Seit nunmehr 16 Jahren macht die auf Simulation getrimmte Pro Evolution Soccer“-Reihe dem großen Konkurrenten aus dem Hause Electronic Arts das Leben schwer. Während „FIFA“ seinen Ursprung in Arcade-Gefilden hat, setzte man bei Konami seit jeher auf eine möglichst authentische Darstellung des Ballsports. In den letzten Jahren näherten sich beide Spiele jedoch immer weiter an, denn auch die Wii-Umsetzungen des EA-Kicks entfernt sich kontinuierlich von ihren Wurzeln, zeichnete sich aber dieses Jahr durch weitestgehende Stagnation aus. Ob damit „Pro Evolution Soccer 2012“ den Fußballthron übernimmt oder doch als Verlierer vom Platz geht, erfahrt ihr im folgenden Test.
Altbekannte Kost
Kenner früherer „PES“-Teile auf der Wii müssen beim ersten Starten des Spiels schon zweimal hinschauen, um festzustellen, dass sie nicht versehentlich wieder die letztjährige Version eingelegt haben. Der 2012er Kick gleicht seinen älteren Pendants nämlich beinahe wie ein Ei dem anderen. Egal ob äußere oder innere Werte – alles wirkt wie ein halbherziges Update und schon mal dagewesen.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Bevor man jedoch auch nur einen Fuß auf den Platz stellen kann, steht das umfangreiche Training auf dem Plan, welches die Steuerungsmethode via Wiimote und Nunchuk erklärt und auch bitter nötig ist. Es ist unübersehbar, dass man sich bei Konami den Kopf darüber zerbrochen hat, wie die komplexe Steuerung möglichst verlustfrei auf die beschränkten Eingabemöglichkeiten der Wii umgesetzt werden kann und das Endergebnis ist durchaus gelungen. Bis das komplizierte Schema allerdings in Fleisch und Blut übergeht, werden einige Stunden voller Frust und Verwirrung ins Land ziehen und auch dann stellt sich die Frage, ob die traditionelle Steuerung via Classic Controller nicht doch vorzuziehen wäre. Diese funktioniert nämlich präzise und tadellos. Umso unverständlicher ist die Tatsache, dass sich das Training, welches unter anderem auch aus Strategie-Videos und anderen hilfreichen Elementen besteht, ausschließlich auf Wiimote und Nunchuk beschränkt. Wer es nicht besser weiß, könnte schnell zu dem Schluss kommen, dass dies die einzige Möglichkeit ist, seine Elf über den Platz zu scheuchen, da im ganzen Spiel keinerlei Übersicht oder anderweitige Erklärung zur Steuerung mittels Classic Controller zu finden ist.
Doch wie genau scheucht man nun die Sportler mit der Wiimote über das Grün? Zumindest die Grundlagen sind schnell verinnerlicht: Mit der Wii-Fernbedienung auf den gewünschten Spieler zeigen, den A-Knopf gedrückt halten und den Pfeil in die jeweilige Richtung ziehen – schon spurten Messi, Robben und Konsorten auf und davon. Alternativ kann auch einfach auf eine bestimmte Stelle geklickt werden, um die Bewegung zu veranlassen. Ein Druck auf die B-Taste sorgt für einen Pass zur ausgewählten Position, während das Schütteln des Nunchuks einen Torschuss auslöst.
Nicht nur das einseitige Training zeigt allerdings, dass „Pro Evolution Soccer 2012“ hauptsächlich für die Pointer-Steuerung ausgelegt wurde. So bewegt sich der Cursor in den Menüs beispielsweise quälend langsam, wenn er mit dem traditionellen Controller gesteuert wird. Die zwangsläufige Implementierung der Wiimote geht jedoch sogar soweit, dass diese für diverse Standardsituationen zwingen notwendig ist, um beispielsweise den Schützen zu ändern, da die dafür vorgesehenen Schaltflächen während der Partie ausschließlich durch die Pointer-Funktion ausgewählt werden können, selbst wenn man eigentlich mit dem Classic Controller spielt.

Ab auf den Platz
Findet man sich früher oder später also im altbekannten Menü wieder, hat man die Auswahl aus verschiedenen Spielmodi. Wer ohne große Umschweife erste Erfolge feiern will, stürzt sich in den Liga- beziehungsweise Pokalmodus, welcher im Wesentlichen aus einer losen Aneinanderreihung von Spielen besteht. Ähnlich verhält es sich bei der Königsklasse des europäischen Clubfußballs. Vom Aufbau her unterscheidet sich die Champions League nur unwesentlich von den üblichen Pokalen, doch dank der teuren Lizenz versprühen die bekannte Melodie sowie weitere Merkmale des Wettbewerbs einen wesentlich hochwertigeren Charme und sorgen für ein breites Grinsen auf dem Gesicht eines jeden Fußball-Enthusiasten. Die Copa Santander Libertadores, das afrikanische Gegenstück zur Champions League, ist ebenfalls wieder vollständig lizensiert und in „Pro Evolution Soccer 2012“ enthalten. Weiterhin mit an Bord sind der grundsolide Online-Modus sowie die Meister-Liga und die Champions Road, welche beide das Herzstück des Spiels darstellen und für unzählige Stunden unterhalten.
Das Lizenzdilemma
Wie mittlerweile üblich, kann sich „Pro Evolution Soccer“ auch dieses Jahr nicht ansatzweise mit dem Lizenzaufgebot eines „FIFA“ messen. Aus deutscher Sicht sind ausschließlich der FC Bayern München sowie Bayer Leverkusen lizensiert, andere Bundesliga-Mannschaften sucht man vergeblich. Vollständig vertreten sind immerhin die französische, spanische, holländische sowie italienische und zu großen Teilen auch die englische Liga. Immerhin können die vorhandenen Mannschaften durch regelmäßige Kaderupdates auf dem neuesten Stand gehalten werden und wer ohne seinen Lieblingsverein partout nicht spielen will, hat nach wie vor die aufwendige Möglichkeit, den umfangreichen Editier-Modus zu nutzen.

Technik
Das nicht enden wollende Déjà-vu-Erlebnis, welches sich wie ein roter Faden durch „Pro Evolution Soccer 2012“ zieht, macht auch vor der nahezu unveränderten Präsentation nicht halt. Zwar hat man als Sportfan und Wii-Spieler gleichermaßen bereits deutlich schlechtere Umsetzungen gesehen, aber etwas mehr Feinschliff wäre dennoch wünschenswert gewesen. Die Sportler sehen ihren realen Vorbildern aber im Normalfall durchaus ähnlich und auch die Stadien machen einen guten Eindruck. Eine absolute Unverschämtheit stellt allerdings ein weiteres Mal die Fankulisse dar. Diese ist unwesentlich mehr als eine verpixelte und unscharfe zweidimensionale Texturtapete und schreit förmlich nach einer Generalüberholung.
Deutlich positiver sieht es hinsichtlich der Akustik aus. Treibende Fangesänge mit donnernden Paukenschlägen lassen echte Stadion-Atmosphäre aufkommen und sorgen dafür, dass das Abschalten der nervigen Kommentatoren keinen großen Verlust darstellt.
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