Manche Spiele-Lokalisierungen brauchen einfach etwas länger. Dass es aber 28 Jahre dauert, bis ein Spiel außerhalb seines Ursprungslandes erscheint, ist eher selten. Umso überraschender war deshalb wohl für Fans japanischer Rollenspiele die Ankündigung, dass das 1994 ausschließlich in Japan von Square Enix veröffentlichte „LIVE A LIVE“ nun endlich auch seinen Weg in den Westen finden würde und dann auch noch in schickem HD-2D-Stil. Wir haben bereits vier der acht Geschichten angespielt und erzählen euch nachfolgend von unseren ersten Eindrücken.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Wer „LIVE A LIVE“ das erste Mal startet, landet zunächst in einem Auswahlbildschirm, auf dem acht Protagonisten zu sehen sind. Jede dieser Figuren hat in „LIVE A LIVE“ ihre eigene Geschichte, die unabhängig von den anderen gespielt werden kann. Doch nicht nur das, denn jede Geschichte spielt außerdem in einer anderen Epoche. Chronologisch gesehen wird von der Urzeit bis zur fernen Zukunft fast alles abgedeckt.
Besonders schön an den einzelnen Geschichten ist, dass man diese in einer beliebigen Reihenfolge spielen kann. Ob man also beispielsweise chronologisch dabei vorgeht oder ob man die eigenen Lieblingsepochen zuerst bereist, bleibt einem komplett selbst überlassen. Und selbst wenn man vielleicht aus welchen Gründen auch immer einmal in einer Epoche feststeckt, kann man einfach zu einer anderen Episode wechseln und später fortfahren. Bislang hat die Einteilung in solch grundlegend verschiedene Kapitel allerdings auch den erwartbaren Nachteil, dass sich noch kein roter Faden erkennen lässt, der die Geschichten miteinander verbindet. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich dies im weiteren Verlauf vielleicht noch ändert.
Das Vermächtnis eines Meisters
Den Start machte bei uns das Kapitel zur Zeit des kaiserlichen China. Als alter Kung-Fu-Meister beherrscht der Protagonist dieser Episode zwar mächtige Kampftechniken, doch bislang hat er keinen Nachfolger für seine Kampfkunst gefunden und verlässt daher auf der Suche nach ebendiesem sein ruhiges Heim am Gipfel eines Berges. Auf seiner Reise trifft er auf die kampferprobte, aber auch vorlaute Banditin Lei, den Vielfraß Hong sowie den ängstlichen aber treuen Yun. Jeder dieser Charaktere hat das Potenzial, zum Nachfolger des Meisters zu werden und so trainieren sie tagein, tagaus, um die Grundlagen der Kampfkunst zu verinnerlichen.
Natürlich wollen die erlernten Techniken aber auch angewendet werden. Die Kämpfe in „LIVE A LIVE“ finden, unabhängig von der Epoche, auf einem aus mehreren Feldern aufgebauten Raster statt. Darauf bewegen sich Freund und Feind rundenbasiert voran und setzen Fähigkeiten ein, die in den meisten Fällen Schaden zufügen, aber zum Teil auch Verbündete heilen können oder die Beschaffenheit von Feldern ändern. Angezündete Felder fügen beispielsweise sowohl Gegnern als auch Verbündeten regelmäßig Schaden zu. Hinzu kommen wie in Rollenspielen gewohnt Statuswerte und Typen-Schwächen sowie -Resistenzen, die dem Kampfsystem zusätzliche Tiefe verleihen. In den meisten Fällen reichte es jedoch bislang aus, einfach immer die grundsätzlich stärkste Attacke eines Charakters einzusetzen, anstatt je nach Bedarf unterschiedliche Fähigkeiten einzusetzen.

Tarnmantel oder doch lieber Shuriken?
Für das nächste Kapitel begaben wir uns in die japanische Edo-Epoche. Als Shinobi erhält man direkt zu Beginn den Auftrag, in ein riesiges Schloss einzubrechen und einen Gefangenen zu befreien. Dabei hat man mehrere Möglichkeiten, wie man das von Fallen und Gegnern nur so wimmelnde Schloss durchqueren kann. Dank eines Tarnmantels kann sich der Shinobi nämlich an Feinden vorbeischleichen und so Konfrontationen aus dem Weg gehen, was sich in der Praxis zum Teil als echte Herausforderung herausstellte, insbesondere wenn mehrere Wachen in der Nähe waren. Auf der anderen Seite können diese auch in Kämpfen besiegt werden, wobei das grundsätzliche Kampfsystem im Vergleich zu den anderen Kapiteln unverändert ist, auch wenn ein Shinobi natürlich auf andere Fähigkeiten zurückgreift als ein Kung-Fu-Meister. Das stückweise Erkunden des Schlosses macht dank einiger skurriler Charaktere, verschiedenen Gegnertypen und Rätseln viel Spaß, auch wenn die zahlreichen Abzweigungen aufgrund der simpel gestalteten Karte des Öfteren dazu führen, dass man sich verirrt.
Showdown im Wilden Westen
Im Wilden Westen schlüpfen Spielerinnen und Spieler in einem weiteren Kapitel in die Rolle eines Revolverhelden, den es in eine Kleinstadt verschlagen hat, die von Banditen terrorisiert wird. Gemeinsam mit seinem Rivalen und den Dorfbewohnern stellt sich der Protagonist der zahlenmäßig überlegenen Banditengruppe. Um für etwas fairere Verhältnis zu sorgen, kann die Banditengruppe durch zuvor gelegte Fallen ausgedünnt werden, bevor es zur Entscheidungsschlacht kommt. Doch auch hierbei ist Taktik gefragt, denn es steht nur begrenzt Zeit zur Verfügung, die zum Sammeln von Ressourcen und dem Herstellen von Fallen verwendet werden kann. Diese Geschichte bietet einige sympathische Charaktere, wie die tatkräftige Schwester des Sheriffs und eine Mariachi-Band, die alles und jeden besingt.

Gefährliche Weiten im All
Das Kapitel, welches spielerisch am meisten von den drei anderen bisher angespielten Kapiteln abweicht, ist das in der fernen Zukunft. Als putziger, frisch eingerichteter Roboter findet man sich auf einem Transportschiff wieder, auf dem sich nach und nach mysteriöse Vorfälle ereignen, die einen von vornherein zum Miträtseln anregen. Anders als in den anderen Kapiteln gibt es kaum Kämpfe und dennoch waren wir durchgehend gespannt, was als Nächstes passieren würde. Wer sich dennoch nach ein paar Scharmützeln sehnt, kann diese per Spiel im Spiel an einem Automaten erleben.
Liebe zum Detail
Auf der technischen Seite hat „LIVE A LIVE“ bereits jetzt einen sehr guten Eindruck bei uns hinterlassen. Der HD-2D-Stil fängt den Retro-Charme des Originals eindrucksvoll ein und sieht gleichzeitig sehr schick aus. Riesige Effektfeuerwerke haben wir bislang zwar nicht beobachten können, dafür begeistern aber die Details wie umherrollende Heuballen im Wilden Westen und schön in Szene gesetzte Nahaufnahmen. Der Soundtrack weiß ebenfalls zu gefallen und bringt je nach Epoche die passende Atmosphäre mit sich. Besonders gut haben uns auch bereits die beiden Sprachausgaben gefallen. Sowohl eine japanische als auch eine englische Vertonung stehen zur Auswahl, deren Sprecher zum Großteil hervorragende Arbeit leisten und wie beispielsweise im Wilden Westen sogar einen passenden Akzent an den Tag legen.
Bisher gibt es drei Kommentare
Noch dazu gibt es in Japan eine tolle Collectors-Edition.
Ich hoffe es verbindet die einzelnen Geschichten besser miteinander als OT.
Ansonsten freue ich mich auf das Spiel. Wird mein Juli Highlight. ^^