Seitdem „Pokémon Schwert“ und „Pokémon Schild“ im Februar offiziell enthüllten wurden, hat die mittlerweile bereits achte Generation der erfolgreichen Reihe um die beliebten Taschenmonster für eine Menge Gesprächsstoff gesorgt. Vor allem das Fehlen eines nationalen Pokédex mit allen bislang erschienenen Pokémon sorgte im Voraus für viel Kritik seitens der Fans. Ob "Pokémon Schwert" dennoch begeistern kann, erfahrt ihr im folgenden Test.

Ein Spiel, zwei Editionen
Wie jedes Mal wurden auch für die achte Generation zwei Spiele veröffentlicht. Statt beide Titel in einem Testbericht zu behandeln, haben wir uns für zwei entschieden. Das bedeutet nicht, dass die Unterschiede groß sind oder eine Version besser als die andere ist. Allerdings wird uns so ermöglicht, zwei unterschiedliche Ansichten zu präsentieren. Wer den Testbericht zu „Pokémon Schild“ lesen möchte, findet ihn hier.
Auf nach Galar!
Diesmal werden Spieler nach Galar entführt, einer Region, die ganz offensichtlich vom Vereinigten Königreich inspiriert wurde. Das wird nicht nur durch die lange und enge Form der Insel bemerkbar, sondern auch durch die Architektur der Gebäude, bestimmte Anspielungen und sogar ein Pokémon, das wie eine Teekanne aussieht. Die Städte in Galar sind fantastisch gestaltet und bieten allesamt durch ihre individuelle visuelle und auch musikalische Gestaltung eine ganz eigene Atmosphäre. Leider beschränkt sich die Individualität der Städte dabei stark auf die audiovisuellen Komponenten, denn insgesamt fehlt es den meisten Orten leider an charakteristischen Gebäuden, einem spannenden Aufbau und ähnlichem, das sie voneinander abheben würde. Dadurch ähneln sich auch die möglichen Spieleraktionen innerhalb der Städte so sehr, dass es spielerisch kaum einen Unterschied macht, ob man sich nun in dieser oder jener Stadt aufhält. Das Gleiche gilt in gewisser Weise für die recht kurzen und ebenfalls viel zu gradlinigen Strecken zwischen den Städten.

Lineare Story mit kaum Höhepunkten
Im Fokus der Geschichte steht wie üblich die Pokémonjagd sowie das Ziel, der beste Trainer der gesamten Region zu werden. Dafür gibt es die Arena-Challenge, an der lediglich diejenigen teilnehmen dürfen, die eine Empfehlung von Arenaleitern oder wichtigen Persönlichkeiten wie dem Liga-Präsidenten Rose oder dem amtierenden Champ Delion erhalten haben. Nachdem der eigene Charakter und sein aufgedrehter Rivale Hop im Kampf gegeneinander ihr Talent unter Beweis gestellt haben, erhalten die beiden vom Champ, der gleichzeitig Hops großer Bruder ist, auch eine solche Empfehlung. Im Laufe der Arena-Challenge lernt man dann noch weitere sympathische Charaktere kennen wie die Enkelin der Professorin Sania oder Mary, die von Team Yell lautstark unterstützt wird. Insgesamt ist die Geschichte bedauerlicherweise sehr gradlinig, sodass man in der Regel einfach von Arena zu Arena zieht, weil abseits davon kaum etwas passiert. Selbst die Kämpfe gegen die Rivalen verlieren durch die ständige Wiederholung im Laufe des Spiels ihren Reiz, was auch an den größtenteils belanglosen Dialogen liegt. Und auch der Umfang ist mit etwa 15 bis 20 Stunden nicht übermäßig groß, zumal es nach der Hauptgeschichte außer der Vervollständigung des Pokédex nur recht wenig zu tun gibt. Das Ende der Geschichte stellt dagegen noch einmal einen kleinen Höhepunkt dar, da hier die zwischendurch eingestreuten Storyschnipsel zusammenkommen und einen ordentlichen Abschluss bilden.
Zurück zur Natur
Glücklicherweise bieten die neuesten „Pokémon“-Ableger abseits der enttäuschenden Handlung im Detail eine Menge neuer Funktionen, die sich sehr gut mit dem Hauptgameplay verbinden lassen. Eine besonders große Rolle kommt dabei der Naturzone zu. Dabei handelt es sich um eine riesige Fläche im Herzen von Galar, die wiederum in unterschiedliche Habitate unterteilt ist. Durch die variantenreichen Landschaften, Wetterschwankungen sowie Tag- und Nachtwechsel fühlen sich die „Pokémon“-Spiele hier mit Abstand am lebhaftesten und authentischsten an. Zudem kann man überall in der Naturzone rotglühende Nester finden und die dort befindlichen Wattpunkte gegen unterschiedliche Prämien eintauschen.
Wer die Naturzone durchstreift, trifft dort auch auf besonders starke Pokémon, die man zu Beginn des Spiels auch noch gar nicht einfangen kann. Das wirkt zwar zu Beginn seltsam, da es Pokémon-Sammler bislang gewöhnt waren, dass man im Prinzip jedes wilde Pokémon, dem man begegnet, auch fangen kann. Allerdings ist diese Beschränkung aus Balancing-Gründen sinnvoll, da man sonst viel zu früh viel zu mächtige Taschenmonster im Team hätte. Gleichzeitig trägt das Erscheinen dieser mächtigen Pokémon dazu bei, dass sich die Spiele zumindest in der Naturzone authentischer anfühlen als bei den Vorgängern. Denn wieso sollten in der weiten Wildnis der Naturzone nicht auch solch starke Pokémon auftauchen können? Obwohl es von den mittlerweile fast 900 Pokémon nur etwa die Hälfte ins Spiel geschafft haben, bietet auch der Galar-Pokédex eine hohe Typenvielfalt, sodass man sich auch in „Pokémon Schwert“ ein mächtiges Team zusammenbasteln kann. Gleichzeitig schmerzt die Abwesenheit der übrigen Pokémon allerdings auch, gerade deshalb, weil das Motto der Reihe stets „Schnapp sie dir alle!“ war.

Mit Dynamaximierung zum Sieg?
In der neu eingeführten Naturzone finden auch die Dyna-Raids statt. Dabei stellt man sich gemeinsam mit drei weiteren Spielern einem Dynamax-Pokémon. Bei diesen handelt es sich um Taschenmonster, die aufgrund der Dynamax-Energie zu gigantischer Größe heranwachsen und dadurch über mehr Lebenspunkte verfügen. Einige können sogar gigamaximieren und dadurch nicht nur ihre Größe, sondern auch ihre Form verändern und besonders mächtige Attacken entfesseln, was zum Teil wirklich beeindruckend aussieht. Hat man keine Internetverbindung und gerade auch keine lokalen Mitspieler da, muss man zum Glück nicht ganz auf die Raids verzichten, da man in diesem Fall automatisch von drei computergesteuerten Trainern unterstützt wird. Dadurch, dass man nach einem erfolgreichem Raid die besiegten Pokémon fangen kann und zusätzlich einige Items als Belohnung erhält, bieten die Dyna-Raids eine tolle Möglichkeit, das eigene Team noch weiter zu verstärken. Auch in den Arenen und bei ein paar anderen Kämpfen ist die Dynamaximierung möglich und lässt sich auch vom Spieler selbst nutzen. Die Dynamaximierung dauert dann aber nur drei Runden lang an und kann auch nur einmal pro Kampf genutzt werden. Wer die Dynamaximierung in den entsprechenden Kämpfen nutzt, dürfte diese allerdings dann trotz dieser Beschränkungen einen Tick zu einfach finden.
Geförderte Zugänglichkeit durch sinnvolle Änderungen
Eine weitere Neuerung ist das PokéCamping. Praktisch überall im Freien kann man selbst ein Camp aufschlagen oder die Camps anderer Charaktere besuchen, um dort mit seinen Pokémon zu spielen und leckeres Essen zuzubereiten, das die eigenen Pokémon bei erfolgreicher Zubereitung heilen kann und ihnen zusätzliche Erfahrungspunkte beschert. Auch wenn die Minispiele bei der Essenzubereitung recht schnell langweilig werden, sind die PokéCamps eine sinnvolle Neuerung, da man dadurch nicht immer darauf angewiesen ist, Heilitems zu jeder Zeit im Inventar zu haben. Das PokéCamping fügt sich dabei in einen Trend ein, der sich wie ein roter Faden durch das Spiel zieht. Denn „Pokémon Schwert“ ist wohl mit Abstand das zugänglichste „Pokémon“-Spiel. Das zeigt sich auch an anderen Stellen. Beispielsweise bekommt man schon sehr früh im Spiel ein Fahrrad, kann praktisch überall und zu jeder Zeit auf die PC-Boxen zugreifen und wie in den direkten Switch-Vorgängern nervige Zufallskämpfe umgehen. Auch wenn es sich dabei scheinbar um Kleinigkeiten handelt, verbessern diese Änderungen durch die Reduzierung von Frustmomenten spürbar das Spielerlebnis. Durch ein wirklich umfangreiches und ansprechendes Kleidungsortiment, auf das man durch die zahlreichen Boutiquen zugreifen kann, kann sich außerdem jeder nach den neuesten Fashing-Trends der Galar-Region einkleiden oder seinen eigenen Stil zu Schau stellen.

Musikalisch mit Bestnote, optisch mit Licht und Schatten
Visuell gesehen ist „Pokémon Schwert“ das schönste „Pokémon“-Spiel. Besonders bei der Umgebung fällt auf, dass Gräser, Seen und weitere Orte deutlich natürlicher wirken als in den vorherigen Serienablegern. Besonders stark können die neuesten Taschenmonsterspiele durch die beeindruckende Inszenierung punkten. Durch geschickte Wechsel der Kameraperspektive bekommt man beispielsweise an bestimmten Stellen im Spiel eine tolle Weitsicht geboten. Auch die Arenakämpfe, bei denen man praktisch wie ein Fußballstar in die Arena einläuft, sind geschickt in Szene gesetzt und auch abseits davon findet man auf der Reise durch die Galar-Region immer wieder Kostproben dieser beeindruckenden Inszenierung. Gleichzeitig ist das Design der neuen Pokémon erstklassig und aufgrund der Tatsache, dass die meisten Pokémon wieder mehr vom Tierreich als von seltsamen Gegenständen inspiriert wurden, fügen sich diese perfekt ein.
Leider erscheinen die Landschaften und Städte besonders auf dem großen Bildschirm nicht immer scharf. Außerdem gibt es hin und wieder auch kleine Einbrüche der Bildrate, vor allem bei Kämpfen mit dynamaximierten Pokémon und in der Naturzone, wenn Wettereffekte stattfinden. Ebenfalls dauert es nach der Eingabe von Befehlen in Kämpfen oft kurz, bis diese registriert werden und das Kampfgeschehen dann weitergeht. Diese Mäkel verschlechtern das Spielerlebnis zwar nicht wirklich, fallen aber doch immer wieder auf und sorgen somit für einen insgesamt nicht ganz runden Eindruck von der Performance des Spiels. Musikalisch bietet „Pokémon Schwert“ einen breiten Mix aus verschiedenen Genres, darunter zarte Streichmusik, Synthesizer-Musik und sogar aufputschende Techno-Musik, die einen während der Arenakämpfe schwungvoll mitwippen lässt. Überarbeitete Klassiker aus früheren Spielen runden die Auswahl dabei wundervoll zu einer beeindruckenden Mischung ab.
https://www.youtube.com/watch?v=wm89JEH-U4s
Bisher gibt es zehn Kommentare
Das Spiel ist richtig schlecht geworden dafür dass es das erste "richtige"Pokemon Spiel für die Switch ist.