechter von gesundem Augenmaß: Man muss das Geld nicht verbrennen, aber ich halte es auch für wenig intuitiv in wirtschaftlich guten Zeiten teilweise wichtige Investitionen zu verschleppen. Wenn das jetzt nicht geschieht, dann kann man das in weniger guten Zeiten (und die werden kommen), wohl auch nicht machen. Und dann ist man schnell in einem gefährlichen Kreislauf: Alte Infrastruktur lockt niemanden an, Investitionen kann man sich nicht leisten, Infrastruktur verfällt weiter, ...

    Darum wie gesagt: Maß und Ziel. Einen guten Weg zu finden ist hier sicher schwer. Ein ausgeglichener Haushalt sollte immer angepeilt werden. Sich in seiner Handlungsfreiheit zu beschneiden, weil man das als Absolutismus ansieht, das halte ich aber für gefährlich.

    Jetzt haben wir wieder viele Themen angeschnitten, der Beitrag ist länger geworden als ich wollte. Nur so viel noch, ein eher zusammenhangloser Einblick in mein Seelenleben: Ich denke viel darüber nach, was im Falle einer Groko passieren könnte. Oder bei einer Ablehnung. Es ist schwierig, da sich viele Dinge gegenüberstehen. Überzeugung, Vernunft, Unabwegbarkeiten - alles zu Überblicken ist schwierig. Natürlich wissen alle Mitleser hier ziemlich genau, was ich selbst wohl ankreuzen werde. Aus Überzeugung. Das soll aber nicht bedeuten, dass das eine einfache Entscheidung ist. Ähnlich gings mir übrigens bei der Bundestagswahl, da habe ich lange überlegt.

    Die Freiheit der Demokratie bringt immer auch eine gewisse Last mit sich, die Last der Entscheidung. Ich finde das schön und anstregend zugleich. Aber irgendwie ist das auch immer ein Antrieb selbst aktiv zu sein, zu gestalten. Selbst im kleinen Mitzuwirken, das macht am Ende die Entscheidung ein wenig einfacher, da alles ein wenig klarer wird. Die Zusammenhänge und all das. Zumindest glaubt man das. Es ist zumindest schön diese Demokratie zu haben. Das sollte mehr wertgeschätzt werden. Wir können mehr bewegen als wir glauben, aber vielleicht weniger als wir wollen. Aber wir haben die Chance.
    Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant

  2. #412
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    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Wobei hier vielleicht auch der Fehler liegt: Eine (politische) Diskussion muss doch nicht die Harmonie zerstören. Und vor allem geht es nicht ums Erfolgreich sein. Ich für meinen Teil finde es einfach hochinteressant die Meinung von anderen Menschen zu hören. Andererseits "teste" ich gerne meine Argumente, um zu sehen wie überzeugend sie sind. Und viel wichtiger: Meinungen entwickeln sich nur, wenn man darüber spricht. So vermeidet man auch, dass man in seiner Blase stecken bleibt.

    Erfolg würde ich höchstens so definieren: Wenn am Ende beide Seiten etwas dazugelernt haben. Ziel ist sicherlich nicht, dass ich einen Konservativen zum Gesellschaftsliberalen "umpole". Die unterschiedlichen Standpunkte auszutauschen scheint mir aber wichtig, damit man auch die "Gegenseite" besser verstehen kann. Am Ende sitzt man immerhin im selben Boot, man kann und sollte niemals andere Standpunkte komplett ausblenden. Das passiert jedoch, wenn man nicht miteinander spricht.

    Hierzu hat übrigens die Zeit im letzten Jahr ein sehr interessantes Projekt durchgeführt. Da sind teilweise auch wirklich tolle Artikel rausgekommen. Über Leute, die "auf dem Papier" eigentlich weit auseinander gelegen haben, aber dann merkten, dass sie gewisse Ziele und Ansichten trotzdem teilen. Soweit ich weiß sind sich wenige (oder sogar überhaupt niemand) an die Gurgel gegangen.

    Ich für meinen Teil muss sowieso sagen, dass mir Meinungsaustausch einfach großen Spaß macht. So viel, dass ich manchmal auch einfach versuche eine andere Position einzunehmen, als ich eigentlich vertrete - einfach ums interessant zu machen. Zudem gibts meiner Erfahrung nach wirklich viele Menschen, die wirklich schlaue Dinge zu sagen haben. Vielleicht nicht zu jedem Thema, ich bin auch nicht überall Experte. Aber manch einer offenbart mit ein wenig Anstoß teilweise Fachwissen zu gewissen Dingen, da geht mir das Herz auf.

    Aber ich schweife ab. Ja, du hast wahrscheinlich schon recht, oftmals ist das vielleicht eine gewisse Barriere. Mir ist es immer ein großes Anliegen, dass man solche Diskussionen eben positiv sieht. Und, dass man es eben als Bereicherung zur Meinungsbildung sieht. Am Ende muss man sich nicht mal einig sein, nur von Leuten mit gleicher Meinung umgeben zu sein ist eh langweilig. Wenn man halbwegs respektvoll miteinander umgeht, dann sollte das auch nicht die Harmonie zerstören. Ist ja nicht so, dass man den Fußballverein des jeweils Anderen doof findet - das wäre wirklich schlimm.
    Ich stimme dir in allen Punkten zu. Hätte es nicht besser ausdrücken können und freue mich, dass wir uns da einig sind. (Es wäre schön, wenn das in der Praxis auch immer so gut funktionieren würde. Dass es das nicht tut, davon nehme ich mich ebenfalls nicht aus.) Und wie du vermutlich gemerkt hast, schmeiß ich auch gerne mal Positionen ins Gespräch, die nicht unbedingt meine sind, von deren Diskussion ich mir aber Bereicherung erhoffe.
    Jedenfalls habe ich bezüglich des von dir Beschriebenen nur versucht, einen möglichen Erklärungsansatz zu finden. Noch ein Wort zur Harmonie: Was ich v. a. auch meinte, ist die akute Harmonie - dass man in einer potentiell zur Diskussion werdenden Situation gerne mal den "einfacheren" Weg der Unverfänglichkeit wählt, aus Unlust an einer fordernderen Situation, oder weil man eine neutrale, positive Stimmung nicht aufgeben möchte. Oder aus welchem Grund auch immer. Manchmal möchte man eben gerade nicht diskutieren, auch wenn man Diskussionen grundsätzlich positiv gegenübersteht.
    Was den Erfolg angeht, das muss ja nicht der "Sieg" am Ende einer Diskussion sein (auch da stimme ich dir wie gesagt zu, dass es darum nicht geht bzw. sich der Erfolg anders definiert - auch hier nur ein Erklärungsansatz für das von dir Beschriebene), aber wenn deine Gesprächspartner z. B. kalkulieren, dass sie eigentlich gar nicht so viel über ein Thema wissen wie du, dann ist es vllt die Furcht vor dem Nichts-entgegen-setzen-können - das empfundene (!) "Erfolglossein" im Prozess selbst. .. kommt irgendwie durch, was ich meine?

    Danke auch für den Link, das Projekt klingt tatsächlich spannend. Wenn ich Zeit dafür habe, würden mich da auch die Ergebnisse interessieren. Scheint mir auf jeden Fall ein guter Ansatz, um Schwarz-Weiß-Denken aufzubrechen und daran zu erinneren, dass andere Menschen eben genauso "nur" (ähnlich wie man selbst) wie auch "nicht nur" (nicht einseitig und undifferenziert) Menschen sind.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Ich denke im Kern sollte klar sein, was ich meine. In der Theorie ist es schön, dass der größtmögliche Teil der Wählerschaft direkt in der Bundesregierung repräsentiert wird. Aber in der Praxis ist das Risiko einfach zu hoch und zu real, dass durch halbgare Kompromisse niemand so wirklich zum Zug kommt und sich die Unzufriedenheit ausbreitet. Darum ist so eine Groko für mich eben nur eine Notlösung, wenn es gar nicht anders geht. Und diese Notlösung wiederholt sich zuletzt einfach zu oft.
    Ich kürz das Zitat jetzt mal nur, um den Rahmen der Seite nicht völlig zu sprengen, aber danke dir erstmal für deine plausiblen Ausführungen zu diesem Dilemma. Als solches würde ich es jedenfalls bezeichnen.
    Natürlich bedeuten Kompromisse zumeist Abstriche auf allen Seiten, auf der großen politischen Ebene ebenso wie auf einer persönlichen. Allerdings zeigt sich hier für mich auch, welchen negativen Stellenwert Kompromisse offenbar haben - so in die Richtung: Kompromisse bedeuten, dass am Ende niemand glücklich ist, also ist es besser, wenn wenigstens eine Seite profitiert. Das finde ich auch nicht so ganz einfacht. Etwas überspitzt formuliert klingt das wiederum nach: Das Glück des einen wird zu Lasten des anderen gebaut.
    Versteh mich nicht falsch - ich gehe auch wählen und ich mach mein Kreuz nicht zwischen den Kästchen, aber das sind eben Grundsatzthemen, die mich ebenfalls umtreiben und über die man sich meines Erachtens schon auch mal Gedanken machen kann. Was nicht heißt, dass ich dazu eine Lösung parat habe, das habe ich ganz sicher nicht. Wie dem auch sei, vllt werde ich auch gerade zu abstrakt, ich wollte das hier nicht zu weit treiben.
    Fazit für mich, es ist und bleibt ein Dilemma.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Staatsschulden kann man sich ja grundsätzlich sehr gut streiten. Mein Wissen ist da aber noch sehr ausbaufähig, darum geh ich gar nicht so stark darauf ein (da ist aber auch viel Glauben dabei). Ich bin da grob gesagt aber ein Verfechter von gesundem Augenmaß: Man muss das Geld nicht verbrennen, aber ich halte es auch für wenig intuitiv in wirtschaftlich guten Zeiten teilweise wichtige Investitionen zu verschleppen. Wenn das jetzt nicht geschieht, dann kann man das in weniger guten Zeiten (und die werden kommen), wohl auch nicht machen. Und dann ist man schnell in einem gefährlichen Kreislauf: Alte Infrastruktur lockt niemanden an, Investitionen kann man sich nicht leisten, Infrastruktur verfällt weiter, ...

    Darum wie gesagt: Maß und Ziel. Einen guten Weg zu finden ist hier sicher schwer. Ein ausgeglichener Haushalt sollte immer angepeilt werden. Sich in seiner Handlungsfreiheit zu beschneiden, weil man das als Absolutismus ansieht, das halte ich aber für gefährlich.
    Nun, was soll ich dazu sagen. Ich weiß darüber noch weniger als du, deswegen sollte ich mich wohl auch etwas bedeckt damit halten. Was ich gesagt habe, war nur meine grobe laienhafte Einschätzung. Grundsätzlich stimme ich dir zu, das Ausgeglichenheit hier wohl der Schlüssel wäre. Wie die aussähe, dazu kann ich nichts sagen, das kann ich überhaupt nicht einschätzen. Ich bin eben v. a. darauf eingegangen, weil du die schwarze Null als Negativleistung der CDU genannt hast und ich nur anbringen wollte, dass der Finanzhaushalt m. E. ein parteiübergreifendes Problem ist. Die ganzen Schulden stammen ja auch nicht nur aus der Amtszeit Merkels, das hat sich schon sehr viel länger so entwickelt.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Jetzt haben wir wieder viele Themen angeschnitten, der Beitrag ist länger geworden als ich wollte. Nur so viel noch, ein eher zusammenhangloser Einblick in mein Seelenleben: Ich denke viel darüber nach, was im Falle einer Groko passieren könnte. Oder bei einer Ablehnung. Es ist schwierig, da sich viele Dinge gegenüberstehen. Überzeugung, Vernunft, Unabwegbarkeiten - alles zu Überblicken ist schwierig. Natürlich wissen alle Mitleser hier ziemlich genau, was ich selbst wohl ankreuzen werde. Aus Überzeugung. Das soll aber nicht bedeuten, dass das eine einfache Entscheidung ist. Ähnlich gings mir übrigens bei der Bundestagswahl, da habe ich lange überlegt.
    Das ist nachvollziehbar. Das würde mir an deiner Stelle auch schwer fallen.
    Darf man fragen, was die Alternativen bei der BTW für dich gewesen wären? Wenn's zu persönlich ist, einfach ignorieren.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Die Freiheit der Demokratie bringt immer auch eine gewisse Last mit sich, die Last der Entscheidung. Ich finde das schön und anstregend zugleich. Aber irgendwie ist das auch immer ein Antrieb selbst aktiv zu sein, zu gestalten. Selbst im kleinen Mitzuwirken, das macht am Ende die Entscheidung ein wenig einfacher, da alles ein wenig klarer wird. Die Zusammenhänge und all das. Zumindest glaubt man das. Es ist zumindest schön diese Demokratie zu haben. Das sollte mehr wertgeschätzt werden. Wir können mehr bewegen als wir glauben, aber vielleicht weniger als wir wollen. Aber wir haben die Chance.
    Schön gesagt.

  3. #413
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    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Was den Erfolg angeht, das muss ja nicht der "Sieg" am Ende einer Diskussion sein (auch da stimme ich dir wie gesagt zu, dass es darum nicht geht bzw. sich der Erfolg anders definiert - auch hier nur ein Erklärungsansatz für das von dir Beschriebene), aber wenn deine Gesprächspartner z. B. kalkulieren, dass sie eigentlich gar nicht so viel über ein Thema wissen wie du, dann ist es vllt die Furcht vor dem Nichts-entgegen-setzen-können - das empfundene (!) "Erfolglossein" im Prozess selbst. .. kommt irgendwie durch, was ich meine?
    Ich verstehe was du meinst und das kann durchaus ein Problem sein. Unterbewusst möchte sich - glaube ich - niemand die Blöße geben, mit Unwissenheit zu glänzen. Geht mir selbst auch so. Ein probates Mittel ist auch, einfach ehrlich zu sein und sich einfach mal ein wenig Input geben zu lassen. Wobei das, zugegeben, auch stark von der Person abhängt, die einem gegenüber sitzt. Man ist leider nicht immer mit dem "idealen" Gesprächspartner gesegnet.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Natürlich bedeuten Kompromisse zumeist Abstriche auf allen Seiten, auf der großen politischen Ebene ebenso wie auf einer persönlichen. Allerdings zeigt sich hier für mich auch, welchen negativen Stellenwert Kompromisse offenbar haben - so in die Richtung: Kompromisse bedeuten, dass am Ende niemand glücklich ist, also ist es besser, wenn wenigstens eine Seite profitiert. Das finde ich auch nicht so ganz einfacht. Etwas überspitzt formuliert klingt das wiederum nach: Das Glück des einen wird zu Lasten des anderen gebaut.
    Im Grunde genommen triffst du damit schon den richtigen Punkt. Es fängt ja schon damit an, dass man mit begrenzten Ressourcen (Zeit, Geld, Arbeitskraft,...) selten alles erreichen kann, was man will (hier wären wir auch wieder beim Thema der Finanzen). Sogar allein regierend, ohne große Kompromisse mit anderen Parteien eingehen zu müssen, wird den Idealzustand nie erreichen. Man muss auch innerhalb des eigenen Programms immer wieder priorisieren. Alleine das Setzen von Prioritäten heißt aber genau genommen schon wieder: Zu Gunsten von X stelle ich Y zurück - und dementsprechend muss Personengruppe B vielleicht länger auf Besserung warten als Personengruppe A.

    Dann auch noch auf einen politischen Partner Rücksicht nehmen zu müssen, macht das nicht einfacher. Vor allem, wenn man ähnlich stark ist und politisch eigentlich aus verschiedenen Lagern kommt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich Ansichten in wirklich zentralen Themen hier grundlegend unterscheiden. Oftmals kann man sowas umgehen, indem man erst einmal die Gemeinsamkeiten abarbeitet und alle eher polarisierenden Punkte auf die lange Bank schiebt - vier Jahre Regierungszeit sind eh zu wenig für alles. Das hat für meine Begriffe in der ersten Merkel-Groko noch gut geklappt. Jedoch sind diese Gemeinsamkeiten irgendwann aufgebraucht und zudem kann man gewisse Themen nicht ewig verschieben, nur weil man zu unterschiedlich sind.

    Mein liebstes Beispiel für einen faulen Kompromiss ist übrigens die Mietpreisbremse, ich glaube hier habe ich sie schon mehrmals erwähnt. Man ist sich parteiübergreifend einig, dass irgendwas passieren muss. Die SPD die Bremse als (Teil-)Lösung, die Union nicht. Am Ende hat man sich kompromissbereit gezeigt, aber in einer Form, die keinem hilft. Das ganze Konstrukt ist vor lauter Kompromissen dermaßen unpraktikabel geworden, dass dadurch niemand wirklich etwas gewonnen hat. Mal ganz davon abgesehen wie viel Zeit dafür verschwendet worden ist.

    Und das ist eben genau mein Punkt: Ich finde Kompromisse gut und bin in gewisser Weise auch froh, dass es in unserem politischen System selten ohne geht. Das bremst vielleicht auch so manche wilde Idee ein. Jedoch darf es nicht dazu kommen, dass man damit alle Ideen und Ansätze bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Und das passiert für meine Begriffe in Grokos viel zu oft. Schon in der letzten und ich habe die Befürchtung, dass es dieses Mal noch schlimmer werden könnte. Und wie schon gesagt: Wenn am Ende keiner von irgendwas profitiert, dann kann man es sich auch gleich sparen.

    Ansonsten nur noch kurz zu deiner Überspitzung, die ich wie gesagt sehr treffend finde: Selten gibt es politische Entscheidungen, die nur Gewinner hervorbringen. Die meisten Themen sind dafür viel zu komplex, Härtefälle sind selten auszuschließen. Allein der Spagat beim Thema Umweltschutz sei hier zu erwähnen: Manchmal stehen hier ganz konkret Arbeitsplätze auf dem Spiel (z.B. wenn man ein Kraftwerk schließt). Hier muss man eben auch stark abwägen, ob das vertretbar ist. Einfach sind solche Entscheidungen sicher nicht.

    Darum stimme ich dir übrigens auch damit zu:

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Fazit für mich, es ist und bleibt ein Dilemma.
    Wir können nur hoffen die bestmögliche Lösung zu finden.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Ich bin eben v. a. darauf eingegangen, weil du die schwarze Null als Negativleistung der CDU genannt hast und ich nur anbringen wollte, dass der Finanzhaushalt m. E. ein parteiübergreifendes Problem ist. Die ganzen Schulden stammen ja auch nicht nur aus der Amtszeit Merkels, das hat sich schon sehr viel länger so entwickelt.
    Da stimme ich dir vollkommen zu. Vielleicht kommt das falsch rüber, aber ich halte die schwarze Null nicht grundsätzlich für eine Negativleistung. Das zu schaffen ist beeindruckend, ein ausgeglichener Haushalt ist immer erstrebenswert. Ich frage mich nur ob der Preis, den wir langfristig dafür zahlen (in Form von fehlenden Investitionen), nicht zu hoch ist. Wo wir dann auch schon wieder beim Dilemma sind.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Darf man fragen, was die Alternativen bei der BTW für dich gewesen wären? Wenn's zu persönlich ist, einfach ignorieren.
    Die Linke wäre meine Alternative gewesen.
    Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant

  4. #414
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    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Ich verstehe was du meinst und das kann durchaus ein Problem sein. Unterbewusst möchte sich - glaube ich - niemand die Blöße geben, mit Unwissenheit zu glänzen. Geht mir selbst auch so. Ein probates Mittel ist auch, einfach ehrlich zu sein und sich einfach mal ein wenig Input geben zu lassen. Wobei das, zugegeben, auch stark von der Person abhängt, die einem gegenüber sitzt. Man ist leider nicht immer mit dem "idealen" Gesprächspartner gesegnet.
    Ja, und es kann ein ganzer Lernprozess damit verbunden sein, das hinzukriegen: es offen zu handhaben und nachzufragen. Ging und geht mir bspw. auch so.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Und das ist eben genau mein Punkt: Ich finde Kompromisse gut und bin in gewisser Weise auch froh, dass es in unserem politischen System selten ohne geht. Das bremst vielleicht auch so manche wilde Idee ein. Jedoch darf es nicht dazu kommen, dass man damit alle Ideen und Ansätze bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Und das passiert für meine Begriffe in Grokos viel zu oft. Schon in der letzten und ich habe die Befürchtung, dass es dieses Mal noch schlimmer werden könnte. Und wie schon gesagt: Wenn am Ende keiner von irgendwas profitiert, dann kann man es sich auch gleich sparen.
    Ich stimme zu, dass es zunächst besser scheint, wenn irgendjemand profitiert als wenn niemand profitiert. Wobei ich gerade im vergangenen Jahr die Politik viel zu wenig verfolgt habe, als dass ich einschätzen könnte, ob man das Geleistete der letzten GroKo mit "niemand profitiert" zusammenfassen kann - ein wenig drastisch ist das ja schon. Die nächste Frage ist dann aber, ob unter dem Profit von irgendjemandem andere zu leiden haben oder nicht (z. B. Arbeitgeber <-> Arbeitnehmer, Reiche <-> Arme, ..). Und das führt wiederum zu dem, was du ja selbst schon gesagt hast:

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Selten gibt es politische Entscheidungen, die nur Gewinner hervorbringen. Die meisten Themen sind dafür viel zu komplex, Härtefälle sind selten auszuschließen. Allein der Spagat beim Thema Umweltschutz sei hier zu erwähnen: Manchmal stehen hier ganz konkret Arbeitsplätze auf dem Spiel (z.B. wenn man ein Kraftwerk schließt). Hier muss man eben auch stark abwägen, ob das vertretbar ist. Einfach sind solche Entscheidungen sicher nicht.
    .. sehe ich auch so. Wird meines Erachtens auch viel unterschätzt, wenn über Politik geredet wird. Ein bisschen wie beim Fußballschauen: Es wird aus der Distanz gerne mal besser gewusst und leichthin kritisiert, ohne den Versuch, sich ein bisschen mehr in Akteure und Situationen hineinzuversetzen. (/edit: Nicht generell natürlich - nicht, dass sich hier jemand angegriffen fühlt.)

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Da stimme ich dir vollkommen zu. Vielleicht kommt das falsch rüber, aber ich halte die schwarze Null nicht grundsätzlich für eine Negativleistung. Das zu schaffen ist beeindruckend, ein ausgeglichener Haushalt ist immer erstrebenswert. Ich frage mich nur ob der Preis, den wir langfristig dafür zahlen (in Form von fehlenden Investitionen), nicht zu hoch ist. Wo wir dann auch schon wieder beim Dilemma sind.
    Den inhaltlichen Einwand hierbei finde ich ja durchaus nachvollziehbar. Völlig ohne Investitionen geht es auf Dauer sicher auch nicht.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Die Linke wäre meine Alternative gewesen.
    Mh, verstehe. Finde ich gut, wenn man sich diese Flexibilität zugesteht, selbst wenn man Mitglied einer Partei ist. (Abgesehen von der Linke-Wähler-wählen-plötzlich-AfD-Flexibilität, die ich ein wenig irritierend finde.)
    Geändert von NinMon (14.02.2018 um 22:28 Uhr)

  5. #415
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    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Ich stimme zu, dass es zunächst besser scheint, wenn irgendjemand profitiert als wenn niemand profitiert. Wobei ich gerade im vergangenen Jahr die Politik viel zu wenig verfolgt habe, als dass ich einschätzen könnte, ob man das Geleistete der letzten GroKo mit "niemand profitiert" zusammenfassen kann - ein wenig drastisch ist das ja schon.
    Ich überspitze eben auch gern. Wobei man das für manche Themen durchaus so stehen lassen kann (Maut, Mietpreisbremse, um nur zwei zu nennen). Ansonsten ist es eher so, dass fehlende Reformen vor allem die bestehenden Strukturen festigen bzw. Trends (aufwärts und abwärts) bestätigen.

    Gestern habe ich übrigens einen interessanten Artikel gelesen. Es wird grob auf ein Problem hingewiesen, das schon länger kritisiert wird: Es wird Politik vor allem für die älteren Generationen gemacht. Darum gehts mir aber jetzt gar nicht, das ist eine andere Baustelle. Ich finde vor allem ein Beispiel extrem interessant: Die groß gefeierten Verbesserungen bei der Rente kommen vor allem denen zu Gute, die eh einen halbwegs guten Lebensabend haben werden. Das große Problem der Altersarmut wurde dagegen nicht angegangen, sondern verschleppt.

    Das sind eben genau die Dinge, die ich auch ankreide: Der Groko fehlt es an einer wirklichen Perspektive. Man beschränkt sich vor allem auf solche Soforthilfen, die kurzfristig toll aussehen, langfristig aber keine wirkliche Verbesserung bringen. Zu mehr kann und will man sich nicht einigen. Der Koalitionsvertrag gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich das ändern wird.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    .. sehe ich auch so. Wird meines Erachtens auch viel unterschätzt, wenn über Politik geredet wird. Ein bisschen wie beim Fußballschauen: Es wird aus der Distanz gerne mal besser gewusst und leichthin kritisiert, ohne den Versuch, sich ein bisschen mehr in Akteure und Situationen hineinzuversetzen. (/edit: Nicht generell natürlich - nicht, dass sich hier jemand angegriffen fühlt.)
    Den Vergleich finde ich sehr gut.

    Man merkt übrigens schon auf Kommunalebene, dass vermeintliche einfache Dinge eine hohe Komplexität annehmen können und erfahrungsgemäß ist auch nie jeder zufrieden - egal ob in Gemeinden, Klein- oder Großstädten. Renoviere ich das Stadtbad oder die Mehrzweckturnhalle? Mag vielleicht für den ein oder anderen absurd klingen, aber da treffen unter Umständen Interessen von verschiedenen Bürgern, Vereinen, Schulen aufeinander. Das kann schon eine Zerreißprobe sein. Und im Vergleich zur ganzen Bundesrepublik sind das kleine Dimensionen. Bei aller (berechtigten) Kritik, manchmal muss ich mir auch selbst ins Gedächtnis rufen, dass eben alles nicht so einfach ist.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Mh, verstehe. Finde ich gut, wenn man sich diese Flexibilität zugesteht, selbst wenn man Mitglied einer Partei ist.
    Parteimitgliedschaft ist für mich niemals gleichbedeutend mit der Stimmabgabe. Mir kann ja das Grundsatzprogramm der SPD gefallen, ebenso wie das Engagement der Partei vor Ort. Aber wenn der Kurs der Bundespartei in die falsche Richtung geht, dann mach ich mein Kreuz in einem anderen Kästchen.
    Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie ~Immanuel Kant

  6. #416
    Avatar von NinMon
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    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Gestern habe ich übrigens einen interessanten Artikel gelesen. Es wird grob auf ein Problem hingewiesen, das schon länger kritisiert wird: Es wird Politik vor allem für die älteren Generationen gemacht. Darum gehts mir aber jetzt gar nicht, das ist eine andere Baustelle. Ich finde vor allem ein Beispiel extrem interessant: Die groß gefeierten Verbesserungen bei der Rente kommen vor allem denen zu Gute, die eh einen halbwegs guten Lebensabend haben werden. Das große Problem der Altersarmut wurde dagegen nicht angegangen, sondern verschleppt.

    Das sind eben genau die Dinge, die ich auch ankreide: Der Groko fehlt es an einer wirklichen Perspektive. Man beschränkt sich vor allem auf solche Soforthilfen, die kurzfristig toll aussehen, langfristig aber keine wirkliche Verbesserung bringen. Zu mehr kann und will man sich nicht einigen. Der Koalitionsvertrag gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich das ändern wird.
    Danke für den Artikel! "Und so fällt stark auf, was fehlt: Arbeitnehmer deutlich von Steuern und Abgaben zu entlasten. Und finanziell für die Belastungen der Zukunft vorzusorgen." <- Das finde ich zwar ein wenig paradox - aber das ist vielleicht auch nur auf den ersten Blick so (wie sich das für ein Paradox gehört), dafür habe ich nicht genug Hintergrundwissen -, aber insgesamt ist es eine Perspektive, die mir bisher nicht so in den Sinn kam. Böse Zungen könnten behaupten, dass es machtpolitisch schon Sinn macht, Verbesserungen v. a. für diejenigen anzustreben, die einen großen wie bekanntermaßen größer werdenden Bevölkerungsanteil ausmachen. Oder man könnte anführen, dass es gerade Sinn macht, Verbesserungen für ältere Menschen auf den Weg zu bringen, eben weil es sich um einen großen Bevölkerungsanteil handelt. Eine Frage der Perspektive .. aber ja, wie du schon sagtest, das ist noch mal eine andere Baustelle, die ich jetzt hier auch nicht aufreißen wollte.

    Vllt ist eins der Probleme dieser GroKo auch, dass sie eben schon recht lange (bzw. wiederkehrend in kurzen Abständen) in dieser Konstellation existiert und ein wenig im eigenen Saft schwimmt, ohne neue Ideen von außen. In der Wahrnehmung der Wähler wird das vielleicht auch durch die immergleichen Gesichter vermittelt (womit ich jetzt nicht sagen will, dass immergleiche Gesichter zwingend was Schlechtes sind). Jetzt ist ja in der SPD gerade eine große Personaldebatte entbrannt. Wie stehst du dazu? Und glaubst du, dass ein Austausch bzw. eine Verjüngung im Personal der Partei oder der Sache jetzt helfen könnte?

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Man merkt übrigens schon auf Kommunalebene, dass vermeintliche einfache Dinge eine hohe Komplexität annehmen können und erfahrungsgemäß ist auch nie jeder zufrieden - egal ob in Gemeinden, Klein- oder Großstädten. Renoviere ich das Stadtbad oder die Mehrzweckturnhalle? Mag vielleicht für den ein oder anderen absurd klingen, aber da treffen unter Umständen Interessen von verschiedenen Bürgern, Vereinen, Schulen aufeinander. Das kann schon eine Zerreißprobe sein. Und im Vergleich zur ganzen Bundesrepublik sind das kleine Dimensionen. Bei aller (berechtigten) Kritik, manchmal muss ich mir auch selbst ins Gedächtnis rufen, dass eben alles nicht so einfach ist.
    Man kann sogar noch Schritte abwärts machen, was die Dimensionen betrifft. Vereinbarung von Interessen findet ja auch schon auf einer persönlichen Ebene statt. Vom Grundprinzip her ist das, denke ich, der lokalen wie regionalen wie bundesweiten Ebene nicht unähnlich. Und wenn man bedenkt, wie fordernd das schon auf der privaten Ebene sein kann, dann kann man sich vllt ausmalen, wie komplex das auf einer derart großen Ebene ist. Und wie unwahrscheinlich es ist, dass wirklich alle zufrieden sind. Das heißt zwar nicht, dass man die Hände in den Schoß legen und aufgeben muss, aber ein gewisses Grundverständnis für die Existenz von und ein Sich-Hineinversetzen in gegenseitige Interessen können meines Erachtens schon recht förderlich sein.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Parteimitgliedschaft ist für mich niemals gleichbedeutend mit der Stimmabgabe. Mir kann ja das Grundsatzprogramm der SPD gefallen, ebenso wie das Engagement der Partei vor Ort. Aber wenn der Kurs der Bundespartei in die falsche Richtung geht, dann mach ich mein Kreuz in einem anderen Kästchen.
    Mal so aus der Parteiinnensicht - ich weiß nicht, inwiefern du das so mitbekommst, aber - denkst du, dass andere Parteimitglieder das auch eher so flexibel handhaben, oder wie wird das gesehen ..? Falls du da einen Eindruck von deinem Umfeld in der Partei hast?

  7. #417
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    Danke für den Artikel! "Und so fällt stark auf, was fehlt: Arbeitnehmer deutlich von Steuern und Abgaben zu entlasten. Und finanziell für die Belastungen der Zukunft vorzusorgen." <- Das finde ich zwar ein wenig paradox - aber das ist vielleicht auch nur auf den ersten Blick so (wie sich das für ein Paradox gehört), dafür habe ich nicht genug Hintergrundwissen -, aber insgesamt ist es eine Perspektive, die mir bisher nicht so in den Sinn kam.
    Ohne jetzt groß eine wirtschaftspolitische Diskussion anstoßen zu wollen: Grundsätzlich schließen sich die Dinge ja nicht aus. Natürlich heißt das nicht, dass man nun einfach alle Arbeitnehmer entlastet und dann noch Geld spart. Es ist klar, dass es da ein großes Reformpaket braucht.

    Die Arbeitnehmer zu entlasten wäre durchaus eine gute Sache. Gerade kleinere Einkommen werden ja relativ schnell relativ stark belastet (Mittelstandsbauch). Auf mittlere Einkommen wirkt die kalte Progression relativ stark. Und dann kommt noch ein Spitzensteuersatz, der relativ früh beginnt (fernab der Spitze bei 54.950€ zu versteuerndem Jahreseinkommen) und mit 42% (bzw. 45% ab 260.533€) auch nicht allzu hoch ist. Damit belastet man den Großteil der erwerbstätigen Gesellschaft schon relativ stark - unten wie oben. Da kommt man auch als Ingenieur oder Lehrer (nicht verbeamtet) schnell ins Vergnügen Spitzensteuersatz zu bezahlen.

    Dabei hätten Entlastungen hier nicht nur den Vorteil, dass den Menschen mehr Geld übrig bleibt. Man könnte darauf spekulieren, dass die Binnennachfrage steigt. Gerade der sehr vom Export abhängigen deutschen Wirtschaft würde eine stärkere Inlandsnachfrage auf lange Sicht extrem gut tun. Wir können nämlich nicht davon ausgehen, dass wir immer in diesem Umfang exportieren können. Und gerade in Krisenzeiten kann ein starker Binnenmarkt dann eine gute Stütze sein.

    Vielleicht könnte also steigender Konsum dann auch einen Teil der Kosten für solch entlastende Maßnahmen decken. Hinzu kommt natürlich, dass beispielsweise die Erbschaftssteuer unbedingt eine Reform bräuchte - seit vielen Jahren schon. Vererben ist ja relativ billig, vor allem auch bei großen Vermögen. Das ist auch mit ein Grund, warum die Schere immer weiter aufklafft. Hier müsste von staatlicher Seite mehr gegengesteuert werden. Eine halbwegs ordentliche Besteuerung zumindest von sehr großen Erbschaften (und da ist nicht nur ein Einfamilienhaus gemeint), würde der Staatskasse sicher gut tun - und eben Spielraum schaffen, um anderweitige Entlastungen durchzusetzen.

    Wie auch immer, ich bin auch bei weitem kein Experte für Wirtschaftsfragen oder Steuerrecht. Ich beschäftige mich zwar gerne damit, weil ich es interessant finde (und gerade bei Steuerfragen sollte jeder ein wenig fit sein). Aber natürlich reicht das alles noch viel weiter. Was man aber - hoffentlich - sieht: Es gibt genug mögliche Stellschrauben. Und wie wir ja schon festgestellt haben, hängen viele Dinge zusammen. Darum wäre vielleicht auch mal wieder ein großes Reformpaket wichtig, denn die Möglichkeiten der kleinen, isolierten Verbesserungen, sind langsam auch erschöpft.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Böse Zungen könnten behaupten, dass es machtpolitisch schon Sinn macht, Verbesserungen v. a. für diejenigen anzustreben, die einen großen wie bekanntermaßen größer werdenden Bevölkerungsanteil ausmachen.
    Das halte ich ja gar nicht für verwerflich. Es ist auch völlig logisch, denn einen sehr großen Bevölkerungsanteil zu ignorieren würde dazu führen, dass man keine Mehrheit mehr bekommen würde. Auch hier gilt aber wieder: Gute, nachhaltige Rentenpolitik geht nur im großen Stil: Zum Beispiel indem man gut ausbildet, damit irgendwer die Rentenbeiträge erarbeiten kann. Indem man Arbeitsplätze sicher, damit irgendwer die Rentenbeiträge erarbeiten kann. Indem man gute Familienpolitik macht, damit in 30 Jahren auch noch jemand da ist, der Rentenbeiträge erarbeiten kann. Und dann sei noch gesagt: Wer heute in Rente geht, der erlebt wahrscheinlich noch die 2030er Jahre, vielleicht auch die 2040er. Nachhaltigkeit ist also auch für die vermeintlich "alten" extrem wichtig - steigender Lebenserwartung sei dank.

    Warum ich das jetzt mehr oder weniger ungefragt aufbringe: Weil Politik für Junge auch den Alten zu Gute kommt. Und umgekehrt genauso. Wie die Generationen manchmal, politisch und medial, gegeneinander ausgespielt werden, das halte ich für falsch.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Jetzt ist ja in der SPD gerade eine große Personaldebatte entbrannt. Wie stehst du dazu? Und glaubst du, dass ein Austausch bzw. eine Verjüngung im Personal der Partei oder der Sache jetzt helfen könnte?
    Die Personaldebatte in der SPD kommt ja regelmäßig, aber so heftig wie momentan war sie - glaube ich - selten. Ich denke schon, dass das Personal momentan ein gewisses Problem ist. Die Führungsriege hat gerade um die BTW herum und auch anschließend extrem unglücklich agiert. Diese Superlative, von "Wir gehen niemals nie in die Groko" bis "Jetzt gibts auf die Fresse", die haben gewirkt und sich auch in das Gedächtnis vieler Leute eingebrannt. Diese Aussagen haben auch bewirkt, dass man an der Glaubwürdigkeit zweifeln muss. Wie kann man sich auf die tollen Redenschwinger verlassen, wenn sie sogar nach solch knallharten Aussagen noch Drehungen um 180 Grad vollführen können, scheinbar ohne mit der Wimper zu zucken?

    Kleine Anekdote nebenbei. Einer aus meinem Ortsverein meinte letztens sinngemäß: "Wenn sich unsere Kasperl nicht jedes Mikrofon krallen würden, wenn sie einfach mal irgendwo vorbeigehen könnten, ohne noch was sagen zu müssen. Dann stünden wir auch schon besser da." Nach den holprigen Auftritten zuletzt ist das sicherlich nicht ganz verkehrt.

    Zudem ist natürlich ein Problem, dass die SPD-Spitze schon seit langer Zeit von Erneuerung spricht. Immer wieder, nach jeder verlorenen Wahl. Aber wirkliche Konsequenzen wurden nie gezogen. Da gibts mal ein Bauernopfer, irgendwer muss gehen (Schulz z.B.), aber es trifft ja der Vorstand die Entscheidungen. Zusammen. Sprich: Die, die Mitschuld am Unheil haben, bleiben. Und sie kaspern die Posten weiterhin unter sich aus.

    Nur mal so: Nahles ist seit 1997 Mitglied im Parteivorstand. Sie war 1998 bis 2002 im Bundestag, dann seit 2005 durchgehend. Sie ist seit 2003 Mitglied im Parteipräsidium der SPD. Man muss kein großer Beobachter der SPD sein um zu sehen, dass sie wohl einen gewissen Einfluss auf den Kurs der Partei gehabt haben dürfte. Kann man ihr also wirklich glauben, wenn sie jetzt plötzlich alles besser machen will? Nachdem sie auch kein Problem damit gesehen hat, dass Schulz doch Minister wird (das haben die im kleinen Kreis ausgemacht)? Die wenigen Bedenken im Vorstand (z.B. von Lars Klingbeil) hat sie erst gekonnt ignoriert. Wie viele andere auch.

    Sie es wirklich so aus, als hätte das bestehende Personal von seinen Fehlern gelernt? Irgendwie ja nicht.

    Darum ist die Personaldebatte wichtig und richtig. Man muss sich fragen, ob der Führungsstil der Partei wirklich noch zeitgemäß ist. Und ob die Parteiführung, deren Kern teilweise schon sehr lange sehr ähnlich ist, noch Lösungen für die Probleme findet. Daran zweifeln viele in der SPD. Daran zweifle ich übrigens auch. Ob man jetzt unbedingt alles zwingend verjüngen muss? Ich glaube nicht. Ich denke grundsätzlich wäre eine gesunde Mischung als alten und jungen Mitgliedern gut. Wir brauchen frischen Wind im Vorstand - wie alt die Personen sind, die ihn bringen, ist mir persönlich relativ egal. Aber natürlich heißt das nicht: "Hau einfach die komplette Führung weg." Vielmehr braucht es eine gesunde Mischung aus neuen und erfahrenen Personen.

    Und für die Zukunft muss man sich vielleicht die Frage stellen, wie man eine ordentliche Rotation beibehält.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Man kann sogar noch Schritte abwärts machen, was die Dimensionen betrifft. Vereinbarung von Interessen findet ja auch schon auf einer persönlichen Ebene statt. Vom Grundprinzip her ist das, denke ich, der lokalen wie regionalen wie bundesweiten Ebene nicht unähnlich. Und wenn man bedenkt, wie fordernd das schon auf der privaten Ebene sein kann, dann kann man sich vllt ausmalen, wie komplex das auf einer derart großen Ebene ist. Und wie unwahrscheinlich es ist, dass wirklich alle zufrieden sind. Das heißt zwar nicht, dass man die Hände in den Schoß legen und aufgeben muss, aber ein gewisses Grundverständnis für die Existenz von und ein Sich-Hineinversetzen in gegenseitige Interessen können meines Erachtens schon recht förderlich sein.
    Da stimme ich dir völlig zu!

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Mal so aus der Parteiinnensicht - ich weiß nicht, inwiefern du das so mitbekommst, aber - denkst du, dass andere Parteimitglieder das auch eher so flexibel handhaben, oder wie wird das gesehen ..? Falls du da einen Eindruck von deinem Umfeld in der Partei hast?
    Kurz gesagt: Es gibt solche und solche. Ich weiß, dass es manche Leute ähnlich wie ich handhaben. Ich weiß aber auch, dass das für manch einen wohl nicht in Frage kommen würde. Man kann aber mit (fast) allen Leuten durchaus offen über sowas reden und diskutieren.
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  8. #418
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    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Ohne jetzt groß eine wirtschaftspolitische Diskussion anstoßen zu wollen: Grundsätzlich schließen sich die Dinge ja nicht aus. Natürlich heißt das nicht, dass man nun einfach alle Arbeitnehmer entlastet und dann noch Geld spart. Es ist klar, dass es da ein großes Reformpaket braucht.
    Na ja, deswegen meinte ich auch, dass es paradox klingt - also erstmal widersprüchlich, aber dann erklärt werden kann. Kam vielleicht nicht richtig rüber. War dann im Endeffekt aber auch kein besonders nützlicher Kommentar meinerseits.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Die Arbeitnehmer zu entlasten wäre durchaus eine gute Sache. Gerade kleinere Einkommen werden ja relativ schnell relativ stark belastet (Mittelstandsbauch). Auf mittlere Einkommen wirkt die kalte Progression relativ stark. Und dann kommt noch ein Spitzensteuersatz, der relativ früh beginnt (fernab der Spitze bei 54.950€ zu versteuerndem Jahreseinkommen) und mit 42% (bzw. 45% ab 260.533€) auch nicht allzu hoch ist. Damit belastet man den Großteil der erwerbstätigen Gesellschaft schon relativ stark - unten wie oben. Da kommt man auch als Ingenieur oder Lehrer (nicht verbeamtet) schnell ins Vergnügen Spitzensteuersatz zu bezahlen.

    Dabei hätten Entlastungen hier nicht nur den Vorteil, dass den Menschen mehr Geld übrig bleibt. Man könnte darauf spekulieren, dass die Binnennachfrage steigt. Gerade der sehr vom Export abhängigen deutschen Wirtschaft würde eine stärkere Inlandsnachfrage auf lange Sicht extrem gut tun. Wir können nämlich nicht davon ausgehen, dass wir immer in diesem Umfang exportieren können. Und gerade in Krisenzeiten kann ein starker Binnenmarkt dann eine gute Stütze sein.

    Vielleicht könnte also steigender Konsum dann auch einen Teil der Kosten für solch entlastende Maßnahmen decken. Hinzu kommt natürlich, dass beispielsweise die Erbschaftssteuer unbedingt eine Reform bräuchte - seit vielen Jahren schon. Vererben ist ja relativ billig, vor allem auch bei großen Vermögen. Das ist auch mit ein Grund, warum die Schere immer weiter aufklafft. Hier müsste von staatlicher Seite mehr gegengesteuert werden. Eine halbwegs ordentliche Besteuerung zumindest von sehr großen Erbschaften (und da ist nicht nur ein Einfamilienhaus gemeint), würde der Staatskasse sicher gut tun - und eben Spielraum schaffen, um anderweitige Entlastungen durchzusetzen.

    Wie auch immer, ich bin auch bei weitem kein Experte für Wirtschaftsfragen oder Steuerrecht. Ich beschäftige mich zwar gerne damit, weil ich es interessant finde (und gerade bei Steuerfragen sollte jeder ein wenig fit sein). Aber natürlich reicht das alles noch viel weiter. Was man aber - hoffentlich - sieht: Es gibt genug mögliche Stellschrauben. Und wie wir ja schon festgestellt haben, hängen viele Dinge zusammen. Darum wäre vielleicht auch mal wieder ein großes Reformpaket wichtig, denn die Möglichkeiten der kleinen, isolierten Verbesserungen, sind langsam auch erschöpft.
    Danke für den Einblick ins Steuerrechtliche, zu dem ich tatsächlich nicht viel Wissen, nun aber zumindest ein paar Informationen habe. Deine Ausführungen zur Entlastung der Arbeitnehmer erscheinen mir plausibel.
    Was die Erbschaftssteuer betrifft: Vom Grundgedanken her (also Erbschaften zu versteuern) stößt mir das irgendwie immer etwas bitter auf (Besteuerung von Vermögen, das im Normal- oder Bestfall schon einmal versteuert wurde und das man freiwillig an jemand anderen abtritt), aber eine Notwendigkeit kann ich der Sache auch nicht völlig wegargumentieren, gerade wenn du von der auseinander klaffenden Schere sprichst.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Das halte ich ja gar nicht für verwerflich. Es ist auch völlig logisch, denn einen sehr großen Bevölkerungsanteil zu ignorieren würde dazu führen, dass man keine Mehrheit mehr bekommen würde. Auch hier gilt aber wieder: Gute, nachhaltige Rentenpolitik geht nur im großen Stil: Zum Beispiel indem man gut ausbildet, damit irgendwer die Rentenbeiträge erarbeiten kann. Indem man Arbeitsplätze sicher, damit irgendwer die Rentenbeiträge erarbeiten kann. Indem man gute Familienpolitik macht, damit in 30 Jahren auch noch jemand da ist, der Rentenbeiträge erarbeiten kann. Und dann sei noch gesagt: Wer heute in Rente geht, der erlebt wahrscheinlich noch die 2030er Jahre, vielleicht auch die 2040er. Nachhaltigkeit ist also auch für die vermeintlich "alten" extrem wichtig - steigender Lebenserwartung sei dank.

    Warum ich das jetzt mehr oder weniger ungefragt aufbringe: Weil Politik für Junge auch den Alten zu Gute kommt. Und umgekehrt genauso. Wie die Generationen manchmal, politisch und medial, gegeneinander ausgespielt werden, das halte ich für falsch.
    Ich habe es auch mehr in dem drastischeren Sinne gemeint, dass andere Bevölkerungsteile entsprechend vernachlässigt würden und Politik sich nur danach richtete, wo die meisten Wählerstimmen zu holen sind. Das ist aber natürlich eine Überspitzung, und eben auch Auslegungssache. Und im Übrigen auch nicht meine Meinung. Sich um große Bevölkerungsteile überhaupt zu kümmern, macht natürlich Sinn.

    Inwiefern siehst du da ein "gegeneinander Ausspielen"?

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Die Personaldebatte in der SPD kommt ja regelmäßig, aber so heftig wie momentan war sie - glaube ich - selten. Ich denke schon, dass das Personal momentan ein gewisses Problem ist. Die Führungsriege hat gerade um die BTW herum und auch anschließend extrem unglücklich agiert. Diese Superlative, von "Wir gehen niemals nie in die Groko" bis "Jetzt gibts auf die Fresse", die haben gewirkt und sich auch in das Gedächtnis vieler Leute eingebrannt. Diese Aussagen haben auch bewirkt, dass man an der Glaubwürdigkeit zweifeln muss. Wie kann man sich auf die tollen Redenschwinger verlassen, wenn sie sogar nach solch knallharten Aussagen noch Drehungen um 180 Grad vollführen können, scheinbar ohne mit der Wimper zu zucken?

    Kleine Anekdote nebenbei. Einer aus meinem Ortsverein meinte letztens sinngemäß: "Wenn sich unsere Kasperl nicht jedes Mikrofon krallen würden, wenn sie einfach mal irgendwo vorbeigehen könnten, ohne noch was sagen zu müssen. Dann stünden wir auch schon besser da." Nach den holprigen Auftritten zuletzt ist das sicherlich nicht ganz verkehrt.

    Zudem ist natürlich ein Problem, dass die SPD-Spitze schon seit langer Zeit von Erneuerung spricht. Immer wieder, nach jeder verlorenen Wahl. Aber wirkliche Konsequenzen wurden nie gezogen. Da gibts mal ein Bauernopfer, irgendwer muss gehen (Schulz z.B.), aber es trifft ja der Vorstand die Entscheidungen. Zusammen. Sprich: Die, die Mitschuld am Unheil haben, bleiben. Und sie kaspern die Posten weiterhin unter sich aus.

    Nur mal so: Nahles ist seit 1997 Mitglied im Parteivorstand. Sie war 1998 bis 2002 im Bundestag, dann seit 2005 durchgehend. Sie ist seit 2003 Mitglied im Parteipräsidium der SPD. Man muss kein großer Beobachter der SPD sein um zu sehen, dass sie wohl einen gewissen Einfluss auf den Kurs der Partei gehabt haben dürfte. Kann man ihr also wirklich glauben, wenn sie jetzt plötzlich alles besser machen will? Nachdem sie auch kein Problem damit gesehen hat, dass Schulz doch Minister wird (das haben die im kleinen Kreis ausgemacht)? Die wenigen Bedenken im Vorstand (z.B. von Lars Klingbeil) hat sie erst gekonnt ignoriert. Wie viele andere auch.

    Sie es wirklich so aus, als hätte das bestehende Personal von seinen Fehlern gelernt? Irgendwie ja nicht.

    Darum ist die Personaldebatte wichtig und richtig. Man muss sich fragen, ob der Führungsstil der Partei wirklich noch zeitgemäß ist. Und ob die Parteiführung, deren Kern teilweise schon sehr lange sehr ähnlich ist, noch Lösungen für die Probleme findet. Daran zweifeln viele in der SPD. Daran zweifle ich übrigens auch. Ob man jetzt unbedingt alles zwingend verjüngen muss? Ich glaube nicht. Ich denke grundsätzlich wäre eine gesunde Mischung als alten und jungen Mitgliedern gut. Wir brauchen frischen Wind im Vorstand - wie alt die Personen sind, die ihn bringen, ist mir persönlich relativ egal. Aber natürlich heißt das nicht: "Hau einfach die komplette Führung weg." Vielmehr braucht es eine gesunde Mischung aus neuen und erfahrenen Personen.

    Und für die Zukunft muss man sich vielleicht die Frage stellen, wie man eine ordentliche Rotation beibehält.
    Danke für deine Einschätzung. "Verjüngung" war auch irgendwie das falsche Wort von meiner Seite, ich hätte es auf "Austausch" beschränken sollen. Ich stimme dir zu, dass das Alter nicht entscheidend ist. Solange die nötige Kompetenz vorhanden ist.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Kurz gesagt: Es gibt solche und solche. Ich weiß, dass es manche Leute ähnlich wie ich handhaben. Ich weiß aber auch, dass das für manch einen wohl nicht in Frage kommen würde. Man kann aber mit (fast) allen Leuten durchaus offen über sowas reden und diskutieren.
    Und was wären dann die Argumente derjenigen, für die das nicht in Frage käme? Die Solidarität mit der Partei? Keiner anderen Partei eine weitere Stimme geben zu wollen? Oder was anderes?
    (Tut mir übrigens Leid, wenn ich zu viel nachhake. Ich hatte noch nie Gelegenheit, ein Parteimitglied auszuquetschen zu befragen.)

  9. #419
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    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Danke für den Einblick ins Steuerrechtliche, zu dem ich tatsächlich nicht viel Wissen, nun aber zumindest ein paar Informationen habe. Deine Ausführungen zur Entlastung der Arbeitnehmer erscheinen mir plausibel.
    Danke, das liest man gern.

    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Was die Erbschaftssteuer betrifft: Vom Grundgedanken her (also Erbschaften zu versteuern) stößt mir das irgendwie immer etwas bitter auf (Besteuerung von Vermögen, das im Normal- oder Bestfall schon einmal versteuert wurde und das man freiwillig an jemand anderen abtritt), aber eine Notwendigkeit kann ich der Sache auch nicht völlig wegargumentieren, gerade wenn du von der auseinander klaffenden Schere sprichst.
    Das Totschlagargument ist natürlich immer, dass man Vermögen somit doppelt besteuern würde. Das lässt sich - und das gebe ich gerne zu - auch schlecht wegargumentieren. Andererseits kann man auch dagegen halten, dass eine Erbschaft ja eine Art (leistungsloses, einmaliges) Einkommen darstellt. Es wurde zwar von der Person besteuert, die es hinterlässt, aber nicht von der Person, die es erhält.

    Grundsätzlich ist das ein schwieriges Thema und deshalb in der Politik auch eher unbeliebt. Staatliches Eingreifen ist jedoch wichtig, vor allem in der sozialen Marktwirtschaft. Hier gehört es zur Aufgabe des Staates aktiv zu gestalten und gewissen Schieflagen entgegenzuwirken. So muss sichergestellt werden, dass sich beispielsweise die wirtschaftliche Macht gut verteilt ist. Ebenso wie soziale Gerechtigkeit sichergestellt werden muss. Dazu gehört mitunter auch eine durchlässige soziale Struktur, bei der sozialer Aufstieg möglich ist. Die Bildung einer in sich geschlossenen Oberschicht, die Macht und Einfluss vor allem durch Weitergabe von Vermögen zementiert, ist da sicherlich nicht vorteilhaft.

    Aber ich stoppe hier mal, soll auch kein sozialistisches Manifest werden. Was ich sagen will: Erbschaften großer Vermögen - und die Betonung liegt auf groß -, sind dauerhaft ein Problem. Sie festigen soziale Ungleichheit, machen viel vom Glück der Geburt abhängig. Sie geben einigen wenigen Menschen einen uneinholbaren Vorsprung, wodurch viele andere extrem abgehängt werden. Und hier entsteht die Schieflage, die ein Eingreifen und Umverteilung wichtig machen - legitimiert durch die Definition unseres Wirtschaftssystems. Und es geht hier - und das betone ich gerne nochmal - nicht darum, dass man jeden geerbten Kaugummi versteuert. Auch soll eine Erbschaftssteuer nicht die Existenz gefährden oder automatisch zum sozialen Abstieg der Betroffenen führen. Mit viel Augenmaß könnte sie aber trotzdem zu einer gerechteren Gesellschaft führen. Und von einer gesunden Sozialstruktur profitieren am Ende alle.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Inwiefern siehst du da ein "gegeneinander Ausspielen"?
    Es wird gerne mal so getan als gäbe es nur schwarz oder weiß: Nur die kurzfristige Politik für Alte oder die langfristige Politik für Junge. Dann wird gerne betont, dass es unbedingt einen "Generationswechsel" braucht oder "der demographische Wandel dazu führt, dass die Politik lieber auf ü60 Interessen schaut, statt auf den jungen Nachwuchs". Die alten müssten ja mal los lassen und das Steuer endlich der Jugend übergeben usw. Ich finde solche Aussagen führen auf beiden Seiten zum Verdruss. Einerseits fühlt man sich als junger Mensch dadurch sehr gebremst, abhängig vom Gutdünken der Alten. Andererseits fühlen sich alte Menschen verständlicherweise auch angegriffen, weil nicht mehr gebraucht/gewollt.

    Dabei geht es der einen Gruppe dauerhaft nur gut, wenn es der anderen Gruppe auch gut geht.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Danke für deine Einschätzung. "Verjüngung" war auch irgendwie das falsche Wort von meiner Seite, ich hätte es auf "Austausch" beschränken sollen. Ich stimme dir zu, dass das Alter nicht entscheidend ist. Solange die nötige Kompetenz vorhanden ist.
    Du hast mit Verjüngung den Begriff gewählt, der auch von der SPD genau so kommuniziert wurde. Oder genauer gesagt: "Jünger und weiblicher". Wo wir wieder beim Thema meines vorigen Absatzes wären.


    Zitat Zitat von NinMon Beitrag anzeigen
    Und was wären dann die Argumente derjenigen, für die das nicht in Frage käme? Die Solidarität mit der Partei? Keiner anderen Partei eine weitere Stimme geben zu wollen? Oder was anderes?
    Manch einer brennt einfach für die Partei. Da ist man durchaus auch der Überzeugung, dass die SPD trotz aller Widrigkeiten am Ende immer noch die besten Alternative ist. Zudem hat man auf die Partei, in der man Mitglied ist, noch mehr Einfluss als anderswo.
    Dazu kommt natürlich: Als überzeugter Sozialdemokrat, wo sind die Alternativen? Die Linke ist innerparteilich auch nicht gerade geeint, mal ganz von der fehlenden Machtoption abgesehen. Und der Stachel mit Oskar Lafontaine sitzt noch tief.
    Und die Grünen haben mittlerweile auch viel von ihrer "linken Seele" abgegeben, so sehr wie man sich teilweise auch der Union angebiedert hat. Aber die Kernthemen sind hier sowieso andere als bei der SPD, darum auch nicht gerade eine super Option.
    Warum FDP, Union und AfD nicht in Frage kommen, das brauche ich wohl kaum erläutern.

    Gibt schon auch valide Gründe, warum man als Anhänger der SPD sein Kreuz nicht wo anders macht.
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  10. #420
    Avatar von NinMon
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    Das Totschlagargument ist natürlich immer, dass man Vermögen somit doppelt besteuern würde. Das lässt sich - und das gebe ich gerne zu - auch schlecht wegargumentieren. Andererseits kann man auch dagegen halten, dass eine Erbschaft ja eine Art (leistungsloses, einmaliges) Einkommen darstellt. Es wurde zwar von der Person besteuert, die es hinterlässt, aber nicht von der Person, die es erhält.
    Da geht es dann letztendlich also um die Frage: Besteuert man Einkommen oder besteuert man Vermögen?.. oder nicht? Wenn man Einkommen besteuert, wäre eine doppelte Besteuerung hier legitim, wenn man Vermögen besteuert, dann nicht.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Grundsätzlich ist das ein schwieriges Thema und deshalb in der Politik auch eher unbeliebt. Staatliches Eingreifen ist jedoch wichtig, vor allem in der sozialen Marktwirtschaft. Hier gehört es zur Aufgabe des Staates aktiv zu gestalten und gewissen Schieflagen entgegenzuwirken. So muss sichergestellt werden, dass sich beispielsweise die wirtschaftliche Macht gut verteilt ist. Ebenso wie soziale Gerechtigkeit sichergestellt werden muss. Dazu gehört mitunter auch eine durchlässige soziale Struktur, bei der sozialer Aufstieg möglich ist. Die Bildung einer in sich geschlossenen Oberschicht, die Macht und Einfluss vor allem durch Weitergabe von Vermögen zementiert, ist da sicherlich nicht vorteilhaft.
    Inwieweit sind denn Aufstiegsmöglichkeiten vom Vererbungsverhalten der Reichen direkt tangiert? Werden z. B. andere dabei behindert, in die Riege der Reichen aufsteigen, wenn Reiche ihren Reichtum steuerfrei vererben dürfen, oder wie ist das zu verstehen? (Die Messlatte dafür, was „reich“ bedeutet, verändert sich wohl, wenn der Reichtum durch steuerfreies Vererben immer größer wird, aber „reich“ definiert sich doch nicht nur danach, wie viel man im Vergleich zu anderen hat, sondern auch danach, welchen Lebensstandard er einem ermöglicht. Korrigier mich gerne, wenn ich falsch liege. Vermutlich hängt das alles wirtschaftlich miteinander zusammen.)

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Aber ich stoppe hier mal, soll auch kein sozialistisches Manifest werden. Was ich sagen will: Erbschaften großer Vermögen - und die Betonung liegt auf groß -, sind dauerhaft ein Problem. Sie festigen soziale Ungleichheit, machen viel vom Glück der Geburt abhängig. Sie geben einigen wenigen Menschen einen uneinholbaren Vorsprung, wodurch viele andere extrem abgehängt werden. Und hier entsteht die Schieflage, die ein Eingreifen und Umverteilung wichtig machen - legitimiert durch die Definition unseres Wirtschaftssystems.
    Ich nehme mal an, dass die Bezeichnung als „Glück der Geburt“ dir von anderen Parteien harsche Kritik einbringen würde. Mit dem Argument, dass es sich nicht um Glück, sondern um das zu würdigende Erarbeiten der Vorfahren im Rahmen der gesetzlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten handelt. Eins vorweg: Ja, ich sage das nur, um eine andere Position einzubringen, ohne mich aber an selbige zu binden.
    Gehe ich richtig in der Annahme, dass du hierzu wiederum das „sozial“ in der „sozialen Marktwirtschaft“ anführen würdest, und die für alle profitable ausgeglichene/gesunde Sozialstruktur?

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Es wird gerne mal so getan als gäbe es nur schwarz oder weiß: Nur die kurzfristige Politik für Alte oder die langfristige Politik für Junge. Dann wird gerne betont, dass es unbedingt einen "Generationswechsel" braucht oder "der demographische Wandel dazu führt, dass die Politik lieber auf ü60 Interessen schaut, statt auf den jungen Nachwuchs". Die alten müssten ja mal los lassen und das Steuer endlich der Jugend übergeben usw. Ich finde solche Aussagen führen auf beiden Seiten zum Verdruss. Einerseits fühlt man sich als junger Mensch dadurch sehr gebremst, abhängig vom Gutdünken der Alten. Andererseits fühlen sich alte Menschen verständlicherweise auch angegriffen, weil nicht mehr gebraucht/gewollt.

    Dabei geht es der einen Gruppe dauerhaft nur gut, wenn es der anderen Gruppe auch gut geht.
    Was du auf einer politischen Ebene beschreibst, fällt mir oft auch auf der gesellschaftlichen Ebene auf. Da werden alte und junge Menschen auch eher selten in Gemeinsamkeit und häufiger in einer Art Antagonismus wahrgenommen bzw. dargestellt, das ist zumindest mein Gefühl. Aber das nur am Rande.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Du hast mit Verjüngung den Begriff gewählt, der auch von der SPD genau so kommuniziert wurde. Oder genauer gesagt: "Jünger und weiblicher". Wo wir wieder beim Thema meines vorigen Absatzes wären.
    Stimmt. Das hat sich mir wohl eingebrannt.
    Ich ziehe Kompetenz übrigens auch dem Geschlecht als letztes Auswahlkriterium vor (Kompetenz würde dann freilich geschlechtergerechtes A- und Regieren beinhalten). Es macht für mich generell schon Sinn, möglichst Vertreter beiden Geschlechts einzubringen, um Belange beider „Seiten“ besser berücksichtigen zu können, v. a. angesichts noch immer herrschender Ungleichheiten. Aber wenn ich die Wahl habe zwischen einem kompetenten (im obigen Sinne) Politiker und einer mMn inkompetenten Politikerin .., das meine ich.

    Zitat Zitat von Fabian Beitrag anzeigen
    Manch einer brennt einfach für die Partei. Da ist man durchaus auch der Überzeugung, dass die SPD trotz aller Widrigkeiten am Ende immer noch die besten Alternative ist. Zudem hat man auf die Partei, in der man Mitglied ist, noch mehr Einfluss als anderswo.
    Dazu kommt natürlich: Als überzeugter Sozialdemokrat, wo sind die Alternativen? Die Linke ist innerparteilich auch nicht gerade geeint, mal ganz von der fehlenden Machtoption abgesehen. Und der Stachel mit Oskar Lafontaine sitzt noch tief.
    Und die Grünen haben mittlerweile auch viel von ihrer "linken Seele" abgegeben, so sehr wie man sich teilweise auch der Union angebiedert hat. Aber die Kernthemen sind hier sowieso andere als bei der SPD, darum auch nicht gerade eine super Option.
    Warum FDP, Union und AfD nicht in Frage kommen, das brauche ich wohl kaum erläutern.

    Gibt schon auch valide Gründe, warum man als Anhänger der SPD sein Kreuz nicht wo anders macht.
    Wenn es empfundene echte Alternativen gäbe, müsste man vielleicht auch seine Parteizugehörigkeit noch mal genauer überdenken. Na ja nein, eigentlich ist das Quark. Man kann ja auch mehrere Parteien gut finden – überschneidet sich ja sicher auch das eine oder andere im Programm –, aber eine eben noch etwas besser als die anderen, und da dann Mitglied sein. Muss ich dir ja eigentlich auch gar nicht erzählen.

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