Das Genre der Virtual Novel befindet sich in Japan schon lange auf dem Vormarsch, aber leider nur dort. In Europa und Amerika wurden bisher nur sehr wenige Titel dieser Art veröffentlicht. Ob es an der Sorge vor grafischen Mängeln, wenig spielerischer Abwechslung oder am großen Lokalisierungsaufwand liegt, können wir schlecht beurteilen. Trotzdem hat es das kleine amerikanische Label Aksys Games gewagt und den Titel 999: 9 Hours, 9 Persons, 9 Doors" zumindest auf dem dortigen Markt veröffentlicht. Ob der Import-Titel aber wirklich so gut ist, könnt ihr jetzt in unserem Review erfahren.
Was ist hier denn los?

Über die Story wollen wir gar nicht allzu viel erzählen. Der Student Junpei wacht plötzlich auf einem Schiff auf und erinnert sich schwach daran, dass er entführt wurde. Kurze Zeit später trifft er noch acht andere Personen, darunter auch seine Grundschulfreundin Akane, denen das gleiche widerfahren ist. Vom Entführer Zero erfahren sie, dass sie innerhalb von neun Stunden die Tür mit der Nummer Neun finden müssen, durch die sie in die Freiheit gelangen können, ansonsten werden sie auf dem Schiff sterben. Warum das alles passiert, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten.
Lesen, lesen, lesen
Das Hauptaugenmerk einer Virtual Novel liegt natürlich auf der Geschichte. Die Story von „999" ist dabei großartig inszeniert. Sie ist spannend erzählt und hält viele überraschende Wendungen parat. Zudem werden die einzelnen Charaktere glaubhaft dargestellt, was insgesamt eine geniale Atmosphäre entstehen lässt. Allerdings schreckt die Geschichte teilweise nicht vor relativ drastischen Schilderungen zurück. Etwas zartbesaitete Menschen sollten sich die Anschaffung daher gut überlegen. Insgesamt muss man sehr viel lesen und der Text ist, logischerweise für einen amerikanischen Import-Titel, nur auf Englisch vorhanden. So kann es durchaus sein, dass man zwischen den Rätselpassagen 15 bis 20 Minuten nur liest und weiterklickt.
Wie kommt man hier nur wieder raus?

Im weiteren Verlauf des Spiels betritt man immer wieder neue Räume des Schiffs. Da die Ausgänge grundsätzlich verriegelt sind, gilt es jetzt, verschiedene Rätsel zu lösen, damit man das Zimmer wieder verlassen kann. Dazu klickt man sich mittels Tochpen in klassischer Point & Click-Manier durch die einzelnen Räumlichkeiten und sammelt und kombiniert Gegenstände. Die Rätsel sind in den meisten Fällen ziemlich logisch gehalten und mit etwas Adventure-Erfahrung schnell ersichtlich. Zudem geben die Mitstreiter bei Problemen hilfreiche Tipps, so dass man nie lange hängen bleibt. Die von Zero vorgegebenen neun Stunden haben übrigens keine Auswirkungen, man kann sich also beim Knobeln alle Zeit der Welt lassen. Da alle eingesammelten Utensilien auch in den Räumen gebraucht werden, wo sie gefunden wurden, besteht nicht die Gefahr, dass man irgendwas übersieht und später dann nicht weiterkommt.
Finale hoch 6
Eines der hervorstechendsten Merkmale des Titels ist wohl, dass es sechs verschiedene Enden gibt. Im Spiel muss man immer wieder Entscheidungen treffen, mit welchen Mitgefangenen man welchen Raum als nächstes betreten möchte. Aufgrund dieser Entscheidungen kristallisiert sich dann ein Ende heraus. Für das völlige Verständnis der Geschichte, muss man aber alle sechs Enden gesehen haben, da die einzelnen Enden teilweise noch mehr Fragen aufwerfen als ohnehin schon vorhanden sind.
Positiv ist zu sehen, dass man beim wiederholten Durchspielen schon gelesen Textpassagen mit dem Drücken des A-Knopfes schnell vorspulen kann. Sobald ein neuer Teil der Geschichte zu lesen ist, wird diese Funktion automatisch deaktiviert. Allerdings muss man bei jedem Durchspielen auch schon gelöste Rätsel nochmals spielen, was manchmal etwas nervig sein kann. Aber trotzdem kommt so mit etwa 20 bis 30 Stunden eine ansprechende Spielzeit zustande, die man durch die spannende Geschichte nicht missen möchte.
Technik

Die Grafik des DS-Titels geht sicherlich nicht an die Leistungsgrenzen des Systems. So gibt es optisch nur zweckmäßige Standbilder. Um sich im Raum umzuschauen, muss man, ähnlich zum PC-Klassiker „Myst“, mit Pfeilen nach links oder rechts klicken. Die Charaktere werden während der Gespräche auch nur in wenigen Posen gezeigt. Aber das tut der Atmosphäre des Titels keinen Abbruch.
Die Soundkulisse ist ebenfalls sehr zweckmässig, hält aber durch die Hintergrundgeräusche, wie das Knarzen des Schiffsrumpfes, die Spannung abermals über die gesamte Spielzeit oben. Eine Sprachausgabe sucht man derweil leider vergebens. Allerdings werden die „gesprochenen" Texte durch einen Ton begleitet, der zur jeweiligen Stimmfarbe der einzelnen Personen passt.
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