Inside Nintendo 183: Ein seltsames Jahr geht zu Ende – 2020 in der Nintendo-Welt

Ende 2019 vermochte noch keiner zu erahnen, was im folgenden Jahr auf uns zukommen würde. Es gab zwar erste Meldungen über ein neuartiges Virus aus China, doch dass sich daraus eine Pandemie entwickeln würde, die große Teile der Weltgesellschaft über Monate hinweg lahmlegen sollte – damit hätte wohl kaum einer gerechnet. So kann denn ein Rückblick auf das Jahr 2020 nicht ohne Bezug auf jenes C-Wort auskommen, dessen wir alle schon seit langem überdrüssig sind. Die Corona-Pandemie mag noch längst nicht überstanden sein, doch das Jahr 2020, das unser aller Lebensroutinen mächtig durchgewirbelt hat, nähert sich unausweichlich seinem Ende. Wie nun ist es der Nintendo-Welt im Jahr von Lockdown, Quarantäne, Homeoffice und Co. ergangen?

Was hat sich in den vergangenen zwölf Monaten hinter den Mauern des Nintendo-Hauptquartiers alles ereignet? Foto: Wikimedia Commons.

Die Abgeschiedenheit von Kyoto: Eine Diagnose

In einem Interview von 2019 beschrieb Nintendo-Urgestein Masayuki Uemura, seines Zeichens Chefentwickler des altehrwürdigen Nintendo Entertainment System, Nintendos eigenartige Abgeschiedenheit in den 1980er-Jahren. „Hätte man in Tokyo gelebt, hätte man wohl viele Dinge aufgeschnappt über Unternehmen wie Taito oder Sega oder Namco, oder sogar über das, was in Amerika geschah.“ Nicht aber so in Nintendos Heimatstadt: „Typisch Kyoto – ein bisschen reserviert [standoffish] sein, seinen eigenen Weg gehen und stolz darauf sein; sich sogar bis zu einem gewissen Grad nicht um die Außenwelt kümmern.“ Jahrzehnte mögen seitdem verstrichen sein, doch Kyoto hat seinen einzigartigen Charme beibehalten – und sein Einfluss auf Nintendo ist weiterhin spürbar.

Vielleicht kann diese Diagnose eines Insiders erklären, warum sich Nintendo gerade in der ersten Hälfte des Pandemiejahres so auffällig zurückgehalten hat. Wo soziale Kontakte, Freizeitmöglichkeiten und berufliche Tätigkeiten stark heruntergefahren werden mussten, rückte die Videospielwelt stärker in den Fokus, da viele Menschen der erdrückenden Realität wenigstens vorübergehend entfliehen wollten. Nintendo aber gab sich so bedeckt wie seit vielen Jahren nicht mehr. Über die Beweggründe dieses Schweigens ist viel diskutiert und spekuliert worden. Natürlich hat die Pandemie laufende Entwicklungsprojekte verzögert, aber vielleicht lag Nintendos Verhalten auch einfach in jenem „nicht um die Außenwelt kümmern“ begründet, wie es Big Ns Heimatstadt Kyoto auszeichnet.

Die Generationenfrage

Diese einleitenden Überlegungen sollen nun keineswegs implizieren, 2020 sei für Nintendo kein erfolgreiches Jahr gewesen – das genaue Gegenteil war der Fall. Den Anfang machte bereits zu Jahresbeginn die Meldung, dass die Nintendo Switch im Dezember 2019 den Konkurrenten Xbox One hat überholen können, obwohl dieser im Rennen rund dreieinhalb Jahre Vorsprung hatte. Beide Konsolen befanden sich damals bei etwa 45 Millionen verkauften Exemplaren weltweit. Im Laufe des Jahres 2020 kamen bei der Switch weit über 25 Millionen weitere Verkäufe hinzu, während die Xbox One aktuell noch kurz vor dem 50-Millionen-Meilenstein steht.

Dabei ist natürlich zu bedenken, dass die Videospielindustrie 2020 ganz im Zeichen der neuen „nächsten Generation“ stand. PlayStation 5 und Xbox Series beherrschten die Meldungen, kamen schließlich im November auf den Markt und gingen weg wie heiße Semmeln. Dem hat Nintendo bislang nichts entgegenzusetzen. Die uferlosen Spekulationen und Gerüchte rund um ein aktualisiertes und verbessertes Switch-Modell, die uns bereits 2019 beschäftigt hatten, wollten auch 2020 nicht abreißen; bis dato ist aber nach wie vor kein Hardware-Update in Sicht.

Groß war 2019 die Enttäuschung, als „Animal Crossing: New Horizons“ verschoben werden musste – im Frühjahr 2020 erwies es sich dann, wie der Zufall so will, als perfekte Spieleveröffentlichung innerhalb der Hochphase der globalen Pandemie. In Japan handelt es sich um das zweitmeistverkaufte Videospiel überhaupt, nach „Pokémon Rot/Grün“; weltweit ist „New Horizons“ mit Stand Ende September 26,04 Millionen Mal über die Ladentheken gewandert.

Flucht aufs virtuelle Inselparadies

Die erste größere Nintendo-Neuveröffentlichung des Jahres erfolgte im März und schlug ein wie eine Bombe: Das lang ersehnte „Animal Crossing: New Horizons“ bot mitten in der schwierigen Zeit des sogenannten Lockdown Eskapismus par excellence. Dies spiegelte sich in überwältigenden Verkaufszahlen wider: Mit knapp 1,9 Millionen physischen Verkäufen in Japan innerhalb der ersten drei Tage katapultierte sich das Spiel an die Spitze der erfolgreichsten Switch-Spieledebüts; bis Monatsende waren unglaubliche 11,77 Millionen Exemplare weltweit erworben worden. Diese Zahlen verdoppelten sich bis Ende Juni, womit „New Horizon“ den Titel des erfolgreichsten „Animal Crossing“- und des – noch! – zweiterfolgreichsten Switch-Spiels überhaupt ergatterte.

Die Kombination aus gestiegener Nachfrage und Produktionseinschränkungen infolge der Pandemie sorgte dafür, dass Nintendo im Frühjahr große Lieferengpässe für die Switch hatte. Aufs Ganze gesehen, verkaufte sich die Konsole das Jahr über ein gutes Stück besser, als Nintendo erwartet hatte. Ein weiterer großer Nintendo-Nutznießer der Pandemie war „Ring Fit Adventures“. Angesichts geschlossener Fitnessstudios und abgesagter Sportveranstaltungen einer-, umfassender Quarantänemaßnahmen und Ausgangsbeschränkungen andererseits konnte Nintendo der Nachfrage nach dem spielerisch-motivierenden Heimtraining kaum nachkommen. Außerdem veröffentlichte Nintendo, damit Spieler zuhause fit bleiben können, gratis im eShop ein kleines Programm namens „Jump Rope Challenge“.

Nicht nur Nintendo, die gesamte Spieleindustrie berichtete von deutlich höheren Umsätzen im Frühjahr 2020. In den USA etwa war im März 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Steigerung von 35 Prozent zu verzeichnen gewesen. Dem stehen die Schattenseiten der Pandemie gegenüber, die sich meist nicht aus hochpolierten Unternehmensberichten ablesen lassen: die großen arbeitsökonomichen und wirtschaftlichen Einschränkungen und Umstellungen für Entwicklerstudios; die an COVID-19 erkrankten oder gar verstorbenen Entwickler; die verschobenen oder abgebrochenen Spieleprojekte.

Enttäuschte Hoffnungen und geplatzte Träume

Die großen Hoffnungen auf eine Veröffentlichung von „The Legend of Zelda: Breath of the Wild 2“ und „Metroid Prime 4“ wurden ebenso auf ganzer Linie enttäuscht wie das Warten auf neues Bild- und Videomaterial zu diesen heiß ersehnten Blockbustern. Ein weiteres beliebtes Thema der Gerüchteküche war, wie übrigens schon das ganze Jahr 2019 über, die angeblich anstehende Ankündigung der „Metroid Prime Trilogy“ für Switch, zu der es bis heute nicht gekommen ist. Vergebens war auch die Erwartung einer neuen Nintendo Direct: Seit der Ausstrahlung der letzten klassischen Ausgabe des beliebten Videoformats am 4. September 2019 herrscht Funkstille.

Dafür hat die Dichte an kleineren, thematisch fokussierteren Nintendo-Direct-Ausstrahlungen stark zugenommen. Über 20 Direct-artige Videos präsentierte Nintendo im Laufe des Jahres – darunter „Pokémon Presents“, „Nintendo Direct Mini“, „Indie World“ und Enthüllungen neuer Kämpfer für „Super Smash Bros. Ultimate“. Der Strom an Neuankündigungen war dabei mitnichten so schwach, wie man zunächst denken könnte. Allein die Meldungen beschränkten sich nicht mehr auf gebündelte Direct-Videos, sondern waren gleichmäßiger dosiert. Außerdem fiel infolge der meist fehlenden Vorankündigungen die Direct-typische Phase der Vorfreude weg.

Die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass Millionen von Menschen in Heimarbeit gehen mussten. Je nach Sektor bedeutete dies eine gewaltige Umstellung; insbesondere große Projekte wie die Entwicklung von Videospielen litten darunter sehr. So hat etwa „Super Smash Bros.“-Chefentwickler Masahiro Sakurai neue DLC-Kämpfer von zu Hause aus vorgestellt. Es war dies übrigens eine der äußerst seltenen Gelegenheiten, dass die Öffentlichkeit Einblick in die privaten Wohnlichkeiten einer bekannten Nintendo-Person erhielt!

Alter Wein in neuen Schläuchen

Das erste Direct-artige Video gab es bereits im Januar 2020; damals wurde unter anderem der Erweiterungspass für „Pokémon Schwert und Schild“ angekündigt. Im März, mitten im großen Frühjahrs-Lockdown, wurde die Brettspielsammlung „51 Worldwide Games“ enthüllt, die ab Anfang Juni den Aufenthalt in den eigenen vier Wänden versüßte. Ebenfalls im Juni gab es mehrere „Pokémon“-Neuigkeiten, darunter das Smartphone-MOBA „Pokémon Unite“ sowie für Switch „New Pokémon Snap“, zu dem immer noch kaum Informationen vorliegen.

Überwiegend waren es Indie-Spiele sowie Neuauflagen älterer Veröffentlichungen, die da angekündigt wurden. Die Nintendo-Veröffentlichungen des Jahres sprechen in dieser Hinsicht eine deutliche Sprache: „Tokyo Mirage Sessions #FE Encore“ (Januar), „Pokémon Mystery Dungeon: Retterteam DX“ (März), „Xenoblade Chronicles: Definitive Edition“ (Mai) und „Pikmin 3 Deluxe“ (Oktober) waren beinharten Nintendo-Fans bereits bekannt. Aber natürlich war das längst nicht alles, was der Mario-Konzern 2020 herausbrachte – unser Rückblick ist ja noch nicht zu Ende.

Die meisten wirklich neuen Inhalte aus dem Hause Nintendo waren Erweiterungen für ältere Spiele, etwa das letzte große Update für „Super Mario Maker 2“ im April und die schon erwähnten Erweiterungspass-Inhalte für „Pokémon Schwert und Schild“ im Sommer und Herbst. Spiele wie „51 Worldwide Games“ oder, bereits am 3. Januar erschienen, „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ für Nintendo Switch waren auch eher wenig geschichtsträchtige Veröffentlichungen.

Nintendo und die Third Parties

Schon in unserem „Inside Nintendo“-Rückblick 2019 haben wir festgestellt, dass sich der zunehmende Trend zur Wiederveröffentlichung älterer Spiele für die gesamte Industrie beobachten lässt. In diesem Sinne seien einige der großen Dritthersteller-Titel genannt, die im Laufe des Jahres 2020 ihren Weg auf Nintendo Switch fanden: „Metro Redux“ und „Darksiders: Genesis“ (Februar), „Saints Row 4 Re-Elected“ (März), „Borderlands: Legendary Collection“, „XCOM 2 Collection“ und „Bioshock: The Collection“ (Mai), „Burnout Paradise Remastered“ und „SpongeBob Schwammkopf: Schlacht um Bikini Bottom – Rehydrated“ (Juni), „Crysis Remastered“ (Juli), „Final Fantasy Crystal Chronicles Remastered Edition“ (August).

Natürlich schafften es auch völlig neue Multiplattform-Titel großen Kalibers auf Nintendos Hybridkonsole; hier mögen „Immortals: Fenyx Rising“, „Streets of Rage 4“ und „The Outer Worlds“ als Exempel dienen. Darüber hinaus kamen wie schon in den Jahren zuvor unzählige Spiele im Indie-Bereich heraus. Auch hier seien paradigmatisch einige wenige Namen genannt: „Among Us“, „Hades“, „Ori and the Will of the Wisps“, „Shantae and the Seven Sirens“ und „The Last Campfire“. Diese Rückschau auf Multiplattform-Spiele zeigt: Der erfreuliche Trend, dass Nintendo bei Drittherstellern besser dasteht als in früheren Jahren, setzte sich fort – zumindest vorerst noch, denn es wird abzuwarten sein, ob die Switch mit Sonys und Microsofts aktuellen Konsolen wird mithalten können.

Technisch gesehen hat Nintendo auf einer Investorenkonferenz Ende September das Nachfolgesystem der Switch unserer Kenntnis nach erstmals offiziell „angekündigt“. Die gegebenen Informationen sind jedoch eher spärlicher Natur: Nintendos „next gaming system“ wird vor dem Jahr 2100 erscheinen. Ansonsten gibt es derzeit noch nicht einmal Gerüchte um einen möglichen Nachfolger der Switch, deren viertes Lebensjahr sich bald dem Ende zuneigt. Zum Vergleich: 2016, im vierten Lebensjahr der Wii U, war bereits das Nachfolgesystem unter dem Codenamen „NX“ für März 2017 bestätigt!

Zusammenhalt im Modus der Trennung

Im Rückblick mag die Klage über mangelnde Nintendo-Neuigkeiten im Jahr 2020 nicht zutreffend sein – doch wirklich große Neuenthüllungen waren ebenso Mangelware wie neue Informationen über manche bereits seit Längerem angekündigte Spiele. Dies sorgte dafür, dass die zahlreichen Neuigkeiten-Videos nur bedingt über das Ausbleiben einer klassischen großen Nintendo-Direct-Ausgabe hinwegtrösten konnten. Besonders schmerzlich war die pandemiebedingte Absage der seit Mitte der 1990er-Jahre stattfindenden Spielemesse E3.

Das Ausfallen der E3, des klassischen Zeitpunkts für große Sensationsmeldungen in der Videospielwelt, wäre noch wenige Wochen zuvor unvorstellbar gewesen. Ebenso mussten zahlreiche weitere Veranstaltungen der Branche abgesagt, verschoben oder durch ein Online-Event ersetzt werden. Beispielsweise hätte im Frühjahr die Game Developers Conference stattfinden sollen, auf der Nintendo auch schon die ein oder andere größere Ankündigung getätigt hat; sie wurde auf Anfang August verschoben. Die Gamescom im August fand nicht in Präsenz statt, sondern im digitalen Format, konnte dabei aber keine so große Aufmerksamkeit wie sonst üblich erregen.

Aus dem Nichts

Am 14. Mai 2020 ging ohne jede Vorwarnung ein Trailer zu „Paper Mario: The Origami King“ online; das frisch enthüllte Spiel war bereits zwei Monate später auf dem Markt erhältlich. Solche und ähnliche Meldungen hätte Nintendo in einem normalen Jahr wohl gebündelt im Rahmen der E3 vorgebracht. Erwartungen und Gerüchten zufolge hatte Big N auch die Vorstellung der Pläne zum 35. Jubiläum von „Super Mario Bros.“ sowie eines großen Titels zum Weihnachtsgeschäft für die abgesagte Spielemesse vorgesehen. So aber kam es, dass die Nintendo-Welt in dieser Hinsicht bis weit in die zweite Jahreshälfte hinein völlig ahnungslos war, was sich als idealer Nährboden für Gerüchte und Spekulationen erwies.

Ob Nintendo noch ein größeres Spiel für das Weihnachtsgeschäft 2020 in der Pipeline hatte, und wenn ja, welches: Diese Fragen wurden am 8. September 2020 beantwortet, als – wie schon beim Fall von „Paper Mario“ – aus dem Nichts ein Trailer zu „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ auftauchte. Es handelt sich zwar nicht um das mysteriöse „Breath of the Wild 2“, sondern um ein Spin-off. Dennoch dürfte dieser Titel, an den Spieler ebenfalls zwei Monate nach der Enthüllung Hand anlegen konnten, rückblickend wohl als Nintendos größte Veröffentlichung 2020 in die Annalen eingehen – mit Ausnahme eventuell einer anderen Neuerscheinung.

Vermischte Nachrichten aus dem Jahr 2020, v. l. n. r.: Um der Situation weitreichender Ausgangsbeschränkungen gerecht zu werden, hat man sogar das Spielprinzip des auf mobiles Spielen angelegten „Pokémon Go“ modifiziert. – Im September 2020 erschien sehr plötzlich „Kirby Fighters 2“, das kurz zuvor geleakt war. – Steve aus „Minecraft“ ist seit dem 13. Oktober 2020 als DLC-Kämpfer für „Super Smash Bros. Ultimate“ erhältlich; damit ist das größte Crossover der Videospielwelt noch größer geworden.

Runder Geburtstag in Corona-Zeiten

Wie schon angemerkt, war ein weiteres wichtiges Thema des Nintendo-Jahres 2020 der 35. Geburtstag von „Super Mario Bros.“, der wohl bedeutendsten Spieleveröffentlichung des Konzerns aller Zeiten. Das ganze Jahr über brodelte die Gerüchteküche bezüglich möglicher Neuauflagen älterer „Super Mario“-Spiele, während Nintendo sich bedeckt hielt – zumindest auf Seiten des Videospielbereichs. Denn schon im März wurde die erste großangelegte Kooperation rund um das Jubiläum bekanntgegeben, nämlich die Veröffentlichung mehrerer interaktiver LEGO-Spielsets rund um den beliebtesten Klempner der Welt.

Erst am 3. September ließ Nintendo die Katze aus dem Sack, und zwar im Rahmen einer Themen-Nintendo-Direct, die fast exakt ein Jahr nach der letzten regulären Ausgabe des Videoformats ausgestrahlt wurde. Die größte Ankündigung war die Spielesammlung „Super Mario 3D All-Stars“, die bereits zwei Wochen später erhältlich war. Auch wenn Nintendo bei der Portierung der drei Klassiker „Super Mario 64“, „Super Mario Sunshine“ und „Super Mario Galaxy“ nur minimalen Aufwand betrieben hat, war die Kollektion rasch in aller Munde und verkaufte sich blendend.

Weitere große Ankündigungen in diesem Zusammenhang umfassen eine lange erwartete Switch-Portierung von „Super Mario 3D World“, welche im Februar 2021 erscheinen soll, das Battle Royale „Super Mario Bros. 35“ sowie das Spin-off „Mario Kart Live: Home Circuit“, das Mitte Oktober dank AR-Technik Spielzeug-Rennauto und Videospielkonsole verknüpfte. Außerdem kam Mitte November ein neues Game & Watch auf den Markt, auf dem „Super Mario Bros.“ spielbar ist – da solle noch jemand behaupten, Nintendo hätte 2020 keine neue Konsole auf den Markt gebracht!

Ein nebliger Ausblick

Das schon erwähnte „Super Mario 3D World + Bowser’s Fury“ war mit Stand Jahresende das einzige Nintendo-Spiel des Jahres 2021 mit einem konkreten Termin. Wie es mit der Hybridkonsole im neuen Jahr weitergehen wird, können wir bislang kaum absehen; zu den wenigen großen bestätigten Spielen zählen die Switch-exklusiven „Monster Hunter“-Teile „Rise“ und „Stories 2: Wings of Ruin“. Eine vollwertige Nintendo Direct hat es das ganze Jahr über nicht gegeben, und anscheinend soll dies auch weiterhin so bleiben. Stattdessen scheint Nintendo vermehrt auf sporadische und kurzfristige Ankündigungen zu setzen. Das Anfang November gestartete neue Format „Nintendo Monthly Rewind“ kehrt nun eher die Perspektive um und lässt alle Ankündigungen des Monats Revue passieren.

Endgültig nahm die Nintendo-Welt 2020 Abschied vom Nintendo 3DS. Das japanische Unternehmen selber hatte seit „Kirby und das extra magische Garn“ im März 2019 kein Spiel mehr für den Handheld veröffentlicht, und 2020 erschienen schließlich die letzten Dritthersteller-Titel, die kaum der Rede wert waren. Im Herbst folgte dann die Bestätigung des Produktions-Aus. Auch im Smartphone-Sektor hielt sich Nintendo 2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurück. Nach dem umstrittenen „Mario Kart Tour“ von 2019 brachte das Unternehmen keine weiteren Mobile-Spiele heraus und aktuell ist auch kein weiteres Projekt mehr angekündigt. Es soll sich aber nur um ein Zurückfahren der Bemühungen, nicht um ein gänzliches Zurückziehen aus dem so lukrativen Mobile-Markt handeln.

Vier von schier unzählig vielen bedeutenden Funden aus dem Gigaleak 2020. Oben: Weltkarte aus einem sehr frühen Prototyp von „Super Mario World“; Überbleibsel von Experimenten mit einem Polygon-Ableger von „The Legend of Zelda“ für das SNES; unten: Screenshot aus „Super Donkey“, einem bislang nicht bekannten Vorläufer oder Prototyp zu „Super Mario World 2: Yoshi’s Island“; rekonstruiertes Modell von Luigi aus „Super Mario 64“ anhand neu aufgetauchter, offizieller Materialien.

Wie Weihnachten und Ostern zusammen

Nun mag der Eindruck entstanden sein, es habe 2020 in der Nintendo-Welt keine richtige Sensationsmeldung gegeben. Jedoch haben wir eine regelrechte Welle an aufsehenerregenden Nachrichten bislang noch gar nicht erwähnt – geschichtsträchtige Neuigkeiten, deren eher geringe Bekanntheit im breiteren Diskurs ihrer tatsächlichen Bedeutung keinen Abbruch tut. Mit einem Worte: Über das ganze Jahr verteilt hat der sogenannte „Gigaleak“ die Nintendo-Fachwelt in Atem gehalten. Der Name ist durchaus keine Übertreibung: Ein Hacker gelangte an Entwicklungsmaterialien, Quellcodes und weitere streng vertrauliche Unterlagen zu einer Vielzahl an Entwicklungsprojekten von Nintendo und Partnerunternehmen aus mehreren Jahrzehnten Firmengeschichte.

Der Leak betrifft Konsolen und Spiele aus der gesamten Zeit vom SNES bis zur Switch und brachte unzählige Materialien aus der Entwicklung von Spieleklassikern wie „Super Mario World“, Yoshi’s Island“, „Super Mario 64“, „Mario Kart 64“, „Zelda: Ocarina of Time“ und zahlreichen „Pokémon“-Spielen ans Tageslicht. Diese Daten, die Nintendo aus irgendeinem Grunde auf seinen Servern aufbewahrt hat, hätten sich Nintendo-Historiker nie zu Gesicht zu bekommen erträumt; sie in ihrer ganzen Bedeutung auszuwerten, wird noch einen langen Zeitraum beanspruchen.

Frühe Prototypen sind aufgetaucht, lang umrätselte Geheimnisse gelüftet, ja sogar das ein oder andere abgebrochene Spieleprojekt wurde enthüllt – für die Entwicklungsgeschichte historischer Nintendo-Klassiker sind diese mehrere Terabytes umfassenden Leaks unfassbar wertvolle Quellen, so sehr sie, das muss in aller Klarheit gesagt werden, auf Kriminalität beruhen. Für die Nintendo-Geschichte ist es wohl ein ähnlich bedeutsames Ereignis wie für die Bibelwissenschaft die Auffindung der Schriftrollen vom Toten Meer, der ältesten erhaltenen Handschriften biblischer Literatur, entstanden um die Zeitenwende vor zweitausend Jahren. Einige der bedeutendsten Entdeckungen dieses Gigaleaks näher zu beleuchten, werden wir einer späteren „Inside Nintendo“-Ausgabe überlassen.


Wie habt ihr, unsere Leser, das vergangene Jahr wahrgenommen? Was sind eure Einschätzungen zum Nintendo-Jahr 2020? Wie sah euer persönliches Videospiele-Jahr in Pandemiezeiten aus? Wie beurteilt ihr Nintendos gegenwärtige Situation und mit welchen Gefühlen blickt ihr ins Jahr 2021? Lasst uns gerne in den Kommentaren an euren Einschätzungen teilhaben!

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