Das Indie-Studio All Possible Futures präsentiert mit „Der Kühne Knappe” einen charmanten Genre-Mix, der sofort Aufmerksamkeit erregt. Die Köpfe hinter diesem Titel, James Turner und Jonathan Biddle, haben bereits in der Vergangenheit Erfahrungen bei renommierten Projekten gesammelt: Turner wirkte als Designer für Game Freak und zeichnete sich unter anderem als Art Director verschiedener Pokémon-Spiele aus, während Biddle bei Devolver Digital als Kreativedirektor für „The Swords of Ditto” tätig war. Mit „Der Kühne Knappe” bündeln sie nun ihre Expertise und versuchen, sowohl Kinder- als auch Erwachsenenherzen höher schlagen zu lassen. Ob das gelingt, erklären wir in unserem folgenden Review.
Ein märchenhaftes Abenteuer
Die Geschichte beginnt im Land Mojo, in dem der tapfere Jot, unser titelgebender Knappe, sich erneut dem bösen Zauberer Humgrump entgegenstellt. Jot ist es gewohnt, seine Abenteuer siegreich zu beenden, doch dieses Mal hat Humgrump einen entscheidenden Vorteil: Er entdeckt, dass ihre Welt nur ein Märchen ist, und wirft Jot aus den Seiten des Buches in die reale Welt hinaus. Dadurch ist das Happy End in Gefahr, und es liegt an Jot, es zurückzuerobern.
Doch der wahre Zauber des Spiels entfaltet sich, als Jot die Grenzen des Buches überschreitet und in die „echte” Welt eintritt. Während er sich durch Kinderzimmer voller Stifte, Lineale und Spielzeug kämpft, trifft er auf allerlei skurrile Charaktere, die ihm auf seinem Weg zur Seite stehen – darunter auch der liebenswürdige Zauberer Moonbeard, der ihm beibringt, zwischen der 2D- und 3D-Welt zu wechseln. Dieser Wechsel verleiht dem Abenteuer eine einzigartige Dynamik, bei der Jot immer wieder zwischen den Seiten des Märchenbuchs und der Realität hin- und herreist, um seine Mission zu erfüllen.
Vom Papier in die Realität
Schon auf den ersten Blick wird klar, dass „Der Kühne Knappe” die klassische Puzzle-Plattform-Formel auf den Kopf stellt. Jot kann über gewisse Absprungpunkte aus dem zweidimensionalen Buch heraus und in die dreidimensionale Umgebung wechseln, um seine Rätsel zu lösen. Diese nahtlosen Übergänge fühlen sich stets spannend an und bringen frischen Wind in das Genre. Dabei begegnen ihm immer wieder Herausforderungen, bei denen er Wörter aus den Seiten des Buches aufsammelt, um sie woanders zu platzieren und so neue Wege zu öffnen. Diese Art von Rätselmechanik, bei der Sprache und Erzählung eng mit dem Gameplay verknüpft sind, erweist sich als wunderbar erfrischend.
Das Wechselspiel zwischen den zwei Welten sorgt auch im Kampf für Abwechslung: Während Jot in der Buchwelt noch auf flachem Papier gegen Feinde antritt, entfalten sich die Kämpfe im dreidimensionalen Raum zu einem kleinen Spektakel. Auch wenn die Gegner oft keine allzu große Herausforderung darstellen, bereitet es einfach Freude, Jot dabei zuzusehen, wie er mit einem Federkiel-Schwert durch seine Gegner pflügt.
Wortspielereien und Mini-Abenteuer
Das wahre Highlight des Spiels sind die kreativen Rätsel. Wenn Jot auf eine Seite trifft, auf der „Der Graben war vollkommen leer” steht, kann er das Wort „leer” durch das woanders gefundene „voll” ersetzen, um so einen Fluss entstehen zu lassen, über den er schließlich hinwegkommt. Solche Rätsel ziehen sich durch das gesamte Abenteuer und bleiben dabei stets unterhaltsam. Auch die zahlreichen Minispiele sind clever ins Gameplay integriert und sorgen für zusätzliche Überraschungsmomente: Mal wird der Bildschirm zur Bühne für ein Rhythmus-Spiel, ein anderes Mal schlüpft man in die Rolle eines Weltraumpiloten im Stile von Twin Stick-Shootern.
Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass das Spiel den Spielfluss durch zahlreiche Story-Sequenzen und Tutorials unterbricht – selbst in den späteren Kapiteln. Gerade wenn man richtig in das Abenteuer eintauchen möchte, reißt einen das ständige „an die Hand genommen werden“ leider immer wieder heraus. Anstatt einem das Gefühl zu geben, frei die Welt zu erkunden, wirkt es mitunter so, als hätte der „Kühne Knappe“ ein wenig zu viele Anweisungen im Gepäck. Das dämpft den Spielspaß und verhindert, dass man voll und ganz in das Abenteuer eintauchen kann.
Ein Augenschmaus mit Liebe zum Detail
Auf technischer Seite beeindruckt „Der Kühne Knappe” mit einer geradezu magischen Präsentation. Die Kombination aus handgezeichneten 2D-Illustrationen und der liebevoll gestalteten 3D-Umgebung lässt die Welt sowohl nostalgisch als auch modern wirken. Die Detailverliebtheit zeigt sich in den fein gezeichneten Charakteren, den liebevoll gestalteten Hintergründen und den clever platzierten Objekten im Kinderzimmer, die für jede Menge „Aha“-Momente sorgen. Der Wechsel zwischen 2D- und 3D-Welten gelingt dabei fließend, was das Gefühl vermittelt, wirklich in eine lebendig gewordene Geschichte einzutauchen.
Die musikalische Untermalung ist ebenfalls ein großes Highlight. Jedes Kapitel wird von einer passenden Melodie begleitet, die mal fröhlich, mal dramatisch, aber stets passend die Atmosphäre unterstreicht. Egal, ob man sich in einem dunklen Wald, einer belebten Stadt oder auf einem überfüllten Schreibtisch befindet – die Musik sorgt dafür, dass man sich stets mitten im Abenteuer fühlt.
So beeindruckend „Der Kühne Knappe” auch ist, gibt es dennoch einige Schattenseiten. Auf der Nintendo Switch kämpft das Spiel gelegentlich mit Performance-Problemen: Besonders in den 3D-Abschnitten kommt es zu Framerate-Einbrüchen, die den Spielfluss stören können. Auch die Auflösung schwankt hier und da, was den Gesamteindruck etwas trübt. Diese technischen Unstimmigkeiten fallen zwar nicht massiv ins Gewicht, sind aber dennoch spürbar und können den Spielfluss in den hektischeren Momenten beeinträchtigen. Wer also die Möglichkeit hat, das Spiel auf einer stärkeren Hardware zu spielen, sollte dies durchaus in Erwägung ziehen.
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