[b]Der doppelte Obama[b]
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In Europa herrscht Erleichterung über den Ausgang der Vorwahlen in den USA. Doch ein böses Erwachen könnte folgen
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Der Erfolg Barack Obamas bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei hat nun vor allem in Europa große Hoffnungen ausgelöst. Seit Beginn des Irak-Krieges ist das Verhältnis schwer belastet. Nur wenigen ist klar, dass eine Annäherung an den Sympathieträger Obama fast zwangsläufig eine Einbindung der EU-Armeen in die laufenden (und noch bevorstehenden) Kriegszüge Washingtons bedeuten wird.
[…] Gehe es nach ihm, würde die Regierung in Washington wieder stärker in das Bildungs- und Gesundheitssystem investieren, dessen Abbau die noch amtierende Bush-Führung aktiv betrieben hat. Armut würde ebenso wie der Terrorismus bekämpft. Und vor allem: Als 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werde er, Barack Obama, den Irak-Krieg beenden.
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Nur kurz nach seiner Nominierung kam der Schwenk. Obama und Clinton traten am Mittwoch auf dem Kongress der mächtigen Lobbygruppe [extern] American Israel Public Affairs Commitee (AIPAC) auf. Im Zentrum aller Reden stand der Iran. Und plötzlich sagte der Kandidat vor über 7000 Delegierten:
Die Gefahr aus dem Iran ist realistisch, und mein Ziel wird es sein, diese Gefahr zu eliminieren. (…) Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um nukleare Waffen im Iran zu verhindern.
Barack Obama vor dem AIPAC
[…] Signer, der den früh ausgeschiedenen Kandidaten der Demokraten John Edwards beriet, machte zudem die Notwendigkeit einer Exit-Strategie in Irak deutlich. Es gehe mehr darum, Teheran Einhalt zu gebieten.
Amr Hamzawy vom Washingtoner Carnegie Endowment für International Peace teilte die Einschätzung. Angesichts des Scheiterns der US-Politik im Nahen- und Mittleren Osten habe sich eine "aktive regionale Diplomatie" entwickelt. Einer künftigen US-Führung müsse es darum gehen, diese Partner einzubinden. […] Es ginge im Kern um die "Rehabilitierung der Demokratieförderung", die im Verständnis der Zielstaaten von der Drohung eines Regimewechsels abgekoppelt werden müsse. Es lag auf der Berliner Veranstaltung an dem SPD-Bundestagsabgeordneten Rolf Mützenich, das Resümee aus dem Gesagten zu ziehen: Deutschland werde sich unter einem Präsidenten Obama auf ein Engagement in Irak einstellen müssen. Das wird der Preis für die gewünschte Annäherung an Washington sein.
Das war ehrlich. Und es ließ vermuten, dass sich manch ein europäischer Politiker dann rückwirkend einen Sieg der Republikaner wünschen wird.