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Inscryption

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Inscryption

Jeder, der „Inscryption“ gespielt hat, wird sich wohl dieselbe Frage stellen: Wie möchte man die Magie des Spieles in einem Review erklären? Wie möchte man das Spiel überhaupt besprechen, ohne zu viel zu verraten? Deshalb sei gleich hier gesagt: Wir bleiben in den folgenden Absätzen so spoilerfrei wie möglich. Wer aber auch nur mit dem Gedanken spielt, den Titel zu spielen, sollte nicht länger mit dem Kauf warten. „Inscryption“ ist ein unvergleichliches Abenteuer, das man am besten genießt, ohne zu viel im Voraus zu wissen. Es hat einen Grund, wieso fast jedes Review zum Spiel überraschend kurz geraten ist.

Gefangen in der Welt der Karten

Die Geschichte beginnt in einer alten, dunklen Hütte, in der Spieler*innen gefangen gehalten werden. Der einzige Ausweg besteht darin, ein Roguelite-Kartenspiel zu gewinnen, das jederzeit unterbrochen werden kann, um sich in der Hütte umzuschauen. Diese beinhaltet nämlich kleinere Rätsel, mit deren Belohnungen man sich das Spiel vereinfachen kann. Doch kommen wir zurück zum eigentlichen Kartenspiel.

Jeder Durchlauf beginnt mit einem recht schwachen Deck, das aus Monsterkarten besteht. Diese haben Angriffs- sowie Verteidigungswerte und geben zudem an, wie viele Punkte man opfern muss, um sie zu beschwören. Legt man sie auf das Feld, bestehend aus fünf Reihen, greifen sie nur die Monster an, die direkt vor ihnen liegen - das Prinzip Angriff gegen Verteidigung wird auch hier gewahrt und resultiert in entsprechenden Schadenswerten. Befindet sich kein Monster im Weg, wird der Gegner direkt angegriffen, und sobald eine Wage, die den zugefügten Schaden zählt, auf einer Seite zu schwer wird, ist der Kampf verloren.

Wunderbare Variation

Das sind nur die Grundregeln, und mehr soll an dieser Stelle auch gar nicht erklärt werden. Zwischen den Kämpfen geht es auf einem Spielfeld immer eine Position weiter, wobei immer wieder besondere Felder erreicht werden können, um Karten aufzuwerten oder andere Boni zu erhalten. Das sorgt für eine gute Mischung und motiviert ungemein, sobald man seine Leben verspielt hat, geht es aber wieder von vorn los - dann sogar mit der Möglichkeit, eine Karte mit dem Foto des vorherigen Opfers zu erhalten. Leschy, der Bösewicht, der die Protagonist*innen gefangen hält, bestraft nämlich jeden, der scheitert, mit dem Tod.

Auf den ersten Blick bleibt das Spiel ein klassisches Roguelite. Durch geschickte Spielsysteme kommt man mit jedem Versuch etwas weiter, denn während der Runden werden Hinweise preisgegeben, um die Rätsel in der kleinen Hütte zu lösen, und neue Karten sowie Mechaniken werden regelmäßig eingeführt, sodass der nächste Durchlauf stets mehr Möglichkeiten bietet als der letzte. Natürlich wird einem der Sieg nicht geschenkt, doch zugleich werden immer mehr Stolpersteine genommen. So gibt es im späteren Verlauf die Möglichkeit, Karten auf andere Weise zu beschwören, neue Effekte zu nutzen, um die Position auf dem Feld durcheinanderzumischen und Bosskämpfe, die nicht so ablaufen, wie man sie erwarten würde. Irgendwann sind die Hilfsmittel dann so stark, dass es fast so wirkt, als wolle das Spiel gar nicht für zehn Stunden beschäftigen - und genau dann werden die Konventionen des Genres durcheinandergewürfelt. Wie so oft in diesem Review: Mehr Informationen wären Spoiler.

Gruselkabinett?

All das wird durch eine atemberaubende Präsentation unterstützt. Dabei erinnert die Grafik eher an frühe 3D-Spiele, doch die Lichtgebung, die Tatsache, dass man seinen Kontrahenten nie richtig sieht sowie der kleine Raum erzeugen eine überraschend effektive Horror-Atmosphäre, ohne dass sich das Spiel auf Jumpscares oder Verfolgungsjagden stürzt. Es ist eine erfrischende Art von Horror, die am ehesten mit „Pony Island“ zu vergleichen ist, wenn auch nur vage. Spätestens, wenn die Karten zu sprechen beginnen, wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um einen normalen Titel handelt. Gepaart wird das mit einem wunderbaren Soundtrack, der passender nicht hätte sein können. Und auch die Performance der Nintendo Switch-Version macht einen makellosen Eindruck, denn das Spiel läuft jederzeit flüssig, sowohl am TV als auch im Handheld-Modus. Ein besonderes Lob hat sich derweil die Lesbarkeit des Spiels im Handheld-Modus verdient. Gerade bei Kartenspiel-Portierungen für Nintendo Switch kommt es immer wieder vor, dass Texte auf dem kleinen Bildschirm kaum lesbar sind. Dank einer angenehmen Schriftgröße und kontrastreichen Farben ist das bei „Inscryption" zum Glück aber nicht der Fall.  

Kein gewöhnliches Spiel

Und damit wären wir auch schon an einem Punkt angekommen, an dem die Grundlagen erklärt und eingeschätzt wurden. „Inscryption“ klingt nach einem interessanten Karten-Roguelite, das durch seine simplen, aber durch Kombinationen sehr spannenden Regeln unglaublich motiviert und durch die Horror-Atmosphäre auch noch ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Aber theoretisch trifft das meiste auf viele Titel des Genres zu, wieso sticht „Incryption“ also heraus? 

Das lässt sich schlichtweg nicht beschreiben, ohne massiv zu spoilern. Und Spoiler sollte man bei keinem Spiel so stark vermeiden wie bei diesem. Der Titel lebt von Momenten, die sich in das Hirn von Spieler*innen einbrennen und einen mehrfach staunen lassen. Die mysteriösen Elemente, die man als simple Kulisse wahrnimmt, geraten immer stärker in den Fokus und die narrativen Elemente werden immer fesselnder, bis sie Grenzen überschreiten, von denen man gar nicht wusste, dass sie da sind. Deshalb lässt sich an dieser Stelle eigentlich nur eines festlegen: Wer Kartenspielen nicht abgeneigt ist, sollte unbedingt bei „Inscryption“ zugreifen. Kaum ein Titel der letzten Jahre kann einen so sehr in seinen Bann nehmen, und da es ein klar definiertes Ende gibt, muss man auch nicht unzählige Stunden investieren - nach elf Stunden lief bei uns der Abspann, wobei die Zeit natürlich variieren kann.

Weiterführende Links: Forum-Thread

Fazit & Wertung

„Inscryption“ ist eine unvergleichliche Reise, die einen auch lange nach dem Finale begleiten wird. Das grundlegende Gameplay ist motivierend und überzeugt durch interessante Kniffe, erst wenn es sich weiter entfaltet offenbart es aber seine zahlreichen Geheimnisse. Gepaart mit ungewöhnlichen Rätseln und einer spektakulären Geschichte, bei der nichts so ist, wie es den Anschein hat, entpuppt sich „Inscryption“ als Meilenstein für gleich mehrere Genres. Wer auch nur das geringste Interesse an Kartenspielen hat, muss hier unbedingt zugreifen.

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