Hach ja, Retro-Spiele. Wer erinnert sich nicht daran, als bezipfelmützter Held in Grün ein holdes Fräulein aus den Fängen von
Donkey Kong gerettet zu haben? Oder an rasante Ausflüge in die Welt von
Super Mario Bros.“, wo Mario bekanntlich permanent rannte und man
lediglich seine Sprünge steuern konnte … Momentchen mal, da stimmt doch
etwas nicht! Doch diese und über 200 weitere, kurzweilige Remixe alter
NES-Klassiker enthält ein kürzlich im Wii U-eShop veröffentlichter Titel
namens, nun ja, „NES Remix“. Doch was taugt das Spiel überhaupt? Ist es
eine lahme Minispielsammlung in Retro-Form oder ein spaßiges, flottes
Vergnügen im Stile eines „WarioWare“?

Retro-Klassiker einmal anders
Das Herzstück von „NES Remix“ bilden Herausforderungen aus frühen
NES-Klassikern wie „Super Mario Bros.“ oder „The Legend of Zelda“. So
gilt es beispielsweise, einen Koopa zu besiegen, oder in „Donkey Kong“
den ersten Level zu bestehen. Manche Herausforderungen bestehen aus
mehreren derartigen Aufgaben hintereinander; außerdem bestehen bei
einigen Herausforderungen Zeit- und Versuche-Limits. Sobald man eine
Herausforderung erfolgreich absolviert hat, wird die Leistung anhand der
verbrauchten Versuche und der benötigten Zeit in Form von Sternen
bewertet. Bis zu drei Sterne erhält man für seine Leistungen; besonders
gute Resultate werden mit einem Regenbogenrang gewürdigt.
Je mehr Sterne man sammelt, desto mehr Herausforderungen schaltet man
frei und mit der Zeit auch neue NES-Spiele, zu denen es dann wieder eine
Handvoll weitere Missionen gibt. Regelmäßig entsperrt man dadurch auch
sogenannte Remix-Level. Die Herausforderungen, die hier zu bestehen
sind, ähneln ROM-Hacks. Beispielsweise muss man in den Remix-Leveln in
„Mario Bros.“ Luigi Versuche verlieren lassen, „Donkey Kong“ mit Link
als Spielfigur spielen oder „Excitebike“ im Dunkeln absolvieren.
Außerdem erhält der Spieler für seine Leistungen sogenannte Bits. Sobald
er derer genug gesammelt hat, schaltet er einen Stempel frei. Diese
können – vergleichbar mit „Super Mario 3D World“ – für Miiverse-Beiträge
genutzt werden. Ferner werden in „NES Remix“ auch Miiverse-Beiträge
anderer Spieler eingeblendet, denen man dann ein „Yeah!“ verpassen kann.
Satter Umfang
Über 200 Herausforderungen bietet „NES Remix“, verteilt auf insgesamt 16
NES-Titel. Zunächst ähnelt der Spielverlauf „WarioWare“, da die ersten
Aufgaben sehr leicht sind und innerhalb weniger Sekunden absolviert
sind. Gerade die späteren Missionen werden aber weitaus kniffliger und
beanspruchen auch mehr Zeit. Um alle Herausforderungen zu spielen und
alles im Spiel freizuschalten, benötigt man um die zehn Stunden. Um
hingegen alle Missionen möglichst perfekt zu bestehen, wird noch viel
mehr Zeit benötigt – von der notwendigen Geduld dazu ganz zu schweigen.
„NES Remix“ ist durch das flotte Spielprinzip hochmotivierend und
süchtig machend. Da man ständig Neues freischaltet und es zu jeder Zeit
mehrere offene Missionen gibt, mussten wir uns während unseres Tests
stets dazu zwingen, das Spiel wieder beiseite zu legen. Das Freischalten
neuer Inhalte und das Erreichen neuer Bestzeiten ist aber leider die
einzige Motivation. Eine Hintergrundgeschichte wird nicht erzählt und
abgesehen von Stempeln und neuen Missionen gibt es auch keine
freischaltbaren Überraschungen oder Bonus-Inhalte. Bei einem
Mehrspielermodus ist übrigens ebenso Fehlanzeige.
Dass der Produktionsleiter hinter „Super Mario 3D World“, Koichi
Hayashida, zugleich Director und Programmierer für „NES Remix“ war, ist
an mehreren Stellen deutlich spürbar. So findet sich das
Miiverse-Stempel-Konzept in beiden Spielen wieder; außerdem gibt es
einige Herausforderungen, in denen zwei Spielfiguren gleichzeitig
gesteuert werden – dies erinnert stark an die Kirsche aus „3D World“.
Ferner zeichnen sich beide Spiele durch ein fehlendes Tutorial aus.
Einen Vorgeschmack zu dem ROM-Hack-artigen „NES Remix“ bot außerdem
bereits das von Hayashida programmierte „Luigi Bros.“, das in „3D World“
freigeschaltet werden kann.

Präsentation
Die Präsentation von „NES Remix“ beschränkt sich auf das Wesentliche,
kommt dabei aber etwas lieblos daher. Auf das Hauptmenü folgt sofort das
Herausforderungen-Menü; ein Tutorial gibt es nicht. Zu den einzelnen
Spielen gibt es abgesehen von einem Demo-Video auch keine Erklärungen;
stattdessen erlernt man die Basics gemäß „Learning by Doing“ im Verlaufe
der Missionen selber. Gerade bei den unbekannteren NES-Titeln ist dies
jedoch ein großer Nachteil. Wer beispielsweise mit Baseball nichts
anfangen kann, wird auch seine Probleme mit dem gleichnamigen NES-Spiel
haben.
Wie soll man die Grafik von „NES Remix“ bewerten? Die NES-Spiele werden
in Originalgrafik wiedergegeben. Einzig die remixten Spielausschnitte
wurden grafisch verändert und beispielsweise mit Hintergrundbildern und
Schatteneffekten versehen. Andere Remix-Level bieten grafische
Spielereien, die von der HD-Grafik profitieren, beispielsweise eine
immer weiter herauszoomende Version von „Mario Bros.“ Abseits dessen ist
die Grafik jedoch sehr steril. Dies trifft auch auf die
Sounduntermalung zu, denn abgesehen vom Hauptmenü umfasst das Spiel
keine neu komponierten Tracks im Retro-Stil.
Auch die Steuerung ist etwas enttäuschend, da derzeit nur das GamePad zu
Steuerung unterstützt wird. Ein Problem ist es, wenn der Fernseher, auf
dem man spielt, einen leichten Lag aufweist. Da in den meisten
Missionen von „NES Remix“ millisekundengenaues Timing und pixelgenaue
Sprünge von Nöten sind, wird das Spiel dadurch beinahe unspielbar. In
diesem Falle empfiehlt es sich, lediglich auf den GamePad-Bildschirm zu
schauen. Nett: Spielt man via Off-TV und bricht die Verbindung zur
Konsole ab, schaltet das Spiel automatisch ins Pause-Menü.
Die Retro-Spiele
Der Spielspaß von „NES Remix“ steht und fällt mit der Qualität der
Spiele, die in die Sammlung aufgenommen wurden. Zunächst einmal muss
festgehalten werden, dass die Sammlung ausschließlich von Nintendo
veröffentlichte Titel der frühen NES-Ära enthält. „Metroid“ oder gar
„Mega Man“ darf man daher nicht erwarten, stattdessen gibt es obskurere
Titel wie „Clu Clu Land“.
Während „Super Mario Bros.“, „Donkey Kong“ und „The Legend of Zelda“
recht gut gealtert sind und in „NES Remix“ immer noch relativ gut
funktionieren, trifft dies auf die meisten anderen Spiele nicht zu.
„Balloon Fight“ etwa zeichnet sich durch eine sehr schwammige Steuerung
aus, während das Sprungverhalten von „Mario Bros.“ äußerst
gewöhnungsbedürftig ist. Der schlechteste Titel innerhalb der Sammlung
ist aber sicher „Ice Climber“ – nicht nur die absolut furchtbare
Sprungkontrolle verhindert, dass auch nur Spuren von Spaß aufkommen.
Auch Spielspaßgurken wie „Urban Champion“ muss man leider über sich
ergehen lassen.
Die Qualität der 16 Spiele, auf denen die Herausforderungen von „NES
Remix“ basieren, ist also äußerst schwankend. Andererseits war es für
Nintendo sicherlich ein Ding der Unmöglichkeit, noch mehr frühe
NES-Spiele zu finden, die gut gealtert sind. Top-Titel wie „Super Mario
Bros. 3“, „Metroid“ oder „Kid Icarus“ wurden nicht gewählt. Gerade
dadurch ist „NES Remix“ aber auch eine gute Möglichkeit, ein Gefühl für
Retro-Spiele aus den frühen 1980er Jahren zu erhalten und dabei
besonders jene kennenzulernen, die man nicht schon zigfach gespielt hat.
Für Spiele wie „Pinball“ zahlt heute beispielsweise kaum noch jemand
fünf Euro; kurze Spieleindrücke zu 16 derartigen Spielen für gerade
einmal 10 Euro sind jedoch ein sehr gutes Angebot. Übrigens: Jeder
Klassiker aus „NES Remix“ ist inzwischen auch im Wii U-eShop als
Virtual-Console-Titel erhältlich. Wer also aufgrund der kurzen
Spieleindrücke Interesse an der Vollversion eines Titels bekommt, kann
sich diesen kaufen; im Spiel selber gibt es einen Button, der zur
entsprechenden eShop-Seite führt.
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