Nahezu jeden Monat veröffentlicht Nintendo ein Spiel aus den eigenen Reihen und während ich diesen regen Spielenachschub durchaus lobe und liebe, spielen ein neues großes Zelda oder gar das nächste 3D-Mario in einer ganz anderen Liga. „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“ oder „Super Mario Odyssey“ sind diese Art von Spielen, die es eben „nur“ alle paar Jahre mal gibt. Diese Titel tragen ebenso große Erwartungen mit sich, wie es ihrem bekannten Namen entspricht. Doch haben wir uns in den vergangenen Jahren etwas zu sehr an gerade diese beiden Franchises gewöhnt? Warum sonst gab es nach Enthüllung der Nintendo Switch 2 häufig zu lesen: „Ein 3D Mario hat mir schon gefehlt.“ oder „Nur ein ‚Donkey Kong‘? Wo ist das nächste ‚Mario‘-Game?“. Klar haben uns der sympathische Klempner und der stumme Held aus Hyrule in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, wie innovativ und spaßig Videospiele sein können aber darf das nicht auch mal jemand anderes übernehmen? Auf jeden Fall!
Ich habe über 20 Stunden mit „Donkey Kong Bananza“ zugebracht und wieso ich jetzt der Meinung bin, dass Mario und Link ruhig noch ein wenig im Kreativurlaub verbleiben können, erfahrt ihr in diesem Test. Aber Vorsicht! Bananen!

Spiel des Jahres in Sicht?
Mario, Go Home!
Wer ist Super Mario? Während diese Frage auch Personen beantworten können, die nicht täglich auf dieser wunderbaren Website unterwegs sind, wird für viele dieser Menschen die selbige Frage in Bezug auf Donkey Kong eher schwerer, zumindest in ihrer Tiefe, zu beantworten sein. Mit „Donkey Kong Bananza“ gesellt sich aber nun ein Spiel auf Nintendos Konsole, das Teil der großen Charakter-Kampagne des Unternehmens zu sein scheint und sich hervorragend zum wohl geplantem Film und den Attraktionen in den Universal Parks gesellt.
In „Donkey Kong Bananza“ begleitet ihr Donkey Kong und Pauline auf einer waghalsigen Reise zum Erdkern, der von der mysteriösen Void Cooperation als Ziel ihres Raubzugs auserkoren wurde. Die beiden müssen nicht nur die gestohlenen Bananenjuwelen zurückerobern, sondern auch die Geheimnisse des Erdkerns lüften, der angeblich Wünsche erfüllen kann. Cool, niemand wird entführt!
Während des Spiels entwickelt sich dabei eine schöne Dynamik zwischen den beiden doch so unterschiedlichen Protagonisten, die mich immer wieder zum Schmunzeln oder Lachen gebracht und sogar emotional berührt hat. Allen voran ist es Paulines Vollvertonung, die sowohl im Englischen als auch Deutschen durchaus gelungen ist. Immer wieder sprudelt es aus der quirligen Teenagerin heraus: „Da eine Banane!“ weißt sie DK auf ein Versteck des krummen Obstes hin oder sie lässt ein „Puh das war ja leicht“ fallen, hat man gerade einen Gegner easy weggeputzt. Tiefsinngere Gespräche, eher Monologe, gibt es während sich Pauline und Donkey in eines der Behausungen ausruhen. Da wird dann schon mal über den Sinn ihrer Missionen oder gewisse Charaktere philosophiert. Dabei sind die Hinweise und Aussagen nie nervig oder überbordend. Den „Hey, listen!“-Effekt wird man vermutlich auch nicht missen.


Die Mimik von DK und Pauline sind einfach nur schön anzusehen.
Insgesamt erzählt das Spiel eine Geschichte, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat und deren Ausgang ich gespannt erwartet habe. Nein, hier wird kein partout tiefgründiges Drama dargeboten, aber die Erzählung ist großartig inszeniert, hat ein gutes Pacing und lässt vor allem Raum für eigne Interpretationen gerade in Bezug auf das Protagonisten-Duo. Aber auch abseits dessen runden Begegnungen mit liebevollen neuen und altbekannten Charakteren wie Cranky Kong den Spaß ausgezeichnet ab.
Hüpfen ist doch für Anfänger!
Auch wenn „Donkey Kong Bananza“ aus dem gleichem Hause wie „Super Mario Odyssey“ stammt, ist dieses Spiel eher ein Action Adventure als ein 3D-Plattformer. Das liegt vor allem daran, dass das Hauptmovement des Affens eben nicht ausschließlich im Rennen und Hüpfen liegt. Ja das kann er auch, aber die in Schichten und Unterebenen angelegten halb offenen Level erfordern selten ein rhythmisiertes und präzises Ausführen dieser Mechaniken. Vielmehr sind sie Mittel zum Zweck, um sich fortzubewegen.
DK hat viel mehr auf dem Kasten und verlangt den spielenden Personen somit Einiges, aber dafür schnell zu Lernendes, ab. Dabei will der gesamte Controller fürs Klettern, Schlagen, Zielen, Werfen, Rollen und Zerstören genutzt werden. Wie gesagt, das erfordert eine erste Eingewöhnung, geht dann aber wunderbar flüssig und „smooth as bananas“ von der Hand. Das breite Repertoire an ausführbaren Aktionen spielt dabei der möglichen, offenen Herangehensweise an die verschiedenen Level in die Pranken. Ich kann mich zum Beispiel durch einen Berg durchgraben oder ihn erklimmen. Ich kann versteckte Items mittels „Klatscher“ auf den Boden ausfindig machen oder stoße zufällig auf sie. Die vielen Fähigkeiten Donkey Kongs können jederzeit zu unterschiedlichsten Zwecken frei eingesetzt werden. Dennoch fordert das Spiel natürlich hier und da gewisse Eingaben vom Spielenden ab.

Das Spiel bietet auch einen Koopmodus, der vor allem für die jüngere Zielgruppe interessant sein könnte, da man als Pauline DK unterstützend Hilfe leisten kann.
BANANZA!
Am ehesten ist das natürlich bei den Bananza Fähigkeiten der Fall. Diese Verwandlungen verfrachten DK zeitlich befristet in eine andere animalische Form. So geht es zum Beispiel als Kong Bananza nochmal eine Nummer wuchtiger zu, während man als Zebra Bananza besonders schnell und federleicht ist. Als Vogelstrauß wiederum darf man sich auch mal in die Lüfte schwingen. Das Spiel hält darüber hinaus noch weitere Verwandlungen bereit, die ich euch an dieser Stelle bewusst vorenthalten werde. Jede Bananza erhaltet ihr von einem so genanntem Ältesten, dem ihr gewisse Dienste erweisen müsst. Jene Aufgaben gilt es dann in der jeweiligen Schicht zu erledigen, damit der entsprechende Oberaffe seine Lieblingsmucke auflegt, der Pauline und Donkey Kong zum Einsatz der entsprechenden Bananza befähigt. Soweit so groovig! Während es durchaus eine klassische Verknüpfung zwischen Leveln und Spezialfähigkeit gibt, als leichtes Zebra kann ich zum Beispiel über brüchige Brücken flitzen, dürfen die Bananzas im gesamten Spiel frei eingesetzt und sogar nahtlos gewechselt werden. Das bietet dann wiederum die bereits erwähnte Freiheit in den Herangehensweisen. Besonders schön ist, dass das Spiel keine plumpen Hinweise zum Vorgehen bei der Lösung eines Problems gibt, sondern den Spieler dazu ermutigt, selbst auszuprobieren und zu experimentieren. Probieren geht hier über Studieren.

Wer würde nicht auch gerne auf dieser wundervollen Wiese stehen?!
Mit der Faust durch die Wand
Über eine zentrale Spielmechanik habe ich bisher noch gar nicht gesprochen: das Kloppen, Hauen, Zerstören und Dreschen. In den Trailern und Artworks wurde dies so eindrucksvoll präsentiert, dass man fast denken könnte, das Spiel dreht sich ausschließlich darum die Umgebung kurz und klein zu hauen. Ja, genau das kann man im Spiel natürlich schon machen aber es ist keineswegs über das gesamte Spiel gefordert. Ich habe mich im Verlauf sogar dabei beobachten können, wie ich die bloße Zerstörung des Terrains immer weniger eingesetzt habe. Nicht weil es nicht gut funktionierte oder es keinen Spaß machte, sondern weil es schlichtweg für meinen Spielfortschritt nicht nötig war. Vielmehr dient die Mechanik häufig dazu versteckte Items wie Fossilien für neue Kleidungsstücke (teils mit Perks), Gold oder Bananen für Verbesserungen der Fähigkeiten zu finden. All das ist aber einigermaßen optional oder zumindest so gut ausbalanciert, dass man beim normalen Durchstreifen der Level entsprechende Ressourcen automatisch einsammelt ohne jedes Mal ein gesamtes Level umzupflügen.
Viel nützlicher sind Donkey Kongs Fäuste im Zusammenhang mit den verschiedenen Gegnertypen, die hier und da ein paar Hiebe vertragen können. Manchmal bedarf es aber auch DKs geschickten Würfen mit den unterschiedlichsten Gesteinssorten der diversen Level. Manche Brocken explodieren, andere sind besonders fest und wieder andere sind die perfekte Unterlage für eine Runde Brocksausen.

In diesem Spiel gibt es unzählige Details zu sehen.
Alles in allem bietet das Spiel erfrischende Spielmechaniken, die man in der Fülle und Kombination auch mit keinem anderen Spiel vergleichen kann. Die Umsetzung der Möglichkeit, sich einzugraben – insbesondere in Bezug auf die Kamera – verdient größten Respekt und Anerkennung für das Entwicklerteam. Nicht ohne Grund hat sich an derartiges bisher noch niemand herangewagt.
Alles easy?
„Donkey Kong“ Spiele, vor allem die der Country-Reihe, gehören ja eher zu den schwierigeren Nintendo Spielen. Gewiss kann man hier „Donkey Kong Bananza“ nicht einordnen. Dennoch bietet der Titel ein Paradebeispiel für die Umsetzung eines fluiden Schwierigkeitsgrades, der vom Spielenden nicht durch die Auswahl eines Modus bestimmt wird. Vielmehr ist es die Möglichkeit seine Fähigkeiten anzupassen. Darunter lassen sich eben auch Dinge wie zusätzliche Herzen oder die Möglichkeit mehr Apfelsaft mit sich herumzutragen finden. Letzteres ermöglicht so eine automatische Wiederbelebung nach Verlust aller Herzen, vergleichbar mit einer Fee in „The Legend of Zelda“. Hinzu kommen die kleinen Behausungen innerhalb der Ebenen. Hiervon kann ich eine hohe Anzahl bauen, womit ich temporäre Bonusherzen erhalte, wenn ich mir dort ein Nickerchen genehmige. Will heißen, ignoriere ich derlei ins Spiel eingewobene Helferlein kann ich mir das Spiel durchaus auch schwerer machen.
Für Enthusiasten gibt es darüber hinaus teils großartige, versteckte Herausforderungslevel, die hier und da an die Schreine aus „Breath of the Wild“ erinnern. Fest steht, wer dieses Spiel komplettieren will, hat Wochen, vielleicht Monate zu tun.
Wenn du denkst, du hast alles schon gesehen
Die Welten von „Donkey Kong Bananza“ sind ein Paradebeispiel für kreative Abwechslung, die voll gestopft mit Detailverliebtheit daher kommen. Jede Umgebung, von den Ingot-Insel Minen über die Lagunenschicht bis hin zur Waldschicht, bietet nicht nur visuell beeindruckende Kulissen, sondern auch einzigartige Gameplay-Mechaniken, knuffige Charaktere und den ein oder anderen Witz. Immer wieder gab es Momente des offen stehenden Mundes bei mir, sei es wegen großartiger Levelabschnitte oder genial umgesetzten Ideen. Es klingt zwar abgedroschen aber manche Sachen müsst ihr gesehen haben! Stellt euch einfach den Moment vor in dem ihr das New Donk City-Level in „Super Mario Odyssey“ absolviert habt und potenziert dieses Gefühl nochmal um eine Bananenstaude und ihr habt ungefähr das, was ich immer wieder während meiner Spielesessions gefühlt habe.

Musikalisch bekommt man so einiges geboten.
Banana-Benchmark
Wer sich bereits den ein oder anderen Screenshot dieses Tests angeschaut hat, der wird es längst wissen: „Donkey Kong Bananza“ ist eines der schönsten Nintendo Spiele der letzten Jahre. Das Spiel nutzt die Leistung der Nintendo Switch 2, um ein visuell beeindruckendes Abenteuer zu schaffen, das durch die detailreiche Grafik und cineastische Inszenierung absolut zu überzeugen weiß. Die Animationen von Donkey Kong und Pauline sind lebendig und ausdrucksstark – von Mimiken bis hin zu Gestiken, die die Charaktere greifbarer machen. Wasser-, Licht- und Zerstörungseffekte gehören zu den Highlights und setzen die abwechslungsreichen Welten perfekt in Szene.
Die Zerstörungsmechanik wird durch die Hardware der Switch 2 ermöglicht und sorgt für dynamische Veränderungen im Terrain. Allerdings gibt es bei Bosskämpfen in größeren Bereichen gelegentlich Framerate-Einbrüche, die den Spielfluss etwas beeinträchtigen können. Diese Performance-Schwächen sind jedoch die Ausnahme und treten nur in wenigen Momenten auf. Für mich persönlich trüben sie den Gesamteindruck deshalb nur wenig. Dennoch wäre es vorstellbar gewesen, diese Passagen gegebenenfalls anzupassen, damit auch diese butterweich performen können. Meiner Meinung nach hätten in diesem Fall weniger komplexe Szenen dem Spiel nicht geschadet, wenn sie dafür flüssiger dargestellt worden wären.
Abseits davon läuft das Spiel flüssig und überzeugt durch seine technische Umsetzung. Das Entwicklerteam hat die Herausforderung gemeistert, eine so komplexe Mechanik wie das Terrain-Bearbeiten mit einer stabilen Kamera und präzisen Steuerung zu kombinieren.
Hinsichtlich der Musik ist zu sagen, dass sich diese Thematik wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel zieht. Klar mit Pauline als Sängerin bietet sich das natürlich an. Neben Hits der Reihe gibt es auch viele neue, einprägsame Lieder auf die Löffel.
Weitere Infos
