Kaum eine Reihe lässt sich derart schwierig einschätzen wie „Paper Mario“. Bereits nach dem zweiten Teil gab es eine völlige Neuausrichtung, gefolgt von einer weiteren, die anschließend zum Großteil über Bord geworfen wurde. Als plötzlich ein neuer Ableger für Nintendo Switch angekündigt wurde, waren sich deshalb viele unsicher, in welche Richtung dieser gehen würde. Nach einigen Stunden können wir sagen: „Paper Mario: The Origami King“ ist ein interessanter Nachfolger von „Color Splash“, und das ist nichts Schlechtes!

Flach gefaltet
Eigentlich wollen Mario und Luigi zum Schloss von Prinzessin Peach, um das Origami-Fest zu feiern, doch schnell wird klar, dass finstere Kräfte das Königreich ins Chaos gestürzt haben. Die zahlreichen Bewohner wurden nämlich vom selbsternannten Origamikönig gefaltet und somit in willenlose Lakaien verwandelt, inklusive Prinzessin Peach höchstpersönlich. Als ob das noch nicht reicht, wird das Schloss von Bändern umschlossen und auf einen Berg transportiert. Mario muss fortan das Königreich nicht allein retten, denn die Schwester des Regenten, Olivia, möchte ihren Bruder ebenfalls stoppen.
In den ersten Stunden konnte sich die Hauptgeschichte natürlich nicht entfalten, denn der Fokus lag auf den zahlreichen Situationen, in denen sich das Duo wiederfindet. Dabei ist das Pacing über die ersten Stunden hinweg ein wenig missraten, denn nach einer unglaublich starken und lustigen ersten Stunde darf man sich vorerst nur über gute Sprüche der Toads freuen. Nachgezogen wird erst in der zweiten Welt, wo man derart vielen tollen Szenen beiwohnen darf, dass der Controller regelmäßig zur Seite gelegt wurde, um ihn vor Lachen nicht fallen zu lassen. Es dauert ein wenig zu lange, bis das Spiel Fahrt aufnimmt, doch sobald es das tut, werden einige der besten Szenen aufgetischt, die man von einem Mario RPG erwarten kann – oder auch nicht! Sollte das Niveau bis zum Ende so hoch bleiben, gibt es keinen Anlass zur Sorge.
Aufdringliche Helferin
Ausgerechnet Olivia selbst sorgt leider für die unangenehmen Pausen, von denen es viele gibt. Das fliegende Origami-Geschöpf muss nämlich alles kommentieren, was sie sieht, und da sie sich auch nach Stunden wie ein Kleinkind verhält, nutzt sich ihre Neugierde schnell ab. Regelmäßig wünscht man sich, ihre Dialoge schneller wegklicken zu können, denn wenn andere Charaktere zu Wort kommen, entfaltet sich der Charme erst. Wir hoffen sehr, dass sie im späteren Verlauf unterhaltsamer wird, bislang sieht es aber noch nicht danach aus. Beispiel: Wir aktivieren einen Schalter, und die Kamera zeigt, welche Reaktion dies verursacht. Anstatt den Spielfluss nun fortzuführen, muss Olivia erst das, was gerade gezeigt wurde, ohne zusätzliche Informationen beschreiben – und das auch nach mehreren Stunden.

Lebendige Welt
Die größte Stärke von „Paper Mario: The Origami King“ ist die Spielwelt selbst. Ja, anfangs geht es noch durch recht klassische grüne Felder, doch sie ist überraschend interaktiv geraten. An jeder Ecke muss ein Toad befreit werden, Schätze können meist nur über kleine Rätsel ergattert werden und wenn man aktiv mit Marios Hammer gegen alle möglichen Objekte schlägt, gibt es regelmäßige Belohnungen. Zudem ist es möglich, Löcher mit Papierschnipsel zu stopfen, was aufgrund der tollen Animation sowie den daraufhin erscheinenden Münzen niemals langweilig wird. Anhand eines praktischen Menüs dürfen wir unseren Sammelfortschritt protokollieren, und hier wird erst deutlich, dass die Collect-A-Thon-DNA tief in das Abenteuer verankert ist.
Auch das Design der Welt sprießt nur so vor Details. Insbesondere in der zweiten größeren Welt gibt es viel zu erkunden und wahnsinnig viele Ideen, die mitunter im Hintergrund ablaufen. Der Spieler darf immer wieder etwas bestaunen – und dennoch ist das Spiel recht linear gehalten. Zwar gibt es einige größere Gebiete, die interessantesten Orte muss der Spieler für die Handlung aber sowieso besuchen. Es bleibt spannend, ob das Spiel im weiteren Verlauf mutiger wird, oder lediglich den etablierten Ablauf abspielt.
„Runden“basierte Schlachten
Das Kampfsystem dürfte die wohl kontroverseste Mechanik sein. Bevor es nämlich zu den Aktionen kommt, muss der Spieler die Gegner die Ebenen in einem Kreis so verschieben, dass bestimmte Formationen entstehen. Als Belohnung gibt es dann nicht nur einen Boost der Angriffskraft, man kann alle Feinde auch praktisch mit der Sprungattacke oder dem Hammer erledigen. Das Problem: Bis zum ersten Boss-Kampf mussten wir nicht einmal die Block-Funktion nutzen, weil Mario gleich mehrere Aktionen hintereinander ausführen darf, wenn mehrere Gegner-Formationen gebildet wurden. Das ändert sich im späteren Spielverlauf, doch ist die Rätselmechanik derart wichtig, dass das klassische Rollenspielsystem in den Hintergrund gerät.
Bei den Boss-Kämpfen ist das schon besser gelöst, denn hier muss Mario selbst die Mitte des Kreises erreichen und Felder so anordnen, dass er auf seinem Weg entsprechende Boni erhält oder Schalter aktiviert. Das ist zwar auch nicht besonders schwierig, bringt aber mehr Taktik hinein, als lediglich Gegnerformationen zu bilden. Da es erneut keine Erfahrungspunkte gibt, sind wir zudem besorgt, dass es zu einer besseren Strategie wird, den meisten Gegnern aus dem Weg zu laufen – doch ein richtiges Fazit dazu erlauben wir uns erst im Review. Ein wenig schade: Der erste Begleiter, der im Kampf aushilft, greift automatisch Gegner nach Marios Zug an, und landet häufig keinen Treffer. Wir bleiben gespannt, ob sich das Partner-System noch erweitert.

Kaufrausch
Zumindest sind Marios Angriffe nicht mehr beschränkt. Er kann stets seinen Hammer sowie die Sprungattacke nutzen, will der Spieler aber bessere Varianten davon einsetzen, muss Ausrüstung erworben oder gefunden werden. Diese geht zwar nach einigen Einsätzen kaputt, wer aber voraussorgt, dürfte nie ausschließlich mit den schwächsten Angriffen dastehen. Und wenn man bedenkt, dass man dafür stets Münzen benötigt – auch, um passiv Boni zu erwerben – ergibt es plötzlich doch Sinn, die Kämpfe anzugehen, denn diese füllen das Konto ordentlich auf. Geldmangel war bislang noch kein Problem, was definitiv daran liegt, dass wir keinen Kampf ignoriert haben.
All das zeigt, dass „Paper Mario: The Origami King” einen eigenen Weg gehen möchte. Die Welt zu erkunden ist überaus unterhaltsam, nach einem wackeligen Anlauf kann der Humor punkten und da Mario durch Herzen stärker wird, von denen einige gut versteckt sind, bleibt man jederzeit aufmerksam. Dann ist es sogar möglich, auf schwächere Gegner zu springen und diese noch vor dem eigentlichen Kampf zu besiegen, was das Besuchen vorheriger Gebiete deutlich angenehmer gestaltet. Das Spiel schafft es schon in den frühen Stunden, gut zu unterhalten – lediglich Olivia gegenüber bleiben gemischte Gefühle zurück.
Bisher gibt es zehn Kommentare
ob die "Helferin gibt zu alles ihren Senf ab/Handholding" vllt auch etwas eine Spielzeit strecken Taktik ist ? hoffentlich nicht !
die famitsu gibt übrigens 36/40 Punkten . was leider überhaupt nix aussagt ^^ (gleicher Score wie Sticker Star)
Ich finde leider auch, dass das nciht so gut erkennbar ist.
Klingt auf jeden Fall solide, hab ich nächste Woche tatsächlich Bock drauf