Hat man Anfang 2013 die Wörter Retro" und „Studios" in einen Raum mit
mindestens einem Videospielbegeisterten geworfen, schallte es sogleich
waghalsige Begriffe wie „Star Fox“ „Metroid“ oder gar „Zelda“ zurück.
Wiederholte man jenes Prozedere nach der weltgrößten Messe für
Unterhaltungselektronik E3 noch einmal, kam einem entweder „Buhhhh,
schon wieder Affen!“ oder „Jaaaaaa, endlich wieder Affen!“ entgegen.
Grund für das Gezeter war die Enthüllung von „Donkey Kong Country:
Tropical Freeze“. Nach monatelangen Spekulationen um das neueste Projekt
der talentierten Entwicklerschmiede Retro Studios war ein weiterer
Donkey Kong-Ableger für viele doch enttäuschend. Zu sehr war man auf das
Verlangen nach etwas völlig Neuem fokussiert und rechnete am wenigsten
mit einem Nachfolger zu „Donkey Kong Country Returns“. Genau dieser
liegt aber nun bereits einige Tage auf der Festplatte unserer Wii U und
bringt die LED jener ordentlich zum Flackern. Affige Vorstellung oder
feinstes Affentheater, das ist hier die Frage.

Hey, hey, Viehkie! Hey, Viehkie, hey!
Familie Kong sitzt beim gemütlichen Geburtstagsbananenkuchen, als
plötzlich frostige Stimmung in Form eines riesigen Eisvogels aufkommt.
Die ganze Donkey Kong-Insel wird in den Bereich der Minusgrade
verfrachtet und somit ist Schluss mit Hula-Hula und Kokosmilch. Die
Viehkinger, eine wildgewordene Horde bestehend aus irren Eulen, fetten
Walrossen und dümmlichen Pinguinen, stecken hinter diesem Anschlag und
scheinen das Erbe der Tikis und Kremlings antreten zu wollen. Die Kongs
machen sich also schnurstracks auf den Weg zur nun tiefgefrorenen
Heimatinsel, von der sie verbannt wurden. Das Ziel ist klar: Viehkinger
vermöbeln, Heimat abtauen, Hula-Hula fortführen.
Aus der Sicht eines Affen
Die Affenbande besteht diesmal aus Donkey Kong, seinem Dauerkumpanen
„Palim-Palim“ Diddy Kong, dem heißen Feger Dixie Kong und dem erfahrenen
Cranky Kong. Man selbst nimmt wie gewohnt die Rolle des
Hauptprotagonisten Donkey ein, während die anderen Primaten einem hier
und dort zur Hilfe eilen. Dabei kommt Diddy abermals mit seinem Jetpack
daher und mit Hilfe von Dixie kann man sich einen extra Höhenschub
verpassen. Der gute Cranky hat sich seinen Move wohl bei Dagobert Duck
abgeschaut, er kann nämlich tollkühne Sprünge mit Hilfe seines Gehstocks
vollführen.
Der erste Anschein lässt vermuten, dass sich hinter den besagten Inseln
mit den Namen Mangrovien, Alpatoll, La Savanna, Ozetanien und Marmaloupe
typische Wald- und Wüstengebiete verbergen, wie man sie aus zahlreichen
Plattformern kennt. Papperlapapp! In Retros verrückter Welt gibt es
kein normiertes Leveldesign und schon gar kein langwelliges. Das erste
Mal so richtig sind uns die Augen aus dem Gesicht gefallen, als wir
durch eines der Level auf der Insel Alpatoll flitzten. Das ganze
Geschehen hier erinnert an einen Mix aus Schwarzwälder Kirschtorte, den
Wildecker Herzbuben und Sissi. Man durchquert eine Alpenlandschaft, die
gespickt ist mit Bierkrügen und Alphörnern, die nicht nur zur Zierde da
sind, sondern spielerischen Einfluss haben. So sorgen die besagten
Blasinstrumente für Auftrieb und müssen geschickt genutzt werden, um
größere Abgründe zu überwinden. In einem weiteren Level, sitzt man
zusammen mit Diddy in einer Lore – ja die sind auch wieder mit dabei –
und rast durch eine überdimensionale Schreinerei, in der sich Pumuckl
mehr als wohl gefühlt hätte. Zwar bietet „Tropical Freeze“ zwei Welten
weniger als sein Vorgänger, doch kann diesmal die Quantität über alle
Maßen überzeugen und das ist uns lieber als eine künstlich erhöhte
Levelanzahl.
Wirklich gut gelungen sind die Unterwasserlevel, die sich wirklich
äußerst geschmeidig steuern lassen. Im Gegensatz zu anderen Spielen
dieses Genres sind die Ausflüge ins kühle Nass keineswegs die
unbeliebten Abschnitte des Spiels. Allein das Hineinspringen und
Herausschießen aus den Planschbecken macht einfach nur Spaß. Auch hier
kommen die verschiedenen Fähigkeiten der Kongfamilienmitglieder zum
Tragen. So setzt Cranky zum Beispiel seinen Stock gegen Feinde ein und
Dixie schwimmt etwas schneller. Ist man zu zweit unterwegs, dürfen auch
die neuen Kong-Spezialfähigkeiten eingesetzt werden. Hat man 100 Bananen
innerhalb eines Levels gesammelt, kann man jene ausführen, um sämtliche
Gegner auf dem Bildschirm in nützliche Items zu verwandeln.
Außerdem neu bei dem ganzen Spaß sind die Ausflüge in die dritte
Dimension, bei der sich die Kamera zum Beispiel um das Geschehen dreht.
Dabei entsteht ein ganz anderes, positives Spielerlebnis, dass weit über
den bloßen Ebenenwechsel in der Tiefe geht.
Hervorzuheben sind ebenfalls die Bosskämpfe, die nicht selten mehrere
Anläufe brauchen, um am Ende als tollkühner Affe dazustehen. Doch der
Ehrgeiz lohnt sich allein schon für den jeweiligen Schlagabtausch
selbst. Mario würde hier wahrscheinlich heulend davon laufen, weil die
Obermotze so herausfordernd sind. Genau das wollen wir!

Teilkasko oder Vollkasko?
Geht es nach Funky Kong, darf es schon die Vollkasko sein: „Haste häufig
Unfälle? Dann brauchste ´ne Vollkaskoversicherung!“, so die Worte des
coolsten Affen der Familie. Nützlich ist jenes Schutzschild also für
alle Lorenfahrten und Raketenfassausflüge. Im Shop sind außerdem mit von
der Partie die roten, blauen und grünen Ballons. Während die einen für
Extraleben sorgen, verschaffen einem die anderen Abhilfen bei Sturz-
oder Ertrinkungsgefahr. Weitere käuflich erwerbbare Helferlein sind der
Bananentrank, der für kurzeitige Unsterblichkeit sorgt, der Puzzle
suchende Papagei Squawks, ein extra Herz sowie das Fass, aus dem die
Affenbrüder und- Schwestern schlüpfen. Ziel des breiten Angebots ist
natürlich, das Spiel jedem so zugänglich wie nur möglich zu machen. Aber
keine Angst, alteingesessene Affenabenteurer stoßen trotzdem auf ihre
Herausforderung. Wer sich im Übrigen darüber hinaus etwas beweisen
möchte, kann sich nach einmaligen Durchspielen dem Modus extraschwer
widmen.
Ein weiterer Anreiz dürften die Zeitduelle sein, die man sich mit
anderen Spielern via Onlineranking liefern kann. Der Clou dabei: nach
Bedarf kann man ein Replay-Video seines Leveldurchmarschs in das Ranking
hochladen und somit anderen seine Künste unter Beweis stellen.
Weiterhin spornen die versteckten Puzzleteile und KONG-Buchstaben zum
mehrmaligen Spielen an, will man wirklich alle Level spielen und jeden
Geheimgang finden. Obendrein gibt es noch allerhand Extras, wie
Soundtracktitel, 3D-Figuren und Konzeptzeichnungen.
Auch im kooperativen Modus darf sich abermals ausgetobt werden. Schade
ist hier jedoch, dass Spieler eins zwingend von Donkey Kong besetzt
werden muss. Ein bisschen mehr Flexibilität wäre hier wünschenswert
gewesen. Dennoch ist hier natürlich für tolle Koop-Stunden gesorgt.
GamePad? Ist das sowas wie ein Bananenbrot?
Für einen Titel solcher Wichtigkeit und Größe ist es fast schon absurd,
wenn eines der Hauptfeatures der Wii U, das GamePad, nahezu gar nicht
zum Einsatz kommt. Zwar ist die wichtigste Möglichkeit, die des
Off-TV-Gameplays, geboten, mehr aber auch nicht. Keine Karte, keine
Minispiele, keine Menüanwahl. Schnell griffen wir also zum Pro
Controller, der neben Wii-Fernbedienung und Co. zur Steuerung bestens
geeignet ist.

Wippende Felle und wimmelnde Bongos
Ihr fandet den Soundtrack von „Donkey Kong Country Returns“ gut? Pah!
Diesmal sitzt David Wise wieder an den Schiebereglern und liefert einen
bestechend guten Soundtrack ab. Stets passend und stimmungsvoll werden
so die einzelnen Abschnitte in Szene gesetzt und sind dabei ohrwurmig, aber niemals nervig. Egal ob Raketenfass-Rock oder Feuerwasserlimbo, für
Ohrenschmäuse ist in jedem Fall gesorgt.
So wurde ein Wii U-Spiel schon lange nicht mehr in Szene gesetzt. Vom
Beginn eines jeden Levels, das mit einer eindrucksvollen Kamerafahrt
beginnt, bis hin zu den Cut-Scenes und den geschmeidigen Animationen,
beweisen die Jungs und Mädels bei Retro, was sie drauf haben und wozu
vor allem die Wii U fähig ist. Die Gesamtpräsentation mit ihren
Eastereggs, der Liebe zum Detail und der affenstarken Grafik hat eine
eigene goldene Palme verdient. Dabei ist es auch bemerkenswert, wie
flüssig die Übergänge zwischen den Levelabschnitten gestaltet sind.
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