Lovecraft und Videospiele klingen eigentlich wie die perfekte Kombination. Es sind am Ende des Tages aber nur wenige Spiele, die das Potential nutzen, um auch abseits der Handlung zu faszinieren. Im vergangenen Jahr ging Call of Cthulhu“ deshalb einen anderen Weg und konzentrierte sich auf Detektivermittlungen, anstatt den Spieler gegen Monster antreten zu lassen. Nun ist das Spiel auch für Nintendo Switch erhältlich – doch war die Portierung notwendig?

Zwischen Mordfall und Kultisten
Der Privatdetektiv Edward Pierce hat es nicht einfach. Nach dem ersten Weltkrieg gründete er eine eigene Detektei, weil die Aufträge aber ausbleiben, ertränkt er seinen Kummer in Alkohol. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er den Tod einer Künstlerin aufklären soll, die bei einem Feuer ums Leben kam. Düstere Bilder scheinen die einzigen Hinweise zu sein, weshalb sich Edward nach Darkwater begibt, um dem Geheimnis auf die Schliche zu kommen. Der Titel verrät es schon: Cthulhu steht vor der Tür.
Die Geschichte gehört zu den großen Stärken des Spieles. Der Fall ist interessant, und sobald es an die mystischen und übernatürlichen Elemente geht, steigt die Spannungskurve stark an. Leider schwankt sie aber stark, sodass zwischen den besten Momenten lange Strecken liegen, in denen wenig passiert. Auch die Charaktere passen nicht so ganz zum Geschehen, denn sie sind zu stark überzeichnet und vollziehen keine echten Entwicklungen. Das größte Problem bleibt dennoch das Pacing: Für jede spannende Szene gibt es fünf, die der Spieler eher ertragen als genießen muss.
Ermittlungsarbeit
Spielerisch handelt es sich bei „Call of Cthulhu“ in weiten Teilen um ein Point and Click-Adventure aus der Ego-Perspektive. Der Spieler läuft durch die Kulissen, untersucht Hinweise und unterhält sich mit Charakteren, um neue Informationen zu erhalten. Dabei unterscheidet sich das Spiel im grundlegenden Ablauf nicht vom Standard. Immer wieder gibt es einige Rätsel, die sind aber viel zu einfach ausgefallen, sodass das Absuchen der Schauplätze zur Hauptaufgabe wird.
Der Ablauf funktioniert überraschend gut. Das liegt an den atmosphärischen Schauplätzen, von denen die meisten schaurig herüberkommen und den Horror-Faktor unterstützen. Leider sind nicht alle Orte so detailliert, wie man es sich wünschen würde. Während eine Irrenanstalt zu den Highlights gehört, entpuppt sich Darkwater als überraschend leer, sodass man die nächsten Punkte abklappert, anstatt sich wirklich alles in Ruhe anzuschauen. Und eine wirkliche Vielfalt ist auch nicht vorhanden: Man sammelt lediglich Hinweise, unterhält sich mit wenigen Charakteren und folgt dann linear der Handlung.

Verschenktes Potential
Die große Besonderheit kommt durch den RPG-Einfluss. Immer wieder kann der Spieler nämlich Skillpunkte verteilen, damit Edward neue Fähigkeiten erhält. Wer auf Stärke geht, darf eine Tracht Prügel verteilen oder auch schwere Objekte heben und somit neue Areale erreichbar machen, während eine verbesserte Beobachtung dafür sorgt, dass der Spieler mehr Items in der Spielwelt entdeckt. Besonders nützlich ist auch die Redegewandheit, denn dadurch kann man Charakteren Informationen entlocken, die an anderer Stelle sehr nützlich sein können.
All diese Anpassungen formen den Spielablauf, denn am meisten Spaß hat man, wenn man auf einen bestimmten Bereich setzt. Somit unterscheiden sich die Spielstile angenehm, und bei einem erneuten Durchlauf gibt es Neues zu entdecken, da man nicht einfach alle Werte auf ihr Maximum bringen kann. Gleichzeitig ist das Spiel zu linear gehalten, um das volle Potential des Systems auszunutzen. Egal, für welchen Spielstil man sich entscheidet, am Ende erreicht man sowieso dieselben Schlüsselpunkte. Da helfen Entscheidungen, die zu vier Enden führen können, nur bedingt.
Pacing-Hölle
Positiv fallen die Flashback-Szenen aus. In diesen kann Edward Szenen nachstellen, indem er die Umgebung analysiert. Das wird nie zu komplex, lockert den Spielablauf aber angenehm auf und sorgt für Spannungsmomente. Ansonsten gibt es nämlich kaum Abwechslung – zumindest keine qualitativ hochwertige.
Es gibt einige Schleichpassagen, die aber eher stören, als interessant zu wirken. Mit wenig Möglichkeiten muss der Held sich dann durch offene Gebiete schleichen, ohne vom jeweiligen Gegner gesehen zu werden. Sich in Schränken zu verstecken hilft nicht unbedingt, denn da er klaustrophobisch ist, zieht er zu schnell Aufmerksamkeit auf sich. Die Passagen passen aber nicht zum Spielfluss und sind zu simpel gestaltet, um wirklich hervorzustechen. Vielmehr werden sie diejenigen abschrecken, die mehr Spaß an der Detektivarbeit haben. Hätte man auf die Szenen verzichtet, und sich auf vielfältigere Einsatzmöglichkeiten der Fähigkeiten konzentriert, wäre das Spiel definitiv besser geworden. Müssen wir noch erwähnen, dass die sehr wenigen Schussgefechte ebenfalls nicht überzeugen?

Keine Sternstunde der Konsole
Im vergangenen Jahr war „Call of Cthulhu“ keine Augenweide, was der Portierung zugutekommt. Auf dem TV sieht das Spiel überraschend gut aus, was an der tollen Lichtgebung und den leicht verwaschenen Texturen liegt, die gut zum Stil passen. Im Handheld-Modus wirkt das Bild hingegen deutlich unruhiger, weshalb es sich nicht gerade empfiehlt. Die Bildrate ist nicht perfekt, hat aber zumindest keine zu großen Aussetzer.
Ansonsten ist die Musik etwas zu dezent und könnte die Untersuchung stärker begleiten. Die englische Sprachausgabe ist nicht schlecht, wirkt manchmal aber sehr künstlich. Dafür passt die Soundkulisse in den spannenden Momenten umso besser. Leider sind sowohl Charaktermodelle als auch Animationen viel zu starr ausgefallen.
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