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Disgaea 1 Complete

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Disgaea 1 Complete

Die „Disgaea“-Reihe ist bisher nur zweimal für Nintendo-Konsolen erschienen. Während auf Nintendo Switch der neueste Teil erhältlich ist, wurde „Disgaea: Hour of Darkness“ bereits als „Disgaea DS“ auf einen Handheld gebracht, damals aber leider mit zahlreichen technischen Einschränkungen. Das komplette Gegenteil stellt „Disgaea 1 Complete“ dar, dass den ersten Ausflug in die Reihe nicht nur auf die portable Konsole bringt, sondern dabei auch optisch ordentlich aufpoliert. Ob sich ansonsten etwas geändert hat, verraten wir euch im Test.

Der Overlord ist tot, lange lebe der Krieg!

Die Geschichte spielt in der Unterwelt, in der der ehemalige Overlord umgebracht wurde. Zwei Jahre später erscheint sein Sohn Laharl aus einem viel zu langen Schlaf und möchte die Nachfolge seines Vater antreten, was aufgrund der Kämpfe um den Thron alles andere als leicht ist. Gut also, dass die Dämonin Etna ihn unterstützt, zumindest scheinbar. Bereits bei der ersten Begegnung wird deutlich, dass die Dame etwas ganz Anderes vorhat, doch im Laufe der Reise muss auch sie ihre Werte vor eine Probe stellen. Als dann auch noch Engel Flonne zur Gruppe stößt, nachdem sie herausfindet, dass sie ihren Plan gar nicht ausführen kann, wird klar, dass jemand im Hintergrund als Strippenzieher arbeitet.

Die Handlung klingt klischeebeladen, und das ist sie auch – glücklicherweise! Das Spiel nimmt sich nur in wenigen Momenten wirklich ernst und ist mit Witzen vollgeladen, die einen ständig zum Schmunzeln bringen. Egal, ob sich Laharl über seine Feinde lustig macht oder die Prinnys herrlich chaotisch daherkommen, man genießt jeden Dialog und freut sich über den leichten, aberwitzigen Ton. Die Charaktere wachsen einem richtig ans Herz, weshalb die ernsteren Momente umso mehr gelingen. Bis zum Ende bleibt das Abenteuer spannend und nicht ohne Grund ist die Handlung für viele Fans eine der besten der gesamten Reihe.

Ein starkes Gerüst

Auf der spielerischen Seite sieht das schon etwas anders aus, doch beginnen wir mit den Vorteilen. In Sachen Mechaniken haben sich die Entwickler keine Freiheiten erlaubt und bieten genau das Spiel, das damals für PlayStation Portable erschienen ist und eine überarbeitete Fassung des Originals darstellte. Auf relativ kleinen Schlachtfeldern, die in Quadrate unterteilt sind, bewegt der Spieler seine Einheiten aus der Basis heraus und greift rundenbasiert die Gegner an, wenn sich diese im Umfeld befinden. Das wird sowohl schneller als auch taktischer dadurch, dass zusätzliche Angriffe ausgeführt werden, wenn sich Einheiten nebeneinander stellen. Zudem gibt es elementare Angriffe, und man kann Charaktere sogar stapeln und sie werfen, um die Karten schneller zu erobern. Die Angriffe werden aber nicht sofort ausgeführt, sondern erst wenn der Spieler diese gesondert ausführt, was alle geplanten Attacken aktiviert; somit darf man direkt alle Positionsboni ausnutzen, anstatt der Reihe nach.

Das grundsätzliche System bereitet bereits hier eine enorme Tiefe und fordert vom Spiele, seine Truppen richtig auszuspielen. Die kompakten Karten sorgen dafür, dass man nie zu lange an einer sitzt und somit entsteht das typische „Disgaea“-Gefühl, bei dem taktische Gefechte mit einer gewissen Schnelligkeit gepaart werden. Ständig werden neue Gegnertypen eingeführt und man lernt, seine Optionen besser zu nutzen. Leider fehlt es an jeglichen spielerischen Neuheiten oder auch Verbesserungen, die in den späteren Teilen folgten, und auch die Karten wurden nur optisch aufpoliert. Damit können alle Interessierten die erste Stunde nun in einem modernen technischen Gewand genießen, und Einsteiger werden nicht gleich mit Optionen überwältigt. Fans müssen sich aber auf eine kleine Zeitreise einstellen, selbst wenn der Erstling wahnsinnig gut gealtert ist.

Spaßiger Grind

In mehreren Kapiteln entfaltet sich die Geschichte, hinzukommen noch einige Bonus-Kapitel mit weiteren Maps. Das Spiel ist aber kein Titel, den man einfach so durchspielt, denn die spannenderen Mechaniken drehen sich voll und ganz um den Grind. Das klingt abschreckend, entfaltet sich jedoch nach einigen Stunden völlig, wenn man seine eigenen Truppen erstellt. Diese starten auf einem niedrigen Level, sind jedoch mit einem Meister verbunden, der beim Levelaufstieg der Lehrlinge auch Boni erhält, weshalb man sich gut überlegen sollte, mit welchem Charakter man Soldaten erstellen möchte. Die Klassenauswahl ist bereits anfangs gelungen, entfaltet sich im Laufe des Abenteuers aber merklich und somit wird man ständig neue Anhänger erschaffen, diese aufleveln und seine Helden schließlich bis zum berüchtigten Level 9999 aufsteigen lassen – wenn man denn die hunderte Stunden investieren möchte. Hierbei steckt enorm viel Spieltiefe, denn durch einen Rat lassen sich die Truppen verstärken und Einzelprüfungen resultieren in wichtigen Boni, ohne die man im späteren Verlauf nicht weit kommt. Auch das klingt anfangs etwas überwältigend, das Pacing ist aber derart perfekt auf die Mechaniken abgestimmt, dass man sich erst damit beschäftigen muss, wenn man bereits die Grundlagen verinnerlicht hat.

Wer seine Items oder Ausrüstung verbessern möchte, kann das durch die Item-Welt machen. Diese erschafft aus Gegenständen bis zu 100 Level, die die eigene Truppe bestehen muss, dabei aber auch andere Belohnungen erhält. Das kann ein echter Zeitfresser sein und wird zu einer Hauptattraktion, die sehr lange bei Laune hält. Natürlich muss man den Ablauf mögen, doch bereits nach den ersten Stunden wird jeder für sich entschieden haben, ob er alle Features des Spiels auskosten möchte oder sich doch nur auf die Hauptgeschichte konzentriert.

Von Bonus zum Puzzle

Eine weitere wichtige Mechanik sind die Geo, die in den meisten Leveln vertreten sind. Befinden sich diese auf farblich gekennzeichneten Flächen, geben sie Boni oder Nachteile für Einheiten, die sich auf gleichfarbigen Quadraten befinden. Natürlich kann das praktisch sein, doch die Feinde profitieren auch davon, und dank der Option, die Geo zu zerstören, wodurch möglicherweise Feinde Schaden nehmen, wird die Mechanik zu einer Kernmechanik, die ständig beachtet werden muss.

Leider kommt es zu einigen Problemen. Befinden sich die Flächen im Wasser, lassen sie sich nur schwer erkennen, was zu ärgerlichen Überraschungen führt. Zudem beißen sie sich in seltenen Fällen mit den Hintergründen und der Spieler muss genau hinschauen, um keine Fehler zu machen. Der Einsatz in den Hauptmissionen ist auch nicht immer gelungen und wirkt wie für eine bestimmte Strategie ausgelegt. Viel besser ist das in der Item-Welt, in der nicht selten die gesamte Kampffläche von vielen Farben gekennzeichnet wird. Dann werden die Schlachten fast zu Puzzeln und nur wer die Geo richtig nutzt, wirft und zerstört, kann die Bonus-Leiste vollständig füllen, um zahlreiche Belohnungen zu erhalten.

Hinter den Möglichkeiten

Die offensichtlichste Änderung ist natürlich die Optik, die sich dank HD-Überarbeitung mit „Disgaea 5 Complete“ messen darf, selbst wenn einige Hintergründe keine Augenweiden sind. Auch die Menüs wurden entsprechend angepasst und somit ist die Benutzeroberfläche praktischer, da die Informationen übersichtlich dargestellt werden. Im Vergleich mit dem neuesten Serienteil fällt aber auf, dass die neueren Waffentypen oder Elemente fehlen. Dadurch bleibt das Spiel auf dem Niveau seiner Zeit, auch wenn es heute noch gut spielbar ist. 

Es ist nichtsdestotrotz eine Enttäuschung, dass die Macher den Titel nicht stärker überarbeitet haben. Neue Charaktere, Kapitel oder Waffentypen hätte man einführen können, denn auch die damaligen Neufassungen boten diverse Neuerungen, die das Spiel verbessert haben. Das Spiel bleibt gut, aber wer auf die optischen Neuerungen verzichten kann, dürfte auch mit den anderen Versionen kein Problem haben und besonders die PC-Version ist zu einem Bruchteil des Preises erhältlich. Zwar lässt sich auch der Etna-Modus freischalten, der eine gesonderte Geschichte erzählt, für eine Neuveröffentlichung hätten sich Fans aber mehr gewünscht. Zudem bleiben einige nervige Aspekte, zum Beispiel die viel zu lange Animation, wenn viele Felder explodieren. Das wurde in der japanischen Version mittlerweile behoben, ein Patch sollte also auch hier erfolgen. Schlimmer ist da schon die Übersicht, denn in der Item World kann man manchmal seine Einheiten gar nicht mehr sehen, da sie in allen Kamerapositionen verdeckt werden. Das frustriert und macht einmal mehr deutlich, wie viele Jahre das Spiel bereits auf dem Buckel hat. Zudem fehlt der mittlerweile so wichtige Cheat Shop, was zu einer nervigen Art von Grind führt, die die neueren Ableger losgeworden sind.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Disgaea 1 Complete“ lässt sowohl Fans als auch Neulinge den ersten Teil der Reihe in seiner bislang besten Fassung erleben. Die überarbeitete Oberfläche, die scharfen HD-Grafiken und die übersichtlicheren Menüs zeigen erst recht, wie großartig das Spiel gealtert ist. Die Geschichte kombiniert Humor und Spannung nahezu perfekt und man verliert sich in den kompakten aber taktischen Kämpfen, sodass es nicht unwahrscheinlich ist, mehrere hunderte Stunden und noch mehr in das Spiel zu investieren. Leider machen einige Probleme deutlich, dass der Titel einige Jahre auf dem Buckel hat, und man erhält außer der technischen Überarbeitung keine Verbesserungen, was eine derbe Enttäuschung darstellt. Einen guten Anfangspunkt für die Reihe stellt der Titel dennoch dar und Fans werden auch ihren Spaß haben, wenn sie auf die zahlreichen spielerischen Verbesserungen der Nachfolger verzichten können.

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