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The Long Reach (eShop)

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The Long Reach (eShop)

Painted Black Games ist ein kleines Entwicklerstudio aus Ukraine, das noch kein Spiel auf den Markt gebracht hat. Das ändert sich nun mit „The Long Reach“, das auf den ersten Blick wie typischer Pixel-Horror wirkt. Genau mit dieser Erwartung haben wir das Spiel auch in den Test geschickt, doch bereits nach wenigen Minuten war klar, dass es sich bei dem Spiel um einen besonderen Trip handelt. Ob sich dieser Ersteindruck über die gesamte Dauer erstrecken konnte, haben wir für euch herausgefunden.

Wir haben ein Problem

Calvin ist genervt, weil er selbst einkaufen muss. Im Laden um die Ecke fällt ihm aber ein Besucher auf, der kurze Zeit später zusammenbricht. Zwar ruft Calvin einen Krankenwagen, als er zurückkommt blickt er jedoch auf ein Blutbad. Nur noch für eine kurze Zeit steuert man den Faulpelz, dann gibt es schon einen Szenenwechsel und man landet in den Schuhen des wahren Protagonisten, Stewart. Dieser soll als Teil eines Experiments auf einem Flügel spielen, doch er wird ohnmächtig und der Spieler hört nur qualvolle Schreie. Als er aufwacht und die Laborräume durchsucht, wird ihm das wahre Ausmaß des Grauens deutlich.

Bereits der Einstieg demonstriert die größte Stärke des Spieles: die Atmosphäre. Man ist von der ersten Sekunde an gefesselt, denn man spürt, dass etwas sehr falsch laufen wird. Die Inszenierung wurde mit unglaublich viel Liebe zum Detail ausgeführt, egal ob bei den Umgebungen oder den Animationen. Man kann Gänsehaut bekommen, wenn Stewart am Klavier sitzt, das Thema eingespielt und das Logo eingeblendet wird. Solche cineastischen Momente gibt es ständig und man fragt sich immer wieder, was als nächstes geschehen wird.

Psychologischer Horror

Auch der weitere Verlauf der Geschichte bleibt höchst interessant. Schnell findet man nämlich heraus, dass durch das schief gelaufene Experiment die anderen Mitarbeiter Traum und Realität nicht mehr auseinanderhalten können. Einige verwandeln sich deshalb in liebenswerte Hunde, andere zu blutrünstigen Mördern. Man sollte einen starken Magen haben, denn obwohl die Pixeloptik entschärft, ist vieles davon rot. Brutale Szenen gibt es genügend, und die Macher haben es geschafft, diese wunderbar in den Horror einzubinden.

Egal wo man ist, man fühlt sich ständig verfolgt. Einige kleine Jumpscares helfen dabei, doch gerade die unheimliche Musik lässt einen angespannt bleiben. Manchmal meint es diese zu gut und betont, obwohl nichts passiert. Abseits dessen wird man aber durchweg gepackt. Nach der Hälfte wird man auch den psychologischen Horror erleben, das Spiel bewirft einen immer wieder mit neuen Highlights, die sich übertreffen. Obwohl es zwei Enden gibt, ist eines davon offensichtlich eine Fehlentscheidung, glücklicherweise kann man direkt im Anschluss diese Szene wiederholen. Stewart ist derweil der perfekte Held, denn obwohl die Dialog-Entscheidungen keinen Einfluss auf die Geschichte nehmen, hat er derart bitterböse, sarkastische Sprüche drauf, dass man selbst in den schockierenden Momenten nicht anders kann, als loszulachen. Der Mix aus Horror, Drama und Humor könnte nicht besser aufeinander abgestimmt sein.

Rätsel der guten alten Schule

Während die Geschichte der Antrieb ist, erinnert das Gameplay an klassische Point and Click-Adventures. Man führt aber keinen Cursor über den Bildschirm, sondern steuert Stewart direkt, was aufgrund der Positionierung der Gegenstände niemals zu Problemen führt. Man wählt deshalb nie etwas Falsches aus, was Frust vermeidet. Allerdings wird man hauptsächlich Rätsel lösen, die daraus bestehen, Objekte zu finden und diese in der Umwelt zu positionieren. Leider gibt es Genre-typische Situationen, in denen man etwas raten muss und das gesamte Inventar durchprobiert, um die Lösung zu finden. Das wird zwar durch die Geschichte gut erklärt, sorgt trotzdem für nervige Momente, wenn man zum Beispiel nicht weiß, was man mit einem Tuch machen muss, das scheinbar keinen praktischen Nutzen hat. Da die einzelnen Gebiete, in denen man sich aufhält, relativ überschaubar sind, wird man aber in solchen Momenten durch ausprobieren definitiv zum Ziel kommen, auch wenn das ein wenig Zeit beansprucht.

Auch Sterben kann man in „The Long Reach“, allerdings nur durch einen Gegner. Wenn man logisch vorgeht, wird man die Verstecke selten nutzen müssen und trickst diesen geschickt aus. Bei dem Spiel handelt es sich vorrangig um ein klassisches Adventure. Die Flucht vor einem Feind stellt die Ausnahme dar. Ist man also ein wenig frustresistent, wird man ohne Probleme nach vier bis fünf Stunden das Ende erreichen, was eine gute Länge ist, da ständig interessante Sachen passieren. Durch den Psycho-Horror wird man definitiv nie gelangweilt.

Zum Schaudern schön

Auf Nintendo Switch läuft das Spiel sowohl im Handheld- als auch TV-Modus gut. Die Bildrate macht keine Probleme und die Pixelgrafik ist ständig gestochen scharf. Gerade die Lichtgebung, die durch eine Taschenlampe aufgemischt wird, erzeugt eine atemberaubende Atmosphäre, während sowohl das Design als auch die Animationen der Charaktere die Passion der Entwickler darstellen. Die Steuerung funktioniert ebenfalls gut, auch wenn Stewart manchmal etwas zickt und nicht losrennen möchte, nachdem man ein Objekt betrachtet hat.

Unschön sind leider einige Bugs. Am merkwürdigsten war das Fehlen von Wänden in einem Gebiet, weshalb man endlos lang in eine Richtung abseits des Bildschirms laufen konnte, und genauso lange zurück. Bei der Rückkehr verschwand jedoch das Charaktermodell und man konnte Stewart zwar nicht mehr sehen aber normal mit Objekten interagieren. Das lässt sich durch einen Neustart beheben, ist aber dennoch verwirrend. Hinzu kommen lange Ladezeiten sowie zwei Gelegenheiten, bei denen das Spiel stehen geblieben ist. Das alles hat keinen Fortschritt zerstört, dennoch die Atmosphäre unterbrochen.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Bereits mit dem ersten Spiel hat das Studio Painted Black Games einen echten Hit erschaffen. „The Long Reach“ begeistert durch eine bestechende Atmosphäre sowie einer erstklassigen Geschichte voller Wendungen, durchgedrehter Charaktere und viel Sinn für Humor. Auch die Rätsel bringen eine Menge Spaß mit, selbst wenn einige davon nicht immer völlig logisch sind. Das nimmt man aber dafür in Kauf, dass man immer wieder starke Momente erlebt, an die man sich noch lange nach dem Ende erinnert. Einzig die technischen Probleme, die hoffentlich nachträglich behoben werden, sind deutliche Risse in der Fassade.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Lifh
    Lifh 16.03.2018, 03:48
    Hier werde ich wohl zuschlagen.