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Wii Sports

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Inside Nintendo 141: Der Wii-Bericht – Teil 7: Wie Wii Sports die Wii prägte

Nie hat ein Launchspiel das öffentliche Bild von einer Spielekonsole so geprägt, wie es bei der Wii mit „Wii Sports“ der Fall war. Die Minispielsammlung machte nicht nur die Videospielwelt mit einer neuen Art der Steuerung vertraut, sondern führte auch Millionen von Menschen, die zuvor kein Videospiel angerührt hatten, in die Welt der interaktiven Unterhaltungselektronik ein. Als meistverkauftes Konsolenspiel übte es großen Einfluss auf die Videospielbranche und die Gesellschaft aus und trug zum Erfolg der Wii bei. Daher befassen wir uns im siebten Teil unseres Wii-Berichts mit der Entstehung von „Wii Sports“.

Dank „Wii Sports“ dominierten Werbebilder wie dieses den Marktzyklus der Wii-Konsole.

Testsoftware für den neuen Controller

Die Entstehung von Hardware, Controller und System der Wii war ganz durch das Ziel bestimmt, neue Zielgruppen anzusprechen und so den Videospielmarkt zu erweitern – das haben wir in unserer Reportage schon ausführlich dargelegt. Doch ohne überzeugende innovative Spiele hätte Nintendo das Vorhaben nie in die Tat umsetzen können. „Wii Sports“ war also ein integraler Bestandteil von Nintendos Planungen für die Wii. Doch nicht etwa solche marktstrategischen Überlegungen markierten den Beginn der Entwicklung von „Wii Sports“.

„Alles begann mit der Wii-Fernbedienung“, erklärte Produzent Katsuya Eguchi, der neben „Wii Sports“ auch für „Wii Play“ zuständig war. Während die Ingenieure von Nintendos Hardwareabteilung vielfältige Konzepte für eine neue Art von Spielecontroller ausprobierten, entwarfen die Spieleentwickler aus Shigeru Miyamotos berühmter EAD-Abteilung zu den Controller-Prototypen innovative Technik-Demos (siehe auch Teil 2 der Reportage). Für den Prototyp der späteren Wii-Fernbedienung dachten sich Miyamotos Leute etwa ein Baseball- und ein Tennis-Minispiel aus. „‚Wii Sports‘ entstand aus der Diskussion, wie wir [diese Technik-Demos] zu vollwertigen Spielen machen könnten“, so Eguchi.

Keine Wii-Fernbedienung ohne Wii Sports?

Alle fünf Sportminispiele aus „Wii Sports“ gehen auf solche internen Technik-Demos zurück, die die neuen Möglichkeiten der Wii-Fernbedienung ausloten sollten. Da Form und Konzept des neuen Controllers noch gar nicht feststanden, als die Software-Experimentierphase begonnen hatte, entstanden die unterschiedlichsten Prototypen, von denen nicht alle über das Konzeptstadium hinweg kamen.

Man kann dabei kein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Controller und Prototypen postulieren. Vielmehr beeinflussten sich beide gegenseitig: Die Technik-Demos, die später den Kern von „Wii Sports“ bildeten, halfen Nintendo dabei, das endgültige Konzept für den neuen Controller der Wii herauszukristallisieren. Und Form und Funktion des Controllers prägten natürlich Konzept und Kontrolle der Minispiele. „Ich denke“, sagte einmal Konzernchef Satoru Iwata, „das Geheimnis der Controller-Entwicklung bei Nintendo liegt darin, dass die Entwicklung der Controller-Prototypen und der Tech-Demos Hand in Hand geht.“

Produzent Katsuya Eguchi sowie die drei Projektleiter Keizo Ota, Yoshikazu Yamashita und Takayuki Shimamura im „Iwata fragt“-Interview (v. l. n. r.). Sie alle waren später auch in leitenden Positionen an Nachfolgespielen wie „Wii Sports Resort“, „Wii Sports Club“ oder „Nintendo Land“ beteiligt.

Prototypen suchen ein Zuhause

Bei der Experimentierphase, aus der „Wii Sports“ hervorging, herrschten große Freiheiten, wie Keizo Ota sagte: „Ich konnte entwickeln, was ich wollte, und ich konnte mit der Entwicklung aufhören, wo ich wollte.“ Er leitete jenes Team innerhalb von Nintendo EAD, das für die Programmierung früher Prototypen zuständig ist, und hatte daher eine wichtige Position bei der Entstehung von „Wii Sports“ inne. Ota selbst war der leitende Entwickler des Tennisspiels. Für das Baseballspiel war Yoshikazu Yamashita zuständig und Director des Golfspiels war Takayuki Shimamura, der erst 2004 bei Nintendo angefangen hatte. Sein Werk begann als Minispiel, in dem es nur ums Putten gehen sollte, das aber eigentlich Teil eines ganz anderen Spiels werden sollte.

Neben den drei erwähnten hatte das Team zahlreiche weitere Testspielchen für die Wii-Fernbedienung hervorgebracht. Der Aufbau von „Wii Sports“ mit seinen fünf Minispielen war also nicht von Anfang an so geplant gewesen. Stattdessen entstand die Spielesammlung bloß aus der Zielsetzung heraus, die vielversprechenden Prototypen in irgendeiner Form zu veröffentlichen. So läuft es ja häufig bei Nintendo: Zunächst entstehen Prototypen zu neuen Spielmechaniken, und erst dann wird um diese neuen Konzepte herum ein Spiel aufgebaut.

Die Schattenseite dieses Vorgehens ist, dass sich manchmal vielversprechende Konzepte nur schwerlich konkreten Spielen zuordnen lassen – darum verschwinden bei Nintendo so viele Prototypen auch wieder in der Schublade. So mussten auch die Entwickler der Wii-Prototypen einen Weg finden, ihre innovativen Ideen irgendwie zusammenzubringen. „Man könnte sagen, es war ein einziges Chaos“, sagte Eguchi. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch gar nicht die Projektleitung über „Wii Sports“ inne – wie denn auch, damals gab es ja noch gar kein geplantes Projekt, sondern nur eine Ansammlung von vielen Prototypen.

Miyamoto bringt Ordnung ins Chaos

Nintendos Spiele-Chefentwickler Shigeru Miyamoto vermochte schließlich einen Projektplan zu erstellen. Der Schöpfer von „Super Mario“ und „The Legend of Zelda“ fertigte eine Skizze zur Zusammenstellung der verschiedenen Prototypen an. Der Anblick des planenden Miyamoto hat auf Eguchi, der schon seit den späten 1980er Jahren mit dem Starentwickler zusammenarbeitet, bleibenden Eindruck hinterlassen: „Ich habe das damals auch zum ersten Mal erlebt. Als ich las, was er geschrieben hatte, dachte ich, ‚So sieht es also in seinem Kopf aus …‘“

Miyamoto teilte die vielfältigen Softwareideen in Sport- und Familienspiele ein. Erstere sollten in einem „Sports Pack“, letztere in einem „Party Pack“ veröffentlicht werden – so lauteten die Projektnamen für „Wii Sports“ und „Wii Play“. Laut Motoi Okamoto, dem Director von „Wii Play“, entstand dieser Projektplan erst, als nur noch etwa sieben oder acht Monate Zeit für die Entwicklung der Launchtitel übrig blieben. Die bisherigen Prototypen mussten also in kürzester Zeit zu fertigen Minispielen weiterentwickelt werden. Da Nintendo die Priorität auf „Wii Sports“ legte, hatte das Entwicklerteam von „Wii Play“ das Nachsehen und musste zwei geplante Minispiele streichen.

Die fünf Minispiele aus „Wii Sports“. Ihre Zusammenstellung geht auf Miyamoto zurück.

Rollende Kugeln und schlagende Fäuste

Neben den schon erwähnten Sportarten Tennis, Baseball und Golf fanden noch zwei weitere Disziplinen Aufnahme in „Wii Sports“. Da Baseball nicht auf der ganzen Welt so beliebt ist wie in Japan, die Sportspielsammlung aber auf der ganzen Welt gut ankommen sollte, suchten die Entwickler nach einer weltweit beliebten und einfach verständlichen Sportart. Die Suche führte schließlich zu Bowling. Ein innerhalb von wenigen Tagen programmierter Prototyp konnte überzeugen, und so wurde Bowling offiziell Teil von „Wii Sports“. Zuständig dafür war Shimamura.

Etwa zur gleichen Zeit entstand auch die Idee für ein Boxspiel, das den Nunchuk-Zusatzcontroller nutzen sollte, der zusammen mit der Wii ausgeliefert wurde. Mit Boxen, für das Yamashita verantwortlich zeichnete, war eine fünfte mögliche Sportart für „Wii Sports“ gefunden. Ursprünglich sollte aber nur eines der zwei neuen Minispiele Aufnahme in „Wii Sports“ finden – Bowling oder Boxen. „Wir haben Witze gemacht, dass wir sie für ‚Wii Sports 2‘ aufheben“, erinnerte sich Eguchi zurück, „aber da sie uns so gut gelungen waren, wollten wir beide so schnell wie möglich veröffentlichen.“

Die Zeit vergeht wie im Fluge: Das verworfene sechste Spiel

Viele andere Prototypen ereilte dagegen das Schicksal, verworfen zu werden, und über sie wissen wir leider nichts – mit einer Ausnahme. Auf der E3 2006 zeigte Nintendo nämlich „Wii Sports: Airplane“, eine Flugsimulation mit Ähnlichkeiten zur „Pilotwings“-Reihe. Das Flugzeug wurde durch Neigen der Wii-Fernbedienung gelenkt. Warum dieses Minispiel nicht seinen Weg in „Wii Sports“ fand, ist zwar nicht bekannt. Doch Nintendo hat die Idee nicht vergessen: Die Entwickler überarbeiteten das Flugzeug-Minispiel und bauten es im Nachfolger „Wii Sports Resort“ ein. Es ist davon auszugehen, dass auch weitere Minispiele aus „Resort“ auf ursprüngliche Prototypen für das erste „Wii Sports“ zurückgehen.

Ein Grund für die Beschränkung auf fünf Minispiele könnte die kurze Entwicklungszeit sein. Ohnehin war es für Nintendo ein eher ungewöhnliches Vorgehen, die Prototypen in Form von Minispielsammlungen ohne detailreich ausgearbeitete Features und Spielfiguren herauszubringen. Aber „Wii Sports“ musste nun einmal bereits zur Markteinführung der Wii fertiggestellt sein, es sollte schließlich Funktionen und Möglichkeiten der neuen Konsole vorstellen und ihr als Systemseller dienen. Die Sammlung sollte einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Spieler die Wii jeden Tag anschalten, wie es die ursprünglichen Pläne für die Konsole vorgesehen hatten.

Videomaterial zu „Wii Sports: Airplane“ von der E3 2006. Es ist möglich, dass das Eiland, über das man in der Demo fliegt, der Vorläufer der aus „Wii Fit“ und Co. bekannten Wuhu Island ist. Damals war auch die Rede von „Wii Sports: Jet Ski“, das „Wave Race“ ähneln sollte, aber nie gezeigt wurde.

Identitätskrise

Obwohl Nintendo mit „Mario Tennis“, „Mario Superstar Baseball“, „Mario Golf“ und „Punch-Out!!“ zu fast allen Sportarten aus „Wii Sports“ eigene Reihen hat, griffen die Entwickler des Launchtitels keine davon auf. Sie hatten es zwar mit etablierten Nintendo-Figuren probiert, was jedoch einfach nicht funktionierte, wie Ota erklärte: „Wir haben auch einmal Mario als Charakter eingebaut, aber das fühlte sich nicht mehr an, als würden wir selbst spielen. Es war Mario, der spielte, wir steuerten ihn nur.“ Schon früh nämlich war festgelegt worden, dass die Spielfiguren von „Wii Sports“ die Spieler repräsentieren sollten.

Ein früher Vorschlag für die Umsetzung dieser Idee sah vor, dass die Spieler eigene Fotos hochladen, die dann in das Spiel eingebunden werden. Das aber wäre zu umständlich gewesen. Ein besserer Vorschlag ging von Miyamoto aus. Er hatte schon seit längerer Zeit die Idee verfolgt, selbst erstellbare Spielfiguren in Nintendos Videospiele einzubinden. Das Aussehen seiner virtuellen Alter Egos war inspiriert von klassischen japanischen Holzfiguren namens Kokeshi. Für die Entwickler von „Wii Sports“ waren Miyamotos Kokeshi-Figuren die ideale Lösung. Sie bauten die Kokeshi-Gesichtserstellungssoftware, die ein anderes Team gerade für den Nintendo DS entwickelte, in ihre Minispielsammlung ein.

Neue Spielfiguren – ohne Gesichtsverlust

Es traf sich gut, dass zwei der drei Directors von „Wii Sports“ bereits früher an Projekten rund um Miyamotos Avatar-Idee gearbeitet hatten: Yamashita am N64-Spiel „Mario Artist: Talent Studio“ und Shimamura am unveröffentlichten GameCube-Spiel „Stage Debut“. In beiden sollte es vor allem darum gehen, eigene Spielfiguren zu erstellen, doch es blieb jeweils unklar, was der Spieler dann mit diesem anfangen sollte. „[E]s war … sagen wir … sehr anstrengend!“, sagte Yamashita über seine Mitarbeit an „Talent Studio“. Da ist es verständlich, dass Yamashita und Shimamura beide sagten, sie habe „fast der Schlag getroffen“, als sie von der Idee selbst erstellbarer Spielfiguren für „Wii Sports“ hörten.

Doch jetzt ging alles gut, denn diesmal stand ja genau fest, welchen spielerischen Mehrwert die selbst erstellbaren Spielfiguren hatten: Sie sollten zusammen mit der Bewegungssteuerung ein so realistisches Sportspielerlebnis bieten wie noch nie zuvor. Das Konzept funktionierte so gut, dass die Spielerebenbilder, die den Namen „Mii“ erhielten, Bestandteil der Wii-Systemfunktionen wurden. Ursprünglich sollte der Charaktereditor nämlich nur innerhalb von „Wii Sports“ angeboten werden. Doch da das Konzept so gut zu einer individualisierbaren Konsole passte, die die ganze Familie zusammenbringen sollte, avancierte es zu einem integralen Bestandteil der Wii. – Den gesamten Werdegang der Miis könnt ihr in „Inside Nintendo 80“ nachverfolgen.

Diese Bilder zeigen Screenshots von älteren Versionen des Tennisspiels in „Wii Sports“ mit Mario und den frühen Kokeshis als Spielfiguren. Diese Bilder hat Miyamoto bei seinem Vortrag auf der Game Developers Conference 2007 gezeigt. Da sich die Spieler ganz in „Wii Sports“ eingebunden fühlen sollten, wurden Miyamotos Miis anstelle von Mario zu den Spielfiguren erkoren.

Wirklichkeitsgetreues Spielgefühl

In die Grafik von „Wii Sports“ investierte das Team keine allzu großen Ressourcen – und das war Teil der Wii-Strategie. Denn mit der Konsole stellte Nintendo eindrücklich unter Beweis, dass letztlich nicht der Detail- und Realismusgrad der Grafik, sondern vielmehr die eigentlichen Spielmechaniken über die Qualitäten eines Videospiels entscheiden. Kaum ein Wii-Spiel veranschaulicht dies besser als „Wii Sports“, das seinen Fokus ganz auf die neuartige Bewegungssteuerung setzt und sich eines sehr einfachen Grafikstils bedient, der zum Design der Miis passt. Auch mit Musik hält sich „Wii Sports“ sehr zurück, denn während der eigentlichen Sportaction herrscht abseits der Geräuschkulisse überwiegend Stille.

Nicht also die Grafik, sondern das eigentliche Spielgefühl sollte so realistisch wie möglich sein. Dies erfolgte aber auf eine andere Art und Weise, als es Sportspiele üblicherweise versuchen. Regeln und Ablauf der einzelnen Sportarten sind in „Wii Sports“ sehr vereinfacht, sodass die Steuerung meist auf eine Hauptaktion pro Spiel begrenzt ist. Dank Bewegungssteuerung erfolgt diese Hauptaktion aber sehr wirklichkeitsgetreu und weist viel Tiefgang auf. „Wii Sports“ erzeugt Realismus also nicht durch die strenge Einhaltung von Spielregeln, sondern durch originalgetreue Bewegungen. Dadurch sollten die Sportspiele besonders zugänglich sein, und zugleich ermöglichte dieser Fokus auf das Notwendigste eine rasche Entwicklung.

Leicht zu erlernen, schwierig zu meistern

Um „Wii Sports“ mehr Tiefe zu verleihen, fügten die Entwickler zusätzliche Spielmodi hinzu. Im Trainingsmodus lassen sich in 15 kleinen Zusatz-Minispielen einzelne Mechaniken der fünf Sportarten gezielt üben. Und in „Wii Fitness“ absolviert man drei Trainingsminispiele, woraus die Software ein „Wii Fitness“-Alter berechnet, ähnlich dem geistigen Alter aus dem „Dr. Kawashima“-Spielen. Diese Zusatzmodi unterstützen nur den Einzelspieler-Modus; die eigentlichen Sportarten lassen sich dagegen sowohl alleine als auch mit bis zu vier Personen spielen. Auf einen Online-Multiplayer muss man leider in allen Modi verzichten, ebenso wie auf Online-Bestenlisten.

Zumindest aber auf der Konsole lässt sich der eigene Leistungsstand nachverfolgen. Mit guten Leistungen in den Sportspielen erhöht sich nämlich das Spielerniveau, welches in Tennis, Baseball und Boxen den Schwierigkeitsgrad der computergesteuerten Gegner festlegt. So passt sich der Schwierigkeitsgrad dem Können des Spielers an. Übrigens ist es nur wenigen Leuten gelungen, das höchstmögliche Spielerniveau zu erlangen, und für das Tennisspiel ist sogar nicht ganz klar, ob ein Niveau von 2400 Punkten erreichbar ist, oder ob tatsächlich 2399 Punkte das Maximum darstellen. Angesichts dessen kann es durchaus stimmen, was Shimamura über das Bowlingspiel berichtete: „In all den unzähligen Tests, denen das Spiel bei Nintendo unterzogen wurde, hat noch niemand die volle Punktzahl erreicht!“

Die Musik in „Wii Sports“ mag kaum der Rede wert sein, dennoch haben sich manche Fans intensiv damit befasst. Zuständig für die akustische Komponente war nämlich Nintendo-Komponist und Yoshi-Stimme Kazumi Totaka, der in vielen seiner Werke ein kleines Stück namens „Totaka's Song“ versteckt hat. Einige beinharte Nintendo-Fans haben hartnäckig nach Totaka's Song in „Wii Sports“ gesucht, mussten aber feststellen, dass sich dieser wirklich nicht im Spiel befindet.

Wii Sports bringt die Welt ins Schwitzen

Erstmals vorgestellt wurde „Wii Sports Tennis“ kurz vor der E3 2006 gegenüber einigen Pressevertretern. Auf der eigentlichen E3-Konferenz kündigte Nintendo dann an, dass eine ganze Minispielsammlung unter dem Namen „Wii Sports“ erscheinen werde. Besucher der Spielemesse durften die Minispiele zu Tennis, Golf und Baseball ausprobieren und waren begeistert. So avancierte „Wii Sports“ zu einem der Highlights der E3 2006. Eguchi sagte: „[N]ach den Reaktionen auf der E3 war klar, dass es den Spielern genauso viel Spaß macht, wie wir es uns erhofft hatten.“ Die positive Resonanz motivierte die Entwickler für die übrige Entwicklungsphase.

Dass „Wii Sports“ das Zeug dazu hatte, besonders Zielgruppen abseits der klassischen Videospielfans anzusprechen, konnte das Spiel schon lange vor seiner Veröffentlichung innerhalb von Nintendo unter Beweis stellen. Iwata erinnerte sich zurück: „Vor der E3 gab es eine Präsentation von ‚Wii Sports‘ für den Aufsichtsrat von Nintendo, dessen Mitglieder allesamt älter sind als ich. Jedenfalls rannten diese Herren dann beim Spielen auf den großen Plasmabildschirm zu und schwangen ihre Fernbedienungen!“

Erst im September 2006 enthüllte Nintendo die Bowling- und Box-Minispiele und gab bekannt, dass „Wii Sports“ im Bundle zusammen mit der Wii verkauft werde. Das Spiel sollte nämlich frischgebackene Wii-Besitzer in die neue Art der Steuerung geleiten. Ende des Jahres kam dann die Wii mit „Wii Sports“ im Schlepptau auf den Markt – und Nintendos Strategie sollte sich als voller Erfolg erweisen. Die Minispielsammlung generierte mit ihrer neuartigen Steuerung und der hohen Zugänglichkeit jede Menge Aufmerksamkeit und erwies sich tatsächlich als System-Seller.

Eine Würdigung des meistverkauften Videospiels

Ohne die Welle an innovativer und zugänglicher Software, die „Wii Sports“ ausgelöst hat, wäre der weltweite Siegeszug der Wii nicht denkbar gewesen. Dank des Launchtitels hielt die Wii sogar Einzug in Altenheime und Krankenhäuser. Wie groß die Auswirkungen von „Wii Sports“ auf die Gesundheit des Spielers tatsächlich sind, ist zwar umstritten. Doch allein das Bild eines Videospiels, das größtenteils durch Körperbewegung gespielt wird, verlieh der Branche ein neues Image. Nicht zuletzt dadurch fand „Wii Sports“ seinen Weg in zahllose Haushalte und Einrichtungen, denn mit Stand September 2017 hat Nintendo 82,83 Millionen Exemplare des Spiels ausgeliefert. Damit ist es nicht nur die erfolgreichste Wii-Veröffentlichung, sondern sogar das meistverkaufte Videospiel, das nur für eine Konsole erhältlich war.

Angesichts dieses Erfolgs legte Nintendo im Sommer 2009 mit der Fortsetzung „Wii Sports Resort“ nach, die weit über 30 Millionen Mal über die Ladentheken ging. Auch ähnliche Spiele wie „Wii Play“, „Wii Fit“ oder „Wii Party“ waren überaus erfolgreich. Ab 2013 erschien für die Wii U mit „Wii Sports Club“ eine Art Remake des ersten „Wii Sports“, das jedoch in keinster Weise an dessen Erfolg anknüpfen konnte. „Wii Sports“ war nun einmal das Spiel, das die Wii ihren ganzen Lebenszyklus über geprägt hat. Eine so enge Symbiose zwischen Konsole und Launchtitel – von der Entwicklungsphase, über Marketing und Launch bis hin zum Marktzyklus der Konsole – hat es in der Geschichte der Videospiele zuvor noch nie gegeben.

Die neun Kurse aus dem Golfspiel basieren auf dem NES-Titel „Golf“ von 1984, wie diese Vergleichsbilder zeigen. Es war eines der ersten Spiele, das Satoru Iwata für Nintendo programmiert hatte. Offenbar waren für „Wii Sports“ noch weitere Golflevel geplant, denn im Code des Spiels finden sich noch zusätzliche, nicht fertiggestellte Kurse.

In drei Wochen werden wir uns in einem weiteren Teil des „Wii-Berichts“ mit einer Peripherie befassen, die häufig missverstanden wurde und wird, tatsächlich aber das Zeug zu einer kleinen Revolution hatte – die aber nie auf den Markt kam.

Die Hauptquelle für diese Reportage ist das „Iwata fragt“-Interview zu „Wii Sports“ von Ende 2006.

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Bisher gibt es fünf Kommentare

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  • Avatar von Tobias
    Tobias 18.06.2018, 21:29
    Ich weiß noch, dass ich als kleiner Knirps gar nicht von der Wii begeistert war: „Da muss man sich ja immer bewegen und kann nicht mehr in Ruhe sitzen!“ Dann hatte aber gerade Wii Sports doch viel Spaß gemacht. Als ich's dieses Jahr zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder eingeworfen habe, war ich doch überrascht, wie gut die Spiele alle funktionieren.

    @smario66: Wenn man es sich genau überlegt, passt das Flugspiel auch gar nicht gut zu den restlichen Minispielen aus Wii Sports. Ansonsten steuert man ja immer einen menschlichen Spieler bei einer klassischen Sportart, das wäre ja ein wenig anders geworden.
  • Avatar von virus34
    virus34 17.06.2018, 21:57
    Dankeschön für den Bericht
  • Avatar von smario66
    smario66 17.06.2018, 21:12
    Das mit dem geplanten Flugspiel für Wii Sports war mir tatsächlich neu. Interessant, dass es davon sogar Videomaterial gibt. Die Insel ist ja wohl zweifelsohne ein Vorläufer von Wuhu Island, aber in detaillos und klobig ^^ Die Grundzüge stimmen jedenfalls alle (außer das noch fehlende lange Strand-Gebiet im Südosten der Insel). Interessant, dass man diese für spätere Spiele dann weiterentwickelt hatte, anstatt einfach was Neues anzufangen.
    Verworfen wurde das Spiel wohl auch, weil die Standard-Wii-Fernbedienung einfach nicht präzise genug die Bewegungen erfasst hatte. Im Video sieht man ja wie ungenau die Erkennung war. Erst Wii Motion Plus hat eine wirklich intuitive und genaue Steuerung ermöglicht.
  • Avatar von mithos630
    mithos630 17.06.2018, 13:26
    Ein Kumpel von mir hatte sogar mal fast die höchste Punktzahl beim Bowling erreicht. Nur den allerletzten hat er nicht komplett abgeräumt.
  • Avatar von KaiserGaius
    KaiserGaius 17.06.2018, 10:05
    Als damals Scharen von Rentnern Wii Bowling gespielt haben^^ Fand ich auf der einen Seite voll gut, aber auf der anderen Seite hätte ich mir doch lieber ein anderes Image für die Konsole gewünscht. Naja, heute kann man immer noch eine Runde Wii Sports zocken und es mach noch Spaß.