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Just Dance 2023 Edition

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Just Dance 2023 Edition

Als 2009 „Just Dance“ für die Wii erschien, dachte niemand, dass Ubisoft damit eine der langlebigsten Reihen der Firmengeschichte erschaffen würde. Neben den zahlreichen Spin-Offs, gab es im Jahr 2013 den vielleicht größten Umbruch, denn neben der Ankunft auf neuen Konsolen, wurde die Nummerierung durch das jeweils kommende Jahr ausgetauscht. Einher gingen Änderungen in Sachen Modi und Präsentation - und genau dieser große Umbruch geschieht nun mit „Just Dance 2023 Edition“ erneut. Obwohl der neueste Ableger erneut gelungen ist, fühlt er sich aber leider wie ein Rückschritt für die Reihe an.

Kein guter Anfang

Bereits der Start überrascht eher negativ - und das liegt nicht einmal an den Menüs, sondern beim Öffnen der physischen Version. Dieser liegt nämlich erstmals keine Karte bei, sondern lediglich ein Download-Code, was nie gern gesehen ist. Lädt man sich mit diesem das Spiel runter, ist der Download aber noch nicht vorbei, denn die Lieder werden nur gestreamt. Wer die 40 Tänze auch offline, oder schlichtweg in bester Qualität erleben möchte, muss sie im Spiel selbst herunterladen, was unnötig kompliziert ist.

Doch auch ansonsten ist die neue Präsentation erschreckend: Begrüßt wird man nämlich mit vorgefertigten Playlisten und vorgeschlagenen Songs. Wenn man gezielt welche auswählen möchte, muss dafür erst ein seitlicher Menüpunkt ausgewählt werden, und das nach jedem einzelnen Tanz. Es ist völlig unverständlich, wieso es eine derart nervige Hürde gibt, nur um die Songs auszuwählen, zu denen man tatsächlich tanzen möchte. Dass die Menüs auf Nintendo Switch dazu noch derbe ruckeln, ist schlichtweg inakzeptabel und muss durch einen Patch behoben werden. Technisch lief noch kein Spiel der Reihe schlechter.

Monumentale Songliste

Der erste Schock, der sich aufgrund der katastrophalen Menüs auch nicht legt, wird glücklicherweise durch das eigentliche Gameplay abgeschwächt. Die Songliste allein sprengt in diesem Jahr wohl alles, was bislang geboten wurde: Mit „Boy with Luv“ und „Dynamite“ feiern BTS ihren Einzug, und allgemein werden K-Pop-Fans gut bedient. Songs wie „Million Dollar Baby“, „Physical“ und „Sweet but Psycho“ sind derweil wie für „Just Dance“ geschaffen und auch die jährliche Lady Gaga-Würdigung ist mit „Telephone“ gegeben.

Während das Paket allgemein also schon gut ist, sind es die außergewöhnlichen Zugänge, die das Paket perfektionieren. „Toxic“ kehrt nämlich zurück, allerdings diesmal mit dem von Britney Spears gesungenen Song sowie zwei neuen Choreos, die näher am Original sind. Eine gigantische Überraschung ist „We Don’t Talk About Bruno“, denn auch hier wurde die Choreo so nah am Original gehalten, wie nur möglich, was zu Moves führt, die wir noch nie in der Reihe gesehen haben. „Bring Me to Life“ und „Numb“ mögen unpassend wirken, doch auch hier wurden die Choreos so gut ausgearbeitet, dass Ubisoft einmal mehr beweist, wieso die Reihe noch immer so erfolgreich ist. Nichts kommt aber gegen „Sissy That Walk“ an, mit dem Legende RuPaul Einzug in die Reihe feiert. Das Team hinter „Just Dance“ hat schon immer die queere Community verstanden und gefeiert, sei es durch zahlreiche Anspielungen oder inklusive Songlisten. Da „Sissy That Walk“ aber von der wohl größten Drag Queen der Welt stammt und von Lolita Banana eingetanzt wurde, die selbst eine Drag Queen ist, und dabei auch aus der Drag-Szene bekannte Moves genutzt werden, wird eine neue Grenze in Videospielen gesprengt - wobei bereits im vergangenen Jahr mit zwei Songs von Pabllo Vittar die Vorarbeit geleistet wurde. Für die meisten Fans der Reihe handelt es sich dabei schlichtweg um einen neuen, eher unbekannten Song, für eine kleine Gruppe beweisen die Macher*innen aber, dass sie sie respektieren und wertschätzen - Repräsentation ist wichtig!

Der unvergleichliche Tanzspaß

Die Choreos selbst überzeugen natürlich ebenso, wobei vor allem die eher leichteren wie „Million Dollar Baby“ ein wenig zu simpel geraten sind, was andere aber mehr als ausgleichen. Vor allem die Präsentation ist diesmal gelungener als jemals zuvor, denn die Videos erzählen kleine Geschichten, sind deutlich lebendiger präsentiert und wirken durch ungewöhnliche Kamerafahrten und Szenenwechsel noch abgedrehter. Bereits im Vorjahr wurde gute Arbeit geleistet, in diesem Jahr wird dem aber die Krone aufgesetzt. Dass die Tänzer mittlerweile selbst Charaktere sind, und in einigen Videos Anspielungen auf andere Tänze der letzten Jahre geboten werden, setzt neue Maßstäbe für „Just Dance“.

Die Tänze sind erneut abwechslungsreich, teilweise sehr anstrengend und stets spaßig gehalten, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass einige Moves nicht ganz so gut erkannt wurden wie in den vergangenen Jahren - das kann aber auch schlicht daran liegen, dass man die Tänze natürlich perfektionieren muss, bevor man an Highscores denkt. Wem es nur wichtig ist, neue Tänze geboten zu bekommen, der wird in diesem Jahr wunschlos glücklich. Zudem gibt es eine Story-Playlist, in der über sieben Songs hinweg eine kleine Geschichte erzählt wird - sowas möchten wir häufiger sehen!

Ein Schritt zurück

Leider kann die Lobeshymne nicht weitergehen, denn abseits der Songliste ist „Just Dance 2023 Edition“ ein Rückschritt. Das fällt bereits bei den Modi auf, denn Just Sweat ist erstmals seit „Just Dance 2“ nicht dabei. Es fehlt sogar die Möglichkeit, eigene Playlisten zu erstellen - wie solche fundamentalen Features fehlen können, ist unerklärlich und inakzeptabel. Sogar kleine Komfortfunktionen, wie passende Controllervibrationen zum Takt der Musik fehlen, obwohl sie spielerisch durchaus sinnvoll sind. Der Preis für den Neuanfang ist schlichtweg zu hoch, und obwohl in Zukunft zahlreiche Updates folgen sollen, lässt sich nicht leugnen, dass hier ein unfertiges Spiel geboten wird.

Zwei Schritte zurück

Bereits im Vorfeld war klar, dass „Just Dance Unlimited“ fehlen würde. Wir erinnern uns: Durch einen überraschend kleinen Abo-Aufpreis konnten Spielende auf hunderte Songs anderer Teile zugreifen, wobei es regelmäßig Updates gab, die sogar komplett neue Lieder hinzugefügt haben. Der Wegfall ist tragisch, wird aber zumindest ein wenig durch „Just Dance +“ aufgefangen. Der Dienst ist etwas günstiger und kostet nur 3,99 Euro im Monat, oder 24,99 für ein ganzes Jahr, und funktioniert exakt so, wie „Unlimited“. Leider ist der einzige Unterschied dann auch schon der größte Kritikpunkt, denn zum Start gibt es nur 150 Tänze und somit sehr viel weniger als zuvor. Das Team verspricht regelmäßige Updates, die neue und alte Songs mitbringen werden, doch hier zieht sich dasselbe Problem der Modi und Funktionen weiter: Wieso sollte man zum neuen Spiel greifen, wenn schlichtweg versprochen wird, dass es irgendwann das Niveau der älteren Teile erreicht? Wieso sollte man „2023 Edition“ spielen, wenn „2022“ so viel mehr bietet?

Zu viele Schritte zurück

Der einzige Neuzugang ist der Online-Modus, durch den es nun endlich möglich ist, eigene Lobbys zu erstellen und gezielt mit bis zu fünf Freunden zu tanzen. Das ist eine willkommene Neuerung und funktioniert auch bestens, denn sogar Cross-Play mit anderen Konsolen wurde aktiviert. Cross Progression ist ebenso hilfreich, auch wenn das nur die wenigsten nutzen werden.

Doch wie man es von diesem Teil gewohnt ist, kommt kein Sieg ohne Opfer aus. Der World Dance Floor, der vielleicht beste Modus der gesamten Reihe, fehlt nämlich. In diesem konnte man gegen hunderte Tänzer*innen auf der ganzen Welt antreten, während die Songs wie bei einem Musiksender zufällig ausgewählt wurden, mit kleinen Entscheidungsmöglichkeiten zwischendurch. Der Modus wurde bereits in den vergangenen zwei Jahren stark eingeschränkt, denn Boss-Kämpfe, besondere Events oder gar die verschiedenen Spielmodi wurden entfernt, und nun fehlt er komplett. Der Wegfall des Modus ist vielleicht das tragischste an der gesamten „Just Dance“-Reihe, und obwohl die Entfernung wie ein logischer letzter Schritt wirkt, dürfte er dafür sorgen, dass die Langzeitmotivation auf einem neuen Tief angekommen ist. Wieso das ausgerechnet bei dem Teil geschehen muss, der die besten Choreos und Songs der Reihe bietet, bleibt ein ewiges Fragezeichen.

Leere Versprechungen?

All die Kritikpunkte sind ein direktes Resultat des Reboots, das die Reihe in diesem Jahr erlebt. Natürlich ist es schön, wenn eine Reihe sich weiterentwickelt, doch nicht, wenn schlichtweg weniger als gewohnt geboten wird. Brand Director Amelie Louvet hat mittlerweile bestätigt, dass „Just Dance 2023 Edition“ der letzte konventionelle Ableger wird, und sich das Spiel in Zukunft eher als Plattform versteht. Über Monate und Jahre hinweg sollen neue Songs, Modi und Features hinzukommen, auch für diejenigen, die kein „Just Dance +“-Abo abschließen. Dadurch wird es plötzlich logisch, dass selbst die normalen Songs heruntergeladen werden müssen, denn somit muss man irgendwann nicht mehr alle Tänze lokal gespeichert haben sondern nur die, die man wirklich besitzen möchte.

Das klingt durchaus interessant, doch wir können nur das bewerten, was wir sehen. Welche Modi hinzukommen sollen, wann Songs hinzugefügt werden sollen und ob es nochmal eine Welle an 40 Songs geben wird, wie es bislang immer der Fall war, ist noch völlig unklar. Vielleicht wäre es besser gewesen, das Spiel zu verschieben, um direkt ein rundes Paket abzuliefern. Stattdessen werden Fans mit Versprechen vertröstet, ohne eine grobe Roadmap zu kennen. Das kann nicht die Lösung für die Reihe sein, und ich wäre mehr als glücklich, in einigen Monaten dieses Review updaten zu können mit der freudigen Botschaft, dass „2023“ Edition der beste Teil der Reihe ist. Doch aktuell lässt sich eher sagen, dass er einer der enttäuschendsten Haupteile ist.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

Wer sein jährliches Update benötigt oder wieder in die Reihe einsteigen möchte, erhält mit „Just Dance 2023 Edition“ einen guten Ableger. Die beste Songliste der Reihe wird mit der besten Präsentation und fantastischen Choreos gepaart, die beweisen, was für eine enorme Qualität das Team erreicht hat. Leider steht das im gigantischen Kontrast zu den anderen Änderungen, denn im Vergleich zum letzten Jahr fehlen wichtige lokale und Online-Modi sowie Funktionen, die das Gesamtpaket stets bereichert haben. In fast jedem Bereich wurden deutliche Abstriche gemacht, die jeden Fan enttäuschen werden und dafür sorgen, dass sich der Titel noch nicht uneingeschränkt empfehlen lässt. Ob sich das durch die Updates, die in Zukunft erscheinen sollen, verbessern wird, steht noch in den Sternen.

Bisher gibt es einen Kommentar

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  • Avatar von Starkirby
    Starkirby 17.12.2022, 02:15
    Danke für das ehrliche Review. Ich hab mal ne Frage: Da man ja nur einen Downladcode bekommt, braucht man wahrscheinlich reichlich speicherplatz um das Spiel runterzuladen (und die Songs)? An physical Versionen mochte ich immer, dass ich Speicher sparen kann, meiner ist nämlich voll.