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Straßen des Glücks

von

Gregor Thomanek

Gemessen am Erfolg der realen Vorbilder, sind Brettspiele auf Konsolen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Ein wichtiger Aspekt dabei dürfte der Wegfall des haptischen Spielerlebnisses sein, den ein Fernseher so nicht bieten kann. Aus diesem Grund müssen digitale Gemeinschaftsspiele mit anderen, völlig eigenen Stärken auftrumpfen, um den Griff zum Controller und nicht zur Spielfigur zu rechtfertigen. Pünktlich zum besinnlichen Weihnachtsfest nutzt Nintendo jetzt die Gunst der Stunde und möchte die ohnehin bereits versammelte Familie mit Straßen des Glücks“ vor die Wii locken. Ob das virtuelle Brettspiel für ein frohes Fest sorgt oder doch eher den Christbaum in Flammen steckt, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

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Hat hier jemand Monopoly gesagt?

Wie also funktioniert das Prinzip des neuesten Spross der in Japan bereits lange bekannten Brettspiel-Reihe? Die oberste Prämisse ist es, in kurzer Zeit so viel Geld wie möglich zu scheffeln. Zu diesem Zweck zieht man würfelnd über das Brett, welches neben diversen Zusatzfeldern gespickt von zu kaufenden Läden ist. Diese sollten, trotz des geringen Startkapitals, schnellstmöglich erworben werden, um fortan jedem Spieler, der auf dem eigenen Geschäft zum Stehen kommt, etwas Geld abzuluchsen und seinen Geldvorrat so kontinuierlich zu vergrößern. Diese Kapitalanlagen können im Verlaufe des Spiels durch Investitionen aufgewertet werden, wodurch unter anderem auch der zu entrichtende Obolus der Gegner steigt.

Um das Konto zu füllen gilt es jedoch auch die vier auf dem Brett verstreuten farbigen Kartensymbole (Kreuz, Piek, Herz und Karo) aufzusammeln und anschließend zum Startpunkt, der Bank, zurückzubringen. Ist dies erfolgreich geschehen, hagelt es immer höhere Prämien, die nicht nur in den Kauf und Ausbau weiterer Läden investiert, sondern auch zum Spekulieren am Aktienmarkt genutzt werden sollen. Jedes Brett ist nämlich in verschiedene Distrikte aufgeteilt, deren Aktien man erwerben kann. Durch den Kauf vieler Wertpapiere und den Ausbau der Läden im jeweiligen Bereich steigt dessen Wert und damit auch die Einnahmen. Für jede Transaktion im jeweiligen Distrikt erhält man als Aktionär fortan einen Anteil, gemessen an der Menge der Aktien und deren Wert.

Es sind nicht unbedingt familienfreundliche Werte, die „Straßen des Glücks“ vermittelt. Gewonnen hat am Ende nämlich nur, wer zuerst das vor dem Spielstart festgelegte Geldlimit erreicht hat oder zum Zeitpunkt des Bankrottgehens einer bestimmten Anzahl andere Spieler den höchsten Kontostand innehat.

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Da rollt der Rubel

Der große Vorteil digitaler Brettspiele liegt zumeist in den unumstößlichen Regeln, die nicht fehlinterpretiert werden können und das genaue Vorgehen beschreiben. Dieser rote Faden ist gerade zu Beginn von „Straßen des Glücks“ auch bitter nötig, denn Zugänglichkeit ist beileibe keine Stärke des Titels aus dem Hause Square Enix, weshalb man auch nicht den Fehler begehen sollte zu glauben, es hier mit einem anderen „Mario Party“ zu tun zu haben. Bis auf das Würfeln und eine Vielzahl an Charakteren aus dem Mario-Universum haben beide Spiele wenig gemein.

Um aber auch ohne ein abgeschlossenes BWL-Studium einsteigerfreundlichen Spaß zu haben, bietet der Titel noch eine abgespeckte Version des eigentlichen Konzeptes. Diese kommt ohne die komplizierten und häufig vom Glück abhängigen Aktien daher und streicht auch einige Zusatzfelder vom Angesicht der Spielbretter. Durch die verminderte Komplexität wird „Straßen des Glücks“ zwar tatsächlich um einiges zugänglicher, doch leider nicht ohne gleichzeitig auch an Reiz und Spieltiefe zu verlieren, die eigentlich gerade die Stärke des Titels ist. Im leichten Modus bleibt damit unterm Strich ein Brettspiel, welches nach wie vor weit davon entfernt ist partytauglich zu sein und dennoch nicht mehr genügend Anspruch bietet, um bereitwillige Spieler langfristig vor die Konsole zu fesseln.

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Wirtschaftskrise in bunt

Was „Straßen des Glücks“ von anderen Brettspielumsetzungen abhebt, ist neben der komplexen Gameplay-Mechanik besonders der Auftritt des Vorzeigemaskottchens Nintendos und seiner Freunde. Doch neben Mario, Yoshi und Konsorten gesellen sich auch bekannte Charaktere aus dem „Dragon Quest“-Universum zur lustigen Runde hinzu und sorgen so für ein Aufeinandertreffen der besonderen Art. Leider hat man es jedoch versäumt, den unterschiedlichen Charakteren spezielle Fähigkeiten oder anderweitige Besonderheiten zu verpassen. Für den Spielverlauf ist es völlig irrelevant, ob man sich nun für Wario, den eigenen Mii oder doch lieber den kleinen Schleim entscheidet.

Ein ähnliches Problem weisen auch die bunten Spielbretter auf. Diese sind zwar hübsch anzuschauen und entspringen thematisch häufig den beiden beliebten Spiele-Universen, beherbergen jedoch keinerlei spezifische Geheimnisse oder anderweitige Eigenheiten. Bis auf die Anordnung der Felder gibt es keine spielerisch relevanten Unterschiede. Apropos Felder: Diese wurden leider nicht in die schönen Hintergründe eingearbeitet, sondern schweben lediglich über der eigentlichen Welt und haben keinen Bezug zum ausgewählten Level. Anstatt also durch den Park von Prinzessin Peachs Schloss geführt zu werden, muss man sich damit begnügen, dieses von oben aus zu beobachten, während man in luftiger Höhe seine Runden auf den Spielfeldern dreht.

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Je mehr, desto besser

Es liegt in der Natur der Sache, dass Brett- und Partyspiele erst dann ihr volles Potential entfalten, wenn mindestens zwei Spieler um den Sieg kämpfen. Das trifft auch auf „Straßen des Glücks“ zu. Zwar ist es durchaus löblich, dass man an einen Online-Modus gedacht hat, doch kann dieser aufgrund der starken Online-Limitationen der Wii nicht ansatzweise den Charme und die Schadenfreude vermitteln, wie es in einer geselligen Runde in den eigenen vier Wänden der Fall wäre. Sobald jedoch ein paar Freunde beisammen sind, steigt der Spaßfaktor enorm.

Um Solisten aber dennoch einen kleinen Anreiz zu verschaffen, ist es möglich, die während der Spiele gewonnenen Wertmarken in die optischen Eigenheiten des eigenen Miis zu investieren. Neben diversen Kleidungsstücken umfasst die Auswahl auch verschiedene Accessoires und sogar neue Gesten stehen gegen Bares zur Verfügung.

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Technik

Passend zu den Charakteren beider Spieleuniversen kommt „Straßen des Glücks“ mit einer kunterbunten Bonbon-Optik daher, die es auf der Wii bereits zuhauf zu sehen gab und die Konsole nicht gerade an ihre technischen Grenzen führt. Somit kann sich das Brettspiel zwar dennoch sehen lassen, hat jedoch keinerlei Besonderheiten aufzuweisen und geht im Einheitsbrei der Durchschnittskost unter. Vom rein stilistischen Standpunkt aus betrachtet wirkt die Darstellung aber wie aus einem Guss und fügt sich positiv ins stimmige Gesamtbild.

Wenig überraschend zeigt sich der Titel auch von seiner akustischen Seite. An die Thematik der Spielbretter angelehnte Melodien dudeln fröhlich vor sich hin, haben aufgrund ihres stark repetitiven Charakters allerdings die Tendenz, schnell am Nervenkostüm der Spieler zu nagen. Da sich eine komplette Partie über einige Zeit erstrecken kann, sind kurze, sich stetig wiederholende Musikstücke schlichtweg keine adäquate Lösung. Etwas schade ist auch, dass auf jedwede Sprachsamples verzichtet wurde. Wenn Mario wieder einmal sein halbes Vermögen hergeben musste, wäre ein verzweifeltes „Mamma mia!“ schön zu hören gewesen.

Unsere Wertung

0/10

Fazit

Auch wenn das bunte Cover etwas anderes verspricht: hinter Straßen des Glücks“ verbirgt sich ein umfangreiches und komplexes Brettspiel, das nicht mit einem „Mario Party“ zu vergleichen ist. Für eine Partie sollte man sowohl Zeit als auch Regelkenntnisse mitbringen, um die Wiimote nicht nach kurzer Zeit gefrustet in die Ecke zu schleudern. Leider gibt es jedoch hier und da einige Ecken und Kanten, an denen sich so mancher stoßen dürfte. Etwas mehr Abwechslung hätte dem Titel ebenso gut zu Gesicht gestanden, wie Detailarbeit an den Spielbrettern. Nichtsdestotrotz werden alle Fans von Monopoly-ähnlichen Spielen ihre helle Freude haben und aufgrund des reizvollen Prinzips sollte niemand den Fehler begehen „Straßen des Glücks“ von vornherein aufgrund seiner Komplexität ins Abseits zu stellen.

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