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04.07.2018, 14:47 #31
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Meine Frau und ich haben vor, demnächst mal dem Jenaer Nordfriedhof einen Tagesbesuch abzustatten. Der ist riesig und verdammt schön. Ich kann's ein wenig nachvollziehen.
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04.07.2018, 15:12 #32
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Ich kann das ja auch mal ein bisschen besser ausführen und hier und da meinen Senf dazu abgeben. (Oh Gott, das ist ein ganz schön langer Text geworden...)
Kontrollverlust ist grundsätzlich unangenehm. Ich gebe dir zwar recht damit, dass das Akzeptieren diverser Parameter ein guter Anfang sein kann, aber die Lösung sollte nicht sein, sich mit dem persönlichen Untergang anzufreunden, sondern eher zu überlegen "okay, X ist nicht so toll: Was muss ich tun, damit es besser wird?"
Also die eigene Energie nicht auf das Selbstmitleid zu verschwenden, sondern der Ursache bzw. dem Problem pragmatisch und proaktiv begegnen. "Was kann ich anders machen? Womit fange ich an? Wo hole ich mir Hilfe?" und vor allem: "Was ist realistisch?" Niemandem ist damit geholfen, wenn man sich selbst zu viel aufhalst.
Halte ich auch für keine gute Idee. Eben genau aus dem Grund. Katastrophengedanken kommen einem nunmal. Daran kann man nichts ändern. Wichtig ist aber auch hier, nicht bei der Katastrophe aufhören zu denken, sondern überlegen, was DANACH kommt.
Beispiel: "Arbeit X werde ich nicht rechtzeitig fertig kriegen. Mein Chef macht mich bestimmt fertig!" Hier nicht aufhören! Wie wahrscheinlich ist es WIRKLICH, dass die besagte Situation eintrifft? Wie würden andere die Situation sehen? Was würde man einem guten Freund raten oder was würde dieser Freund mir raten? Hält er das für wahrscheinlich?
Und selbst wenn es doch eintreffen sollte: Was passiert DANN? Was passiert denn dann schlimmes? Okay, die Situation ist unangenehm - keine Frage - aber vielleicht ist das auch ein guter Moment, um eventuelle Misstände anzusprechen. War der Workload in der Zeit vielleicht nicht realistisch? War die Manpower nicht groß genug? War man vielleicht schlicht und ergreifend überfordert? All das kann man ansprechen. Und selbst wenn der Chef sich dann unfair und unkooperativ verhalten sollte: Man muss sich auch nicht alles gefallen lassen. Jeder Mensch hat Rechte und so ohne weiteres wird man nicht gefeuert. Und überhaupt: Was spricht dagegen sich einen neuen Job zu suchen oder sich zumindest schon einmal anderweitig umzusehen? Ein Chef, der ein Arsch ist, ist ein Problem, aber keines, dass man sich unbedingt antun müsste.
Das Leben endet nicht mit so einer Problemsituation. Die Katastrophe ist nicht das Ende. Das Leben geht weiter. Die meisten Katastrophengedanken treten vielleicht gar nicht ein oder sind schlichtweg unrealistisch. Dann quält man sich nur mit irgendwelchen Eventualitäten. Du traust dich ja wahrscheinlich auch über die Straße, obwohl die meisten jungen Menschen im Straßenverkehr sterben. Der Grund dafür ist ziemlich pragmatisch: Ein Leben, dass Straßenverkehr-frei gelebt wird, geht wahrscheinlich mit einem immensen Verlust an Lebensqualität einher. Man kann sich nicht vor allem schützen, man muss sich aber auch nicht allem aussetzen. Viele Probleme kann man lösen und der Mensch hat, warum auch immer, immer die Kraft, weiterzumachen. Es gab schon ein paar Situationen in meinem Leben, in denen ich ernsthaft am Ende war und über Monate nicht mehr dazu in der Lage war, in irgendeiner Form am Leben teilzunehmen, deshalb weiß ich nur zu gut, wovon ich hier lang und breit rede. Ich weiß auch, dass man das in Extremsituationen so nicht wahrnehmen oder fühlen kann, aber Fakt ist: Es stimmt. Es gibt immer einen Weg und ja, in den seltensten Fällen ist er leicht, aber nach einer Weile wird es wieder besser. Und auch wenn es schwer ist: Hilfe kann man sich holen. Gegen Katastrophengedanken kann man nichts machen. Sehr wohl aber wie man damit umgeht.
Und vor allem deshalb gruselt mich dieser Satz hier am meisten. Wir müssen ohnehin alle sterben - warum nicht also das Leben, was uns gegeben wurde, nutzen und das beste draus machen? Es ist ja nicht so, als ob der Tod weglaufen würde. Wenn das Leben - platt gesagt - so scheiße ist, dass man ernsthaft über einen Suizid nachdenkt, dann muss man sich Hilfe holen und das Problem an der Wurzel packen. In den meisten Fällen kommt man da alleine wahrscheinlich nicht raus. Nicht umsonst gibt es Profis, die speziell dafür ausgebildet wurden. "Man kann mir sowieso nicht mehr helfen" und "es ist sowieso alles sinnlos" hören Psychologen wahrscheinlich täglich und trotzdem beweisen die meisten Patienten mit der Zeit, dass das Gegenteil der Fall ist.
Funfact: Meines Wissens nach ist nicht bekannt, ob sich erst die Biochemie im Körper ändert und man dadurch depressiv wird, oder ob diese sich als körperliche Reaktion auf die Depression ändert, aber Fakt ist: Dein Körper ist dabei nicht untätig. Allein schon deshalb sollte man einen professionellen Rat und entsprechende Medikamente durchaus nicht unterschätzen. Auch abseits von Depressionen können Antriebslosigkeit auch Anzeichen eines Mangels oder einer gestörten Schilddrüsenfunktion sein. Psychische Erkrankungen sind nicht "einfach nur eingebildet" und aussuchen tut man sie sich schon gar nicht. Das kann durchaus körperliche Ursachen haben oder Auswirkungen auf deinen Körper haben, die es dir schwerer machen, alleine aus dem Kreislauf auszubrechen.
Die Tendenz ist die Richtige, aber warum muss es das Best-Case-Szenario sein? Nicht alles, was nicht "Best-Case" ist, ist automatisch schlecht. Man sollte sich durchaus auch kleine Erfolge anerkennen und sich auf die Schulter klopfen können.
Das suggerieren von Ordnung würde ich hier nicht als Ziel ansehen. Man betrügt sich schließlich nur selbst. Dennoch ist der Tipp grundsätzlich aber gut: Anstatt herumzusitzen und die Gedanken kreisen zu lassen, kann es unfassbar helfen, sich um den Haushalt zu kümmern oder sich der Gartenarbeit zu widmen. Man wird aktiv, der Körper schüttet dadurch Glückshormone aus und man kommt etwas aus dem Kopf raus. Nachzudenken ist wichtig und richtig, aber sein wir mal ehrlich: Irgendwann dreht man sich nur noch im Kreis. Vor allem das Gefühl, dann wirklich etwas Positives geschafft zu haben, ist super!
Sich dazu zwingen etwas zu genießen ist sicherlich nicht so ohne weiteres möglich, aber Tageslicht hat bekanntlich auf Körper und Geist ebenso eine wohltuende Wirkung, wie ein geregelter Tagesablauf. Anstatt also irgendwelche Nächte durchzumachen oder den halben Tag zu verschlafen (oder die Rollos unten zu lassen) und deshalb die halbe Nacht wach zu sein, sollte man sich lieber so gut es geht um einen regelmäßigen Schlafrhythmus und geregelten Tagesablauf bemühen, inklusive Spaziergänge, um auch mal etwas Sonne zu tanken und sich unter Leute begeben (die schlafen nachts bekanntlich auch in der Regel...). Bei allem anderen kommt die innere Uhr und die Melatonin-Ausschüttung (Schlafhormon) durcheinander. Das Ergebnis ist, dass man davon ziemlich gerädert und der Schlaf nicht erholsam ist. Und Groggy zu sein ist schließlich auch nicht gut fürs Gemüt.
Wobei es aber natürlich auch wieder eine hilfreiche Sache sein kann, sich wieder auf die Sinne einzulassen. Dafür gibt es auch einen Begriff, der will mir nur gerade nicht einfallen... dass man also zum Beispiel wieder ganz bewusst isst, sich den Geschmack und die Konsistenz bewusst macht, oder dass man einfach mal die Augen schließt und auf die Umgebung hört, versucht die einzelnen Geräusche zu trennen, zu entdecken oder die einzelnen Instrumente aus der Lieblingsmusik herauszuhören. Ganz bewusst wieder Sachen zu betrachten. Die Feinheiten, die Details. Sich Zeit für die einzelnen Tätigkeiten zu nehmen und diese wieder bewusst wahrzunehmen, kann auf jeden Fall helfen, wieder vieles davon zu genießen, was man vielleicht nur noch als selbstverständlich oder alltäglich wahrgenommen hat.
Den Toten ihre Ruhe. Der Friedhof ist ja nicht dazu da, um einem traurigen oder depressiven Menschen die passende Location für seine Stimmung zu bieten, sondern um die letzte Ruhestätte zu sein. Der Friedhof ist ein stiller Ort der Trauer und Erinnerung (letztere natürlich auch positiver Natur). Ruhe hat man auch bei einem Spaziergang im Wald, im Park, am Strand, ein bisschen stadtauswärts und und und. Da gibts sicherlich zig Alternativen, die besser geeignet wären. Außerdem: Was hat man denn davon sich an so einem Ort noch weiter herunterzuziehen. Mir ist schon klar, dass nicht immer alles Friede Freude Eierkuchen ist und natürlich darf und ist man auch mal traurig, aber sich dann in diesen Emotionen hin und her zu wühlen, hilft einem doch auch irgendwann nicht mehr weiter, oder? :\ Das ist das oben beschriebene Stehenbleiben bei Katastrophengedanken. Raff dich auf! Schau, was du machen kannst! Pack das Problem an der Wurzel! Hol dir Hilfe! Attacke! Du schaffst das!
Das sind richtig gute Tipps!
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04.07.2018, 15:13 #33
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04.07.2018, 15:16 #34
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04.07.2018, 15:20 #35
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Die Stadt hat einen wunderschönen Park geschaffen. Die Toten haben davon nichts, sondern die Lebenden. Warum sollte man einen gut gepflegten Friedhof nicht nutzen und den besichtigen? Wen stört das? Die Toten sicher nicht und die Angehörigen sicher auch nicht solange keine Touristengruppe von 100 Menschen da plötzlich langgeht. Lass doch die Menschen einfach einen schönen Friedhof genießen. Es soll ja keine Party werden.
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04.07.2018, 15:27 #36
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Wie gesagt gibt es solche und solche. Dass es schöne Friedhöfe gibt, die man auch mal besichtigen kann, ist mir schon klar.
Ich finde aber auch, dass das kein regelmäßiger Aufenthaltsort oder Treffpunkt werden sollte, sondern ein Ort, dem man mit entsprechendem Respekt begegnet. Auch sollte ein Friedhof keine Ortschaft sein, um sich Depressionen hinzugeben.
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04.07.2018, 15:42 #37
Du hast nur die Haelfte von meinem Satz zitiert und kommentiert; danach die andere Haelfte..
Die Post-Mortem-Situation war nicht darauf bezogen, was nach dem Ableben kommt; Ich kann's verstehen, dass es in Kombination mit dem Friedhof falsch rueber gekommen ist
Worauf ich hinauswollte ist, dass man sich Gedanken darueber machen sollte was NACH einem gescheiterten Plan kommt; das was du ziemlich ausfuehrlich beschrieben hast
Meiner Meinung nach hat Akzeptanz nichts mit Negativitaet zu tun, erst recht nichts mit Selbstmitleid. Es gibt Umstaende auf die man keinen Einfluss hat.
Ich assoziiere mit dem Friedhof nichts depressives und trauriges eher etwas friedliches... "Der Tod gehoert zum Leben dazu." Ich weiß nicht was an einem Spaziergang so respektlos ist? ._.
Es war eigentlich nicht meine Absicht so eine fette Diskussion auszuloesen; ich wollte nur helfen XDGeändert von Graves (04.07.2018 um 16:15 Uhr)
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04.07.2018, 15:42 #38
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04.07.2018, 16:36 #39
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04.07.2018, 19:23 #40
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Ich hab das bei Graves anders verstanden, bzw. würde ich eine persönlich eine positivere Lesart daran knüpfen: Wenn man sein Bedürfnis nach Kontrolle mal zurückschraubt, dann fällt einem vielleicht auf, dass die Welt nicht automatisch gleich untergeht, wenn man nicht krampfhaft versucht, alles beisammen, eben "unter Kontrolle" zu halten. Also kein "mit dem Untergang anfreunden", sondern herausfinden, dass da nicht so schnell ein Untergang kommt. Dementsprechend würde ich es auch nicht mit Selbstmitleid verbinden, sondern mit Selbsterkenntnis.
Aber ich kann schon nachvollziehen, dass man das erst einmal mit unangenehmen Gedanken an Kontrollverlust verbindet.
Das wiederum hätte ich nicht so exklusiv gelesen. Nur weil man an das Best-Case-Szenario denkt, heißt es ja nicht gleich, dass man sich an kleinen und Zwischenerfolgen nicht erfreuen kann. Aber das Best-Case-Szenario KANN eben AUCH ein Ansporn sein.
Auch hier hätte ich es positiver gelesen
Also: Früh aufstehen und den Morgen zu genießen versuchen kann man ja auch so verstehen, dass man bewusst versucht, etwas Positives in einer Situation zu suchen und zu erleben. Gerade bei den Morgen kann ich das persönlich übrigens gut nachvollziehen: Ich bin auch eher ein Nachtmensch und stehe nicht gerne früh auf, aber wenn ich mal früh auf bin (und nicht gerade arbeiten gehen muss), dann freue ich mich an der Welt in der Frühe und daran, dass ich mehr vom Tag habe.
Und was das Nacht-durchmachen angeht - ich bin da grad nicht sicher im Bilde, aber ich meine mich erinnern zu können, dass das tatsächlich eine mögliche "Therapieform" bei Depressionen ist, die manchen Menschen hilft. Es wäre aber zumindest vermutlich hilfreich, das von jemandem mit Ahnung (= Arzt oder Therapeut) begleiten zu lassen und nicht selbstständig auszuprobieren. (Das ist jetzt übrigens nicht auf deine Formulierung bezogen, @Graves - ich weiß nicht, ob du das gemeint hast oder nicht. )
Um mal das aufzugreifen, was Garo vermutlich andeuten wollte (?):
Dass der Friedhof ein stiller Ort des Gedenkens und der Trauer ist, ist ja nicht natürlicherweise so, sondern das in unserem Kulturkreis vermutlich gängigste Verständnis eines Friedhofes (während es in anderen Kulturkreisen durchaus andere Handhabungen gibt). Es ist für mich daher zwar verständlich, wenn du Spaziergänge auf selbigen eher skeptisch siehst. Es ist aber ebenso legitim, dass man sich von dieser Zuschreibung auch lösen kann.
Ähnliches auf persönlicher Ebene mit persönlichen Zuschreibungen: Ein Friedhof muss kein trauriger Ort sein, an dem man seine Depressionen nur fördert. Er kann einem z. B. auch gewünschte Ruhe ermöglichen.
Und ich schließe mich Graves an darin, dass ich Spaziergänge nicht per se als respektlos empfinden würde.
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