„The Stillness of the Wind“ ist ein Spiel, an dem sich die Geister scheiden werden. Die einen werden das Abenteuer als Zeitverschwendung bezeichnen. Und selbst diejenigen, die den Titel in höchsten Tönen loben, werden dem zustimmen. Die Macher erzeugen nämlich ein monotones, abwechslungsarmes, langsames Spiel, um ihre Nachricht zu übermitteln. Einige werden dies schätzen, andere verachten – aber wieso eigentlich?
Verloren
Das Spiel wirft einen ohne viele Erklärungen mitten auf eine kleine Farm. Einst lebte dort Talma mit ihrer Familie. Diese ist allerdings über die Jahre hinweg in die Welt gezogen, weshalb die nun alte Dame alleine dafür sorgt, dass die Farm versorgt wird. Obwohl dem Spieler nicht direkt gesagt wird, was er zu tun hat, findet jeder nach kurzer Zeit heraus, was die kleine Farm zu bieten hat. Felder können angebaut werden, Tiere müssen versorgt werden und sogar Käse kann Talma herstellen, um das Überleben ihres Wohnortes zu garantieren. Geld nimmt sie damit nicht ein, dafür schaut täglich ein Händler vorbei, der neben Nahrung für die Tiere und anderen Hilfsmitteln auch Dekoration sowie Bücher im Sortiment hat.
Überleben statt expandieren
Die Genre-Vertreter folgen meist einer identischen Formel. Der Spieler muss eine Farm übernehmen, diese langsam auf Vordermann bringen, vergrößern und immer größeren Profit machen. „The Stillness of the Wind“ arbeitet allerdings gegen diesen Zyklus. Vielmehr wird es zu einer Herausforderung, die Farm überhaupt halten zu können. Die Mini-Spiele sind eintönig, der Tagesablauf verändert sich nie allzu stark und das Tempo von Talma ist dermaßen langsam, dass man regelrecht frustriert wird. Es wird ersichtlich, dass ein schnellerer Charakter deutlich mehr erreichen könnte. Und auch der Handel erfordert starke Nerven, denn tagelange Arbeit für ein interessantes Objekt kann sehr enttäuschend enden. Das Spiel sorgt ständig dafür, dass der Spieler möglichst wenig Spaß hat, sei es durch die monotonen Aufgaben oder den langsamen Ablauf. Eigentlich ein Argument dafür, von einem Spiel abzuraten, richtig?
Mehr als nur Unterhaltung
In „The Stillness of the Wind“ geht es schlichtweg nicht um das Gameplay, zumindest nicht so sehr, wie in anderen Farm-Simulatoren. Vielmehr sind es die kleinen Momente, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sei es, wenn Talma die Ziege streichelt, oder in die leere Umgebung reist, um ein Grab zu besuchen. Die Geschichte wird sowohl durch diese intimen Momente erzählt als auch durch die Briefe, die die Dame von ihrer Familie erhält. Diese beschreiben auch die Welt, in der das Spiel stattfindet, aber stets außerhalb der begehbaren Landschaft liegt. Leider wird hier die Grenze eines Tests aufgezeigt, denn um die Faszination ausführlich zu erklären, die das drei Stunden lange Spiel zu einem unvergesslichen Erlebnis macht, müssten Spoiler erwähnt werden – was wir an dieser Stelle nicht tun. Allerdings geschehen gegen Ende interessante Dinge, und es gibt ein klar definiertes Ende.
Vielmehr sollte jeder wissen, dass Talmas Leben nicht von Action geprägt ist, und auch Abwechslung nicht an oberster Stelle steht. Es geht vielmehr um Fragen, die sich jeder Mensch stellen sollte. Die Melancholie der Handlung ist bedrückend, deshalb wird man sicherlich keinen Spaß mit dem Spiel haben, doch gerade die Vermittlung der Botschaft beweist einmal mehr, was für Kunstwerke Videospiele sein können. Das wird natürlich vom passenden Soundtrack unterstrichen, der sehr leise und ruhig daherkommt. Das Gameplay ist natürlich nicht unwichtig, ganz im Gegenteil. Ohne die immer gleichen Abläufe und Überlegungen, was man mit der Farm anstellen sollte, würde das eigentliche Payoff nicht funktionieren. Nicht zuletzt die liebevollen Animationen gepaart mit dem märchenhaften Artstil verleihen dem Titel eine bemerkenswerte Persönlichkeit.
Verpatzt
Leider ist die Portierung auf Nintendo Switch eine Enttäuschung. Das beginnt schon bei der Steuerung, der Spieler steuert nämlich lediglich einen Cursor per Stick, was bei einem Spiel dieser Art sehr ungenau ist. Schlimmer noch, der Cursor bewegt sich nicht flüssig und dadurch entstehen kontinuierlich Ruckler. Das hätte zumindest im Handheld-Modus durch eine Touch-Steuerung vermieden werden können, die auf iOS-Geräten auch vorhanden ist, in der Switch-Fassung allerdings merkwürdigerweise fehlt. Ein Patch muss diese Probleme dringend beseitigen.
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