Zur Vorstellung der Switch sah nicht nur die Spielewelt deutlich anders aus, auch wusste niemand so recht, was auf der Hybridkonsole nun an neuen Spielen zu erwarten sein wird. An den Begriff HD-2D war noch nicht zu denken und das Team um den Produzenten Tomoya Asano hatte sich mit Spielen wie „Bravely Default“ oder „Final Fantasy: The 4 Heroes Of Light“ zwar schon einen Namen gemacht, aber der richtige Durchbruch fehlte. Bei der ersten großen Switch-Präsentation im Januar 2017 wurde schließlich „Project Octopath Traveler“ enthüllt mit seinem wilden Mix aus 2D-Pixel-Optik in effektvollen 3D-Welten. Der Zusatz „Project“ wurde gestrichen, das Spiel erschien gut ein Jahr nach Enthüllung und sollte schlussendlich über zweieinhalb Millionen Mal verkauft werden. Ein Wunder, dass „Octopath Traveler II“ nun so lange auf sich warten ließ.
Die Geschichte der acht Reisenden
Wie auch schon im ersten Teil, werden Spieler:innen zunächst vor die große Wahl gestellt: Acht Spielfiguren mit eigenen Geschichten gibt es zur Auswahl und die erste Figur, für die sich entschieden wird, ist schließlich für die nächsten Stunden die Hauptfigur. Um einen kleinen Vorgeschmack zu geben, welche Geschichten die vielen spannenden Spielstunden einnehmen werden: Es erwartet Spieler:innen beispielsweise die Jägerin Ochette, die in einem Wildling-Dorf aufwächst und ihre Mitmenschen vor der drohenden Katastrophe des Scharlachmondes beschützen muss. Die Apothekerin Castti wacht ohne Erinnerung auf einem Schiff auf und kämpft fortan an gegen eine auftauchende Seuche, die irgendetwas mit ihrer Vergangenheit tun zu haben scheint. Oder aber der Krieger Hikari, der als Prinz in der Wüstennation Khu aufgewachsen ist und seinem Land den Frieden verschaffen möchte. Wer nun die Befürchtung hat, dass man ohne den ersten Teil gespielt zu haben nichts versteht, sei beruhigt: Teil 2 kann ganz ohne Vorkenntnisse gespielt werden.
Die acht neuen Geschichten könnten nicht abwechslungsreicher sein und sind, um eines direkt vorweg zu nehmen, wieder für sich alleinstehend. Zwar entscheidet man sich zu Beginn für die erste Spielfigur und wird diese dann im Verlauf der kapitelbasierten Story fortan immer im Team aus maximal vier Held:innen mit sich führen, die restlichen Spielfiguren können dann aber Stück für Stück eingesammelt und ausgetauscht werden. Auf der Weltkarte mit zwei Kontinenten sind die jeweiligen Figuren dann mit ihren ersten bzw. folgenden Kapiteln gelistet und Spieler:innen können frei wählen, welche Geschichte als nächstes angesteuert werden soll. Angesichts der Rollenspiel-typischen Levelsprünge ist es aber sicherlich ratsam, die Kapitel Stück für Stück und im Wechsel der Charakter anzugehen und damit in der Geschichte aller Figuren etwa auf gleichem Fortschritt zu sein, ansonsten wird die eigene Gruppe aus vier Held:innen irgendwann komplett von Feinden überrannt.
Die Wege kreuzen sich
Einer der großen Kritikpunkte des ersten Teils wurde durch die Mechanik der acht eigenen Handlungsstränge heraufbeschwört: Die Geschichten stehen für sich alleine und während eines Kapitels interagieren die restlichen Figuren nur in kurzen Reisegesprächen abseits der Spielwelt. Nur im optionalen und bockschweren Dungeon nach Abschluss der Hauptkapitel wurde eine kurze, gemeinsame Geschichte erzählt. Dieses Problem der eigenständigen Handlungen besteht natürlich weiterhin – auch in „Octopath Traveler II“ stehen zunächst die Figuren für sich und erleben ihre eigene Geschichte. Neu sind allerdings die so genannten Wegkreuzungen. Das sind vier zusätzliche Passagen, in denen jeweils zwei Held:innen aufeinander treffen und eine gemeinsame Story erleben. Ähnlich der Hauptkapitel dauern auch diese dann über mehrere Kapitel an und ziehen sich parallel durch das komplette Spiel. Dabei interagieren die Figuren miteinander, lösen die Geheimnisse zu zweit und fühlen sich wie ein waschechtes Team an. Natürlich gibt es wie in Teil 1 auch wieder eine abschließende Handlung nach den einzelstehenden Kapiteln, die dieses Mal deutlich umfangreicher als noch im Vorgänger ist. Dazu sei an dieser Stelle aber nicht mehr zu verraten.
Break & Boost
Nun reisen die Charaktere natürlich nicht nur durch die Spielwelt und nehmen Teil an vielen Dialogen, sondern stellen sich in rundenbasierten Kämpfen auch den etlichen Feinden. „Octopath Traveler II“ greift hierbei das Kampfsystem aus dem ersten Teil auf. Jeder Gegner hat explizite Schwachstellen. Begegnet die eigene Gruppe einem Gegnertyp zum ersten Mal, sind diese Schwachstellen zunächst noch verdeckt. Dann gilt es, die unterschiedlichen Waffenarten wie unter anderem Schwert, Axt oder Stab und die Elementarangriffe wie zum Beispiel Feuer, Eis, Blitz einzusetzen und Schwächen auszunutzen. Trifft eine bestimmte Anzahl der effektiven Angriffe, wird das Schild des Gegners gebrochen, er ist für eine Runde kampfunfähig und die Attacken treffen deutlich härter. Für jede Runde gibt es zudem Boost-Punkte, die gezielt eingesetzt werden können. Dadurch greift die Spielfigur dann beispielsweise in einer Runde doppelt an oder der Zauber wird mit dem höchsten Boost-Grad umso verheerender.
Mit dem System um Gegner brechen und Angriffe boosten bekommen die rundenbasierten Kämpfe eine strategische Note und bleiben somit den kompletten Spielverlauf über spannend. Neu im zweiten Teil ist die Funktion, die Kämpfe in doppelter Geschwindigkeit ablaufen zu lassen. Die Animationen werden damit deutlich verkürzt und die ohnehin schon knackigen Kämpfe laufen nochmal flotter ab. Außerdem verfügt jeder Reisende über so genannte latente Kräfte. Dafür muss jede Heldin oder jeder Held zunächst eine Leiste füllen durch Angriffe auf die Schwachpunkte der Gegner. Danach können die Kräfte im eigenen Zug eingesetzt werden und ermöglichen es beispielsweise dem Gelehrten, deutlich verstärkte Zauber zu entfesseln. Diese sind auch bitter nötig, denn auch dieses Mal sind gerade die Kämpfe gegen Zwischenbosse wieder richtig oldschoolig fies. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade gibt es abermals nicht, wer sich demnach die Zähne an einem Gegner ausbeißt, muss wohl oder übel das ein oder andere Level aufsteigen, für besseres Equipment sorgen oder die Taktik mit einer veränderten Vierergruppe anpassen.
Tag und Nacht auf Knopfdruck
Schon im ersten Teil konnten Wege-Aktionen der Spielfiguren beim Erkunden der Städte eingesetzt werden. Die Diebin Throné stibitzt dabei nichts ahnenden Bewohnern ihre Habseligkeiten aus dem Inventar, während die Tänzerin Agnea andere bezirzt und sie anschließend als Unterstützung in Kämpfen einsetzen kann. Diese Mechanik wurde in „Octopath Traveler II“ deutlich erweitert. Auf Knopfdruck wird die Tageszeit von Tag auf Nacht gewechselt und während der Kleriker Temenos tagsüber noch Stadtbewohner friedlich überredet und mit sich führt, erkämpft er sich in der Nacht wichtige Informationen in Gefechten. Der Wechsel der Tageszeit ist indes wunderbar einfach gehalten. Die Lichtstimmung ändert sich in einer charmanten Animation, ohne dass der Spielverlauf unterbrochen wird. Auch die Hintergrundmusik wechselt und aus einer wilden Soundkulisse in einer der Städte wird eine märchenhaft ruhige. Die Melodie bleibt währenddessen gleich, die Instrumente und Intensität wechseln aber bemerkenswert. Dadurch ergeben sich zahllose idyllische Momente.
HD-2D, aber 2.0
Das Studio hinter „Octopath Traveler“ hat im Jahr 2017 die Bezeichnung HD-2D eingeführt für die Verschmelzung von zweidimensionalen Pixelhelden in imposanten 3D-Welten. Der Nachfolger läuft nun zur Höchstform auf und perfektioniert den Stil: Die unterschiedlichen Orte sind dermaßen abwechslungsreich und liebevoll gestaltet, dass der erste Teil im Vergleich geradezu leer und leblos aussieht. Spieler:innen erwarten weitaus vielfältigere Areale. Etwa die Dächer einer industriellen Stadt inspiriert von London nach Erfindung der Dampfmaschine, eine japanische Wüstensiedlung zu Zeiten der Samurai, ein zauberhaft-überwuchertes Dorf im Wald und natürlich Dungeons in allen denkbaren Variationen. In allen Ecken gibt es hier etwas zu entdecken und jedes Gebiet strotzt nur so vor liebevollen Details.
Die zuvor angeschnittene Soundkulisse steht dem gleichzeitig in Nichts nach. Jede Stadt hat ihre eigene besondere musikalische Untermalung und gerade der Wechsel in die Tag- oder Nachtversion macht einiges her. Hinzu kommen die vollständig englisch synchronisierten Dialoge, deren Niveau noch einmal über der guten Synchronisation des ersten Teils liegen.
Bisher gibt es fünf Kommentare
Vielleicht kann sich jemand dazu äußern, der das Spiel schon gespielt hat Sonst müssen wir wohl bis zum 24.02. warten.
Noch eine Frage: erhalten auch die Charaktere die nicht im Team sind Erfahrungspunkte oder muss man erneut alle individuell wechseln und „nachleveln“?
Octopath ist ein Spiel, auf dessen Fortsetzung ich mich sehr freue.
Den ersten Teil habe ich geliebt, auf der Switch begonnen und dann wegen der besseren Optik und Performance auf Stadia fortgesetzt, aber dann leider nie ganz beendet (verdammte Grinding-Sucht).
Einzig die Wahl der Plattform lässt mich noch zögern. Zwar würde ich das Game grundsätzlich auf z.B. PS5 kaufen, habe aber das Gefühl, dass es dort nicht richtig aufgehoben ist.
Octopath ist für mich etwas, das man gut episodenhaft mobil spielen kann, weshalb dann die Switch-Version wieder interessant wird - nur ist dann klar, dass ich wahrscheinlich eine schwächere Version spielen würde (DF wird's dann wohl bald vergleichen).
Insgeheim hoffe ich ja noch auf eine Mobile-Veröffentlichung, die z.B. auf dem iPad Pro mit vollem Detailreichtum aufwarten könnte.
Ein solcher Release klingt zwar für mich selbst schon etwas unrealistisch, allerdings gab es ja bereits einen Octopath-Auftritt unter iOS/Android. Jetzt müsste man natürlich wissen, ob sich der Release bislang gelohnt hat.