Regelmäßig fordern Metroid“-Fans von Nintendo einen neuen Teil der Reihe. Die größten Hoffnungen lagen wohl auf dem Wii U-Spiel der „Metroid Prime“-Macher Retro Studios, das sich aber letztlich als „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“ herausgestellt hat. Aus diesem Grund und weil der Verfasser dieser Zeilen dank der Wiederveröffentlichung von „Super Metroid“ auch endlich Gefallen an der Reihe gefunden hat, möchten wir in dieser Ausgabe von „Inside Nintendo“ die Geschichte der „Metroid“-Reihe durchgehen und versuchen zu erklären, warum Nintendo die Reihe scheinbar momentan links liegen lässt. Es soll keine Retrospektive der „Metroid“-Reihe werden, weshalb die Inhalte der Spiele keine besondere Beachtung finden werden.

Die grauen 8-Bit-Tage
Mitte der 1980er Jahre: Mit seinem Nintendo Entertainment System hat Nintendo ein weltweites Videospielimperium begründet. Maßgeblich dafür verantwortlich waren beliebte Titel wie „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“ aus den Hallen der Abteilung Research & Development 4 (R&D4, später als EAD bekannt). Die ehemals führende Nintendo-Entwicklungsabteilung R&D1 beginnt nun die Entwicklung eines düsteren Titels für das NES. Geleitet wurde das Projekt vom Produzenten Gunpei Yokoi, dem damaligen R&D1-Boss und späteren Erfinder des Game Boy, sowie den Regisseuren Satoru Okada, Masao Yamamoto und Makoto Kano. Letzterer war auch für das Skript verantwortlich. Das Design der Hauptfigur des Spiels stammt von Hiroji Kiyotake, der auch später Wario erfand. Seine Kreation, Samus, ist, anders als in den meisten anderen Videospielen, eine Frau. Hirokazu Tanaka komponierte einen soundeffektartigen Score und die Programmierung übernahm das Nintendo-Studio Intelligent Systems. So erschien 1986 das düstere Action-Adventure „Metroid“. Anders als oft angenommen, stammt „Metroid“ nicht von Yoshio Sakamoto; beim ersten Spiel war er nur als einer der Grafikdesigner beteiligt.
„Metroid“ fand 1987/1988 auch seinen Weg in den Westen und zeichnete sich durch ein eher unkonventionelles Spielkonzept auf. Trotz eher wenig überragender Verkaufszahlen muss es sich für Nintendo aber gelohnt haben, denn einige Jahre später kam ein Nachfolger für den Game Boy auf den Markt. Samus-Schöpfer Hiroji Kiyotake leitete diesmal das Projekt, unterstützt wurde er durch Co-Regisseur Hiroyuki Kimura – beide waren auch für die Grafik des Game-Boy-„Metroid“ zuständig. Yokoi fungierte wieder einmal als Produzent. Das Spiel „Metroid II: Return of Samus“ war dieses Mal eine R&D1-Eigenproduktion. In Nordamerika erschien es Ende 1991, in Japan und Europa dann im folgenden Jahr. Dass Sakamotos Bedeutung für die „Metroid“-Reihe überschätzt wird, deutet der Fakt an, dass er an „Metroid II“ gar nicht beteiligt war.
Im Übrigen gab Sakamoto in einem Interview zu, dass das „Metroid“-Team auch mit dem Game Boy Color experimentiert hat. Da man befürchtete, das Resultat sähe schlechter als auf dem NES aus, wurde aber nichts aus einem Game Boy Color-„Metroid“. Trotzdem hieß es noch 1999, eine GBC-Version von „Metroid II“ sei in der Mache. Immerhin veröffentlichte Nintendo damals auch GBC-Remakes von „Link's Awakening“ und „Super Mario Bros.“ Die GBC-Portierung des zweiten „Metroid“ aber kam nie auf den Markt.
Der Höhepunkt des 16-Bit-Gamings und ein Jahrzehnt Pause
Das Ende von „Metroid II“ hat Sakamoto für die Handlung des dritten „Metroid“-Teils inspiriert, als dessen Director er fungierte. Ganze 28 Personen waren laut Credits an „Metroid 3“ beteiligt. Designer, Komponisten und Manager waren von R&D1, während Intelligent Systems wieder programmierte. Ein halbes Jahr soll es gedauert haben, bis das Spielkonzept von den Nintendo-Bossen genehmigt wurde. Darauf begann erst die eigentliche Entwicklungsphase, die zwei weitere Jahre andauerte. Demnach begannen die Arbeiten wohl unmittelbar nach der Fertigstellung von „Metroid II“. „Super Metroid“ erschien 1994 für das SNES und setzte neue Maßstäbe in fast allen Bereichen; noch heute gilt es als Klassiker und eines der besten Videospiele aller Zeiten.
Leider war „Super Metroid“ weniger erfolgreich. Kommerziell blieb es hinter seinen zwei Vorgängern zurück und konnte nicht einmal die Zwei-Millionen-Grenze knacken. Da scheint es wenig erstaunlich, dass es ganze acht Jahre dauern sollte, bis Nintendo ein neues „Metroid“ auf den Markt bringt – doch dies ist nur die halbe Wahrheit. Wie auch bei „EarthBound“ oder „Fire Emblem“ war ein N64-Ableger in der Entwicklung, wurde aber abgebrochen. Wie Sakamoto 2010 der Zeitschrift gamesTM offenbarte, wollte er zur N64-Zeit ein „Metroid“ für die Konsole entwickeln. Er konnte sich aber nicht vorstellen, wie die Serie den N64-Controller oder die durch die Konsole ermöglichten 3D-Grafiken nutzen sollte und gab schließlich auf. Zur damaligen Zeit bat Nintendo laut Sakamoto tatsächlich ein fremdes Unternehmen, ein N64-„Metroid“ zu entwickeln – das Studio, dessen Namen Sakamoto nicht nennen durfte, lehnte den Auftrag aber ab. Man befürchtete, die hohen Erwartungen nach „Super Metroid“ nicht erfüllen zu können.
I was actually thinking about the possibility of making a Metroid game for N64 but I felt that I shouldn’t be the one making the game. When I held the N64 controller in my hands I just couldn’t imagine how it could be used to move Samus around. So for me it was just too early to personally make a 3D Metroid at that time. Also, I know this is isn’t a direct answer to your question but Nintendo at that time approached another company and asked them if they would make an N64 version of Metroid and their response was that no, they could not. They turned it down, saying that unfortunately they didn’t have the confidence to create an N64 Metroid game that could compare favourably with Super Metroid. That’s something I take as a complement to what we achieved with Super Metroid.

Metroid ist im dritten Jahrtausend angekommen
Nachdem Nintendo die ganze N64-Ära über vergebens versuchte, ein neues „Metroid“ zu erschaffen, wie Miyamoto behauptete, sollte es 2000 mit der Serie endlich wieder bergauf gehen. Als Miyamoto in diesem Jahr nämlich bei den 1998 gegründeten Retro Studios zu Besuch war, nahm er die vier GameCube-Spiele des in Texas beheimateten Nintendo-Studios unter die Lupe. Sonderlich zufrieden war er mit allen vier Projekten nicht. Dennoch vertraute er dem Studio nur einige Wochen vor der offiziellen Enthüllung des GameCube die „Metroid“-Lizenz an. Eines der damaligen Projekte der Retro Studios mit dem schlichten Titel „Action Adventure“ wurde gecancelt und das Team begann die Arbeit an einem 3D-„Metroid“ für den GameCube. Schließlich wurden auch die übrigen drei frühen Projekte der Retro Studios abgebrochen. Das Studio konzentrierte sich einzig auf das neue Spiel, das auf den Namen „Metroid Prime“ hörte und dessen Entwicklung von Mitgliedern der EAD und von R&D1 überwacht wurde. Miyamoto war einer der zuständigen Produzenten und hat sogar entscheidende Vorschläge gegeben. In Nordamerika kam „Metroid Prime“ Ende 2002 auf den Markt, in den übrigen großen Gefilden der Welt erst im folgenden Jahr.
Sakamotos Beteiligung an „Metroid Prime“ war nicht groß, im Abspann wird er nur unter „Special Thanks“ genannt. Tatsächlich war er die ganze Zeit über jedoch nicht untätig, was die „Metroid“-Reihe betraf, denn am 17. November 2002 kam in Nordamerika nicht nur „Prime“ heraus, sondern auch „Metroid Fusion“.
Zwei Spiele der gleichen Reihe erscheinen ziemlich selten an ein und dem selben Tag. Dafür waren es jedoch zwei unterschiedliche Spiele von zwei unterschiedlichen Teams; „Fusion“ nämlich war ein klassisches 2D-„Metroid“, für welches wieder einmal R&D1 zuständig war; Sakamoto war Regisseur und Drehbuchautor. Es kam auch nicht für eine Heimkonsole heraus, sondern für den Game Boy Advance. Nachdem die Arbeiten an „Fusion“ beendet waren, schlug ein Mitwirkender vor, „Super Metroid“ mit der gewonnenen Erfahrung für den GBA zu remaken. Sakamoto entschied sich aber für ein Remake des ersten „Metroid“. So kam 2004 die Neuauflage „Metroid: Zero Mission“ für den GBA auf den Markt.
„Metroid Prime“ indes war aufgrund seines großen Erfolges ein Nachfolger gegönnt. So kam 2004, in Japan erst 2005, „Metroid Prime 2: Echoes“ für den GameCube auf den Markt, erneut aus dem Hause Retro Studios. 2007, in Japan 2008, folgte „Metroid Prime 3: Corruption“ für die Wii. 2009 brachte Nintendo eine überarbeitete Sammlung aller drei „Metroid Prime“-Spiele der Retro Studios unter den Namen „Metroid Prime: Trilogy“ für die Wii heraus. In Japan erblickte die Trilogie jedoch nie das Licht der Welt. Ebenfalls 2010 erschien der bislang letzte „Metroid“-Ableger für die Wii, „Metroid: Other M“. Es war eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Nintendo und Team Ninja, mit Yoshio Sakamoto als Regisseur und Drehbuchautoren. Leider ist „Other M“ unter Fans der Reihe sehr stark umstritten.
Auch Nintendos Handheld, der DS, wurde nicht vernachlässigt. Nachdem 2005 (Japan 2006, Europa 2007) das Spin-off „Metroid Prime Pinball“ veröffentlicht worden war, folgte 2006, diesmal weltweit im gleichen Jahr, „Metroid Prime Hunters“. Da die Retro Studios damals mit „Metroid Prime 2“ beschäftigt waren, wurde das zweite Nintendo-Studio in Amerika mit der Entwicklung beauftragt, Nintendo Software Technology (NST).
Metroid Dread und die Zukunft der Reihe
Was wäre ein „Metroid“-Bericht ohne „Metroid Dread“? Gerüchte über dieses klassische 2D-„Metroid“ für den DS kamen 2005 auf. In den nächsten Jahren folgten zahlreiche kontroverse Äußerungen dazu. Seit 2009 ist Fakt: Yoshio Sakamoto und ein großer Teil der Entwickler der GBA-„Metroids“ haben tatsächlich an „Metroid Dread“ für den DS gearbeitet, aber das Schicksal des Spiels ist ungewiss. 2010 behauptete ein IGN-Redakteur, „Metroid Dread“ gesehen zu haben; Nintendo könne das Spiel jederzeit der Öffentlichkeit vorstellen. Wie Sakamoto 2010 mitteilte, möchte er „Metroid Dread“ gern weiter geheim halten, würde die Arbeiten an dem Titel aber auch gern wieder aufnehmen. Dafür würde er am liebsten von Grund auf neu beginnen. Vielleicht findet das Geheimprojekt nach Jahren der Spekulationen irgendwann den Weg auf den 3DS?
I cannot deny the existence of such a project in the past but cannot say if it will be what I move onto next or not. I’m sorry but we would like to keep that game a mystery. After all, there has been a lot of speculation surrounding Dread. And my hope, if at all possible, is to reset the situation at once and start from scratch.
Offizielle Anhaltspunkte für ein 3DS-„Metroid“ gibt es aber nicht. Bei der Wii U sieht dies anders aus. Nintendo-Produzent Katsuya Eguchi äußerte 2011 eine Idee für ein Wii U-„Metroid“, doch gingen diese in die „Metroid“-Attraktion von „Nintendo Land“ ein. Dann war da das stark gehypte Wii U-Projekt der Retro Studios, das jedoch nicht wie spekuliert „Metroid Prime 4“ ist, sondern ein fünftes „Donkey Kong Country“. Der Präsident des Studios bestätigte kurz nach der Enthüllung, keine weiteren Spiele derzeit in der Entwicklung zu haben. Damit ist derzeit nach bisherigen Kenntnissen kein „Metroid“ in der Entwicklung.

Was ist denn jetzt mit „Metroid“ los?
Ach ja, die Frage müssen wir ja noch beantworten. Die Geschichte der „Metroid“-Reihe zeigt, dass Nintendo sie nicht gerade sehr liebevoll behandelt. Der Hauptgrund dafür liegt auf der Hand – die niedrigen Verkaufszahlen und das relativ hohe, erforderliche Budget. Außerdem ist die Reihe gerade in Japan wenig beliebt, was sich darin widerspiegelt, dass die meisten Ableger im Westen früher herauskamen als in Japan.
Doch wir sehen noch einen weiteren Grund dafür, warum „Metroid“-Fans es so schwer haben. Es gibt keine Person, die als alleiniger Schöpfer und Aufseher der Reihe fungiert. Ein Shigeru Miyamoto hingegen weist sein Team ständig an, ein neues „Mario“ oder „Zelda“ zu entwickeln, doch „Metroid“ hat keinen Miyamoto. Yoshio Sakamoto wird oft als „Metroid“-Papa gesehen, doch wie wir oben geklärt haben, ist er dies nicht. Stattdessen war er bei den späteren 2D-Teilen der zuständige Teamleiter. Seit einigen Jahren gibt es das Entwicklerteam R&D1 aber nicht mehr; einige Mitarbeiter sind in die EAD gewechselt, die mit „Metroid“ nichts am Hut hat, andere sind in die neu gegründete Abteilung Software Planning & Development (SPD) gewechselt. Sakamoto ist Manager einer eigenen SPD-Gruppe, die aber für zahlreiche Projekte zuständig ist, darunter „WarioWare“ und „Tomodatchi Collection“. Sein SPD-Team ist nur in der Lage, kleinere Spiele selbst zu entwickeln. Das zeigt sich daran, dass „Metroid Dread“ anscheinend über Jahre in der Entwicklung war, aber immer noch nicht zufriedenstellend ist. Hoffentlich findet Sakamoto irgendwann Zeit, das Spiel zu vollenden. Auch das Studio NST hat einst ein 2D-„Metroid“ entwickelt, derartige Spiele scheinen aber nicht mehr im Fokus des Studios zu liegen. Der ursprüngliche „Metroid“-Produzent Gunpei Yokoi kann sich übrigens nicht mehr für die Reihe einsetzen; der legendäre Nintendo-Veteran starb 1997 bei einem Autounfall.
Bleiben noch die 3D-„Metroids“. Sakamoto hat mit diesen nur wenig zu tun; an „Prime“ hat er nicht direkt mitgewirkt. Der hierfür zuständige Produzent ist Kensuke Tanabe, der die Arbeit mit den Retro Studios koordiniert. Doch diese arbeiten derzeit nicht an „Metroid“. Dass Sakamoto und Team Ninja an einem weiteren 3D-„Metroid“ arbeiten, ist hingegen noch möglich.
Fassen wir zusammen: „Metroid“ ist kommerziell äußerst schwach und hat keinen einzelnen Chefentwickler beziehungsweise Studio, das sich leidenschaftlich für die Reihe einsetzt. Wo wir dies festgestellt haben, bleibt aber festzuhalten, dass es um die Reihe nicht so schlecht bestellt ist, wie es zunächst scheint. Die Retro Studios und Tanabe möchten nämlich nach „Donkey Kong Country: Tropical Freeze“, das Ende 2013 erscheint, ein neues „Metroid“ entwickeln. Vielleicht wird irgendwann auch an „Metroid Dread“ weitergearbeitet. Außerdem ist der letzte Teil erst 2010 erschienen, also vor drei Jahren. Wie wir erwähnten, hat „Metroid bereits eine achtjährige Pause hinter sich, während hinter den Kulissen verzweifelt nach neuen Ansätzen gesucht wurde. Uns fiel zudem auf, dass Nintendo die Reihe in den letzten Monaten und Jahren durchaus promotete, immerhin wurden „Metroid“-Spiele im Rahmen des 3DS-Botschafterprogrammes und der Wii U-VC-Spiele für 30 Cent wiederveröffentlicht; auch war die Reihe in „Nintendo Land vertreten. Obwohl Samus 25. Geburtstag vor zwei Jahren von Nintendo weitestgehend vernachlässigt wurde, hat der Konzern seine Reihe nicht ignoriert.
Ein weiterer Hoffnungsschimmer sind Aussagen von Miyamoto: Mitte 2012 sagte er, die Wii U biete viele Möglichkeiten für „Metroid“. Ende 2012 hieß es von ihm, es sei natürlich für Nintendo, über ein HD-„Metroid“ nachzudenken, worauf ein verräterisches Grinsen gefolgt haben soll und noch Mitte 2013 äußerte er, dass man derzeit nichts neues „Metroid“-Bezogenes ankündigen könne – womöglich aber in der Zukunft. Zwar ist Miyamotos Einfluss auf die „Metroid“-Reihe sehr gering, seine Andeutungen und Nintendos jüngstes Verhalten zur Reihe deuten darauf hin, dass das Warten der Fans nicht ewig sein wird.