Inside Nintendo 18: Die Mario- und Zelda-Programmierer

Das Triforce ist nicht bloß ein fiktives Relikt der „The Legend of Zelda“-Spiele. Nein, es existiert tatsächlich! Die drei Fragmente des Triforce tragen die Namen Shigeru Miyamoto, Takashi Tezuka und Toshihiko Nakago. In der Tat werden diese drei Nintendo-Entwickler als die „großen Drei“ bezeichnet, da sie seit 1984 zusammenarbeiten und für die „Super Mario“- und „The Legend of Zelda“-Reihe verantwortlich sind. Miyamoto kennt wohl jeder Leser dieser Seite; Tezuka steht ihm in Bedeutung eigentlich in nichts nach, ist aber weniger bekannt. Von Toshihiko Nakago aber dürften nur die Wenigsten etwas gehört haben. Wer ist das? Er ist der Präsident des Unternehmens Systems Research & Development (SRD), das bereits seit über 30 Jahren Spiele für Nintendo programmiert. In diesem Report wollen wir die Geschichte und Bedeutung von Nakago und seinem Unternehmen SRD beleuchten.

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Eine einfache Softwarefirma


Toshihiko Nakago wurde 1957 oder 1958 geboren und war 1979 einer der Mitgründer von Systems Research & Development, zu deutsch „Systemforschung und -entwicklung“. Das ist ein ziemlich steriler Name, es handelte sich aber auch um ein steriles Unternehmen. Mit Sitz in Osaka programmierte die Firma CAD-Programme. In seiner Anfangszeit arbeitete Nakago an Tabellenkalkulationsprogrammen mit. Heute entwickelt das 98 Mitarbeiter schwere Unternehmen immer noch solche Programme, hat sich aber durch seine Beteiligung an vielen von Nintendos Spielen verewigt. Nakago ist inzwischen Präsident des Unternehmens, dessen Zweitsitz im Nintendo-Hauptquartier in Kyoto untergebracht ist. Die Firma ist aber finanziell unabhängig von Nintendo. Wie also ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?

Anfang der 1980er Jahre begann Nintendo die Arbeiten am Nintendo Entertainment System (NES) und suchte nach Programmierern, die sich mit der 6502-CPU der neuen Konsole auskannten. Da Nakago für die CPU programmieren konnte, kam er 1982 in Kontakt mit Masayuki Uemura, dem Manager der Nintendo-Abteilung Research & Development 2 (R&D2), die das NES entwickelte. Das Resultat war eine Partnerschaft zwischen R&D2 und SRD. Als das NES schließlich 1983 in Japan als „Famicom“ erschien, gab es von Nintendo zunächst nur Portierungen der eigenen Erfolgs-Arcadespiele. Diese grafisch und auch spielerisch wenig spektakulären Portierungen wurden von R&D2 produziert und von SRD und Nakago programmiert. So zeichnete sich dieser verantwortlich für die Heimkonsolenportierungen von Hits wie „Donkey Kong“, „Donkey Kong Jr.“ oder „Mario Bros.“

„Wir werden an Excitebike zusammenarbeiten!“


Die drei letztgenannten Spiele waren bis dato Nintendos größte Erfolge und ermöglichten dem Konzern den Durchbruch im Weltmarkt. Ihr Chefentwickler war ein junger Mann namens Shigeru Miyamoto. Da der Bossetage Miyamotos Genius offensichtlich war, gründete sie eine vierte Entwicklungsabteilung um das aufstrebende Sternchen. Eines der ersten Spiele des kleinen Teams, das den äußerst spektakulären Namens Research & Development 4 (R&D4) erhielt, war das Rennspiel „Excitebike“. Das von Miyamoto und Tezuka erdachte Konzept brauchte einen Programmierer, der es zum Leben erwecken sollte. Da R&D4 noch keine Programmierer hatte, sprach Miyamoto selbst Nakago an, damit dieser „Excitebike“ realisiert. Wie Nakago unzählige Jahre später zugab, hatte er damals noch nie etwas von Miyamoto gehört, obwohl er dessen Spiele portiert hatte.

Als wir diese Aufgabe erledigt haben, ist jemand hinter mir aufgetaucht und hat gesagt: „Sie sind doch Mr. Nakago, nicht wahr?“ Wie sich herausstellte, war dieser jemand Mr. Miyamoto. […] Ehrlich, ich wusste nichts über ihn! (lacht) Ich wusste zum damaligen Zeitpunkt nicht einmal, dass jemand mit dem Namen Miyamoto in der Firma arbeitete. Dann ist er auf mich zugekommen und hat gesagt: „Wir werden an „Excitebike“ zusammenarbeiten.“


Und noch eine witzige Anekdote bezüglich Miyamoto und Nakago zur Zeit von „Excitebike“:

Da „Excitebike“ in Tokio entwickelt wurde, bin ich mit Mr. Miyamoto häufig auf Geschäftsreisen dorthin gefahren. Wir wurden oft in einem Hotel untergebracht. Das war zum Höhepunkt des Wirtschaftsbooms und es war häufig schwer, ein Hotelzimmer zu finden. Es ist sogar vorgekommen, dass wir manchmal im selben Bett schlafen mussten.


Nach „Excitebike“ hat SRD die Arcade-Version von „Balloon Fight“ sowie das 1985 erschienene Famicom-Spiel „Ice Climber“ programmiert. Doch die EAD arbeitete bereits fleißig an ihren bis dato größten Hits. Es handelte sich natürlich um „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“, die gleichzeitig entwickelt wurden. Erdacht wurden die Spiele von Miyamoto und Tezuka, komponiert von Koji Kondo und programmiert von Nakago und zwei weiteren SRD-Programmierern. In den nächsten Jahren arbeitete die EAD an zahlreichen Nachfolgern zu beiden Spielen und immer half SRD tatkräftig bei der Programmierung mit. Die Idee zu „Super Mario Bros. 2“, das in Japan eigentlich ein ganz anderes Spiel namens „Doki Doki Panic“ ist, stammt übrigens direkt von einem von SRD programmierten Prototypen.

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Toshihiko Nakago in einem Iwata-fragt-Interview; Foto: Nintendo


Die Mario- und Zelda-Programmierer


Das Ende der 1980er beziehungsweise der Anfang der 1990er Jahre markierte für Nintendo einen Umschwung. Das NES wurde durch das SNES abgelöst und die EAD wurde stark vergrößert. Zu dieser Zeit erhielt sie auch erst den Namen EAD. Bislang hat fast ausschließlich SRD die Programmierung der EAD-Spiele bewerkstelligt, nun aber sollte sich dies ändern. Das Technology Development Department der EAD wurde gegründet, ein Team von Nintendo-internen Programmierern. Nakago und sein Unternehmen waren nun größtenteils nur noch für „Mario“- und „Zelda“-Titel zuständig, während das neue Programmier-Team der EAD beispielsweise die revolutionäre Technik für „F-Zero“, „Super Mario Kart“, „Star Fox“ und schließlich auch „Super Mario 64“ schuf. Der General Manager dieser Programmierer-Abteilung, Takao Sawano, arbeitete früher zufälligerweise für R&D2.

Doch zurück zur SRD. Das Unternehmen programmierte Titel wie „A Link to the Past“, „Link's Awakening“, „Yoshi's Island“ und einige weitere. Nakago fungierte bei der Entwicklung dieser Spiele bereits als Leiter der Programmierung. Zur N64-Ära stieg er hierarchisch zum Supervisor auf und war mitverantwortlich für das Entstehen von „Yoshi's Story“, „Star Fox 64“, dem Mammutprojekt „Ocarina of Time“ sowie „Majora's Mask“.

Ein zweiter wichtiger SRD-Mitarbeiter ist Kazuaki Morita. Das heutige Vorstandsmitglied von SRD hat die Hammer Bros. in „Super Mario Bros.“ erfunden und die Angel-Spiele in „Link's Awakening“ sowie „Ocarina of Time“ programmiert. Der 1965 geborene Programmierer war ebenfalls bei vielen wichtigen EAD-Spielen als Programming Director beteiligt.

Bis zum heutigen Tage lässt sich festhalten, dass die SRD alle „Zelda“- sowie alle 2D-„Mario“-Titel programmiert. Die 3D-„Marios“ fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der SRD. Wenn Nakago beteiligt war, dann entweder als Programming Director oder Supervisor. Abgesehen von ihm gibt es nur zwei weitere Entwickler, die seit 1985 an jedem 2D-„Mario“ sowie „Zelda“ in leitenden Rollen beteiligt waren. Klar, die Rede ist von keinen Geringeren als Miyamoto und Tezuka. Zuletzt wirkte Nakago als Leveldesign-Berater für „New Super Mario Bros. 2“ und „New Super Mario Bros. U“ mit. Er und Tezuka veranstalteten sogar eine „Mario-Paukschule“, die neuen Nintendo-Mitarbeitern die Grundlagen des Leveldesigns für „Mario“-Spiele beibrachte.

Die Großen Drei


So ist es nicht verwunderlich, dass das Entwicklertrio Miyamoto, Tezuka und Nakago als die „Großen Drei“ bezeichnet wird, übrigens von niemand Geringerem als dem Nintendo-Präsidenten Satoru Iwata. Nun, da wir die Geschichte und Karriere von Nakago und seinem kleinen Programmierer-Unternehmen dargestellt haben, kommen wir auf das Verhältnis zwischen den Dreien zu sprechen.

Obwohl aus der Zusammenarbeit der Drei seit 1984 unzählige hochqualitative Videospiele entstanden sind, bevorzugt Nakago die Bezeichnung „Hobbytruppe“, wie er in einem „Iwata fragt“-Interview zu Kunde gibt. Immerhin habe er zu Beginn seiner Karriere nichts am Hut gehabt und Tezuka kannte ursprünglich den Arcade-Klassiker „Pac-Man“ nicht, obwohl sein erstes eigenes Spiel ein „Pac-Man“-Klon war. Lassen wir Nakago das Verhältnis zu seinen engen Kollegen beschreiben:

Wenn wir aber gemeinsam Mittag essen, erzählen wir uns, wie das Wochenende so war. Mr. Tezuka zeigt uns die Bilder, die er mit seinem Handy aufgenommen hat. Es fühlt sich einfach an, als ob ein paar Freunde eine normale alltägliche Unterhaltung führen. […] In der Regel handeln unsere Gespräche von solchen Dingen. Neulich haben wir darüber gesprochen, wie sehr wir es genießen, zur Arbeit zu gehen. Normalerweise entspannt man sich am Wochenende und es graut einem bei der Vorstellung, am Montagmorgen zur Arbeit gehen zu müssen...


Sowohl Miyamoto und Tezuka als auch Nakago bekleiden heute nur noch überwachende und leitende Positionen; die eigentliche Zuständigkeit für die Entwicklung der einzelnen Spiele werden seit vielen Jahren von Directors geleitet, die normalerweise weitaus jünger sind. Welchen Einfluss haben die Großen Drei also heute noch? Tezuka formulierte das so:

Ich glaube, auf die Bremsen treten gehört zu den Rollen, die wir drei erfüllen müssen. […] Die Leute im Entwicklungsteam, die Verantwortungspositionen erfüllen, sind sicher heiß auf ihre Aufgabe, da können die Dinge schnell aus dem Ruder laufen. In einer solchen Situation braucht man jemanden, der das Steuer fest an sich reißt und die Mannschaft führt. Dafür sind wir im Grunde genommen da. (lacht) Das war besonders dieses Mal bei "New Super Mario Bros. Wii" der Fall. Wir haben jemanden gebraucht, der die endgültigen Entscheidungen über Funktionen treffen kann, die tatsächlich ins Spiel eingebaut werden.


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Toshihiko Nakago 1991; Bildquelle: glitterberri


Fazit


Ohne Toshihiko Nakago und sein Team von Programmierern würde es die „Mario“- und „Zelda“-Spiele gar nicht geben. Kein Wunder also, dass er zum „Goldenen Dreieck“ der Nintendo-Masterminds zählt. Viel mehr verwundert es da, wie unbekannt Nakago ist. Während wir dies schreiben, ist die SRD vermutlich mit der Programmierung eines der neuen „Zelda“-Spiele beschäftigt. Wir sind gespannt, was Nakago und sein Programmierteam in Zukunft erschaffen werden!
Weiterführende Links: Forum-Thread

Bisher gibt es drei Kommentare

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  • Avatar von Daniel
    Daniel 18.07.2013, 10:21
    Wie immer ist man nach dem Artikel ein wenig schlauer in der Welt des Lieblingshobbies, insbesonders als Nintendofan
  • Avatar von Sepo
    Sepo 14.07.2013, 16:28
    Die Anekdoten sind auf jeden Fall das Beste an dem Report.
  • Avatar von JFan
    JFan 13.07.2013, 12:41
    Wieder mal ein toller Betrag!
    Kazuaki Morita ist auch ein Character Designer für Anime und Games, der auch in einigen Manga Zeichen Bücher, die ich besitze, mitgewirkt hat.

    Immer wenn ich den Namen beim Abspann gesehen habe, dachte ich, dass es vielleicht dieselbe Person sein könnte, jetzt weiß ich, dass es sich um zwei verschiedene Personen handelt^^