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The Legend of Zelda: A Link to...

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Inside Nintendo 199: Eine Legende wird 30: Wie A Link to the Past die Zelda-Reihe definierte (Teil 1)

Kaum eine Frage wird von Videospielfans so kontrovers diskutiert und vielfältig beantwortet wie die nach dem besten „Zelda“-Spiel. Der älteste der Anwärter auf diesen Titel, welche die prestigeträchtige Action-Adventure-Reihe im Laufe der Jahre hervorgebracht hat, ist „A Link to the Past“. Der SNES-Klassiker mag die Reihe zwar nicht begründet haben, etablierte aber jene Struktur, die zumindest bis „Breath of the Wild“ das Herzstück jedes nachfolgenden „Zelda“-Teils bildete. Exakt 30 Jahre ist es nun her, dass „A Link to the Past“ in Europa in den Handel gekommen ist – Grund genug für uns, die Entstehungsgeschichte des Meilensteins so gut es die Quellen erlauben unter die Lupe zu nehmen.

Die Vorgeschichte

Es ist kein Geheimnis, dass zwei der einflussreichsten Videospiele aller Zeiten vom gleichen Team parallel entwickelt worden sind: Das kleine Team um Shigeru Miyamoto arbeitete 1985 mit „Super Mario Bros.“ und „The Legend of Zelda“ an zwei genredefinierenden Titeln. Entgegen den ursprünglichen Planungen schaffte es das Jump’n’Run mit dem berühmten Klempner in der Hauptrolle als erstes auf den Markt. „The Legend of Zelda“ folgte nach einer gehörigen Umarbeitung des zunächst angedachten Spielkonzepts im Februar 1986 für Nintendos 8-Bit-Konsole Famicom; später erschien es auch in Nordamerika und Europa für das Nintendo Entertainment System (NES).

Beide Spiele verkauften sich derart blendend, dass Fortsetzungen nur eine Frage der Zeit waren. Dazu übertrug Miyamoto die kreative Leitung an andere Mitglieder seines Teams. Im Falle von „Zelda II: The Adventure of Link“ führte dies zu einem Spiel, das stark von seinem Vorgänger abwich: Kämpfe fanden nun in der Seiten- statt der Vogelperspektive statt und es wurden viele Rollenspielelemente integriert. Bis zum heutigen Tage gilt „Zelda II“ als schwarzes Schaf der Reihe.

Mit „Super Mario Bros. 3“, entstanden unter der Regie von Takashi Tezuka, holte Miyamotos Team im Herbst 1988 noch einmal alles aus dem NES heraus. Die „Zelda“-Reihe indes sollte keinen dritten NES-Teil erhalten: Nintendo arbeitete bereits mit Hochdruck an einer 16-Bit-Konsole, dem Super Famicom/Super Nintendo Entertainment System (SNES). So begann auch Miyamotos Abteilung, die in dieser Zeit in „Entertainment Analysis & Development“ (EAD) umbenannt wurde, mit der Entwicklung von Spielen für die neue Hardwaregeneration.

Drei Jahre Arbeit am dritten Zelda

Auch die 16-Bit-Ableger von „Mario“ und „Zelda“ befanden sich überwiegend parallel in der Mache; bei beiden Projekten fungierte Tezuka als Director. Miyamoto, der als Produzent eingebunden war, bestätigte, dass die Arbeiten am späteren „A Link to the Past“ „nicht viel später“ als jene an „Super Mario World“ begannen. Die Entwicklung habe insgesamt etwa drei Jahre beansprucht: „Im Kern dauerte die Produktion ein Jahr, aber davor hatten wir ein Jahr Planungs- und ein Jahr Experimentierphase“, so der Serienschöpfer. „Es waren ermüdende drei Jahre.“

Drei Jahre – so lange hatte Nintendo bis dahin noch nie an einem Spiel gearbeitet, und am Ende war das Entwicklerteam so groß wie noch nie zuvor. Aus Miyamotos groben Angaben folgt, dass die Entwicklung gegen Ende 1988 aufgenommen wurde. Dank des sogenannten Gigaleaks, der 2020 originale Entwicklungsdateien zahlreicher historischer Nintendo-Spiele ans Tageslicht gebracht hat, kennen wir sogar das exakte Datum des offiziellen Projektbeginns: Der 1. März 1989. Diese Angabe schließt natürlich nicht aus, dass Miyamoto und seine Kollegen bereits zuvor Ideen für den dritten „Zelda“-Teil gesammelt haben.

Dieses Foto sollte 2005 „beweisen“, dass ein NES-Prototyp von „Zelda 3“ aufgetaucht ist. Wie es sich für derartige Fakes gehört, ist die Bildqualität natürlich so schlecht, dass man kaum etwas jenseits des „Zelda“-Schriftzugs und des Triforce erkennen kann. Schon damals wurden rasch Einwände laut, dass ein japanischer Prototyp nicht ohne Weiteres auf einem handelsüblichen westlichen NES laufen kann. Ohnehin startete die Entwicklung des Spiels, obgleich mitunter Gegenteiliges behauptet wurde, bereits auf dem SNES.

Der Mythos der NES-Version von Zelda 3

Doch war „Zelda 3“ wirklich von Beginn an für das in der Entwicklung befindliche SNES geplant? Einer verbreiteten Angabe zufolge entstand das Spiel zunächst für das NES und wurde erst mitten während der Arbeiten auf das deutlich leistungsstärkere Nachfolgermodell übertragen. Allerdings hat dieses Narrativ keinen Rückhalt in den Quellen zur Entwicklung des Spiels. Die unter anderem in der englischsprachigen Wikipedia zu lesende (Fehl-)Information geht letztlich auf einen alten Artikel der Spielewebsite IGN zurück. Es handelt sich dort jedoch nicht um exklusives Wissen aus erster Hand, sondern um eine bloße unbegründete Mutmaßung des Autors.

Übrigens hat vor einigen Jahren eine vermeintlich aufgetauchte Beta-Version von „Zelda 3“ für das NES im Internet für Furore gesorgt. Schon damals wurde schnell erkannt, dass es sich um einen Fake handelt, und auch Meldungen, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des damals exklusiv für Nintendo entwickelnden Studios Factor 5 den Prototyp ersteigert habe, stellten sich als unwahr heraus.

Eine verfrühte Ankündigung

Es ist keineswegs eine rein „moderne“ Unsitte, Videospiele mitunter noch vor Beginn der eigentlichen Entwicklung öffentlich anzukündigen: Als Nintendo am 21. November 1988 das Super Famicom der japanischen Presse präsentierte, gab der Konzern vollmundig die Entwicklung von „Zelda 3“ und „Mario 4“ bekannt. Diese und zwei weitere Spiele sollten zum Marktstart der neuen Konsole verfügbar sein. Das „Zelda“-Projekt befand sich zu diesem Zeitpunkt – wenn überhaupt – in der frühesten Konzeptphase; entsprechend wurden auf jenem Event auch keine weiteren Informationen bekanntgegeben. Die beiden anderen geplanten Launchspiele müssen „F-Zero“ und „Pilotwings“ gewesen sein; auch sie entstanden in Miyamotos EAD-Abteilung.

„Super Mario World“ war schließlich tatsächlich pünktlich zur Markteinführung des Super Famicom fertiggestellt. „A Link to the Past“ hingegen ließ noch genau ein Jahr auf sich warten. Interessanterweise erschien es letztlich exakt drei Jahre nach seiner Erstankündigung. Diese beweist denn auch, dass das Spiel von Beginn an für den 16-Bitter geplant war. Die erheblich leistungsstärkere Hardware weckte in den Entwicklern schon früh das Bestreben, endlich einige jener Ideen zu verwirklichen, die zuvor aus technischen Gründen verworfen werden mussten. Leider ist nie konkretisiert worden, welche Ideen genau dies waren. Eine besonders spannende Mutmaßung in dieser Hinsicht werden wir später äußern.

Miyamoto und Horii trafen sich Ende 1990, kurz nach Marktstart des Super Famicom, erneut zu einem Gespräch, aus dem dieses Foto stammt. Wieder fragte Horii auch nach „Zelda 3“. Miyamoto war diesmal aber deutlich verschlossener und wollte keine genauen Details nennen. Er beschrieb das Thema des neuen Spiels als „Echtzeit-Action-Adventure-Spiel“. Gegenüber den Details aus dem Gespräch von 1989 fällt auf, dass sich Miyamoto nun von der Idee der RPG-Elemente in „Zelda“ distanzierte.

Zurück zum Ursprung

Nicht nur die erste Ankündigung des späteren „A Link to the Past“ erfolgte außerordentlich früh, lange vor der Veröffentlichung des Spiels ließ der sonst so geheimniskrämerische Konzern seinen Chefproduzenten in einem Interview über das Projekt plaudern. Kurz vor der Veröffentlichung des Rollenspiels „Mother“ (Juli 1989) führte Miyamoto ein Gespräch mit „Dragon Quest“-Schöpfer Yuji Horii. Als dieser fragte, ob Miyamoto schon begonnen habe, an „Zelda 3“ zu arbeiten, das, wie er gehört habe, für das Super Famicom erscheinen werde, antwortete die Nintendo-Legende: „Ja, wir machen Fortschritte, Schritt für Schritt.“

„Grundsätzlich plane ich, zum Stil von ‚Zelda 1‘ zurückzukehren“, fuhr Miyamoto damals fort. „Das hatte ich schon im Kopf, bevor wir angefangen haben, ‚The Adventure of Link‘ zu machen.“ Demnach stand von Beginn an fest, wie im Serienerstling auf eine durchgehende Vogelperspektive zu setzen und die Abschnitte mit Seitenansicht aus dem zweiten Teil nicht zu übernehmen.

Ob Miyamoto die Grundausrichtung des dritten Spiels tatsächlich schon vor Beginn der Arbeiten am zweiten geplant hat oder ob er mit dieser Aussage nicht eher einen Umschwung, der sich eventuell erst infolge der gemischten Resonanz auf „The Adventure of Link“ eingestellt haben mag, als von langer Hand geplant hinstellen wollte, muss offen bleiben. Tezuka hingegen implizierte in einem Interview, dass die Draufsicht primär gewählt worden sei, um die Differenzen zwischen Licht- und Schattenwelt möglichst wirkungsvoll darzustellen.

Miyamotos Pläne für ein Zelda-RPG

Tatsächlich sprach Miyamoto in jenem Interview von Mitte 1989 noch von weiteren bereits weit im Vorfeld gefassten Entschlüssen für „Zelda 3“ – die die Reihe sogar noch stärker in Richtung des Rollenspielgenres gerückt hätten, als es mit „The Adventure of Link“ der Fall war. „Seit Beginn der Arbeiten am ersten Spiel der Reihe habe ich gesagt, dass das dritte ‚Zelda‘ eine Party bieten wird, die aus dem Protagonisten – einer Mischung aus Elfe und Kämpfer –, einem Magier und einem Mädchen besteht.“ Im selben Atemzug verriet das Nintendo-Mastermind: „Die Fee, die in ‚The Adventure of Link‘ auftauchte, war eigentlich ein für ‚Zelda 3‘ entworfenes Partymitglied.“

Auch hier ist eine gesunde Skepsis angebracht, denn Miyamoto hat sich wohl kaum während der Entwicklung des ersten „Zelda“-Spiels, dessen Erfolg im Vorfeld nicht absehbar war, ausgerechnet über einen möglichen dritten Teil Gedanken gemacht. Es ist wahrscheinlicher, dass er von der in Japan sehr beliebten „Dragon Quest“-Reihe sowie vom hinsichtlich des Spielprinzips vergleichbaren „Mother“, an dessen Entwicklung er damals intensiv beteiligt war, beeinflusst wurde.

Wie dem auch sei – aus unbekannten Gründen wurde dieses frühe Konzept verworfen. Genau so wenig wie sämtliche späteren Serienteile verfügt „A Link to the Past“ über eine Gruppe von Spielfiguren mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Offenbar war sich Miyamoto zur Zeit des Interviews ohnehin nicht ganz sicher, ob er eine richtige Party wie in Rollenspielen oder eine Figurenauswahl wie etwa im westlichen „Super Mario Bros. 2“ umsetzen wollte. Denn im Gespräch mit Horii erzählte er auch: „Es macht Spaß, wenn man in einem Action-Adventure-Spiel aussuchen kann, wen man aussendet. Das ist die Art von Dingen, die ich gerne in ‚Zelda 3‘ einbauen würde.“

Mitte 1989 äußerte Miyamoto, dass „die Fee, die in ‚The Adventure of Link‘ auftauchte“, eigentlich als Partymitglied für „Zelda 3“ geplant war. Damit konnte er nur den Zauber meinen, mit dem sich Link im NES-Spiel in eine Fee verwandeln kann. Dieses Artwork zu „Zelda II“ zeigt diese Fee genauer. „Ein Mädchen, das ein wenig wie eine Fee aussah und dessen Rolle darin bestand, die Umgebung auszukundschaften“, beschrieb Miyamoto sie. „Wie die Figuren in Action-Spielen, die nicht gegen Feinde kämpfen, sondern die Umgebung auskundschaften und sicher zu einem zurückkehren.“ Im finalen „A Link to the Past“ scheinen sich von dieser Idee keine Überbleibsel mehr zu finden.

Eine Welt ist nicht genug

Aus Miyamotos etwas unklaren Äußerungen von Mitte 1989 geht nicht zuletzt hervor, dass sich „A Link to the Past“ damals noch in einer sehr frühen Planungsphase befand. Die dort genannten Pläne haben in keinem anderen Interview Erwähnung gefunden – ganz anders als eine andere schon früh vorgesehene Idee. „Wir haben versucht, mehrere Welten ins Spiel zu integrieren“, erinnerte sich Director Tezuka zurück. „Es sollte einen zentralen Ort geben. Die Geschehnisse dort sollten Auswirkungen auf die Spielwelten haben.“ Kensuke Tanabe, der für die Handlung des Spiels verantwortlich war, sprach 2020 in einem Interview von „zahlreichen“ geplanten Parallelwelten, während es Miyamoto zufolge genau drei waren.

Dass daraus im fertigen Spiel „bloß“ zwei Welten wurden, hat spielerische und technische Gründe. Eine zu große Anzahl an Welten drohte die Struktur zu verkomplizieren und Spielende zu verwirren. Hinzu kam, dass Programming Director Toshihiko Nakago Zweifel an der technischen Umsetzbarkeit anmeldete. Streng genommen realisierte das Programmiererteam schlussendlich sogar nur eine Spielwelt, denn die Schattenwelt greift auf dieselben Daten zurück wie die Lichtwelt, wobei im Kern nur einige Grafikelemente ausgetauscht werden. Da Speicherplatz damals ein rares Gut war, musste oft auf solche simplen aber effektiven Tricks zurückgegriffen werden. Nakago und sein Team waren darin schon erfahren – man denke nur an die Wolken und Büsche aus „Super Mario Bros.“, die dasselbe Grafikelement nutzen.

Zurück in die Zukunft?

Über die verworfenen Pläne für die Parallelwelten geben weder Interviewaussagen noch Analysen der Spieldaten, auch nicht die reichhaltigen Funde aus dem Gigaleak, nähere Auskunft. 2011 wurden die Spekulationen allerdings durch eine im Artbook „Hyrule Historia“ abgedruckte Konzeptskizze aus der Entwicklung von „A Link to the Past“ angefacht. Sie zeigt Prinzessin Zelda in einem futuristischen Sci-Fi-Design, wie es bis heute in der Reihe noch nie zu sehen gewesen ist. Sollte Link ursprünglich in die Zukunft reisen können? Bezog sich die Idee der Parallelwelten eigentlich auf unterschiedliche Zeitebenen?

Interessanterweise verriet Miyamoto ein Jahr später der französischen Website Gamekult ein bis dahin unbekanntes Detail zum ersten „Zelda“-Spiel. Demnach sollte dieses ursprünglich zwei Zeitebenen umfassen und im Mittelalter sowie in der Zukunft spielen; dazu passend seien die Fragmente des Triforce zunächst Computerchips gewesen. Da „Zelda 3“ mehrere verworfene Ideen des Serienerstlings verwirklichen sollte, erscheint es gut denkbar, dass zu Beginn ein Zeitreiseelement angedacht war. Doch solange diesbezüglich eine Bestätigung aussteht, handelt es sich um bloße Spekulation. Ebenso gut ist es schließlich möglich, dass die futuristische „Zelda“-Skizze aus „Hyrule Historia“ nur eine zufällige, fixe Idee ohne tieferen Hintergrund darstellt.

Diese Konzeptzeichnung zu „A Link to the Past“ wirft viele Fragen auf. War etwa ursprünglich ein futuristisches Setting für das Spiel geplant, etwa als eine der später verworfenen Parallelwelten?

Mehr als nur vier Richtungen

In „Zelda 1“ sowie in den Oberweltabschnitten von „Zelda II“ konnte sich Link ausschließlich in den vier Himmelsrichtungen fortbewegen. Diese Steuerung war starr, sperrig und längst nicht mehr zeitgemäß. Für „A Link to the Past“ setzten die Programmierer daher auch diagonale Fortbewegung um. Wenn Link nun in acht Richtungen laufen konnte, musste er auch in diesen acht Richtungen angreifen können. Dies aber sorgte für Probleme – Miyamoto sprach recht vage davon, dass „die Bedienbarkeit des Spiels abnahm“. Daher kann Link sein Schwert schließlich doch nur in die vier Himmelsrichtungen direkt schwingen. Um dies zu kompensieren, fügte das Team einen Rundherum-Schwertangriff ein – die bis heute aus der Reihe nicht wegzudenkende Wirbelattacke war geboren.

Und noch eine Erweiterung des Item-Systems konnte nicht wie geplant umgesetzt werden. „Ursprünglich wollten wir Spielern die Möglichkeit geben, sich die Waffen selbst auszusuchen“, sagte Tezuka. So sollten sich auch zwei Items miteinander kombinieren lassen, etwa Pfeil und Bogen mit Bomben zu Bombenpfeilen. „Wir haben die Idee aber verworfen“, fuhr der Director fort. „Shigeru Miyamoto wollte, dass Link immer ein Schwert dabei hat.“ Tezuka vermochte diese Ideen schließlich im Nachfolger „Link’s Awakening“ durchzusetzen – ironisch eingedenk der Tatsache, dass dort auf dem Game Boy weniger Tasten zur Verfügung stehen als auf dem SNES-Controller.

Neue Grafikmöglichkeiten – alte Speicherprobleme

Dass viele frühe Ideen wie mehrere Parallelwelten oder diagonale Schwertangriffe verworfen werden mussten, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das SNES mit seiner 16-Bit-Prozessorarchitektur gegenüber dem NES ein schier unermesslicher Fortschritt war. Die Entwickler konnten nun eine deutlich detailliertere Grafik umsetzen, etwa Hintergründe mit mehreren Ebenen. „Mir gefallen besonders die Sonnenstrahlen, die im Wald durch die Baumkronen scheinen“, äußerte Tanabe.

„Unsere Entwickler hatten ein gutes Gespür dafür, was mit der Hardware möglich ist und was nicht“, antwortete Tezuka in einem Interview auf die Frage nach technischen Schwierigkeiten während der Arbeiten. „Ich kann mich an keine unerwarteten Probleme erinnern.“ Gleichwohl fügte er hinzu, dass die Speicherbegrenzungen eine große Herausforderung dargestellt hätten. Damit „A Link to the Past“ auf ein acht Megabit umfassendes Modul passte, mussten die Programmierer hart an der Datenkomprimierung arbeiten.

Das Team plante sogar, für die lokalisierten Fassungen des Spiels noch größere Module zu nutzen, da die westlichen Spieltexte deutlich länger waren als die japanischen, doch letztlich war dies doch nicht erforderlich. Um möglichst viel Speicherplatz einzusparen, griff man auch auf einen Trick aus „Super Mario World“ zurück und reduzierte für manche Grafikelemente die Farbtiefe.

Nur deutlich subtiler als etwa in „F-Zero“ oder „Star Fox“ stellte Nintendo in „A Link to the Past“ die neuen technischen Möglichkeiten des SNES unter Beweis. Links: Die Introsequenz des Spiels zeigt animierte 3D-Polygone. Mitte: Die Oberwelt-Karte präsentiert den Mode-7-Effekt, der Texturen dynamisch skalieren kann, um einen rudimentären 3D-Effekt zu erzielen. Rechts: Es konnten nun mehrere Bildschirmebenen verwendet werden, um etwa Regen oder Nebel darzustellen und so für mehr Atmosphäre zu sorgen.

Weitreichende Ambitionen und die Grenzen des Machbaren

Primär waren die technischen Herausforderungen eher durch die Ambition des Spielsystems und die Fülle an Ideen denn durch eine vermeintlich zu schwache Hardware begründet. „Es gab viele Momente, in denen wir mit unseren Ideen voranpreschten, die Realität aber nicht schritthalten konnte“, so Miyamoto. Manchmal hinkten die Programmierer den Grafikern und Planern hinterher, manchmal war es genau umgekehrt. „Solche Lücken hatten wir in der Vergangenheit nie. Der Umfang dieses Spiels war einfach so groß.“

Laut Chefprogrammierer Morita sind tatsächlich mehrere Elemente wegen der Speicherproblematik verworfen worden. Andererseits hat das Team, wie Tezuka selbstkritisch anmerkte, die neuen Fähigkeiten des SNES – abgesehen von der dank Mode-7-Effekt zoombaren Weltkarte und dem animierten 3D-Triforce zu Beginn des Spiels – nicht genug ausgereizt. „Ich wünschte, wir hätten etwas Überraschenderes gemacht.“

Zelda 3 lässt auf sich warten

Wie wir bereits gesehen haben, war zu Beginn des Projekts angedacht, dass „Zelda 3“ rechtzeitig zur Markteinführung des SNES fertiggestellt sein sollte. Dieser Plan konnte allerdings nicht lange aufrechterhalten werden. Bis November 1990 liefen die Arbeiten auf Sparflamme, da das Entwicklerteam nur eine kleine, im Kern an einer Hand abzählbare Belegschaft umfasste. Die übrigen Mitglieder von Miyamotos damals stark expandierender EAD-Abteilung waren mit „Super Mario World“, „F-Zero“ und „Pilotwings“ ausgelastet. Nachdem diese im November 1990 vollendet worden waren, konnte das „Zelda 3“-Team zu voller Größe anwachsen.

Vermutlich entsprach es daher nicht ganz der Wahrheit, als Miyamoto Ende 1990 in einem Interview über „Super Mario World“ zum aktuellen Stand des kommenden „Zelda“-Spiels äußerte: „Wir machen stetig Fortschritte und geben der Sache den letzten Schliff.“ Das Spiel sollte nun gegen Mai 1991 fertig sein, „aber nageln Sie mich nicht darauf fest!“ Andernorts sagte der Produzent, „A Link to the Past“ habe ursprünglich im März 1991 erscheinen sollen und sei zunächst auf das Ende der Sommerferien, dann auf November – exakt auf das einjährige Jubiläum des Super Famicom – verschoben worden. In diesem Sinne hat der Klassiker ein weiteres, wenngleich für Fans weniger erfreuliches Markenzeichen der „Zelda“-Reihe eingeführt: Wie derzeit beim neuen Teil „Tears of the Kingdom“ werden neue Ableger meist gleich mehrfach verschoben.

Skizzen und Zeichnungen zu Spielfigur Link aus der Entwicklung von „A Link to the Past“, abgedruckt in „Hyrule Historia“.

Die Verschiebungen sind nachvollziehbar, denn „A Link to the Past“ avancierte zu Nintendos bis dahin mit Abstand umfangreichster Produktion. Nachdem wir bislang hauptsächlich die frühen Weichenstellungen betrachtet haben, wird es im zweiten Teil um die späteren Projektphasen und um die weitere Geschichte des Spiels nach seiner Veröffentlichung gehen.

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Bisher gibt es sieben Kommentare

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  • Avatar von Phondrason
    Phondrason 27.09.2022, 13:01
    Vielen dank für all die Informationen!
    Als 90er Baujahr bin ich mit Alttp groß geworden und habe das Spiel geliebt. Noch heute wird es Regelmäßig mal eingeworfen. Die ganzen Speedrunner und Randomizer zeigen ja auch noch heute, dass dieser Zeldateil langfristige Auswirkungen auf die Reihe hatte.

    Danke noch einmal!
  • Avatar von jojoxyz
    jojoxyz 27.09.2022, 12:37
    ALTTP hat mich auch in meiner Jugend verzaubert, obwohl oder gerade deshalb vielleicht, da ich es selbst mangels SNES nie hatte und es nur bei einem Kumpel spielen konnte. Es war mein erster Berührungspunkt mit der Zelda-Reihe, da die Vorgänger komplett an mir vorbeigegangen sind.
    Es ist auch das einzige SNES-Spiel, dass ich mir vor einigen Jahren mal als OVP-Game mit Landkarte besorgt habe.
    Herzlichen Dank für den Artikel!
  • Avatar von Garo
    Garo 27.09.2022, 12:25
    Sehr schöner Artikel! Danke dafür. Winzige Korrektur gegen Ende: "Wie derzeit beim neuen Teil „Tears of the Kingdom“ werden neue Ableger meist gleich mehrfach verschoben."
    TotK wurde (bisher; ich klopfe auf Holz) nur einmal verschoben. Bei der Erstankündigung hatte es kein Datum, beim zweiten großen Trailer wurde "2022" angegeben. Das wurde im Development Update verschoben auf "Spring 2023", was mit dem kürzlichen Trailer auf den 12.05. spezifiziert wurde.
  • Avatar von Tobias
    Tobias 27.09.2022, 11:26
    Vielen Dank an euch drei für die lieben Worte!
  • Avatar von Metroidlarve
    Metroidlarve 27.09.2022, 10:12
    Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen. Super Artikel! Es hat richtig Spaß gemacht, ihn zu lesen.

    Nur eines bleibt nun: Der unstillbare Wunsch eines Remakes von ALttP! Es ist und bleibt eines der besten Zeldas, wenn nicht sogar das Beste. Das Spiel verzaubert einen auch heute noch: So wurde meine Tochter erst kürzlich durch ALttP auch zu einen wahren Zelda-Fan!
    Ein Remake mit der gleichen Liebe (aber anderem Stil) wie Links Awakening wäre wirklich toll. Vor allem zum 30. jährigen Jubiläum!
  • Avatar von Marlonius
    Marlonius 24.09.2022, 23:20
    Boah was für ein megamäßiger Artikel! Danke dafür!
  • Avatar von Martilunya
    Martilunya 24.09.2022, 20:28
    Immer wieder schön in Nostalgie zu versinken während man noch etwas lernt über seine Lieblingsspiele. Danke für die gewohnt tolle Ausarbeitung