Das Studio Grezzo hat in den vergangenen Jahren mit einigen Neufassungen von Nintendo-Spielen auf sich aufmerksam gemacht. Dazu gehören allen voran die legendären „Zelda“-Spiele „Ocarina of Time 3D“ und „Majora’s Mask 3D“, sodass viele Fans bereits gespannt darauf warteten, welchen Klassiker das Team für ihr Nintendo Switch-Debüt aufbereiten würden. Die Wahl fiel auf den Game Boy-Klassiker „The Legend of Zelda: Link’s Awakening“, der nicht nur leicht überarbeitet, sondern mit einem völlig neuen Artstil aufwartet. Ob das Spiel von damals aber auch heute noch überzeugen kann, verraten wir im Test.

Zwischen Abenteuer und Flucht
Der legendäre Held Link hat es nicht leicht. Auf seiner Reise über das Meer findet er sich in einem Sturm wieder, der in einer beeindruckend gezeichneten Szene dargestellt wird. Die Reise findet kein gutes Ende, denn Link wird kurze Zeit später bewusstlos an einen Strand gespült. Die junge Marin findet ihn glücklicherweise und informiert den Helden darüber, dass er sich auf der Insel Cocolint befindet. Dessen Bewohner wissen nichts von einer Welt abseits ihrer Heimat, doch die Chance auf eine Flucht ist deshalb nicht besiegelt. Ein Vogel verrät Link nämlich, dass er entkommen kann, wenn er den berüchtigten Windfisch erweckt, der in seinem Ei am höchsten Punkt von Cocolint schläft. Dafür benötigt er jedoch acht Instrumente, weshalb sich der grüne Held ein weiteres Mal auf eine Reise durch ein geheimnisvolles Land begibt.
Die Geschichte von „Link’s Awakening“ wurde im Vergleich zum Original nicht verändert. Deshalb dürfen sich Fans auf eine sehr surreale Reise freuen, deren zentrales Geheimnis es aufzudecken gilt. Die verrückten Charaktere sind derweil wahre Highlights, denn obwohl sie keine großen Geschichten erzählen, beweist sich die verschrobene Art der Inselbewohner als charmante Note des musikalischen Abenteuers. Egal ob Marin, die an ihre Zukunft denkt, ein Dämon, dessen Strafen begehrenswerte Boni sind, oder ein alter Mann, der Hinweise nur über Telefone verraten will. Im Gegensatz zu vielen anderen Serienvertretern erwartet den Spieler keine epische Geschichte, sondern eine sehr persönliche, die sich traut, mit viel Melancholie zu spielen.
Die Macht der Musik
Das ist bereits beeindruckend für ein Game Boy-Spiel. Umso erstaunlicher ist es, dass die Handlung nichts von ihrem Charme verloren hat. Lediglich einige Stellen hätten überarbeitet werden können, denn sobald es Hinweise zum großen Mysterium gibt, werden diese eher heruntergerattert, anstatt zum Nachdenken anzuregen. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau, denn man fragt sich trotzdem, wie Link aus Cocolint entkommen kann.
Zudem spielt die Musik eine große Rolle, schließlich versucht Link hauptsächlich, acht Instrumente zu finden. Die daraus entstehende Melodie baut sich im Verlauf des Spieles immer weiter auf und wird pompöser, verliert dabei aber nicht ihren geheimnisvollen Klang. All das wurde lediglich optisch und akustisch aufpoliert, wirkt aber zu keinem Zeitpunkt wie eine Neufassung eines Game Boy-Titels.

Ein ewiger Klassiker
Das wird beim Gameplay schon ersichtlicher. Die Welt von „Link’s Awakening“ ist nämlich sehr übersichtlich geraten und trumpft nicht mit großen Flächen, dafür einer Menge an Aktivitäten auf. Es gibt recht wenige Gebiete, und keines davon ist groß geraten. Dafür gibt es überall Aufgaben zu erledigen und Geheimnisse zu entdecken, weshalb man sich nicht vor leeren Flächen fürchten muss. Regelrecht berüchtigt dürfte die Tausch-Aufgabe sein, bei der es anfangs nur darum geht, einer Mutter eine Yoshi-Puppe zu besorgen. Den Gegenstand, den Link als Belohnung erhält, möchte aber wiederrum ein anderer Charakter, was zu einer langen Kette an Ereignissen führt, deren Ende wir nicht vorwegnehmen wollen. Natürlich sind ansonsten überall Herzteile und Rubine versteckt, während es auch sogenannte Zaubermuscheln gibt, die zugleich eine Neuerung beinhalten.
Im Vergleich zum Original gibt es nun deutlich mehr Zaubermuscheln auf Cocolint. Um das nicht zu frustrierend zu gestalten wurden weitere Belohnungen für das Sammeln hinzugefügt, unter anderem ein Detektor, der vibriert und einen Ton abgibt, sollte sich eine Muschel in der Nähe befinden. Wer die beste Belohnung einheimsen möchte, muss sich also deutlich mehr anstrengen, als noch zuvor. Und auch der in „Link’s Awakening DX“ eingeführte Dungeon wurde so überarbeitet, dass Farbenblindheit kein Problem darstellt, ohne an der Struktur oder den Rätseln zu rütteln. Die Macher haben das Spiel definitiv an den richtigen Stellen überarbeitet.
Fantastisch gealtert
Die Labyrinthe, auch Dungeons genannt, bleiben natürlich das Herzstück der Reise. In diesen darf sich jeder Fan der klassischen Teile über zahlreiche Rätsel freuen, während es darum geht, Schlüssel zu finden und Gegner zu besiegen, damit am Ende der Boss besiegt werden kann. Die Rätsel werden natürlich im späteren Verlauf schwieriger, während die Struktur Komplexität beweist. Hier haben sich die Macher Neuerungen komplett verkniffen, wobei der Spielfluss deutlich verbessert wurde. Große Räume werden nun nicht mehr durch Bildschirmwechsel verbunden, wodurch sich die Dungeons großflächiger anfühlen, dennoch muss der Spieler häufig Rätsel im kompakten Raum lösen.
Die meisten Rätsel dürften keine große Herausforderung darstellen und nur gelegentlich muss der Spieler etwas länger überlegen, wie er voranschreiten kann. Eine beeindruckende Ausnahme stellt die Adlerfestung dar, in der Links Position sowie die Gesamtstruktur wichtiger sind, als die einzelnen Puzzle-Räume. Ansonsten ist das Spiel sehr konservativ gehalten, denn wie bereits erwähnt, hierbei handelt es sich allen voran um eine aufpolierte Version des Klassikers, an dem rein spielerisch kaum etwas geändert wurde. Das spricht definitiv für die Qualität, schließlich ist es ein großer Spaß, sich durch die sehr unterschiedlichen Kulissen zu rätseln.

Regelmäßiger Fortschritt
In jedem Dungeons erhält Link zudem ein Item, das ihm eine neue Fähigkeit verleiht. Am außergewöhnlichsten und zugleich am wichtigsten ist die Feder, mit der der Held springen kann und somit Löcher kein Problem mehr darstellen. Ansonsten gibt es viele klassische Gegenstände, darunter das Kraftarmband sowie Schwimmflossen, mit denen Link tauchen kann. Sobald man diese in den Dungeons gefunden hat, eröffnen sich ganz neue Wege. Der Spieler muss also in bereits gemeisterte Räume zurückkehren, um mithilfe der erhaltenen Objekte Schalter zu aktivieren oder gar weitere Belohnungen abzustauben. Diese Form der Progression macht die Labyrinthe noch interessanter, schließlich wird der Ablauf dadurch etwas offener, anstatt dass Link nur zum Ziel geleitet wird.
Diese Items sind zudem auch Schlüssel, um neue Gebiete in der Oberwelt zu erreichen. Anfangs kann Link lediglich zum Strand, mit dem Schwert kann er aber die Büsche zerschneiden, die den Eingang zum Wald versperren. Mit der Sprungfähigkeit geht es zum Sumpf, und sobald der legendäre Held Steine heben kann, eröffnen sich weitere Gebiete. Somit wird der Spieler dazu motiviert, die Welt nach jedem Dungeon erneut abzusuchen, nicht nur um zum nächsten Ziel zu gelangen. Optionale Orte sowie zusätzliche Rätsel, die sich überall verbergen, lassen einen viel Zeit auf Cocolint verbringen. Die Insel wird selbst zu einem Labyrinth, das sich erst vor dem großen Finale vollständig erkunden lässt.
Ein Ensemble aus Gaststars
Auch die Gegner enttäuschen nicht. Neben einigen Serienklassikern gibt es Kreaturen, die ansonsten in keinem anderen Teil auftauchen. Bemerkenswert sind Goombas, Cheep-Cheeps, Shy Guys, Kirby und weitere Feinde aus dem „Mario“-Universum. Ja, richtig gehört, „The Legend of Zelda: Link’s Awakening“ beinhaltet zahlreiche Gastauftritte, die man so niemals erwarten würde. Einigen davon begegnet man sogar in 2D-Abschnitten, was endgültig beweist, dass die Macher ihrer Kreativität freien Lauf gelassen haben.
Was die Boss-Gegner angeht, können leider nicht alle abliefern. Obwohl es überraschende Herausforderungen gibt, sind einige Kämpfe viel zu einfach geraten und lassen sich in unter einer Minute erledigen, selbst ohne Erfahrung. Neue Angriffsmuster hätten Abhilfe geschafft, doch die Macher wollten sich zu exakt am Original orientieren. Dementsprechend werden Spieler der alten Version nur eine optisch deutlich schönere Version desselben Spieles erleben, was angesichts der Erwartungen entweder ein Pluspunkt oder der größte Minuspunkt ist.

Kleine Änderungen mit großen Auswirkungen
Natürlich profitiert das Spiel von einigen Anpassungen, die heutzutage nicht wegzudenken sind. Dazu gehört allen vorn eine präzise Steuerung, da sich Link in acht Richtungen bewegen kann. Zudem darf man auf der Karte selbst Markierungen platzieren, während der Spieler dank Erinnerung die wichtigsten Dialoge jederzeit erneut abspielen kann. Auch die Anzahl der fehlenden Muscheln sowie Herzteile wird angezeigt, inklusive Platzierungen derer, die man bereits gefunden hat, was das Komplettieren einfacher gestaltet.
Die wichtigste Änderung hat aber mit dem Inventar zu tun. Da das Schwert sowie das Schild nun eigene Knöpfe haben, kann der Spieler jederzeit zwei Items auf Y und X legen, anstatt ständig im Inventar durchzuwechseln. Doch nicht nur das, auch das Kraftarmand sowie die Pegasusstiefel sind nun Ausrüstungsgegenstände, die jederzeit benutzt werden können und somit keinen Schnellzugriffsplatz besetzen. Das erleichtert den Spielfluss enorm und spart einiges an Zeit, auch wenn das Inventar blitzschnell geladen wird.
Die große Enttäuschung
Die einzige, große inhaltliche Neuerung ist leider deutlich weniger spannend, als sie zuerst klingt. Mithilfe des Totengräbers Boris, der im Original gar nicht anwesend war, kann Link nämlich eigene Dungeons bauen. Allerdings kann er nicht die Räume selbst gestalten, sondern nur solche platzieren, die er während seines Abenteuers betreten hat. Dank eines übersichtlichen Menüs ist es einfach, stets die passenden Formen zu finden, denn um Dungeons zu erschaffen, müssen natürlich auch die Ausgänge der jeweiligen Räume zusammenpassen. Auch die logischen Verbindungen der Treppen sowie das Verhältnis zwischen Kisten und verschlossenen Türen muss passen, ansonsten lässt sich ein Dungeon gar nicht ausprobieren. Wer Fehler macht, wird per Texthinweis darauf aufmerksam gemacht. Und sogar einige neue Räume lassen sich freischalten, die sich aber ausschließlich um Kämpfe drehen und niemals neue Rätsel einführen.
Anfangs ist es noch unterhaltsam, eigene Labyrinthe zu bauen. Das liegt auch an den Aufgaben, denn manchmal sind bestimmte Räume vorgegeben, manchmal müssen alle Paneele ausgefüllt werden, damit ein Herz entsteht. Sogar Stempel können eingefügt werden, damit ein Raum zum Beispiel bombardiert wird. Leider sind die Optionen viel zu eingeschränkt, schließlich gibt es nur Räume aus den eigentlichen Labyrinthen. Und auch die Dungeons selbst bringen wenig Freude, da der Spieler natürlich schon alle Räume kennt. Anstatt also kreativ zu werden, dürften die meisten versuchen, die Aufgaben zu bewältigen und dabei einzuplanen, wie der Boss mit möglichst kaum besuchten Räumen erreicht werden kann. Das ist sicherlich nicht die Absicht hinter dieser Funktion, durch ihre massiven Einschränkungen verkommt sie aber zu einem halbgaren Modus, der in einem zu großen qualitativen Kontrast zum Hauptspiel steht, um glänzen zu können. Bedenkt man das Potential eines „Super Mario Maker“ dürfte wohl jeder „Zelda“-Fan hoffen, dass Nintendo das Konzept nicht verwirft, sondern stark ausweitet, um das eigentliche Potential zu nutzen.

Bunte Spielzeugkiste
Kommen wir zuletzt zur größten Neuerung: die Präsentation. Wer nur ein Bild sieht, dürfte sich in den Stil verlieben. Link und die Bewohner sehen wie Spielzeugfiguren aus, wissen aber durch ihre detaillierten Designs und charmanten Animationen zu begeistern. Die Welt sieht so lebendig aus, wie es damals gar nicht möglich gewesen wäre. Kräftige Farben, das sich bewegende Gras sowie ein riesiger Haufen an Details werden insbesondere Fans des Originals verzaubern, denn man bleibt regelmäßig stehen, um sich die Designs anzuschauen.
Passend dazu wurde die Musik mit einem Orchester eingespielt, das jeden Spieler sprachlos zurücklässt. Regelmäßig bleibt man stehen, um die Atmosphäre einzusaugen, die neuartigen Klänge zu genießen und das Gesamtbild zu bestaunen. Die Überarbeitungen der Stücke könnten kaum besser sein, und wir übertreiben nicht, wenn wir sagen, dass das Lied des Maskentempels zu den besten der gesamten Reihe gehört. Die Genialität lässt sich kaum beschreiben, denn jeder muss sie selbst hören.
Technischer Patzer
Leider erreicht das Spiel keine technische Perfektion. Das liegt an der Bildrate, die eigentlich flüssig ist, sowohl am TV als auch im Handheld-Modus. Somit ist der fließende Wechsel jederzeit möglich, ohne auf Vorteile verzichten zu müssen. Leider ruckelt das Spiel für einige Sekunden sehr stark, wenn man das Gebiet wechselt – zum Beispiel vom Dorf zum Wald oder in die Steppe. Wieso das so ist, können wir uns nicht erklären, es unterbricht aber den Spielfluss und macht zu deutlich, dass die Welt noch immer in Abschnitte eingeteilt ist, anstatt ein großes Gesamtbild zu ergeben. Wir hoffen auf einen baldigen Patch, denn im aktuellen Zustand bleibt das Spiel hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Bisher gibt es 13 Kommentare
Das Preis-Leistungsverhältnis passt für mich daher leider garnicht...
Hätte Links Awakening durchaus als vollwertiges Zelda Spiel angesehen.
Nur die traditionellen Dungeons aus den alten 3D Zeldas würd ich mir wieder in BotW2 (und nachfolgenden 3D Zeldas) wünschen
Meins kommt anscheinend erst Anfang Oktober...